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abrüstung

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tja - ich bin ein flatterhafter mensch: ich habe hier tagelang über das gomringer-gedicht "avenidas"/"ciudad" gebrütet, recherchiert und reflektiert - stundenlang - ich habe mich festgebissen und kollaboriert - und habe scharf interveniert aufgrund der mir vorliegenden informationen - aber im laufe der zeit wurden die infos dazu aus allen möglichen ecken auch immer mehr und bunter und vielschichtiger - und bildeten wie herbstblätter einen haufen ... - es ist nun an der zeit für den "laubsauger" ...

denn hiermit werde ich mit verweis auf den "10 nach 8"-zeit-artikel von stefanie lohaus meine stellungnahmen dazu löschen und vernichten.

in meinem 3-jährigen ausflug zu einer berufsbegleitenden zusatzausbildung in "supervision und organisationsberatung" an einer akademischen ausbildungsstätte - einer "evangelischen fachhochschule" (existiert heute natürlich nicht mehr) - die ich als nicht mit einer formellen "hochschulreife" gesegneter mensch im hohen alter von 46 jahren aufgrund einiger anderweitiger zusatzausbildungen beginnen durfte und mit fast 50 abschloss - habe ich von meiner professorin eben auch bleibend eingebrannt mitnehmen dürfen: "konflikt-spiralen", die sich in der argumentation des für und wider gegenseitig befeuern und hochschaukeln, lassen sich letztlich nur mit einseitigem "abbruch" - einem "schlussstrich" - beenden - ganz nach dem alten spruch: "der klügere gibt nach" ...

nach meiner lektüre des zeit-lohaus-artikels scheint mir nun dieser zeitpunkt meiner einseitigen totalen abrüstung gekommen. aber nicht weil ich jetzt insgesamt zu dem gedicht zu einer anderen besseren einsicht gekommen wäre - und damit den fassaden(über)streich [sic!] gutheißen würde - sondern weil ich endlich wieder die birne frei bekommen möchte, für wichtigere und vielleicht trotzdem spielerischere themen ... es ist vergeudete energie - und dazu ist mir lebenszeit zu wertvoll ...

und morgen schon wird ja wieder ein anderes schweinderl durchs globale dorf getrieben ...

insofern bin ich frau lohaus dankbar für ihre moderaten zeilen - zu denen ich mich leider - verhaftet in meinem 68-er-starrsinn - nicht durchringen konnte. ich fühlte mich einfach nur herausgefordert, gegen "hexenverbrennungen - bücherverbrennungen - und fassaden-überstreichungen" aus schwachen ideologisch-sexistischen beweggründen - anzukämpfen - unter dem motto: "wehret den anfängen" ... - zum schluss sogar hand in hand mit dem "welt-am-sonntag"-chefredakteur - und das will vom inhaltlichen her schon was heißen.

aber kampf ist nicht immer der beste ratschlag - manchmal ist abrüstung der bessere ... (ich bin ja auch ein staatlich geprüfter kriegsdienstverweigerer) - ich ziehe also meine argumentation auf diesem blog spurlos ein!!! - 

manche behaupten ja, das internet vergesse nie - und deshalb schwirren vielleicht die von mir verfassten texte dazu irgendwo und irgendwie auch danach noch herum - wie gesagt: inhaltlich nehme ich daran auch nichts zurück ... -: wer mit aller gewalt in das gomringer-gedicht seinen/ihren "sexismus" hineinlesen will - ist "sexistisch" selbst völlig verquer und nicht ganz richtig ... - 

und ich wäre zu meiner zeit nicht darauf gekommen, mich zum außenanstrich der besagten hochschule (s.o.) damals während meines zusatz-studiums zu äußern - ich hatte einfach besseres zu tun - S! 

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weißes rauschen

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Hugin & Munin 

sind in der nordischen Mythologie 
die beiden Raben Odins, 
der auch den Beinamen Hrafnáss „Rabengott“ trägt.


Etymologie

Hugin (isländisch: Huginn) 
gehört zum altnordischen Verb huga „denken“, 
das hierzu zu stellende Substantiv hugi „Gedanke, Sinn“ 
ist seinerseits die Grundlage für den Namen Hugin.

