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becquerel - ist das eine margarine ???...

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feldhamster - Singdrossel

„Wir brauchen 
eine mittlere Katastrophe“

Peter Berthold ist Ornithologe und Bestsellerautor. 
Unser Autor Jürgen Roth hat mit ihm über die Chlorophyll-Krankheit, das langsame Sterben des Feldhamsters und die Idiotie der Monokulturen gesprochen.


Im ersten Stock des Instituts in Radolfzell werden zwei Balistare in einer Voliere gehalten. Von diesen Vögeln leben in freier Wildbahn nur noch etwa hundert Exemplare und Peter Berthold hofft, dass die zwei irgendwann einmal brüten. In seinem Arbeitszimmer nebenan unterhalten wir uns über die – nicht nur hierzulande – katastrophalen ökologischen Verhältnisse und Entwicklungen.

Ich habe mich auf unser Gespräch recht ordentlich vorbereitet, aber während der Herfahrt dachte ich: Vorbereitung schön und gut, doch man muss ja bloß schauen. Man fährt durch Landschaften, die nicht nur ausgeräumt, sondern geradezu gepeinigt, gequält wirken. Erst hinter Stuttgart wurde es ein wenig besser, hatte ich den Eindruck. 
Ja. Wir haben viele Landstriche, die inzwischen wie ökologische Wüsten aussehen. Das einzige, was aus der Landschaft an, sagen wir mal: Natürlichkeit noch herausleuchtet, ist die Farbe Grün, weil wir Gott sei Dank noch keinen Chlorophyll-Zerfall oder keine Chlorophyll-Krankheit haben. Es ist gar nicht lange her, dass eine größere Abordnung einer großen Partei hier im Institut war, und die Leute sagten: „Sagen Sie mal, Herr Berthold, es ist doch bei uns alles grün!“ – Ja, grün ist es Gott sei Dank schon noch. Aber das ist nur die Tünche. Wir haben so viele Gebiete, in denen wir zwar noch grüne Wiesen haben, aber wenn Sie in die Struktur der Wiese hineinschauen, sehen Sie, dass das im Grunde nur noch eine Produktionsstätte entweder für Kuhfutter oder für Bioenergie ist. Mit Wiese hat das nichts mehr zu tun. Gott sei Dank ist das Grün noch da. Es würde uns eigentlich noch fehlen, dass wir eine Chlorophyll-Krankheit bekommen – was man nicht ausschließen kann.

Inwiefern könnte das passieren? 
Zum Beispiel durch einen Gendefekt. Es könnte auch durch genetische Manipulationen von Pflanzen passieren. Dann könnte die Produktion von Chlorophyll zerstört werden. Über Transgene könnte diese Krankheit in andere Pflanzen hineingeraten. Man stelle sich beispielsweise mal vor, der Mais bei uns wäre nicht mehr homogen grün, sondern würde langsam panaschiert – bekäme also weiße Flecken –, und das Weiß nähme zu, zehn Prozent, zwanzig Prozent, dreißig Prozent, achtzig Prozent. Sie können sich vorstellen, was dann los wäre. Denn nur die grüne Blattmasse ist in der Lage, zu assimilieren und etwas Vernünftiges für uns zu produzieren. Das wäre schon ein heftiger Schlag ins Kontor. (Lacht.)

Warum lachen Sie da? 
Wissen Sie, das, was bei uns im Lande zur Zeit, ja seit etlichen Jahrzehnten passiert, kann man ja nur mit viel Humor ertragen. Nähme man das alles ganz tierisch ernst, müsste man sich jeden Morgen vor dem Frühstück die Kugel geben.




Ich wollte Sie das tatsächlich fragen – und ich möchte Ihnen weiß Gott nicht zu nahe treten –: warum Sie offenbar nicht depressiv werden. 
Das ist vielleicht eine glückliche Veranlagung. Und ich muss auch sagen, dass ich meine Lebens- und Überlebensangst im Hinblick auf das Leben auf der Erde, diese Befürchtungen, die ich früher hatte, abgestreift habe. Es gab eine schlimme Zeit, in der Politiker und auch der Papst sagten, dass der Mensch jetzt leider Gottes so mächtig geworden und so fehlgeleitet ist, dass er in der Lage ist, durch sein Atomwaffenarsenal das Leben auf der Erde zumindest theoretisch auszurotten. Ich habe mir das damals vorgestellt: dass so was möglich wäre. Wir waren ja mal nahe dran: Schweinebucht, Kubakrise, Säbelrasseln und so weiter. Damals war die gängige Meinung, dass, sollten all die Atomsprengköpfe gezündet werden, außer verbrannter Erde nichts übrigbliebe. Das hat sich inzwischen Gott sei Dank als absolute Spinnerei erwiesen.

Wirklich? Erklären Sie’s mir bitte. 
Tschernobyl zum Beispiel. Das war natürlich ein Hammerschlag. Ich war damals gerade an der ungarischen Grenze, auf einem Kongress. Zum Glück war die Frau des Biologen, bei dem ich wohnte, Physikerin. Die hat sofort einen Geigerzähler besorgt und gemessen, und sie hat gesagt: „Oh, wir haben ein Riesenglück! Das zieht alles obendrüber. Wenn du nach Hause kommst, wird es bei dir allerdings schaurig aussehen.“ So war es auch. Hier, in Oberschwaben und so weiter, war der ganze Fallout runtergekommen, dort war gar nichts passiert. Forscher vom Centre national de la recherche scientifique in Paris haben sofort nach der Katastrophe damit begonnen, in Tschernobyl biologische Untersuchungen durchzuführen. Denn die haben gesagt: Das ist eine einmalige Chance. Das war natürlich schon ein mutiger Einsatz, in diesem verstrahlten Gebiet zu forschen. Aber auf Grund dieser Forschungen wissen wir seit einiger Zeit, dass dort eine der vitalsten Mäusepopulationen lebt, die man sich nur vorstellen kann.

Und wie ist die zustande gekommen? 
Natürlich hat es auch die Mäuse erwischt, so, wie es im inneren Bereich die Ortsansässigen erwischt hat – bis auf einige ältere Omas, die bis heute dort leben und sagen: „Nee, ich geh’ nicht weg.“ Die sind zum Teil gut beieinander und essen jeden Tag ihr verstrahltes Gemüse. Ab einem bestimmten Alter, wenn man Glück hat, passiert da ja nicht allzuviel. Und Gendefekte kann man vernachlässigen, die alten Leute pflanzen sich eh nicht mehr fort. Die Mäuse haben vielleicht mehr gelitten als einige der Einwohner. Aber es sind einzelne Mäuse übriggeblieben. Und von den Rändern her sind natürlich neue Mäuse eingewandert. Die wussten ja nicht, was da drinnen los ist. Von denen hat es ebenfalls wieder viele erwischt, aber andere eben nicht. Daraus ist im Laufe der Zeit eine Mäusepopulation entstanden, die, erstens, gegen die Strahlung weitgehend unempfindlich ist und, zweitens, die höchstmögliche genetische Diversität aufweist. Weil jede Maus, die da reinkommt, kommt aus einer anderen Population und bringt Gene mit, die hier gar nicht oder kaum vertreten waren. So kommt eine wilde Mixtur von Genen zustande, die es da vorher nicht gegeben hat. Das ist eine unglaublich interessante Geschichte! Und den Mäusen geht es gut, die pflanzen sich fort, inzwischen auch Wildschweine und Hirsche und so weiter. Also, wenn wir sämtliche Atomwaffen, die wir haben, gleichzeitig zünden würden – vielleicht passiert’s ja demnächst, kann heute Nachmittag noch passieren, weiß man ja nicht –, dann würde das beispielsweise die Algen und Bakterien und Seegurken im Atacamagraben vor Chile überhaupt nicht interessieren. Bis dort, in achttausend Meter Tiefe, mal irgendwas hinkäme, wäre hier oben inzwischen das meiste abgebaut. Und außerdem hätten wir den Mäuseeffekt. Das heißt, für die Evolution würde sich eine unglaubliche, interessante neue Basis ergeben. Das einzige wäre: Wir wären da sicherlich nicht dabei.

Was vielleicht kein Schaden wäre. 
Das wäre für das Gesamtgebilde Leben auf der Erde sehr wahrscheinlich kein Schaden. Denn im Augenblick muss man schon sagen … Ich habe nicht gezögert, in meinem neuen Buch vom „Homo horribilis“ und vom „Homo suicidalis“ zu sprechen, obwohl „suicidalis“ noch relativ bescheiden ist, denn das wäre ein Mensch, der einsieht, dass er eigentlich weg sollte, um keinen weiteren Schaden anzurichten, der nähme sich vornehm zurück. Wenn das viele machen würden, würden wir sozusagen für den Rest der Evolution unter Aspekten der Biodiversität rosigen Zeiten entgegengehen, um es mal ganz sarkastisch zu formulieren.

Sie zitieren auch Elizabeth Kolbert aus deren Buch 'Das sechste Sterben': Der Mensch sei „der Affe mit dem Wahnsinnsgen“. Wir beobachten ein Artensterben im Zeitraffer, unendlich viel schneller als in der Kreidezeit geht das vonstatten. 
Ja. Das ist eine galoppierende Schwindsucht. Das, was wir im Augenblick erleben, ist beispiellos. Deshalb fängt jetzt auch ein großer Teil der Bevölkerung an, mindestens unruhig zu werden. Die Menschen spüren, dass etwas im Gange ist, allein durch die Häufung entsprechender Meldungen. Eigentlich hört man tagtäglich vom Artensterben, vom Bienensterben, von fehlenden Bestäubern, der Obstbau ist infrage gestellt und so weiter. Bisher waren die Hiobsbotschaften eher mit Themen wie Altersarmut und Gesundheitswesen verknüpft, aber jetzt erfahren die Leute, dass der ganze Garten Eden zu bröckeln beginnt. „Hach, solange es so schön grün ist, ist alles Ordnung“ – das verfängt nicht mehr.

Eine Fichtenmonokultur ist auch schön grün. 
Natürlich. In der sehen viele Menschen auch gar nichts Schlimmes. Viele würden sagen: „Ha! Da hat’s schöne Christbäum‘ drin! Und da isch Holz drin für die Fensterrahme‘ von meine‘ Enkel. Und auch a gute‘ Verdienscht! Des is‘ im Augenblick die beste Geldanlage. So ‚ne Fichtenschonung is‘ viel besser, als Geld auf die Sparkasse bringe‘.“ Man muss schon ziemlich viel Waldökologie betreiben, um jemandem klarzumachen, dass eine Fichtenmonokultur auch eine mittlere Katastrophe ist.


Kiebitz


Ich wollte mit Ihnen am Anfang eigentlich über den Kiebitz reden. 
Ah ja!

Der Kiebitz ist aus meiner Sicht einer der anrührendsten und fürsorglichsten Vögel der Flur, also unter den sogenannten Offenlandbewohnern. Anfang der achtziger Jahre hat man im Sommer auf dem Land überall Kiebitze gesehen. 
Überall!

Ich habe seit fünfzehn Jahren keinen mehr gesehen. Können Sie anhand des Kiebitzes erklären, was gerade geschieht? 
Sicher. Der Kiebitz war zum Beispiel hier in der Bodenseeregion ein Alltagsvogel. Um den hat man sich nicht groß geschert, denn der hat fast überall gebrütet. Wenn ich ins Auto gestiegen bin, standen im Frühjahr die Kiebitze in den Pfützen auf den Äckern, das waren die Durchzügler. Kaum waren die weg, hat man diese Papierfetzen gesehen, das waren die balzenden Brutvögel – ein Vogel, der wie selbstverständlich zur Landschaft gehörte. Natürlich hat man schon damals alte Leute getroffen, die gesagt haben: „Früher hat’s viel mehr gebe‘!“ Das wusste man. Das war das Goldene Zeitalter, in dem alles, in Anführungszeichen, noch in Ordnung gewesen war. Doch uns – auch mir – haben die Kiebitze gereicht, die wir hatten – während jetzt ein Frühjahr verstreicht, ohne dass ich, wenn ich nicht gerade mit dem Zug nach Nord- oder Ostdeutschland fahre, einen einzigen Kiebitz sehe oder höre. Ich nehme den Kiebitz nicht mehr wahr – außer, dass er fehlt. Das ist einer dieser großen Schreckensmomente, in denen sich die riesigen Verluste zeigen.