Munin (isländisch: Muninn) gehört zum altnordischen Verb muna
 „denken an, sich erinnern“.



es gibt so wenig
weiße zeilen
weil wir sie nicht
entsorgen können

weiße zeilen
auf weißem papier 
fallen durch
werden verschluckt
fallen nicht ins gewicht

wer weiß schon
wer kennt die weisheit
weißer lettern

nur schwarze raben 
dürfen sie manchmal
dem wotan 
heiser ins ohr
krächzen

sinedi


das ist - wenn alles nachdenken 
zu "weißem rauschen" führt ...




alan posener|welt: zutritt nur für weiße

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um eins ganz klar zu stellen: diesen artikel stelle ich hier nicht ein, um irgendetwas an den eugenik-schandtaten in ns-deutschland zu beschönigen: etwa wie: "siehste - die anderen haben doch auch ..."
nein - ich möchte nur verdeutlichen: ns-deutschland war nicht etwa eine insel des bösen - die ganze welt - und auch uropa und großmutter und eltern - hatte und hat ja bis heute ein problem mit der vielfalt und der gleichwertigkeit der geschlechter, rassen, religionen, der menschen mit behinderungen, der geschlechtlichen orientierung usw. - der sinn der "inklusion" wurde uns von oben übergestülpt - aber er ist nicht aus einsicht und bildung kulturell erwachsen.
auch schulen waren und sind hier und da noch eher der ex-klusion und der separierung "des anderen" unterworfen...: und auch im alltag gilt ja in vielen landstrichen immer noch der alte degenhardt-song: "spiel nicht mit den schmuddelkindern" ...  - "der schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch ..."  S!

huhn oder ei

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Miles Davis ist nicht Mozart

Die Gehirne von Jazz- und Klassik-Pianisten ticken unterschiedlich

Bei Jazzpianisten laufen andere Hirnprozesse ab als bei klassischen Pianisten, selbst wenn sie das gleiche Musikstück spielen.


Musiker haben ein anderes Gehirn als Nicht-Musiker. Musik zu machen beansprucht ein kompliziertes Zusammenspiel verschiedener Fähigkeiten, das sich auch in stärker ausgeprägten Hirnstrukturen widerspiegelt. 


Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) in Leipzig haben nun herausgefunden, dass sich diese Fähigkeiten viel feinabgestimmter im Gehirn zeigen, als bisher angenommen – und sich sogar je nach Stilrichtung des Musikers unterscheiden: Selbst die Hirnaktivitäten von Jazzpianisten sind anders als die klassischer Pianisten, auch wenn sie das gleiche Musikstück spielen. Das könnte Aufschluss darüber geben, welche Prozesse universell ablaufen, während wir Musik machen – und welche charakteristisch für einzelne Stilrichtungen sind.

Ein Star-Pianist als Beispiel

Keith Jarrett, weltberühmter Jazz-Pianist, wurde einmal in einem Interview mit einem Musikmagazin gefragt, ob er sich vorstellen könne, in einem Konzert sowohl Jazz als auch Klassik zu spielen. Darauf antwortete er: „Nein, ich glaube, das wäre Wahnsinn [...], praktisch nicht machbar. [...] Dein System baut für beide Richtungen auf unterschiedliche Schaltkreise.“ Wo der Laie denkt, dass es für einen Profi kein Problem sein sollte, zwischen den Musikstilen zu wechseln, scheint es also selbst für einen mit jahrzehntelanger Klavier-Erfahrung nicht trivial zu sein, zwischen Jazz und Klassik zu wechseln.

Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) in Leipzig haben nun herausgefunden, dass dahinter eine neurowissenschaftliche Erklärung stecken könnte: Sie haben beobachtet, dass bei Jazz- und klassischen Pianisten andere Hirnprozesse ablaufen, während sie Klavier spielen – selbst, wenn sie das gleiche Musikstück wiedergeben.

Unterschiedliche Prioritäten

„Der Grund dafür könnte in den unterschiedlichen Fähigkeiten liegen, die die beiden Musikstile von den Musikern fordern—sei es ein klassisches Stück einfühlsam zu interpretieren oder eine Jazzmelodie einfallsreich zu variieren. Dadurch scheinen sich unterschiedliche Abläufe im Gehirn etabliert zu haben, die während des Klavierspielens ablaufen und den Wechsel in einen anderen Musikstil erschweren“, so Daniela Sammler, Neurowissenschaftlerin am MPI CBS und Leiterin einer aktuellen Studie zu unterschiedlichen Hirnaktivitäten bei Jazz- und klassischen Pianisten.

Ein wesentlicher Unterschied liegt beispielsweise in der Planung von Bewegungen beim Klavierspielen. Prinzipiell müssen Pianisten, unabhängig von der Stilrichtung, zwar zunächst wissen, was sie spielen, also welche Tasten sie drücken, und anschließend, wie sie es spielen, also mit welchen Fingern sie diese bedienen. Was jedoch je nach Musikrichtung variiert, ist die Gewichtung dieser beiden Schritte.

Demnach konzentrieren sich klassische Pianisten bei ihrem Spiel besonders auf den zweiten Schritt, das „Wie“. Für sie geht es darum, ein Stück technisch einwandfrei und persönlich ausdrucksstark widerzugeben. Hierfür ist etwa  die Wahl des Fingersatzes entscheidend. Anders hingegen bei den Jazzpianisten: Sie fokussieren sich vor allem auf das „Was“. Sie sind stets darauf vorbereitet, zu improvisieren und ihr Spiel flexibel an überraschende Harmonien anzupassen.