Natürlich wissen wir, warum die Kiebitze weg sind. Wir haben ja erlebt, wie das passiert ist. Hier zum Beispiel, in der Nähe des Instituts, haben wir eines der großen alten Naturschutzgebiete, schon 1938 eingerichtet, der größte Teil der Gemeinde Möggingen ist ja Naturschutzgebiet. Da hinten im Ried haben immer Kiebitze gebrütet. Vor ungefähr zwanzig Jahren, ich könnte nachgucken, wann genau, haben sie aufgehört zu brüten. In diesem Gebiet ist früher im Winter mal ein einzelner Bauer zu Fuß unterwegs gewesen, mit einer Handsäge über der Schulter und einer Axt, und der hat an einer Hecke ein bisschen Brennholz geschnitten und geschlagen, das er später mit dem Pferdefuhrwerk heimgeholt hat. Das war alles. Wenn Sie heute im Januar, Februar, März an einem schönen Sonntag rausgehen, sind in demselben Gebiet, in dem früher dieser einzelne Mensch gelaufen ist, unter Umständen zweihundertfünfzig Leute unterwegs und mindestens fünfzig Hunde in allen Größen und Schattierungen, die sich fast alle unangeleint im Naturschutzgebiet herumtreiben. Wenn da ein einziger Kiebitz noch irgendwo sitzt, der sich vielleicht überlegt, ob er hier brüten könnte, dann steigt der auf, macht seinen „Whääähh! Whääähh!“-Warnruf, fliegt weiß Gott wie weit, hat fast keine Möglichkeit, irgendwo zu landen, weil überall Leute unterwegs sind, und verlässt das Gebiet. Der wird nie und nimmer in diesem Gebiet anfangen zu brüten. Denn freilaufende Hunde, das heißt für ihn: Das ist Wolfsgebiet, das regelmäßig bestrichen wird, und wenn er dort ein Gelege hat, wird das von den Viechern gefunden und aufgefressen. Das ist für ihn völlig indiskutabel. Das Nächste ist: Er findet kein Futter. Alles, was an größeren Insekten und Larven notwendig wäre, um einen Kiebitz zu ernähren, gibt es ja nicht mehr. Die Flur ist im Grunde genommen eine nahrungsarme Wüste geworden, in der keinerlei Futter mehr vorhanden ist. Beides zusammen ist für den Kiebitz dermaßen lebensfeindlich, dass er überall flächendeckend verschwunden ist.

Sie sprechen in Ihrem Buch von der „Verunruhigung der Landschaft“, von dieser pestilenzialischen Freizeitgesellschaft. Die Menschen haben keinerlei Gespür mehr dafür, dass es Ruheräume geben muss. In Naturschutzgebieten kann man ja im Grunde alles machen. Und dazu kommt, dass massiver Holzeinschlag erlaubt ist, intensive Landwirtschaft … 
Ganz genau. Vieles von dem, was ich im Buch beschreibe, geht auf Beobachtungen in diesem Gebiet hier zurück. Ich habe extra Zählungen machen lassen, wie viele Leute und Hunde hier herumlaufen. Die Zahlen, die ich genannt habe, sind der Normalfall.

Wenn Sie das Wort „Hunde“ in den Mund nehmen, muss ich natürlich auch das Wort „Katzen“ in den Mund nehmen. Ich habe bei Ihnen gelesen, und ich war sehr beeindruckt, dass hierzulande nach – wohlgemerkt vorsichtigen – Schätzungen jedes Jahr dreißig Millionen Vögel von freilaufenden Hauskatzen gemeuchelt werden. Das entspricht der Zahl der Vögel, die pro Jahr im gesamten Mittelmeerraum zuzüglich Ägypten gefangen und verspeist werden. Das ist ein Riesentabu. Früher wurden Katzen nur auf Bauernhöfen gehalten, damit sie die Mäuse und Ratten fressen. 
Natürlich. Bis in die fünfziger Jahre war die Katze überlebensnotwendig. Auf den Kleinbauernhöfen hielt man rund um die verschiedenen Tennen für den Hafer, die Gerste, den Weizen fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn Katzen, die die Mäuse kleinhielten. Die hätten nämlich die Hälfte der Ernte vernichtet. Die Katzen waren ständig beschäftigt – und zwar ausschließlich auf dem Hof! Die mussten nicht rausgehen, um Rotkehlchen zu jagen. Für die war es viel einfacher, die Massen von Mäusen zu fangen. Und jetzt hockt die Katze in einem Einfamilienhaus, das so steril ist, dass in hundert Jahren keine Maus reinkommt, und wenn je eine reinkäme, müssten fünf Handwerker anrücken und das letzte Loch suchen, bevor die Leute das Haus überhaupt wieder betreten würden. Eine Maus im Haus ist für manche Leute schlimmer als ein geordneter Einbruch. „Die Maus! Um Gottes willen, wo ist die denn reingekommen?!“

Hier im Institut halten Sie ein Paar Balistare. Der Balistar ist eine der am stärksten gefährdeten Vogelarten der Welt. Sie haben Ihre Dissertation über den Star geschrieben. Der Star ist ein Allerweltsvogel, der in den vergangenen zwanzig Jahren unter Bestandsrückgängen außerordentlich gelitten hat.  
Insgesamt ist der Star seit 1800 um etwa siebzig Prozent zurückgegangen, im gesamten Verbreitungsgebiet von Mittelfinnland bis Norditalien. Beim Star fällt’s besonders auf, weil wir früher gerade hier am Bodensee massenhafte Ansammlungen hatten: drei große Schlafplätze mit jeweils bis zu über einer Million Vögeln. Da hielten abends die Autos, und die Leute stiegen aus und haben angesichts dieser gewaltigen Starenwolken nur noch Bauklötze gestaunt. Vögel, Vögel, Vögel, wie bei Hitchcock. Und heute fliegen da noch ein paar hundert Vögel in kleinen Pulks, die niemand mehr wahrnimmt. Nicht umsonst ist der Star Vogel des Jahres 2018 geworden. Wenn ein Vogel Vogel des Jahres wird, steht es nicht gut um ihn.

Rebhuhn

Das Rebhuhn. 
Oje.

Das Rebhuhn ist im Grunde der Grubenvogel der Kulturlandschaft. An keinem anderen Vogel kann man deutlicher zeigen, wie die agrarischen Räume runtergewirtschaftet, planiert und von den letzten Resten an Kleinhabitaten befreit worden sind. Das Rebhuhn ist praktisch vom Aussterben bedroht. 
Das wird demnächst aussterben, keine Frage. Die paar Restbestände, die wir haben, sind nicht zu halten. Gerade dieses Projekt bei Göttingen, das ich in meinem Buch lobend erwähne und ein bisschen als Hoffnungsträger herausstelle, das klingt auf dem Papier alles ganz gut, aber wenn Sie es vor Ort ansehen, muss man sagen: Pfffffft. Demnächst vorbei. Nichts zu machen. Diese paar kleinen Eckle und Streifle. Die haben da oben hervorragende Böden, von der Kategorie der Magdeburger Börde, das sind mit die besten Böden in Deutschland, und es werden auf jedem Quadratmeter Zuckerrüben und Weizen und anderes angebaut. Da ist kaum ein Landwirt bereit, regelmäßig Streifen, Brachen übrigzulassen. Der sieht sofort, wie viele Euro im Geldbeutel fehlen. Und die meisten sagen sich auch: Damit werden wir das Rebhuhn eh nicht retten. Womit sie recht haben. Es gibt eine zweite Art bei uns, der es ähnlich miserabel geht, die aber nicht so stark in den Gemütern verankert ist: Das ist der Feldhamster. Der Feldhamster kam früher überall vor.

In Nordrhein-Westfalen ist er ausgestorben. 
Wir haben noch einige ganz winzige Restpopulationen. Eine ist in der Gegend von Heidelberg, wo man versucht, die Feldhamster auf einigen geschützten Äckern durch Umsetzen und andere Stützmaßnahmen zu erhalten. Der Feldhamster wird wahrscheinlich auch nicht zu retten sein. Das Rebhuhn war natürlich immer ein Sympathieträger, ein nettes Vögelchen, schmeckt gut und war hübsch anzusehen, während beim Feldhamster viele gesagt haben: „Ha! Um den isch eigentlich net schad‘.“

Braucht’s den? Braucht’s den Feldhamster? 
„Der hat uns g’nug wegg’fresse‘.“ Dem trauert eigentlich niemand nach. Dem Rebhuhn schon. Also, wenn ich jetzt ein Rebhuhn sehen wollte, bis zum Jahresende, müsste ich die nächsten Tage mit verschiedenen Leuten telefonieren und mir einen detaillierten Plan machen, wo ich dann hinfahren würde, um dort hoffentlich tatsächlich ein Rebhuhn zu sehen. Man hätte sich niemals vorstellen können, dass es mal soweit kommt.

Ich habe mir die aktuelle Rote Liste der Brutvögel ausgedruckt. Die wird von der Bundesregierung und nicht von einer Naturschutzorganisation veröffentlicht, wobei Sie schreiben, dass die Roten Listen wie die Arbeitslosenstatistiken mittlerweile von amtlicher Seite geschönt werden. 
Das ist so. Das ist seit geraumer Zeit ein Riesenproblem, weil da immer das Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit drinhängt, also das Merkel-Amt. Früher war das eine selbständige Einrichtung, die Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie, ein großes Gebilde, besetzt mit hochkarätigen Leuten. Das wurde in der Merkel-Ära, als sie Bundesumweltministerin war, runtergestuft auf das heutige BfN. Das ist für die Roten Listen zuständig. Ich war lange in diesem Rote-Listen-Gremium. Wenn wir gesagt haben: „Diese Art muss in die Rote Liste rein, der geht es schlecht“, dann hieß es ständig: „Ja, aber die Datenlage gibt das eigentlich noch nicht her. Wir würden vorschlagen, wir lassen sie diesmal noch draußen. Und die in Nordrhein-Westfalen haben noch gar keine Mitteilung gemacht, dass es Rückgänge gibt.“ Es wurde immer versucht, die Zahlen an der Obergrenze des Möglichen zu halten. Die Wirklichkeit ist wesentlich schlechter als das, was die Roten Listen wiedergeben. Die werden aus politischen Gründen frisiert.

Wenn man in den Vögeln Bioindikatoren sieht, zu Recht – bahnt sich da ein Ökozid an? 
Wenn die nächsten zwanzig Jahre nicht ganz gewaltig gegengesteuert wird, wird ein Biozid, ein Ökozid eingetreten sein. Dann werden wir das allermeiste verloren haben, und das wird irreversibel sein. Ich versuche ja zusammen mit der Heinz-Sielmann-Stiftung gegenzusteuern, mit dem Biotopverbund Bodensee. Wir haben ganz gute Fortschritte gemacht, fast hundert Biotope haben wir angelegt, und wir kriegen dort viele interessante Arten rein, Teichrohrsänger und Sumpfrohrsänger und Teichhuhn und Wasserralle, die alle noch einigermaßen gut vertreten sind. Aber es ist schon jetzt so, dass wir in ein solches Biotop beispielsweise keinen einzigen Kiebitz mehr reinkriegen, weil die Population in ganz Baden-Württemberg inzwischen so ausgedünnt ist, dass nirgendwo mehr Restpopulationen sind, die sagen könnten: „Mensch, das ist ein Klas sehabitat! Da gehen wir hin.“ Gibt’s nicht mehr. Das gilt für den Kiebitz, das gilt unterdessen für das Braunkehlchen – keine Chance, irgendwoher ein Braunkehlchen zu bekommen und davon zu überzeugen, dass da ein schönes Habitat ist, in das es reingehen könnte. Das gilt für die Bekassine – keine Chance. Das gilt für den Großen Brachvogel – überhaupt kein Gedanke daran! Man kann froh sein, wenn man in so einem neueingerichteten Gebiet irgendwann mal sagen kann: Es sind ein paar Rastvögel für zwei, drei Tage da. Das ist schon eine Seltenheit. Und diese Arten, die wir auch mit Renaturierungsmaßnahmen nicht mehr zurückholen können, nehmen laufend zu. Wenn wir so weitermachen, werden wir in zehn oder zwanzig Jahren sagen: Wir können so viele Schutzgebiete einrichten, wie wir wollen, dort werden wir nur noch ganz wenige Arten ansiedeln können, weil der Rest derart dezimiert ist, dass er verschwindet oder bereits verschwunden ist.

Jüngst sind die einschlägigen Studien abermals publik geworden: Insektensterben – ein Rückgang der Biomasse in den vergangenen dreißig Jahren um achtzig Prozent; exponentieller Anstieg des Vogelschwunds seit den sechziger Jahren. 
Richtig. Von 1800 bis Ende der Fünfziger schleichend, um zirka fünfzehn Prozent, von da an sturzbachartig.

Eine amerikanische Studie hat ermittelt, dass die Seevogelbestände in den vergangenen sechzig Jahren um siebzig Prozent eingebrochen sind. Und es geht nicht nur um die Vogel- und Insektenbestände, sondern um Amphibien, Reptilien, Fische und sämtliche Wirbeltiere, von Algen et cetera gar nicht zu reden. Es ist ein flächendeckendes, rasendes Artensterben im Gange, das mit Sonntagsreden, ein paar Verordnungen und Kongressen politisch verwaltet wird. Zugleich wird allerorten permanent die Wachstumsideologie blindwütig weiterpropagiert. Wachstum ist ein Mordauftrag. 
Das ist es letztlich. Aber (lacht) nicht nur in Bezug auf die Gesamtheit der wildlebenden Pflanzen und Tiere, sondern auch auf uns. Zweifellos. Früher war es so: Mein Nachbar hatte Bienen, mein Vater hatte Bienen, überall waren Bienen. Wenn so einen Baum am Nachmittag nach einer Frostnacht die Sonne zwei Stunden lang beschienen hat, war in null Komma nix der ganze Baum mit Bienen bereichert, und die haben alle Blüten bestäubt, die gerade offen waren. Wenn heute die Sonne scheint, eine Stunde, zwei Stunden, und Sie stehen unter dem Baum und gucken, dann kann es sein, dass Sie plötzlich feststellen: „Jessas Gott! Der Herrgott hat eine Biene geschickt!“ Und die ist jetzt grad da oben drin und geht da rüber und da hinten durch.

Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Äpfel! 
Und dann kommen Wolken. Sonne geht weg. Biene fliegt zurück zu ihrem Stock. Und da oben sind fünf oder sieben Blüten bestäubt, von denen nachher zwei abfallen, und Sie haben keinen Ertrag mehr. Und genau das ist dieses Jahr passiert. Die Schäden, die wir hier heuer hatten, sind dem Spätfrost nur zu einem ganz geringen Teil anzulasten. Die Hauptgründe sind, ad eins, die Idiotie dieser Monokulturen und, ad zwei, der inzwischen gravierende Insektenmangel. Wenn wir mit diesen Monokulturen so weitermachen wie jetzt, werden die Bäume im Zuge der Klimaerwärmung sukzessive früher blühen, und die Chance, dass da Spätfröste reinfahren, wird jedes Jahr einen Zacken größer. Das haben mittlerweile sogar die hiesigen Obstbauern kapiert. Und wenn noch weniger Insekten vorbeikommen als bisher, ist irgendwann Schluss. Manche Bauern haben bereits gesagt, noch ein solches Jahr, dann hören sie auf. Es gibt Obstbauern, die haben ihr Gut mit 500.000 Euro Schulden belastet. Einen hundertprozentigen Ernteausfall wie dieses Jahr können die einmal wegstecken, aber kein zweites Jahr. Dann werden alle Bäume rausgerissen, dann machen die was anderes. Und jetzt kommt das Nächste: Weil es selbstverständlich immer zu einem Befall mit Schädlingen kommen kann, der auf den Äpfeln Flecken oder sonstwas zur Folge hat, werden unsere Obstbaukulturen am Bodensee in der Regel im Mittel mindestens fünfundzwanzig Mal pro Jahr gespritzt. Fünfundzwanzig Spritzungen, vom Januar bis zum Juli, August. Fünfundzwanzig Spritzungen. Bei diesen Spritzungen werden alle Insekten – Schwebfliegen, Hummeln und dergleichen mehr – umgebracht, so dass in diese Obstanlagen auch keine Meisen mehr reingehen. Früher haben die Bauern noch Nistkästen reingehängt. Heute machen sie’s nicht mehr. Da kommt nie ein Vogel. Was soll der Kram? Der hat ja nichts zu fressen. Sie haben also keinen einzigen Vogel mehr zur Schädlingsbekämpfung, Sie bringen nach den Bienen auch noch die letzten bestäubenden Arten um, und dadurch wird diese Obstanlage immer unproduktiver. Wir haben zwei Ecken in der Welt, in denen das Ende der Fahnenstange bereits erreicht ist: China und Kalifornien. Da sitzen jetzt die Leute in den Bäumen und bestäuben die Blüten von Hand, mit einem Pinsel. Für den Bodensee droht deshalb das Schreckgespenst, dass in zehn bis zwanzig Jahren der Obstanbau beendet ist. Schluss. Aus. Fertig. Mit der Art von ökologischer Misswirtschaft, die wir hier betreiben. Und dasselbe gilt natürlich für alles andere. Das gilt für die Böden, auf denen wir Mais anbauen.

Erosion pro Hektar im Jahr: zehn Tonnen. 
Genau. Wir haben heute auf Maisfeldern zehn, zwanzig Tonnen Abtrag pro Jahr! Und hier haben wir inzwischen siebzig Prozent Mais. Das sind alles Böden, die demnächst der Versteppung und der Winderosion anheimfallen. Wenn wir da nicht Humus aufbringen, nützt der Kunstdünger gar nichts mehr. Und dann sind die Weißpflanzen halt nur noch zwanzig Zentimeter hoch. Die kann man vergessen. Damit kann man keine Biogasanlage mehr betreiben. Und so weiter und so fort.

Es laufen Agrartechnologen herum – Sie beschreiben das in Ihrem Buch –, die sagen, wir brauchen total entleerte Vier-fünf-Komponenten-Zuchtlandschaften. Der Boden wäre ein Substrat, eine Art Nährlösung, der Rest wäre scheißegal. Es gibt Schwein, Rind, Huhn, Mais … 
Das hat man unter Mao in China versucht.

Das ist interessant. Denn unter Mao sind ja die Sperlinge planmäßig ausgerottet worden. Ich hatte mir notiert: Was Mao schaffte, sind wir im Begriff zu schaffen. 
Da sind wir dabei. Wir sind dicht dran.

Das ist doch ein Wahnsinn. Das ist doch auch ökonomischer Wahnsinn. 
Absolut. Gar keine Frage.

Wie reagiert die Politik? 
Von der Bundesregierung kommt wenig bis nichts. Was glauben Sie, was die Frau Hendricks machen könnte? Nichts. Das einzige, was sie machen kann, sind solche Geschichten wie diese an der Macht der Agrarlobby sofort krachend gescheiterte Plakataktion. „Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein.“ Sie hatte ja vor, für zwei Millionen Euro solche Plakate zu drucken, um die Landwirtschaft aufzuschrecken und die Bevölkerung zu sensibilisieren. Was soll die arme Sau sonst machen? Erstens ist sie von der SPD, die sowieso nichts zu sagen hat, und, zweitens, wenn sie was macht, sagen die Länder: „Halt amal! Naturschutz ist Ländersache! Da lassen wir uns vom Bund nicht reinreden.“ Und wenn sie in Berlin um Geld nachfragt, sagt der Schäuble: „Mir habe’ nix! Mir brauche’ die schwarze Null.“ Die hängt in allen Seilen drin. Die wird froh sein, wenn sie den Job los ist. Das ist eine der undankbarsten Aufgaben, die es gibt. Jetzt hätte die Bundesregierung die Möglichkeit, über diese Misere des Artensterbens, des Rückgangs an Biodiversität, des Zerfalls unserer Böden, der Verseuchung des Grundwassers – das alles ist so weit fortgeschritten – eine breite Diskussion zu beginnen. Das würde ein so gewaltiger Dialog, ja Polylog! Da träten immer mehr Probleme zutage. Und zum Schluss würde natürlich die große Frage auftauchen: Was kann man dagegen machen, und was kostet das? Und da kämen Beträge raus, die würden in die Hunderte von Milliarden gehen. Und die Bevölkerung wäre so was von aufgeschreckt und alarmiert und auf der anderen Seite wütend und frustriert, weil natürlich, wollte man da wirklich drangehen, einschneidende Maßnahmen unvermeidbar wären. Das einzige, was wirklich was bringen würde, ist: Wir brauchen mittlere Katastrophen. Mittlere Katastrophen. Eine ganz große Katastrophe würde natürlich auch alles erledigen, aber die wäre für uns das Unangenehmste. Wir brauchen mittlere Katastrophen. Nehmen wir zum Beispiel noch mal Tschernobyl. Da ging ja doch ein heftiger Ruck durchs Land, da ist doch manchem siedend heiß unterm Arsch geworden. Damals wusste zum Beispiel fast jeder, was ein Becquerel ist. Fragen Sie mal heute, was ein Becquerel ist. Da würden manche sagen: „Ou, ich glaub’, das ist irgendeine Hefe zum Zopfbacken.“

Das ist eine Margarine. 
Becel, Bececerel, genau. Längst weg. Alles den Bach runter. Heute macht man höchstens Witze im Gasthaus: „Ha, da gibt’s noch so Wildschweine aus der Pfalz, die sind noch hochgradig angereichert.“ – „Ojo, do hascht den Vorteil, die muss ma’ net so lang brate‘, die sin’ schneller gar als die andern.“ Fukushima war schon etwas kräftiger und hat immerhin dazu beigetragen, die Energiewende einzuleiten. So, und wenn jetzt Fessenheim oder einer der belgischen Schrottreaktoren in die Luft flöge, wäre das zwar für Europa natürlich nicht besonders angenehm, aber dann würde vieles passieren. Und bevor das nicht der Fall ist, wird wenig passieren.

Sie sehen schwarz. 
Ich sehe nicht schwarz, sondern ich sehe das ganz realistisch. Es ist immer dann etwas in die Wege geleitet worden, wenn es irgendwo richtig geklemmt hat. Vorher sind altbekannte verschiedene Mentalitäten verbreitet. Die Älteren sagen: „Ich seh’s ja, aber für uns reicht’s noch.“ Und viele andere sind einfach ignorant oder haben einfach noch nicht den Durchblick. Die glauben noch, sie leben in einer einigermaßen intakten Welt, und man wird’s schon richten können, wenn Not am Mann ist.


Zur Person 
Peter Berthold ist einer der renommiertesten Ornithologen weltweit. Vor allem seine Forschungen zum Vogelzug sind bahnbrechend. 
galore.de
Von 1981 bis 2005 war Berthold Professor für Biologie an der Universität Konstanz, von 1998 bis zu seiner Emeritierung leitete er das Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell. 
Seit 2005 arbeitet er in enger Kooperation mit der Heinz-Sielmann-Stiftung an der Schaffung des Biotopverbunds Bodensee. Er sieht in solchen engmaschigen Renaturierungen die einzige Möglichkeit, das rasante Arten- und Vogelsterben möglicherweise doch noch aufzuhalten. Sein aktuelles Buch heißt „Unsere Vögel – Warum wir sie brauchen und wie wir sie schützen können“ (Berlin 2017).

tja - wenn das so ist ...