Neue Erkenntnisse: Verschiedene Musikstile erfordern unterschiedlich ausgeprägte Hirnstrukturen: Oben Noten von J.S. Bach - unten eine Notation von John Cage - S!|collage auf einem Foto von: ISTOCK|NW


„Tatsächlich konnten wir die bei Jazzpianisten trainierte Flexibilität beim Planen von Harmonien während des Klavierspiels auch im Gehirn sehen“, erklärt Roberta Bianco, Erstautorin der Studie. „Als wir sie während einer logischen Abfolge von Akkorden plötzlich einen harmonisch unerwarteten Akkord spielen ließen, begann ihr Gehirn viel früher die Handlung umzuplanen als das klassischer Pianisten. Entsprechend schneller konnten sie auch auf die unerwartete Situation reagieren und ihr Spiel fortsetzen.“ Das Interessante dabei: Als es darum ging, ungewöhnliche Fingersätze zu nutzen, hatten die klassischen Pianisten die Nase vorn: In dem Falle zeigte ihr Gehirn stärkere Aufmerksamkeit für den Fingersatz, entsprechend weniger Fehler unterliefen ihnen bei der Nachahmung.
Dass Jazzpianisten besonders darauf trainiert sind, flexibel zu reagieren, zeigt sich auch an ihren Hirnaktivitäten während des Klavierspielens: Als in einer logischen Abfolge von Akkorden plötzlich ein harmonisch unerwarteter Akkord auftrat, begann ihr Gehirn bereits nach 0,4 Sekunden und damit früher als das klassischer Pianisten die ursprünglich geplante Handlung umzuplanen um so den unerwarteten Akkord zu spielen. Dieser Zeitpunkt lässt sich an einer höheren Hirnaktivität während der unerwarteten und der erwarteten Harmonie in den dafür zuständigen, hinteren Hirnbereichen erkennen. Diese werden mithilfe einer Elektrode am Hinterkopf gemessen.
Der Test: Nachspielen ohne Ton

Untersucht haben die Wissenschaftler am MPI CBS diese Zusammenhänge mithilfe von 30 professionellen Pianisten, eine Hälfte davon seit mindestens zwei Jahren spezialisiert auf Jazz, die andere auf klassische Musik. Diese bekamen auf einem Bildschirm eine Hand zu sehen, die eine Abfolge von Akkorden auf einem Klavier spielte, gespickt mit gezielten Stolperfallen in den Harmonien und den Fingersätzen. Die Profi-Pianisten sollten es ihr nachtun und entsprechend flexibel auch auf die Unregelmäßigkeiten reagieren, während ihre Hirnsignale mit EEG-Sensoren auf ihrem Kopf erfasst wurden. Um dabei Störsignale wie akustische Signale auszuschließen, lief das Ganze vollkommen ohne Töne, als stummes Klavierspiel ab.

Das Ergebnis: Unser Gehirn hat's drauf

„Anhand dieser Tests haben wir gesehen, wie feinjustiert sich unser Gehirn auf die Anforderungen seiner Umwelt einstellt“, so Sammler. Das mache auch deutlich, dass es nicht ausreicht, sich nur auf einen Musikstil zu konzentrieren, wenn man verstehen will, was universell im Gehirn passiert, während wir Musik produzieren – so, wie es bisher hauptsächlich mithilfe westlicher, klassischer Musik gemacht wurde. „Für das Gesamtbild müssen wir nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner aller Musikrichtungen schauen“, fügt die Neurowissenschaftlerin hinzu. Das sei ähnlich wie in der Sprachforschung. Um zu erkennen, welche Mechanismen universell gelten, um Sprache zu verarbeiten, könne man sich auch nicht nur auf Deutsch beschränken. Quelle: click here u. NW


ja - was war zuerst - huhn oder ei ??? - ist da zunächst ein besonders strukturiertes gehirn, eine programmierte affinität, die quasi wie von selbst zur musik findet ("ich suche nicht - ich finde" ...) - oder trainiert und prägt beispielsweise eine musikalische früherziehung in einer der jugendmusikschulen im lande das gehirn für musik besonders ... ??? 
vieles ist dabei ja sicherlich auch genetisch vorbestimmt und angelegt - wie wir ja an der weitverzweigten musikalischen familie bach über generationen hinweg sehen - aber vielleicht war auch dort der musikalische familienalltag von früh bis spat prägend und profilierend und ausdifferenzierend ...
und: "das gehirn ist so etwas wie ein muskel", sagten die referenten in meinen pflegerisch-pädagogischen ausbildungen in bethel: das hieße ja: alles ist training - aber gemeint war sicherlich ein spezifisches musikalisches "intervall-training", mit phasen von belastung und erholung - wie im sport ... - 
und wie unterschiedlich verschiedene musikstile in verschiedenen notationen überhaupt schon aus dem kompositorischen gehirn ihren niederschlag finden, zeigen die beispiele in der abbildung oben mit noten von johann-sebastian bach und darunter john cage, der quasi gemalte harmoniefolgen zu papier brachte, um seine partituren zu erstellen ... - S!

alles folie - oder was ...

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Moskauer Künstler Ches



Evgeniy Ches platziert seine Bilder im Wald, zwischen den Bäumen scheinen Dinosaurier und Bären zum Leben zu erwachen. Hier erzählt er, wie seine Werke entstehen.

Ein Interview von Benjamin Bidder | spiegel.de
Evgeniy Ches ist 35 Jahre und Künstler aus Moskau. In den Neunzigerjahren hat er mit dem Zeichnen von Graffiti begonnen, "seitdem hat mich die Begeisterung dafür nie verlassen". Ches bestreitet seinen Lebensunterhalt in Moskau als Künstler, organisiert Ausstellungen und Veranstaltungen.

SPIEGEL ONLINE: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Graffiti auf Folien zu sprayen?

Ches: Ich habe Aufnahmen im Internet gesehen, zwei Sprayer aus Frankreich haben das gemacht. Das hat mich interessiert, ich experimentiere gern und probiere unterschiedliche Techniken aus. Ich hatte gleich vor, nicht in der Stadt zu malen, sondern in der Natur.

Mir schien das ein interessantes Bild zu sein: mit der Landschaft harmonisierende Street Art. Nach ein paar Jahren habe ich aufgehört, Schriftzüge zu malen und habe statt dessen Tiere gezeichnet, ein Eichhörnchen zum Beispiel. Das hat bei vielen ein großes Interesse hervor gerufen - vielleicht, weil Tiere für eine breite Masse verständlicher sind als Graffiti.

Nachdem er ein Foto von seinen Werken geschossen hat, demontiert Ches die Bilder wieder und nimmt die Folie von den Bäumen.


SPIEGEL ONLINE: Benutzen Sie eine besondere Folie?

Ches: Das erste Mal hatte ich einfach Frischhaltefolie gekauft, die man auch in der Küche benutzt. Sie ist aber zu schmal und zu dünn. Seitdem nehme ich Verpackungsfolie, die ich in einem Baustoffe-Geschäft kaufe.

SPIEGEL ONLINE: Die Fotos sehen so aus, als würden Sie vor allem im Wald malen. Wie wählen Sie den richtigen Ort aus?

Ches: Ich suche ziemlich lange nach dem richtigen Ort für das Bild, das ist wichtig für das Foto, das ich danach schieße. Manchmal laufe ich zwei bis drei Stunden und suche im Wald nach dem richtigen Fleckchen.

SPIEGEL ONLINE: Kommt es vor, dass Wanderer sich erschrecken?

Ches: Nein. Manchmal kommt jemand vorbei und interessiert sich dafür, was ich da mache. Aber diese Folienbilder halten nicht lange. Wenn ich das Foto geschossen habe, demontiere ich sie wieder, um die Umwelt nicht zu verschmutzen.

SPIEGEL ONLINE: Gibt es Besonderheiten, die man bei Cellograffiti beachten muss?

Ches: Es gibt ein paar Schwierigkeiten: Der Wind bläht die Folie auf, ihre Oberfläche ist extrem glatt. Und ich male die Tiere alle ohne jeglichen Hintergrund - was eine Herausforderung ist - damit sie sich möglichst gut in den Hintergrund einfügen. Beim Zeichnen der Konturen darf man keine Fehler machen, man kann ja anders als bei einer Wand nichts übermalen.

SPIEGEL ONLINE: Welche Arbeit finden Sie besonders gelungen?



Ches: Mir gefällt der Dinosaurier am besten, aber ich hoffe, mir fällt bald noch etwas Ausgefalleneres ein.

SPIEGEL ONLINE: Wie lange brauchen Sie für ein Bild?

Ches: Ohne die Zeit für die Suche sind das so drei bis vier Stunden.

SPIEGEL ONLINE: Haben Sie ein Vorbild? In Deutschland wurde beispielsweise viel über den Moskauer Street-Art-Künstler Pawel "P-183" geschrieben, bevor er sich vor einigen Jahren das Leben nahm.

Ches: Vorbilder habe ich nicht, aber es gibt ein paar Künstler die mir gut gefallen und die mich inspirieren. Pawel war ein guter Freund, es traurig, dass er nicht mehr unter uns ist.