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Ausriss aus: 
WDR-WISSEN - Stand v. 18.10.2014
abgerufen am 05.12.2017




























Ausriss aus: 
NEUE WESTFÄLISCHE - Zwischen Weser und Rhein
vom 05.12.2017

nicht: lasst uns zufrieden - sondern macht uns zufrieden ...

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nach: www.ConvivaPlus.ch

Unternehmer wagt Fünf-Stunden-Tag

Bundesweit einmalig: Lasse Rheingans beschäftigt zwölf Menschen und testet seit gut einem Monat ein radikal neues Arbeitszeitmodell. Bei gleichem Lohn und Urlaubsanspruch soll nur von 8 bis 13 Uhr gearbeitet werden

Von Kurt Ehmke | NW

Der 16. Oktober war der Tag, an dem zwölf Kollegen einer Digital-Kommunikationsagentur erfuhren, dass sie Teil eines wohl bundesweit einmaligen Versuchs werden. Ihre Agentur war just an Lasse Rheingans verkauft worden - nun saß der neue Chef vor ihnen und verkündete eine Idee, die die IT-Leute kurz überprüfen ließ, ob sie träumten oder wach waren.

Rheingans (37) wollte über den Fünf-Stunden-Tag sprechen - bei gleicher Bezahlung, gleichen Rechten, gleichem Urlaubsanspruch. Arbeitszeit: 8 bis 13 Uhr. Teilzeit? Nein. Homeoffice? Nein. Überstunden? Nein. Wochenendarbeit? Nein. Alles andere? Bis Ende Februar ausprobieren, diskutieren, austarieren, überprüfen, anpassen. Nur eines wurde abgeschafft: Sogenannte Zielvereinbarungen mit einzelnen Mitarbeitern. Rheingans: "Das führt meist zu einem Gegeneinander - dann werden persönliche Ziele über die des Teams gestellt."

"Haben uns gefreut, haben aber auch Sorgen gehabt"

Nun ist ein Monat vergangen - und liegt noch ein Vierteljahr vor den Mitarbeitern, in dem die Vision Realität ist, das Modell getestet wird.

Bisher läuft's. Die Agentur im Crüwell-Haus - aus "Überblick" wurde "Rheingans Digital Enabler" - brummt. "Bisher fühle ich mich bestätigt", sagt der Medienwissenschaftler. Und auch seine Kollegen wirken zufrieden. Jana Burdach (34): "Wir haben uns zuerst gefreut, dann aber auch Sorgen gehabt." Klappt das? Wie kommt es bei Kunden an?

Bisher überwiege das Positive. Zwar sei sie "mittags oft echt richtig kaputt", aber das Mehr an Zeit für Hund, Hobby, Freunde, Familie wiege das auf. Noch arbeiteten alle Kollegen an sich und der Arbeitsstruktur. Rheingans hat dabei keine Verbote ausgesprochen, er drängt aber auf alles, was effektives Arbeiten fördert: Es wird wenig gequasselt, soziale Medien sollen wenig Raum bekommen, Ebay und andere Internetseiten sollten außen vor sein, Musik wird kaum gehört, das Handy als ständiger Aufmerksamkeitsfänger liegt besser in der Schublade als griffbereit. Gespräche haben einen Fahrplan, auch zeitlich; Konferenzen kein offenes Ende. Burdach: "Durch Besprechungen rasen wir jetzt durch und schweifen nicht ins Private ab - ich strukturiere meinen Tag sauber in Stunden."

Das passt zu Rheingans' Credo: "Fünf Stunden hochkonzentriert arbeiten bis zur Mittagspause - das kann dasselbe Ergebnis bringen wie die üblichen acht bis neun Stunden." Wer nachmittags freie Zeit habe, komme morgens hoch motiviert zur Arbeit, wisse, wofür er dann fünf Stunden lang diszipliniert und konzentriert arbeite.

Dass das nicht auf Knopfdruck geht, spürt Projektleiterin Burdach durchaus. Mittags ist sie oft müder als früher - und abends denkt sie regelmäßig über die Struktur des nächsten Arbeitstages nach. Was, wann, wo, wie.

Für Rheingans, der zwar konsequent an das Thema herangeht, aber nicht dogmatisch, ist das in Ordnung. Er will auch Ausnahmen zulassen, so auch einmal einen notwendigen Kundentermin am Nachmittag. Oder auch die bezahlte Fortbildung außerhalb des Vormittags. Aber: Eine Erosion soll es nicht geben, kein schleichendes Zurück.

Dass der Fünf-Stunden-Tag auch sozialen Sprengstoff birgt, wird am Beispiel der Raucher deutlich. Burdach: "Wir sind hier ein kleines, weitgehend auch miteinander befreundetes Team - aber beim Thema Raucherpause ist zu spüren, dass das Fragen aufwirft."

Fragen, die Rheingans freitags klären will: Regelmäßig kocht das Team nach dem Ende der Arbeitszeit ab 13 Uhr zusammen - und diskutiert dabei all die Fragen, die das neue Konzept aufwirft. Dann wird über Notfallnummern für den Nachmittag geredet, über Disziplin, über Belastungen und wie sie gemeistert werden können. Für Rheingans ist das wichtig: "Dieser Kulturwandel hier, der kann nicht von oben verordnet werden."

Sein Vorbild kommt aus den USA: Stephan Aarstol, Chef der Firma Tower, führte 2015 den Fünf-Stunden-Tag ein.
Bis heute. Mit Erfolg.

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Das sagen die IHK, die Gewerkschaft, das Arbeitsamt 
Harald Grefe (IHK): "Von einer so ungewöhnlichen Zeitreduktion habe ich noch nie gehört. Wer eine hohe Kundenorientierung hat, wird aber sicher nicht um Nachmittagstermine herumkommen. Nur starr am Vormittag zu arbeiten, das geht da sicher nicht. Ich finde das sehr mutig, eine Prognose, ob sich das durchsetzt, wage ich nicht. Aber gerade in umkämpften Boom-Branchen werden wir solche oder ähnliche Modelle sicher bald häufiger sehen." 
Martina Schu (Verdi): "Perspektivisch wird es immer mehr in diese Richtung gehen - nicht in allen Branchen, aber in einigen. Junge Leute wollen heute Zeit für die Familie, das Hobby - sie sagen ganz klar, dass sie nicht nur arbeiten wollen, sondern auch leben; jetzt, hier, heute. Auch deshalb ist es ein echtes Zukunftsthema, die Arbeitszeit neu zu denken. Gerade in kreativen und innovativen Bereichen tritt nach zu langer Arbeitszeit eine Überforderung ein." 
Matthias Dainat (Agentur für Arbeit): "Ich komme aus der Arbeitgeberbetreuung - von sowas habe ich bei uns noch nicht gehört. Das Modell spricht mehr Bewerbergruppen an, so die Teilzeitklientel und Menschen, die zu Hause jemanden pflegen müssen. Die jüngere Generation, die auf die Work-Life-Balance achtet, dürfte das ansprechen. Es bleibt aber die Frage, was von mir erwartet wird: Muss ich in fünf Stunden dasselbe leisten wie sonst in acht Stunden?"


Text aus: © 2017 Neue Westfälische, Bielefeld Süd, Dienstag 05. Dezember 2017

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"mit arbeit kann man sich den ganzen tag versauen", lautet so ein gängiger alltagsseufzer der leider immer noch abhängig beschäftigten menschen. im zuge der digitalisierungen am arbeitsplatz, der ja sogar schon die anwesenheit im büro theoretisch oft überflüssig macht, stehen wir sicherlich vor einer revolution der "werktätigen" masse.

in den schlechtbezahlten sozialberufen wird das allerdings schwieriger, würde sich doch bei 5-stunden-schichten die anzahl der bezugspersonen für das zu betreuende klientel noch einmal erhöhen ... - allerdings sind dort heute schon unbefristete halbtagsjobs oftmals die regel, um die komplizierten dienstpläne mit nachtwachen und sonntagsarbeit und urlaubszeiten und allgemeiner personalknappheit in dieser branche einigermaßen verantwortbar abzudecken: da wird auf die anzahl der vor ort "handanlegenden" personen und ihrer geeigneten fachausbildung kaum noch geachtet - allerdings würde bei einer 5-stündigen vollzeitarbeit bei vollem lohnausgleich die jetzige halbtagskraft bereits annähernd ein "volles gehalt" beziehen - was auch endlich zu einem angemessenen und gerechten (!) "lohnausgleich" im weiteren sinne führen würde ...

tja - da möchte ich der sich im winterschlaf befindlichen "geschäftsführenden" bundesregierung und den beteiligten parteien zu den verhandlungen 2018 zurufen: es gibt viel zu tun - aber abwarten und weiterhin den kopf in den sand stecken gilt nicht mehr ... - S!

glyphosat in bielefeld

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Pflanzenschutz-Streit: Landwirte sehen sogar ökologische Vorteile durch den Einsatz des Herbizids und kritisieren die Politik. Rückendeckung erhalten sie vom Fachinstitut, das keine gesundheitsschädigende Wirkung feststellen kann

Von Ansgar Mönter | NW

Bielefeld. Das Pflanzenschutzmittel Glyphosat, seit 40 Jahren im Einsatz, ist zum Politikum geworden. Interessenvertreter arbeiten sich daran ab. Für die einen steht das Mittel für die industrielle Landwirtschaft, für das Ende von Artenvielfalt und Gesundheitsschäden; für die anderen ist es eine bewährte und gesundheitlich unbedenkliche Chemikalie, die sogar ökologischen Nutzen hat, solange es keine brauchbaren Alternativen dazu gibt. Bielefelds Landwirte verteidigen Glyphosat - und erhalten fachliche Rückendeckung vom Bundesinstitut für Risikobewertung.

Landwirt Adolf-Heinrich Quakernack spricht für den Ortsverband Bielefeld-Süd des Landwirtschaftlichen Kreisverbands; Landwirt Bernd Upmeier zu Belzen für den Ortsverband Bielefeld-Nord. Beide verteidigen das umstrittene Pflanzenschutzmittel. "Das Mittel ist gut und wirksam und schädigt nicht Boden und Samen der Frucht", sagt Quakernack. Er erklärt, warum das so sei: "Es wird nur vor der Einsaat oder nach der Ernte eingesetzt." Die eigentliche Kulturpflanze, die der Bauer anbaut, werde nicht damit gespritzt. Quakernack führt als weiteren Vorteil an, dass mit Glyphosat der Boden seltener gepflügt und gegrubbert werden müsse. "Das spart enorm viel Dieselverbrauch und verhindert die Erosion des Bodens." Kollege Upmeier zu Belzen sieht das genauso. Laut seiner Rechnung müsste er rund 2.000 Liter Diesel verbrauchen, dürfte er Glyphosat nicht einsetzen. Auch das Bodengefüge bleibe durch dessen Einsatz stabiler, und damit auch die biologische Zusammensetzung mit Kleintieren im Boden.

Upmeier zu Belzen widerspricht den Vermutungen, die Landwirte seien von dem Glyphosat-Konzern Monsanto abhängig. "Das stimmt für uns nicht, außerdem ist das Patent längst abgelaufen, es gibt zahlreiche Nachahmerprodukte auf dem Markt." Der Landwirt aus Jöllenbeck erinnert zudem an die Funktion seiner Berufskollegen. Man müsse Lebensmittel produzieren, und dabei verlasse man sich beim Einsatz der Hilfsmittel auf die Bewertung von Experten. Glyphosat sei geprüft worden, deren Giftigkeit sehr gering eingeschätzt worden. Tatsächlich hatte ein Krebsforschungsinstitut der Weltgesundheitsorganisation ein Krebsrisiko durch Glyphosat aus Tierversuchen abgeleitet. Demnach sei es "potenziell krebserregend" - ähnlich wie Rindfleisch, Kaffee oder Sonnenstudios.