Fotos von Evgenyi Ches | Spiegel.de

 "P183" war ein Graffiti-Künstler aus Russland, den man den russischen Banksy nannte. "P183" ist inzwischen leider verstorben ... -  183art.ru

die vergangenheit "be-greifbar" machen

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Spurensuche im Lager

Anschauungsunterricht: Schüler beschäftigen sich in Gedenkstätten und Museen mit der NS-Vergangenheit

Von Joachim Göres | NW

Ein kleines, verrostetes Metallteil liegt in einer Vitrine. Wer näher kommt, kann darunter lesen: "Lippenstift einer Gefangenen des KZ Ravensbrück vor 1945." Zusätzlich erfährt der Besucher in der Dauerausstellung der heutigen Gedenkstätte, dass solche Lippenstifte von Frauen in Ravensbrück benutzt wurden, um gesünder auszusehen - so wollten sie sich vor der drohenden Selektion und Ermordung schützen. "Ein Lippenstift wirkt an diesem Ort irritierend, berührt einen und kann zum Nachdenken anregen", sagt die Ausstellungskuratorin Andrea Hauser. Wie sie beschäftigen sich viele Fachleute in Museen und Gedenkstätten mit der Frage, was das langsame Aussterben der Zeitzeugen für die Präsentation von Originalgegenständen aus der NS-Zeit bedeutet. 


Lippenstiftreste in Ravensbrück - Bild DPA

Im einstigen Mannschaftsstammlager Senne waren mehr als 300.000 sowjetische Soldaten sowie Kriegsgefangene aus anderen Ländern unter menschenunwürdigen Bedingungen inhaftiert - bisher konnten mehr als 15.000 Tote identifiziert werden. In der heutigen Gedenkstätte Stalag 326 können Schüler ab der 9. Klasse nach einer kurzen Einführung über die Geschichte des Lagers sich selber auf die Spur nach einem Thema ihrer Wahl begeben. "Wir erleben dabei immer wieder, dass historische Gegenstände wie Erkennungsmarken oder von den Gefangenen hergestelltes Essgeschirr die Motivation der Schüler erhöhen. Sie erzeugen eine ganz andere Spannung und wirken plastischer", sagt Victoria Evers, pädagogische Mitarbeiterin der Gedenkstätte. Schüler könnten die Gegenstände auch in die Hand nehmen. "Vorher müssen sie Handschuhe anziehen. Sie arbeiten wie richtige Forscher - wir erklären ihnen, dass die Handschuhe wichtig sind, damit keine Bakterien an die Objekte kommen", sagt Evers.

Historischer Moment: Befreiung des Stalags 326 durch US-Truppen Anfang April 1945. - © Dokumentationsstätte Stalag 326 (VI K) Senne

Zu den erhaltenen Objekten in der Gedenkstätte zählen auch Strohkästchen, die Gefangene bastelten, um sie gegen Lebensmittel bei der einheimischen Bevölkerung einzutauschen. "Diese Objekte spielen in der gegenwärtigen Ausstellung aus dem Jahr 2000 eine untergeordnete Rolle. Wir überarbeiten die Ausstellung, durch die solche Gegenstände eine größere Beachtung finden und in der auch neue Forschungsergebnisse präsentiert werden sollen", sagt Evers, nach deren Angaben der Eröffnungstermin der neuen Ausstellung noch offen ist.

Klar sei, dass in diesem Jahr ein neues Projekt für Schüler ab der 3. Klasse starten werde. Unter dem Titel "Antons Schuhe" erfahren Mädchen und Jungen von einem sowjetischen Kriegsgefangenen in Stukenbrock-Senne, dessen Familie in der Heimat seine Schuhe nicht anrührte - sie wurden für die Rückkehr Antons aufgehoben. Anton kam aber nie wieder zurück, sondern starb in Stukenbrock-Senne.

"Vor zwei Jahren waren Angehörige hier, die uns diese Geschichte erzählten und die die Schuhe von Generation zu Generation weitergeben. Die Schüler können bei uns zum Beispiel herausfinden, warum 70 Jahre alte Schuhe aufbewahrt werden und wie Menschen einst im Stalag gelebt haben. Sie bestimmen dabei selbst, welches Thema sie besonders interessiert, können sich frei bewegen, Informationen sammeln und stellen dazu eine eigene Ausstellung zusammen", sagt Evers.

Lange Wartezeit für Gruppen 
In die Gedenkstätte Bergen-Belsen kommen jährlich rund 250.000 Besucher, darunter zunehmend Gruppen - im vergangenen Jahr alleine 129 Gruppen mit mehr als 3.000 Personen aus Nordrhein-Westfalen. 
Die Wartezeit für Gruppenführungen beträgt ein Jahr.  
Zum Einstieg können Schüler alte Aktenordner aus dem KZ oder Funde aus dem Lager wie Löffel oder Schüsseln in die Hand nehmen. 
Die Gedenkstätte Bergen-Belsen liegt 60 Kilometer nordöstlich von Hannover.
© 2018 Neue Westfälische, Freitag 02. Februar 2018
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auch die vielen tausend stolpersteine allerorten sind ja jeweils kleine "gedenkstätten": "hier wohnte" ... - 

man muss also nicht unbedingt die dokumentationsstätten der kz und lager und vernichtungsstätten besuchen, um sich auch "hautnah" mit der deutschen vergangenheit und ihrem ns-gräuel vor ca.70-80 jahren zu beschäftigen. diese "vergangenheit" besteht neben den opferzahlen in den lagern und kz der gedenkstätten auch aus den vielen hunderttausend und millionen von einzelbiografien - und den namen dieser opfer, die wir dem vergessen entreißen sollten. diesen "stummen zeugen" können wir "sprache" verleihen.