Die Bielefelder Landwirte wünschen sich, dass Fachleute weiterhin über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln entscheiden. Mehrere Verbote, etwa von E 605 oder Lindan, würden zeigen, dass bei Gefahr eingegriffen werde. "Es macht uns Sorgen, wenn solche Fragen zum Spielball der Politik werden", sagt Upmeier zu Belzen. 

© 2017 Neue Westfälische, Bielefeld Süd, Dienstag 05. Dezember 2017

Mein Leserbrief daraufhin:

Leserbrief zu "Bauern verteidigen Glyphosat" v.  05.12.2017:
                
Beide Sprecher der Bielefelder Landwirte umschiffen das mit Glyphosat zusammenhängende Thema des massiven Insekten(aus)sterbens und folglich des Vogel(aus)sterbens als Folge der Anwendungen.
                
Da wird vielleicht weniger Diesel verbraucht - allerdings bei  allmählich cleanen leblosen Böden und fehlendem diversen Vogelgezwitscher im Frühling ...
               
Und wenn man  Glyphosat  "nur vor der Einsaat oder nach der Ernte einsetzt" - heißt das für mich: dass das Keimen der Saat selbst und die pflanzliche Entwicklung der Kultur mit Glyphosat "im Kern" - also "substanziell"  irgendwie auch kontaminiert wird. 
                
Im einzelnen sind solche biologischen Mikro-Stoffwechselrozesse nur ungenügend erforscht und die sogenannten "Gut-Achten" sind hauptsächlich von der chemischen Interessenindustrie selbst finanziert und entsprechend redaktionell bearbeitet.  
Die Versuchsreihen dazu sind so kostspielig, dass sie "neutral" oder  "allparteilich" gar nicht durchgeführt werden.

Das gesamte humanoide "Mikrobiom" von Allerkleinstlebewesen zum Beispiel im menschlichen Magen-/Darmtrakt, deren Wirkung das "Bauchgehirn" und hauptsächlich über den Nervus vagus auch das Gehirn zumeist in einer Richtung von unten nach oben beeinflussen  und bis in die Psyche mit steuern, ist jedenfalls bisher kaum im Einzelnen erforscht ... Da klaffen überall noch große Erkenntnislücken - ebenso dann natürlich all die Botenstoff-Verbindungen in der Pflanzenwelt und im Mutterboden (siehe dazu auch die populärwissenschaftlichen Bücher von Peter Wohlleben) ...
                
Der Einfluss von Glyphosat auf Böden und Pflanzen (!) jedenfalls ist ja wiederum durch die Wirksamkeiten auf das sogenannte "Unkraut" eindeutig.
                
Ich jedenfalls werde lieber Bio-Gemüse kaufen von Landwirten, die mechanisch "Unkraut""bekämpfen" und/oder als Bio-Gewürz- und Teekräuter anbieten - und die die Äcker nicht mit Monokulturen ersticken - und uns  letztlich zu Tode füttern  ... - aber dann wegen "nie gekannter Staunässe" die Felder nicht abernten können, um so steuerfinanzierte "Ausgleichszahlungen" geltend zu machen ...
                
So ein Unsinn ... -S!

ASCHE STAUB HYPE - BABYLON BERLIN

nur weiter so ...

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dies ist eine in meinen augen ganz hervorragende nur 6 minuten lesezeit in anspruch nehmende analyse und sezierung der "c"du - und der union insgesamt - die eigentlich seit 1949 uns nichts anderes sagen will als: "weiter so" ...

bedeutende - diese republik tatsächlich verändernde - "reformen" (ich hab bei diesem begriff nur immer den rollenden r-sound von willy brandt im ohr ...) sind von ihr nie ausgegangen und auch nicht mehr zu erwarten.

sie war und ist ein kanzler(in)-wahlverein mit der ur-mentalität eines schützenvereins (von der küste bis runter zur mainlinie) bzw. eines karneval- bzw. faschingvereins (in bayern und köln) ... - die alle 4 jahre den schützenkönig oder den prinz karneval auskungelt - und ansonsten im kleinen kreis ihre kleinen miesen geschäftchen abspricht und sich darin bestärkt, gutes geld zu verdienen. 

das was die gründerväter in nrw ihr vor 70 jahren im ahlener programm mit in die wiege legten, hat man ganz rasch vergessen und verdrängt, um des lieben profits und des "bisschen frieden"s willen - mit voller aufrüstung und bei kaltem krieg ... - "wer noch einmal ein gewehr in die hand nehmen will, dem soll die hand abfallen", dröhnte aus bayern kein geringerer als der damals aufstrebende csu-politiker und spätere verteidigungsmimister (!) franz josef strauß ...

und da man alle regungen durch die demoskopie, die dem volk aufs maul schaut, und die der anderen "politischen" mit-bewerber - bzw. die der kleinen schweinchen, die die medien immerzu durchs dorf jagen - als staubflusen längst aufgesaugt, assimiliert, und ab- bzw. resorbiert hat - trollert die union zu weihnachten daher wie eine taube nikolaus-nuss - ohne jeden kern ... - sie ist plötzlich & unerwartet: einfach implodiert ...

merkel spricht ja da von "markt-konformer (!) demokratie" - und hat damit das einzige credo dieser interessengruppe cdu/csu trefflich beschrieben ...

und wiederum möchte ich ihr - diesmal auch noch kurz vor der einäscherung - ehrlich kondolierend zurufen: ... "nur weiter so" ... - S!

ttt: Science oder Fiction? Leben im Zeitalter Künstlicher Intelligenz

lyrik & bild: drehschwindel


tintenblaues haiku

system 90

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zum 90. | S!|art

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Niklas Luhmann wäre in diesen Tagen 90 geworden – und man fragt sich bis heute: Wie schuf ein Beamter eine soziologische Supertheorie? 24 Antworten aus dem Zettelkasten, von Habermas bis zum Thema AfD.

click auch hier>>> und dann stichwort "luhmann" suchen - ein Beitrag aus 2014 zu Niklas Luhmann aus diesem Blog ...


wahrheitspresse

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S!NEDi|art: geschichtsklitterung durch die wahrheitspresse

bounce

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DPA

BOUNCE - hat es den Urknall gar nicht gegeben?

Am Anfang war der Big Bang - damit begann die Geschichte des Universums. Doch manche Forscher stellen die Idee des Urknalls in Frage. Die Alternative dazu klingt fast noch verrückter. Statt eines Urknalls gefolgt von einer raschen Phase der Ausdehnung, der Inflation, schlagen diese Forscher einen Übergang vor, einen kosmischen "Bounce". 



Doch was heißt das?

Der Bounce folgt auf eine andere kosmologische Epoche, in der sich das Universum langsamer zusammenzieht. Dies hat zur Folge, dass der bisher geglaubte Anfang des Universums gar nicht der Beginn war, sondern lediglich ein Meilenstein in einer deutlich längeren kosmischen Entwicklungsgeschichte als die Urknall- und Inflationstheorie bisher angenommen hatten.

Während der Urknall eine heftige Explosion ist, ist ein kosmischer Bounce eher zu vergleichen mit einem Gummiband, das sich zusammenzieht und dann wieder ausdehnt.

"Vor einem kosmischen Bounce zieht sich das Universum erst langsam zusammen und dehnt sich danach wieder langsam aus", erklärt Anna Ijjas, Forscherin der Columbia University. Eine Inflation, also eine schnelle Ausdehnung, finde nicht statt.

Die zwei Bounce-Szenarien

Aufgrund der langsamen Kontraktion des Universums bleiben auch diejenigen quantenmechanischen Effekte, die man üblicherweise ignoriert, die aber während der inflationären Phase extrem vergrößert werden, gering, so dass auch kein Multiversum zustande kommt. Dies ist ein großer Vorteil gegenüber der Bigbang-Theorie.

Die größte Herausforderung für Forscher ist eine exakte wissenschaftliche Beschreibung des Bounces. In zwei Ansätzen arbeiten Forscher an neuen Theorien für den Übergang von Kontraktion zu langsamer Ausdehnung des Universums.

  • Steinhardt und Ijjas arbeiten mit einem Szenario, bei dem sich das Universum auf eine minimale Größe zusammengezogen hat, aber weiterhin eine Ausdehnung besaß. 
  •  Neil Turok, Direktor des Perimeter Instituts für theoretische Physik in Kanada, und sein Kollege, Steffen Gielen, hingegen stellen sich einen kosmischen Bounce vor, bei dem sich das Universum vor der Ausdehnung zu einem einzigen Punkt, auch Singularität genannt, zusammengezogen hat.

Auch stellt sich die Frage, was vor der vorherigen Phase war. Einige Ideen dazu beziehen sich auf ein zyklisches Universum, in dem sich Ausdehnung und Zusammenziehen in einem ewigen Kreislauf abwechseln.

Doch definitive Nachweise gibt es dafür genauso wenig wie für den abrupten Beginn mit einem Urknall. Erst weitere Forschung und experimentelle Daten werde Klarheit über die Frage nach der Herkunft des Universums bringen können.

Textquelle: Kurzform eines SPIEGEL+-Artikels





also - wenn ich mich in dieses "bounce"-szenarium eindenke als laie, kommt mir das bild einer "riesen-lunge" in den sinn: aufblähen beim lufteinholen - erschlaffen beim ausatmen ... - auch beim lebendigen herzschlag und dem kreislauf spüren wir ja solche ebenfalls immerwährenden zyklischen abläufe in der systole und diastole - und auch in der gesamten verstoffwechselung des menschen.

ohne mich irgendwie "rühmen" zu wollen - aber dieses bild des ewigen ausdehnens und zusammenziehens als zustand des alls habe ich auch schon früher gehabt - und auch schon mal irgendwo gelesen vor vielen jahren - die theorie wird nämlich in ähnlicher weise seit 1922 diskutiert - ist also ein "alter hut" - wenn auch etwas vernachlässigt ... (siehe dazu bei google unter dem stichwort "big bounce"): auf alle fälle ist mir diese bounce-theorie viel sympathischer als dieser orgastische urknall einer bigbang-explosion unvorstellbaren ausmaßes.

und auch als mann habe ich immer gedacht: das ist eine typisch "maskuline" erklärung zur entstehung des alls - während eine "feminine" erklärung wohl eher die eines zyklischen geschehens wäre.

auch in eine nach der bigbang-theorie angenommene multiversum-theorie kann ich mich schlecht außerhalb eines science-fiction-films oder -romans einfinden. parallelwelten begegnen mir ja bereits genug im aufeinandertreffen mit meinesgleichen in der diversität des alltags ... - 

auch die biblischen "wiederkehr"-szenarien "bis in alle ewigkeit" sind für mich mit der bounce-theorie kompatibler ... - S!




guter gott

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Bild: BR


PAPST-KRITIK

Wird das Vaterunser nun geändert?

Papst Franziskus hat die deutsche Übersetzung des Vaterunser kritisiert. Er stört sich am Vers „Und führe uns nicht in Versuchung“. Nun droht die Änderung. Dabei ist der griechische Text eindeutig.

Von Lucas Wiegelmann | welt.de

Wenn die Deutschen jetzt an Weihnachten mal wieder in die Kirche gehen, sollten sie das gemeinsame Vaterunser noch einmal genießen. Es kann nämlich gut sein, dass es nicht mehr lange in der Textgestalt gebetet wird, die ihnen seit Generationen vertraut ist. Seit einigen Wochen läuft eine Debatte in der katholischen Kirche, ob das Gebet, immerhin einer der bekanntesten Texte aller Zeiten, nicht langsam mal geändert werden müsste, um modernen Empfindlichkeiten besser zu entsprechen.

In dieser Woche nun hat die Diskussion den möglicherweise entscheidenden Impuls bekommen, indem sich die zugleich unwahrscheinlichste und wichtigste Stimme, die man sich in der Angelegenheit denken kann, dazu geäußert hat – und zwar gegen den bisherigen Wortlaut des Gebets: der Papst. Zu dessen Hauptaufgaben gehört es ja sonst eigentlich nicht, über Jahrhunderte bewährte liturgische Texte infrage zu stellen.


nach: instagram promiflash.de


Falsches Gottesbild?

Der Streit entzündet sich an der Bitte „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“. Kritiker finden, in der Formulierung werde ein falsches Gottesbild vermittelt. Es werde impliziert, dass Gott auch ganz anders könnte. Dass er die Menschen auch aktiv in Versuchung führen würde, wenn ihm danach wäre. Warum aber sollte er, der das Gute schlechthin ist, so etwas tun?

„Und führe uns nicht in Versuchung“, wie es etwa in der deutschen und auch in der italienischen Version des Vaterunser heißt, sei „keine gute Übersetzung“, sagte der Papst in einem Interview mit dem italienischen Sender TV2000. „Lass mich nicht in Versuchung geraten“ wäre besser, so Franziskus. „Ich bin es, der fällt, aber es ist nicht er, der mich in Versuchung geraten lässt.“ Ein Vater mache so etwas nicht. „Ein Vater hilft, sofort wieder aufzustehen. Wer dich in Versuchung führt, ist Satan.“

„Gott führt niemanden in Versuchung“

Damit folgt der Papst den Bischöfen in Frankreich, die erst vor Kurzem die französische Übersetzung genau in diesem Sinne überarbeitet haben. Dort heißt es jetzt: „Et ne nous laisse pas entrer en tentation“ (früher: „Ne nous soumets pas à la tentation“). Solche Änderungen bedürfen natürlich der Genehmigung des Vatikan. Insofern konnte man schon ahnen, dass auch Papst Franziskus persönlich die Änderung billigt. Dass er die Debatte nun aber auch selbst vorantreibt, ist dennoch eine Überraschung.

An der Sache mit der Versuchung hat es in der Vergangenheit immer wieder Unbehagen gegeben. So sehr, dass sich sogar der Katechismus, das verbindliche Glaubenslehrbuch für Katholiken weltweit, Anfang der 1990er-Jahre vorsichtig davon distanziert hat. Unter Nummer 2846 heißt es im Katechismus:

  • „Wir bitten unseren Vater, uns nicht in Versuchung zu ,führen‘. Es ist nicht einfach, den griechischen Ausdruck, der so viel bedeutet wie ,lass uns nicht in Versuchung geraten‘ oder ,lass uns ihr nicht erliegen‘, in einem Wort wiederzugeben. ,Denn Gott kann nicht in die Versuchung kommen, Böses zu tun, und er führt auch selbst niemanden in Versuchung‘ (Jak 1,13); er will uns vielmehr davon befreien.“


„Hineintragen“ als entscheidendes Verb

Das Problem ist: Der griechische Urtext ist möglicherweise gar nicht so schwer zu übersetzen, wie es der Katechismus andeutet. Das Vaterunser hat für Christen deshalb so eine überragende Bedeutung, weil es das Gebet ist, das Jesus selbst seine Jünger gelehrt hat. Es wird vom Matthäus- und, etwas kürzer, vom Lukasevangelium bezeugt (Mt 6,9-13; Lk 11,1-4). Thomas Söding, Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum, hat gerade noch einmal in der Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“ ausgeführt, dass das entscheidende Verb auf Deutsch eindeutig „hineintragen, hineinbringen“ heiße.

Das Subjekt, Gott, trägt die Menschen in etwas hinein, und zwar – eingeleitet durch die griechische Präposition „eis“(zu, hin) – in die Versuchung. „Versuchung steht im Akkusativ, ist also auch grammatikalisch als Ziel dieser Bewegung, dieses Hineintragens gekennzeichnet. „Bei Matthäus und bei Lukas steht exakt dieselbe Wendung; sie geht auf die Logienquelle zurück, die älteste Sammlung von Jesusworten“, so Söding. Der Sinn sei „unzweideutig“.

Die Bibelrevisoren ließen alles beim Alten

Eine Änderung der Übersetzung im Deutschen hätte also eher theologische Gründe, keine sprachlichen. Mit der Approbation der neuen französischen Fassung und dem Interview des Papstes hat der Vatikan diesen theologischen Gründen nun aber ein besonderes Gewicht verliehen. Muss jetzt auch die deutsche Fassung geändert werden, oder ist es denkbar, dass die Christen dauerhaft in verschiedenen Ländern unterschiedliche Vaterunsers beten? Und: Was wäre schlimmer?

Spricht man mit Wissenschaftlern, die an der erst im vergangenen Jahr erschienenen Revision der katholischen Einheitsübersetzung mitgearbeitet haben, ist zu hören, dass eine mögliche Überarbeitung des Vaterunser jedenfalls nie diskutiert wurde. So wie übrigens auch die ebenfalls 2016 erschienene neue Lutherbibel beim gewohnten Wortlaut blieb. Auch dort heißt es bisher: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.“

Die deutsche Bischofskonferenz, die eine Reform gegebenenfalls organisieren und mittragen müsste, ist bei dem ganzen Thema im Moment noch überfragt: Man habe „noch keine Sprachregelung“ zum Vaterunser, ließ sie am Freitag mitteilen. Bis Klarheit über ihr wichtigstes Gebet herrscht, werden sich die Christen also erst noch einmal in der Gelassenheit üben müssen, die schon das Vaterunser empfiehlt: „Dein Wille geschehe“.


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tja - wie ein wirbelwind ... vom ersten tag seines pontifikats an "tobt" papst franziskus durch die verkrustete und unzeitgemäße glaubenswelt von katholiken, protestanten und orthodoxen christen und schneidet alte zöpfe ab.

was würde es mich freuen, wenn er mit seinem klaren gottesverständnis auch endlich all diese unsäglichen dogmen angeht, die behaupten, jesus sei "zur vergebung unserer sünden" am kreuz gestorben - und sein blut deshalb vergossen worden ... - denn wenn gott ein "guter vater" nach überzeugung des papstes ist, der "uns nicht in versuchung" führt - dann ist gott folglich auch ein vater, der seinen sohn nicht planvoll in einen sogar epochal scheinbar begründeten und "notwendigen""sühnetod" schickt ...


gott hat keine mittäterschaft am kreuzestod seines sohnes - und hat auch keinen auftragsmord auf golgatha angezettelt, sondern ein ganz weltliches konglomerat aus jüdischer tempelpriesterschaft, römischer besatzungsmacht und aufgehetztem publikum nagelten jesus an das kreuz und ließen ihn dort elend verrecken.

dass dieser schmachvolle tod noch irgendeinen "grund" hatte, hat paulus später da hineingeheimnist, damit die "schuld" der zur tatzeit geflohenen allernächsten jüngerschaft und die der johlenden aufgehetzten "volkesstimme" nicht zu groß wurde ... - ein theologischer kniff, um ohne schuld mit beruhigtem gewissen wieder schlafen zu können ... denn den eigenen geliebten gefährten zu verraten und abschlachten zu lassen, bereitet eben bauchschmerzen ...

das "deutsche volk" hat ja nach dem krieg auch für sein individuelles versagen gegenüber dem nationalsozialismus und seiner manchmal aktiven mittäterschaft bei den massenhaften juden- und krankenmorden - mit viel fantasie und vertuschen - "gründe" gesucht oder diese sich selbst "vorgemacht" und eingeredet oder das geschehen auch einfach verdrängt: man musste sich ja auf dauer weiter im spiegel anschauen können ... 

und selbst heutzutage - 80 jahre danach - haben ca. 15 - 20 % der gesamtbevölkerung - inzwischen also sogar der nachkommen - diese nationalistisch-faschistischen abschottungs-verirrungen nicht überwinden können und hängen im internet und in der alltäglichen politik und "kultur" diesem gefährlichen aber immer stärker wieder in den fokus rückenden unsinn wieder an (stichwort: nsu, npd, pegida, afd usw.) ...

diese damalige paulinische saubermann-theologie aber durchzieht ja alle evangelien, die erst dann aufgeschrieben wurden, als eben dieser paulus von tarsus und seine fan-gemeinde sich zu den "leadern" der ersten ur-glaubenskongregationen aufgespielt hatten und die schreiber der evangelien entsprechend beeinflusst waren - zum teil gegen die den lebenden jesus am allernächsten stehenden jünger oder brüder und verwandten, die den kern der jerusalemer "ur-gemeinde" bildeten - und die paulus zunächst als unerbittlichen verfolger und nach seiner "bekehrung" im "damaskus-erlebnis" dann als penetranten outsider, eindringling und besserwisser wahrnahmen ...  

und alle konzilien in den jahrhunderten danach verstärkten diesen eigentlich hanebüchenen passus eines von gott gewollten "sühnetods" mittels theologischer dogmenverkündigung und entsprechend formulierten glaubenskatechismen ...

wenn die theologin dorothee sölle 1965 auf dem kirchentag formuliert hat, gott sei tot, so meinte sie damit gewiss auch die einfache tatsache, dass die menge auf golgatha jesus und damit gleichzeitig gott selbst in und mit ihm (!) am kreuz getötet hat und sich abgewendet hatte ... 

wenn man in das inzwischen ziemlich säkularisierte ehemals "christliche abendland" schaut, kann man etwas von der unabdingbarkeit dieses mordes an gott-&-sohn am kreuz spüren und erleben.

und durch die umdeutung in ein von gott von langer hand geplantes sühneopfer wurde eben zur erleichterung aller die verantwortung und damit die "schuld" für diesen mord einfach an gott selbst zurückgegeben - abgegeben zu einem immerwährenden "händewaschen in unschuld": - nach dem motto: "ich doch nicht !!! ..."  ...

doch heute wissen wir mit dem papst: gott ist nicht tot zu kriegen - er ist ein guter gott ... -S!


spurensicherung

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S!NEDi|art: spurensicherung in nachbars garten

krise

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gefunden in der welt am sonntag - nr. 50 - S. 12


du bist mir vielleicht 'ne marke ... - ein bericht von welt.edition

ach du liebe zeit ...

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nach einer Abb. zum Artikel im WB


»KI« wird Teil unseres Alltags

Paderborner Wissenschaftler schätzt »Künstliche Intelligenz« ein

Künstliche Intelligenz (KI), lernende Maschinen: Die nächste Phase der Informationstechnischen Revolution ist dabei, unseren Alltag umzukrempeln. Ist die KI Fluch oder Segen? Oder noch Science Fiction? Das WESTFALEN-BLATT nähert sich dem Phänomen in einer Artikelserie. Den Anfang macht ein Gespräch mit einem Forscher der Universität Paderborn. Die Fragen an Prof. Dr. Reinhold Häb-Umbach stellte Thomas Lunk.

Wie nähern Sie sich in Ihrem Fachgebiet dem Thema »Künstliche Intelligenz« (KI)?

Häb-Umbach: Unser Forschungsschwerpunkt ist die Sprachverarbeitung. Siri, Cortana und Co. verwenden automatische Spracherkennung, um die gesprochenen Eingaben der Nutzer zu verstehen. Wir arbeiten an einer möglichst robusten Erkennung, damit die Eingabe auch verstanden wird, wenn es in der Umgebung laut ist oder der Sprecher weit von dem Gerät entfernt ist. Wir arbeiten in diesem Thema mit einigen großen Firmen zusammen: wir haben einen »Google Faculty Research Award« erhalten, und Mitarbeiter von mir haben im Sommer bei Google, Microsoft und NTT (einem japanischen Telefonkonzern) gearbeitet. Auch ich war einige Wochen bei Microsoft Research.

Nur sechs Prozent der Deutschen gaben bei einer Befragung der Unternehmensberatung PcW an, mit dem Begriff KI nichts anfangen zu können. Aber wissen sie auch, was sich hinter diesem Begriff verbirgt? Wie definieren sie KI und grenzen sie von anderen Computerprogrammen ab?

Häb-Umbach: Ich verstehe darunter Systeme, die aus großen Datenmengen lernen. z.B. lernen solche Systeme aus Bildern von Katzen, eine solche in einem neuen, bisher unbekannten Bild zu erkennen, ohne dass eine Mensch explizit dem Programm beibringen muss, woran man eine Katze erkennt.