so schätzen historiker, dass beispielsweise jeder 8. erwachsene deutsche in irgend einer weise mit der ns-"euthanasie" verbandelt ist - um wieviel mehr ist das dann bei den opfern des holocaust und der anderen verbrechen der fall. erinnerungsarbeit ist also auch immer die eigene familiengeschichtliche aufarbeitung: wie war das mit großtanten, uropa, großeltern, eltern und verwandten im "dritten reich" - und eben nicht nur auf der "opfer"-seite ... 

ns-deutschland - das waren nicht die anderen - das waren nicht irgendwelche schemen und geister "von früher" - nein - das war und ist - wie wir nicht erst seit dem 24. september 2017 ja wissen - mittlerweile wieder mitten unter uns allen: dafür muss man neugierig werden und die augen offenhalten - denn im theaterstück "der aufhaltsame aufstieg des arturo ui" - von bertolt brecht heißt es - zu recht:  "der schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch." ...

in letzter zeit wird william faulkners:"das vergangene ist nicht tot - es ist nicht einmal vergangen ..."  oft als abgegriffene plattitüde bezeichnet - doch ist die wahrheit eben wirklich so ganz simpel und einfach: jeder kann in seiner familie in den alten fotokästen und urkunden und unterlagen und vielleicht auch schon von papa digitalisiert im rechner nachschauen, wie das war - und sich an die recherche zur eigenen familiengeschichte machen - und vor allen dingen: fragen und reden!... 

wir sind nur ein glied in der kette von generationen: "es" ist also tatsächlich nicht einmal vergangen" - sondern lebt ja in uns - die ängst der altvorderen an der front, in den bombennächten und vielleicht auch in den lagern, anstalten und vernichtungsstätten leben ja in unseren spiegelneuronen mit uns fort und fort ... vieles an vergangenheitsbewältigung ist deshalb auch prophylaxe und schutz vor persönlichen überraschungen ... 

die vergangenheit "be-greifbar" machen: erst dann können wir sie integrieren ... - statt sie abzuspalten, von wo sie uns noch weiter pisacken kann...-S!


... wir werden immer mehr ...

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bild: g.funden


»1968 gegen die 68er verteidigen«

Prof. Dr. Ingrid Gilcher-Holtey von der Uni Bielefeld gilt als wichtigste Forscherin zu der Bewegung

Ihre Veröffentlichungen zur Geschichte der 68er-Bewegung sind Standardwerke. Prof. Dr. Ingrid Gilcher-Holtey hat »1968« erforscht wie kein anderer Wissenschaftler in Deutschland. »Die 68er sind im Lauf der Zeit immer mehr geworden«, sagt sie im Scherz, wenn es um die ausgeprägte Erinnerungskultur der Generation geht. Matthias Meyer zur Heyde und Andreas Schnadwinkel haben mit Ingrid Gilcher-Holtey über Wurzeln, Folgen und Erben der 68er-Bewegung gesprochen.

Wie sieht eine 68er-Expertin die Ereignisse von 1968?

Ingrid Gilcher-Holtey: 1968 ist der Höhepunkt einer Welle von Protesten, die nahezu alle westlichen Industrieländer erfasst. Die Proteste stellen die vorhandene Ordnung grundsätzlich in Frage und konfrontieren sie mit einem gesamtgesellschaftlichen Gegenentwurf, der sich vom Kommunismus ebenso unterscheidet wie von den Leitideen der Sozialdemokratie. Die Protestbewegungen, die von einer Neuen Linken angefacht werden, sind antikapitalistisch und antikommunistisch zugleich.

Wie charakterisieren Sie die 68er-Bewegung?

Gilcher-Holtey: Die 68er-Bewegungen waren – über alle nationalen Differenzen hinweg – auf die Ausweitung von Teilhabe- und Mitwirkungsrechten ausgerichtet: auf »partizipatorische Demokratie«, »Selbstverwaltung«, »Selbstbestimmung«. Erstrebt wurde die Demokratisierung aller Teilbereiche der Gesellschaft durch Abbau von Herrschaft und Hierarchien sowie eine Veränderung von Entscheidungsstrukturen in politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Institutionen.