Neuronale Netzwerke, selbstlernende Programme… Wie funktioniert KI? Wie bringen Sie Computern »das Denken« bei?

Häb-Umbach: Denken ist ein viel zu hoch gestochener Begriff. Die Systeme lernen aus sogenannte annotierten Trainingsdaten. Um beim obigen Beispiel zu bleiben: Die Software wird mit mit Bildern gefüttert, von denen ein Mensch gesagt hat, dass sie entweder eine Katze darstellen oder eben nicht. Anhand dieser Beispiele lernt das Programm dann, neue Bilder korrekt zu klassifizieren.

Braucht es dafür spezielle Hardware oder neue Programmiersprache? Spielen Prolog und Lisp noch eine Rolle, oder welche Sprache sprechen KI-Forscher?

Häb-Umbach: Prolog und Lisp spielen überhaupt keine Rolle mehr. Die bei weiterm beliebteste Sprache in diesem Bereich ist Python. Spezielle Hardware ist notwendig, wenn die Programme schnell laufen sollen. Es werden sog. »graphical processing units (GPUs)« eingesetzt, wie sie auch für performante Videospiele benötigt werden.

Ist der Einsatz von KI nur ein weiterer Schritt in der Weiterentwicklung der elektronischen Datenverarbeitung (EDV), oder doch eher in einer Reihe mit der Industrialisierung und der IT-Revolution zu sehen?

Häb-Umbach: Ich denke schon, dass es eine signifikante Weiterentwicklung der Automatisierung ist und der Computer nun Aufgaben übernehmen kann, wo er bisher dem Menschen weit unterlegen war. Beispiel: die Auswertung von Patientendaten, zum Beispiel Röntgenbildern, für Diagnosezwecke.

Wird KI Teil unseres Alltags? Werden digitale Assistenten bald intelligent sein?

Häb-Umbach: Ja, KI wird Teil unseres Alltags werden, bzw. ist es schon. Denken Sie nur an den Erfolg von Amazon Echo. Als intelligent würde ich sie immer noch nicht beschreiben.

Fast neun von zehn Deutschen glauben, dass KI uns helfen könnte, anstehende Herausforderungen zu meistern. Kann uns KI helfen, den Klimawandel zu stoppen, Krebs zu heilen und den Hunger auf der Welt zu beenden?

Häb-Umbach: Ja und nein. Hier fehlen meiner Meinung nach die politischen Anreize. Die großen Firmen machen das, womit man am meisten Geld verdienen kann. Wenn der Ausstoß von CO2 stärker mit Kosten verbunden wäre, würde man viel mehr an Energieeffizienz forschen. KI kann sicherlich hierzu einen großen positiven Beitrag leisten.

In den Spielfilmen der Terminator-Reihe hat Skynet, eine KI, nur Minuten nach dem Einschalten versucht, die Menschheit auszulöschen. Sehen Sie die Gefahr, dass KIs uns über den Kopf wachsen, außer Kontrolle geraten?

Häb-Umbach: Nein. Ich sehe eher die Gefahr, dass Geräte sich für intelligent ausgeben und dabei eher strohdumm sind und die Erwartungen nicht erfüllen.

Wie steht es um Kreativität? Werden KIs eines Tages Kunst und Kultur, Architektur und Musik aufmischen?

Häb-Umbach: Das tun sie ja zum Teil jetzt schon. Allerdings kann KI bisher immer nur Bekanntes variieren. Radikal neues und Kreatives ist dem Menschen vorbehalten.

Werden wir uns eines Tages mit der Frage beschäftigen müssen, ob eine Künstliche Intelligenz eine eigene Person mit allen Rechten und Pflichten ist?

Häb-Umbach: In gewisser Weise müssen wir uns jetzt schon damit beschäftigen: Wer ist beispielsweise Schuld, wenn ein autonomes Fahrzeug einen Unfall baut?


aus: WESTFALEN BLATT No. 287, 11-12-2017 - AUS WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG IN OWL



ich bin ja nun erst und schon 70 - aber eigentlich habe ich mein leben lang von "ki"s gehört und gelesen - und auch schon unter "ki"s "gelitten" ... mal war es "ki" als science fiction, mal als geheimnisvolle esoterik (der "golem" in prag) mal als sage und märchen und bibel als geistwesen oder engel - mal als computer, mal als roboter usw. usf.

aber scheinbar ist in dem guten alten begriff eines "roboters" - mit dem ich aufgewachsen bin - zuviel russisches sprachgut gelegt - als dass man ihn heute noch wertfrei verwenden würde - obwohl ja der "roboter"-begriff mitten im "kalten krieg" sprachgut wurde. aber "ki" hört sich ja auch irgendwie viel gebildeter - viel moderner an ... (und trotzdem ja vielleicht das "un-wort" des jahres ... ?!?!)

trotzdem sind das alles olle kamellen, die man da - zugegeben - inzwischen zwar real in echt - allerdings mit viel geld-forschungsmitteln - fördert und herstellt ... - und vieles wird nicht besser funktionieren / siehe BER-flughafen, siehe deutsche bahn (münchen-berlin-strecke), siehe "air berlin", elbphilharmonie, stuttgart 21, diesel-abgase und und und ...

und - nicht zu vergessen: jedes automatisierte "wesen" ist ein angriff auf den guten alten "arbeit-nehmer" - der ja immerhin noch in die gewerkschaft eintrat, eine ordentliche lehre und ausbildung absolvierte, meisterprüfungskurse belegte und mehr schlecht als recht seine familie davon ein arbeitsleben lang bis zur rente ernähren musste ...

denn jede automatisierte arbeitsleistung setzt sicherlich irgendwo ein paar menschen in die arbeitslosigkeit und in hartz iv ... - ein weitaus größerer "feind", als jeder flüchtling es je sein könnte, denn auch ihm wird damit ja seine integration in die gesellschaft hintertrieben ...

mit arbeitsmodellen vom 5-std.-tag wird ja schon experimentiert, mit der arbeit vom wohnzimmer aus ... bals haben wir "paradiesische" zustände, wo uns die gebratenen tauben in den wanst fliegen, ohne dass wir einen handschlag noch tun müssen ... - oder so ähnlich ...

die guten alten service-berufe: z.b. der straßenbahn- und zugschaffner, der ober im gastgewerbe, die einzelhandels-verkäufer(innen) im laden usw., die sind ja schon längst z.b. vom "eisernen schaffner", vom "ticket-knips-automat" (bald sogar flächendeckend vom erwerb bis zur entwertung mit smartphone) abgelöst ... - die vielen handwerksberufe, die längst verschwunden sind ...

ich habe ja schon eine solche digitale revolution vor 50 jahren in meinem arbeitsleben mitgemacht: als fast über nacht die schriftsetzer und die bleilettern weggefegt wurden - und fast jede normale "tippse" einen zeitungsartikel fertigen konnte am computer - in bloksatz und vielen beliebigen schriften - ohne den schweren platzraubenden setzkasten, der damals noch meinen großen zehnagel am rechten fuß für immer lädiert hat ... 

ja - die erfindung vom ollen gutenberg, die ja so im gleichschritt mit der reformation luthers damals zum massenphänomen wurde und zur entwicklung der ersten "medien" beitrug, ist 500 jahre später hinweggefegt und längst geschichte und nur noch eine kleine nostalgie-abteilung im handwerks-museum ... - irgendwie war das ja auch schon "ki" ...

und in 500 jahren wird man sicherlich fragen: was war damals nochmal dieses vermaledeite "ki" ... ??? - S!

nochmal versuchung

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KRITIK VON FRANZISKUS


Das Vaterunser umdichten? Schon die Goten wussten es besser


Der Papst kritisiert den deutschen Text des Vaterunsers. Warum es falsch wäre, das christliche Ur-Gebet so umzudichten, dass Gott keine aktive Rolle bei der Versuchung spielt – ein Blick auf 1700 Jahre Übersetzungstradition.

Die Pointe dürfte vielen entgangen sein: Ein Mann, von dem nichts in der Bibel steht, der auf Spanisch und Lateinisch betet und der einer christlichen Konfession vorsteht, die bis 1980 keine kirchlich approbierte Übersetzung der Bibel in unsere Muttersprache hatte, entfacht im italienischen Fernsehen eine Diskussion über die deutsche Übersetzung des Vaterunsers.

Papst Franziskus sagte in einem Interview mit dem italienischen Sender TV2000, der Vers „Und führe uns nicht in Versuchung“, wie es etwa in der deutschen und auch in der italienischen Version des Vaterunsers heißt, sei „keine gute Übersetzung“. Besser sei: „Lass mich nicht in Versuchung geraten.“ Denn: „Ich bin es, der fällt, aber es ist nicht er, der mich in Versuchung geraten lässt.“ Ein Vater mache so etwas nicht. „Wer dich in Versuchung führt, ist Satan.“

So einleuchtend das für moderne Christen mit ihrer Sehnsucht nach einem widerspruchsfreien Wellnessgott klingen mag: Es würde eine 1700-jährige Übersetzungstradition auf den Kopf stellen, wenn die deutschen Katholiken, getrieben vom Diktum des Papstes, nun dem französischen Vorbild folgten. Dort haben die Bischöfe den Text bereits so geändert, dass es jetzt heißt: „Et ne nous laisse pas entrer en tentation“ (Lass uns nicht Versuchung geraten/eintreten).

Schon die Goten wussten es besser als Franziskus

In Deutschland ist dagegen seit der frühen Neuzeit, als man anfing, den griechischen Urtext zu verstehen und ernst zu nehmen, kein relevanter Übersetzer auf die Idee gekommen, jenes Gebet, das Jesus selbst seine Jünger gelehrt haben soll, so umzudichten, dass Gott keine aktive Rolle bei der Versuchung spielt. Schon in der Übersetzung des gotischen Bischofs Wulfila, der des Griechischen mächtig war, hieß es um 350 n. Chr.: „jah ni briggais uns in fraistubnjai“ (Und nicht bringe uns in Versuchung). In den althochdeutschen Fassungen des 9. Jahrhunderts wird immer gebeten, Gott möge uns nicht in Versuchung leiten oder verleiten.

Als Griechischkenntnisse verloren gingen, gab es zwar schon mal Versuche, den klaren Wortlaut des Originals zu verweichlichen. Mittelhochdeutsch übersetzte um 1050 Reinmar von Zweter die entsprechende Stelle ziemlich frei: „vor sünden kor sô mache uns vrî“.

Doch spätestens seit der Humanist Erasmus von Rotterdam 1516 erstmals den griechischen Urtext des Neuen Testaments drucken ließ und ihn damit allgemein zugänglich machte, herrschte kein Zweifel mehr daran, dass Gott selbst den Gläubigen aktiv in Versuchung führen könnte. Erasmus’ Ausgabe legte auch Martin Luther seiner Übersetzung zugrunde. Im sogenannten Septembertestament von 1521 heißt die entsprechende Stelle mit „vnnd fure unns nitt ynn versuchung“. In der Ausgabe von 1545, der letzten vor dem Tod des Reformators, kommt der Vers der heutigen Fassung dann noch näher: „Vnd füre vns nicht in versuchung.“

Wo Luther und Emser sich einig waren

Das war keineswegs die spinnerte Idee eines Ketzers, der sich gegen die restliche religiöse Welt stellte. Luthers katholischer Gegenspieler Hieronymus Emser übersetzte 1527 mit „Vnd nit für vns inn versuchung“. Der Schweizer Reformator Ulrich Zwingli, die 1524 die Bibel unabhängig von Luther übersetzte, nannte das Gebet zwar „Unservater“ (so heißt es bis heute in der Schweiz und bei vielen Reformierten), aber auch er ließ keine Zweifel an der Rolle Gottes: „vnd füre vns nit in versuchug“. Alle drei genannten Übersetzer griffen dabei vermutlich auf ältere Übersetzungstraditionen zurück. Das Vaterunser war, schon lange bevor man sich an Übersetzungen der Gesamtbibel wagte, allgemein auf Deutsch bekannt.

Luther hat sich nicht zu Unrecht gerühmt, seine deutsche Bibel sei, weil sie dem Urtext folge, akkurater als für die katholische Kirche bis heute grundlegende lateinische Bibelfassung, die Vulgata. Allerdings gibt es auch bei den Protestanten Tendenzen, an den Bibelworten herumzubasteln. Das Vaterunser in der nahe an der Alltagssprache angesiedelten „Gute-Nachricht-Bibel“ kommt Leuten, die die offizielle Luther-Version auswendig können, befremdlich vor. Die Versuchungsstelle lautet da: „Und lass uns nicht in die Gefahr kommen, dir untreu zu werden.“ Insofern ist es etwas seltsam, wenn nun die evangelische Bischöfin Margot Käßmann auf die Papstkritik erwidert: „Ich bin dafür, das Vaterunser zu belassen, wie es ist.“

welt.de

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tja - viel worte um nichts - oder wo man besser geschwiegen hätte ... - dem papst geht es ja wohl in erster linie um den "geist" des vaterunsers und nicht um worte ... - und es scheinen aber auch in der katholischen welt immer mehr schwestern und brüder päpstlicher als ihr papst sein zu wollen ... 

oben im video sagt lucas wiegelmann von der "welt" auch - das vaterunser sei ein ganz intimes gebet mit dem "vater" - jesus nannte gott sogar zärtlich den "abba" - den "papa" ... - und ein solches intimes gebet mit gott, mit gott dem vater also, geschieht ja quasi "von angesicht zu angesicht" - von herz zu herz - ein inneres gespräch im dialog - im miteinander - geht also fast keinem außenstehenden etwas an - auf vorab verteilten hochoffiziellen redetext-manuskripten heute bei parteien und regierung steht oft der hinweis: "es gilt das gesprochene wort" ... - von daher ist es wortwörtlich völlig egal, was da wo in welcher formulierung aufgeschrieben steht und welche worte ich an welcher stelle setze und gebrauche oder eben nicht ausspreche - auf den geistlichen inhalt kommt es an ... - ein "vollgültiges" vaterunser etwa gibt es natürlich nicht - ein "falsches" folglich auch nicht ...

jesus selbst gibt ja nicht einzig einen "genormten" wortlaut des vaterunser's als textlichen gebetsvorschlag - zuvor äußert er sich auch zum äußeren gebets-"ambiente":
  • und wenn ihr betet, sollt ihr nicht sein wie die heuchler, die gern in den synagogen und an den straßenecken stehen und beten, damit sie von den leuten gesehen werden. wahrlich, ich sage euch: sie haben ihren lohn schon gehabt.
  • wenn du aber betest, so geh in dein kämmerlein und schließ die tür zu und bete zu deinem vater, der im verborgenen ist; und dein vater, der in das verborgene sieht, wird dir’s vergelten.
  • und wenn ihr betet, sollt ihr nicht viel plappern wie die heiden; denn sie meinen, sie werden erhört, wenn sie viele worte machen. 
  • darum sollt ihr ihnen nicht gleichen. denn euer vater weiß, was ihr bedürft, bevor ihr ihn bittet.
(matthäus 6, 5-9)
natürlich ist dieser in mir und mit mir kommunizierende und impulsgebende "papa" ein gott, der es gut mit mir meint - ein "lieber gott" von kleinauf, der mir nichts böses will, mich nicht aufs glatteis führen will ... und auch die redakteure und allzu späten protokollanten dieses scheinbaren "original"-vaterunsersdie evangelisten lukas und matthäus, die das gebet erst ca. 60-80 jahre später durch hörensagen notierten bzw. von der ominösen "quelle q" abkritzelten (die evangelisten markus und dann johannes kennen das vaterunser überhaupt nicht ...), unterstellen meines erachtens diesem gott nicht, dass er uns etwa aktiv handelnd"versuchen" und "verführen" will in der ominösen zeile - und uns prüfen - und auf die probe stellen will ... das kennen wir ja heute aus den quiz-sendungen und im multiple-choice-verfahren bei der führerscheinprüfung etwa ... - aber so stellen sich eben immer noch viele menschen einen dräuenden gott, den strafenden und knobelnd schicksalspielenden gott mit dem langen bart dort droben im himmel vor - der mit uns auch seinen schabernack treibt - so ein bisschen wie "ätsche-bätsche - fit-fit-fit" - wenn wir auf eine von ihm gestellte "versuchung" dann doch auch noch hereinfallen ...

nee - so meinte jesus das in seiner textlichen gebets-"anweisung" an uns gewiss nicht: auch die derzeitige [deutsche] form: ... "und führe uns nicht in versuchung[en] [hinein]" ... setzt ja nicht automatisch einen verführenden, prüfenden, bewusst irreleitenden gott voraus: sondern ganz im sinne des papstes geht es eben darum, dass gott uns vor solchen versuchungen bewahren - weg- und vorbeiführen soll - er soll uns nicht hin in die täglich gestellten versuchungs-fallen "führen" - sondern uns aus dieser gefahr und möglichkeit heraus-"führen" - und schützen vor "versuchungen" - vor irreführungen ...

modern würden wir sicherlich an unseren gott als ein eingebautes "navi" denken: herr, "führe" uns auf den richtigen weg, "auf rechter straße", führe uns nicht in die irre, auf den falschen weg, führe uns nicht "in die falsche straße" - "sie haben ihr ziel erreicht" ...

heinrich albert (1604 - 1651), ein deutscher liederdichter und komponist, domorganist, dichtete die strophe und das gebet:
führe mich, o herr, und leite
meinen gang nach deinem wort.
sei und bleibe du auch heute
mein begleiter und mein hort.
nirgends als bei dir allein,
kann ich recht bewahret sein.
heinrich albert

ein weiterer aspekt - aber vielleicht ja auch der ursprünglichere - ergibt sich aus einem rückübertragungsversuch der betreffenden stelle aus jesu muttersprache, dem alt-aramäischen, und lautet: "und lass retten uns aus unserer versuchung" - danach möge gott uns (!) also die möglichkeit einräumen, dass wir uns aus unserer versuchung - mit seinem beistand - befreien können ... -  so schreiben günther und jörn schwarz  im "jesus-evangelium", s. XI,  münchen 1993, einer experten-rückübertragung der evangelien aus dem alt-aramäischen ... 

- niemand sollte also päpstlicher als der papst sein - meint S!
scan aus: s. XI: günther und jörn schwarz  im "jesus-evangelium", münchen 1993,


die würde der tiere

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Katholischer Theologe begründet Tierschutz aus Sicht der Bibel

Im Paradies ist immer Veggie-Day

Ist es ethisch vertretbar, Tiere zu töten und aufzuessen? Michael Rosenberger ist Tierfreund und Moraltheologe – seine Antwort: Unter bestimmten Bedingungen ist das möglich.

Er liefert zwar Sätze, die die Tierschützer freuen: "Beim Vorschlag der Grünen zum Veggie-Day hätte ich mir gewünscht, dass die Bischöfe sofort Hurra schreien." Er sagt aber auch: "Es gibt Fälle, in denen die Tötung von Tieren für mich ethisch zu rechtfertigen ist."

"Die Würde des Tieres"

Der 55-Jährige - Priester, Moraltheologe, Prorektor der Katholischen Privat-Universität Linz - referiert gerade im oberpfälzischen Benediktinerkloster Plankstetten über "Die Würde des Tieres - Eine christliche Tierethik". Der gebürtige Würzburger tut das so, wie sich draußen der Novemberhimmel zeigt: mit Grautönen.

Rosenberger zählt zunächst auf, was Tiere alles könnten: trauern und Werkzeuge nutzen zum Beispiel. Tiere zeigten zudem eine gelebte Moral, wenn sie sich etwa gerecht verhielten - oder Unmoral, wenn sie egoistisch seien. "Es gibt keine prinzipielle, sondern nur eine graduelle Differenz zwischen Mensch und Tier", folgert er. Das sei der aktuelle Forschungsstand.

Im selben Boot

Wer wollte ihm da widersprechen, zumal bei seinen Zuhörern bei einer Veranstaltung des Diözesanbildungswerks Eichstät, wo viele der Redner vorausschicken, welche Tiere sie denn alle so zu Hause hegen und pflegen.

Und so geht es erst mal interessant-tumultlos weiter. Rosenberger zeigt auf, wie nahe sich Mensch und Tier in der Bibel stünden: Schon im ersten Buch der Heiligen Schrift heiße es, beide seien aus Erde und lebendigem Atem gemacht, beide sterblich, beide hätten den Vermehrungssegen bekommen und beide einen Platz im selben Boot, in Noahs Arche.

Gänsestopfleber oder Pelzmäntel?

"Menschen und Tiere können also nur zusammen überleben." Und wenn der Mensch als Gottes Ebenbild geschaffen sei, dann heiße das: "Wenn das Tier dich, Mensch, anschaut, sollst du ihm Segen geben." Und nicht etwa einen Mini-Platz im Viehtransport quer durch Europa.

Alles schön und gut, man sei da einer Meinung, kommt irgendwann der erste kritische Zwischenruf von einem Zuhörer. Allein: "Ihr habt doch also in der Kirche alles, was ihr braucht, um euch auf die Seite der Tiere zu schlagen - warum tut ihr's denn nicht? Warum predigt kein Pfarrer gegen Gänsestopfleber oder Pelzmäntel?"

Mann und Maus

Er mache das ja und er sei einer von immer mehr Kirchenvertretern, entgegnet Rosenberger. "Papst Franziskus' Enzyklika 'Laudato si' von 2015 hat da einiges in Bewegung gebracht. Über diese wird Tierethik verpflichtender Bestandteil in der Priesterausbildung." Aber ja, bis dahin hätten Theologen jahrhundertelang verkündet, Tiere seien ohne Vernunft und kämen deshalb nicht in den Himmel.

Daher sei der Tierschutz von der Kirche in der Tat lange vernachlässigt worden. Das ändere sich langsam. Zu recht, denn im Johannesevangelium stehe: "Das Wort ist Fleisch geworden. Fleisch im Sinne von Geschöpf, nicht von Mensch." Damit sei jedes Wesen erlöst, Mann und Maus.

Leben und Tod

Doch damit es nun in Plankstetten nicht allzu paradiesisch klingt: "Es kann nur Leben geben, weil anderes Leben stirbt - so ist das Ökosystem Erde konstruiert", sagt Rosenberger. So sehr es nötig sei, die Würde und Bedürfnisse der Tiere zu achten, so erklärbar könne es sein, sie zu töten und zu essen.

Rosenberger führt dazu "systemische Faktoren" an: "Das ökologische Gleichgewicht etwa. Solange die Jagd dazu dient und nicht der Trophäensammlung, kann ich sie vertreten." Oder die Biodiversität. "Extensive Weidehaltung fördert die Artenvielfalt. Aber das Weidenlassen allein ist für keinen Bauern profitabel. Er muss das Fleisch seiner Tiere verkaufen können."

In Frieden leben

Dass dieses Fleisch teurer sei, sei klar - und der Verbraucher entsprechend in der Pflicht: mehr zu bezahlen und weniger zu konsumieren. Doch Rosenberger will sein Publikum nicht nur mit Mahnungen heimschicken, zumal die hier ohnehin die Falschen treffen.

Stattdessen gibt er ihnen "eine der großen Visionen der Bibel" mit auf den Weg: "Dereinst soll es keine Gewalt zwischen den Geschöpfen geben. Markus schreibt: Das Reich Gottes ist nahe, wenn Mensch und Tier in Frieden leben." Anders gesagt: wenn ewiglicher Veggie-Day ist.

Christopher Beschnitt
KNA/DOMRADIO

50 Jahre lustiges Tachenbuch - ZDF/3satKulturmagazin

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ZDF/3sat - 50 Jahre lustiges Taschenbuch Vor genau 50 Jahren flatterte das erste lustige Taschenbuch in Zeitungsläden und Kiosk. Donaldisten leiten aus dem Universum Entenhausen ganze Gegenwartsdiagnosen ab.
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