Wie wollte die 68er-Bewegung ihre Ziele umsetzen?

Gilcher-Holtey: Die Transformationsstrategie der Neuen Linken zielte nicht auf die Eroberung der politischen Macht, um eine soziale Revolution im Sinne der Verstaatlichung von Produktionsmitteln einzuleiten. Die Neue Linke setzte auf eine Politisierung der Gesellschaft von unten. Sie löste das Politische von seiner Gleichsetzung mit dem Staat und seinen Institutionen. Das Politische wurde an das Miteinander-Reden-und-Reflektieren, an die Aussprache im öffentlichen Raum geknüpft. Der Horizont des Politischen wurde dadurch verschoben. Ins Zentrum rückte die Veränderungen von Machtstrukturen jenseits des Staates durch Erprobung neuer Kommunikations-, Partizipations- und Lebensformen.

Ist 1968 ein im Nachhinein überhöhter Mythos? Ist 1968 eine Erfindung der 68er?

Gilcher-Holtey: Die 68er-Bewegung ist als Studentenrebellion und Jugendrevolte nicht hinreichend charakterisiert. In allen Ländern waren die Bewegungen mehr als das. Erst 1978, zehn Jahre nach 1968, kam der Begriff »68er-Generation« auf. Die 68er-Generation ist mithin eine Folge der 68er-Bewegung. Ihre Identität wurde durch die Erinnerung an die Ereignisse gestiftet. Seitdem wuchs die Zahl der 68er. Zugleich setzten Deutungskämpfe um die Frage ein, an was von »68« zu erinnern ist.

Werden da immer noch viele Legenden gestrickt?

Gilcher-Holtey: Ja, und dagegen kämpfe ich an. Ich versuche, die Erinnerungskämpfe transparent zu machen, die Gegenwartsinter­essen aufzuzeigen, die in die Erinnerungen eingehen, und mitunter »1968« gegen »die 68er« zu verteidigen.

Was bleibt zum Thema 1968 noch zu erforschen?

Gilcher-Holtey: Einer historisch-kritischen Analyse der 68er-Bewegung obliegt es, mit Nachdruck weiterhin mit Max Weber die »Zurechnungsfrage« zu stellen, mithin zu fragen, was der Bewegung überhaupt zugerechnet werden kann.

Denn soziale Bewegungen, die einen grundlegenden Wandel gesellschaftlicher Strukturen herbeiführen wollen, sind ein fluides soziales Phänomen. Sie können nicht dauerhaft in Bewegung bleiben. Nach einer Phase der Mobilisierung zerfallen sie in Parteien, Subkulturen, neue soziale Bewegungen oder werden von bestehenden Parteien aufgesogen. Deshalb erlangen sie ihre Ziele in der Regel nicht aus sich selbst her­aus, sondern über Vermittler, die ausgewählte Impulse der Bewegung auf- und übernehmen und zugleich abwandeln und verändern. Das macht die Zurechnung schwierig. Wenn Willy Brandt 1969 sagt, »Wir wollen mehr Demokratie wagen«, ist das eine wunderbare Formel, die den Gedanken, dass die Demokratie zu erweitern ist, aufnimmt und zugleich verändert. Viele Akteure der zerfallenden 68er-Bewegung sind in die SPD gegangen, einige auch in die DKP und in die K-Gruppen, die nach der Auflösung der 68er-Bewegung entstanden. Im Zerfallsprozess der 68er-Bewegungen setzte sich die alte Linke wieder gegen die Neue Linke durch. Die Klassiker Marx, Engels, Lenin kehrten zurück, aber auch hierarchische Gruppenstrukturen und ein staatszentrierter Politikbegriff. An die direkt-demokratische Transformationsstrategie knüpften die Grünen 1980 mit ihrer Forderung nach mehr Basisdemokratie und Rotation an.

Ist den 68ern der »Marsch durch die Institutionen« gelungen?

Gilcher-Holtey: Der »Marsch durch die Institutionen« wird heu­te als Karriereweg gedeutet, war anfangs aber als Aufbau von »Gegenmacht« in den bestehenden Institutionen gedacht. Vertreter der 68er-Generation haben Karriere gemacht, wie andere Generationen vor ihnen auch. Zahlreichen Sprechern der Bewegung blieb jedoch – nicht zuletzt durch den Radikalenerlass der Brandt-Regierung – der Zugang zu staatlichen Institutionen versperrt. Rudi Dutschke zum Beispiel hatte eine Stelle an der Universität im dänischen Aarhus – nicht an einer deutschen Universität.

Was ist mit Joschka Fischer und Gerhard Schröder?

Gilcher-Holtey: Fischer wurde Außenminister, ist aber erst sehr spät zur 68er-Bewegung gestoßen. Und Schröder war gar kein 68er, er war Sprecher der Jusos und damit Mitglied der SPD, die 1961 den Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) ausgegrenzt hatte.

Hat die SPD mit ihrem Godesberger Programm von 1959 den Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) in eine linksradikale Ecke gerückt und die Jugend verloren?

AP-Fotograf Eddie Adams machte das Bild, das Geschichte schrieb - hier in einer S!|Bearbeitung
Das Foto gehört zu den meistpublizierten Kriegsbildern: Vor 50 Jahren, am 1. Februar 1968, tötete Nguyen Ngoc Loan, Polizeichef in Saigon, den gefangenen Vietcong Nguyen Van Lem. 





Gilcher-Holtey: Ich denke, dass die SPD damals die Chance vertan hat, sich mit den Ideen der Neuen Linken, die sich zeitgleich auch in Frankreich, Großbritannien, den USA formierte, auseinanderzusetzen. Sie hätte 1989 davon profitieren können und könnte es noch heute. Aber die SPD stand mit ihrer Ablehnung nicht allein. Auch in den USA und in Frankreich wurden dissidente Jugend- und Studentenverbände von den Parteien der alten Linken ausgeschlossen. In beiden Ländern stieß die ausgegrenzte studentische Neue Linke den Mobilisierungsprozess der 68er-Bewegung an. In den USA wirkten in der 68er-Bewegung Studentenbewegung, Bürgerrechtsbewegung und die Opposition gegen den Vietnamkrieg zusammen. In Frankreich verbanden sich Studenten- und Arbeiterbewegung. In der Bundesrepublik Deutschland bestand die Außerparlamentarische Opposition (APO) aus lose koordinierten Teilbewegungen: Studentenbewegung, Opposition gegen die Notstandsgesetze und die Ostermarschbewegung/Kampagne für Demokratie und Abrüstung.

Gibt es da noch dieses eine uneingelöste Versprechen von 1968, nämlich die Überwindung des kapitalistischen Systems?

Gilcher-Holtey: Die 68er waren antikapitalistisch, sie kritisierten die Konsumgesellschaft. Im Zen­trum aber stand die Kritik der Entfremdung, nicht die Ausbeutung. Ihre Forderungen zielten nicht primär auf die Eigentumsfragen, sondern auf die Bedingungen, unter denen produziert wurde und die Gesellschaft sich reproduzierte. Es ging – der Generalstreik in Frankreich im Mai 68 machte es ganz deutlich – um die Veränderung der Lenkungs- und Leitungsstrukturen in den Betrieben, Unternehmen und Institutionen. Wie die Studie »Der neue Geist des Kapitalismus« (2003) von Luc Boltanski und Eve Chiapello zeigt, griffen französische Unternehmer, konfrontiert mit der Rezession 1974/75, auf die Selbstverwaltungskonzeption der Neuen Linken zurück.

Gedacht als Mittel der Demokratisierung und Dezentralisierung, wurde Selbstverwaltung zur Flexibilisierung der internen Betriebsstrukturen eingesetzt. Den Arbeitnehmern wurde dabei, so Boltanski/Chiapello, mehr Autonomie am Arbeitsplatz im Tausch für den Abbau von Arbeitsplatzsicherheitsgarantien und standardisierten Schutzbestimmungen geboten – eine nicht-intendierte Wirkung der Transformationsstrategie der Neuen Linken.

Welche Rolle spielten linke Ikonen wie Mao und Che Guevara? Waren das Vorbilder oder Abziehbilder?

Gilcher-Holtey: Die Berufung auf Mao erfolgte, weil China sich vom Kommunismus-Modell der Sowjetunion distanzierte, wie die Neue Linke auch. Gleichzeitig jedoch wurde die Vorstellung einer »Kulturrevolution« unkritisch übernommen. War diese in China doch von oben, durch die Parteispitze initiiert und keine politische Mobilisierung von unten, wie die Neue Linke sie propagierte. Im Falle Che Guevaras war für die Neue Linke seine Fokus-Theorie interessant, mit der er die Partei als Organisation im Transformationsprozess ersetzte.

Wer sind die Erben der 68er?

Gilcher-Holtey: Seit den 90er Jahren knüpft die globalisierungskritische Bewegung an die Transformationsstrategie der Neuen Linken wieder an. Ausgehend von der Prämisse, dass die Strukturen der zukünftigen Ordnung bereits in der bestehenden Gesellschaft experimentell erprobt werden müssen, setzen die neuesten sozialen Bewegungen erneut auf die Schaffung von autonomen Räumen, um direkt-demokratische, horizontale Kommunikations- und Beziehungsformen zu erproben und auszuloten. Occupy Wallstreet, Occupy Deutschland, die Bewegung des 15. Mai 2011 in Spanien, aus der Podemos hervorging, sowie die französische Bewegung »Nuit Debout« sind Beispiele dafür. Gemeinsam ist den 68ern und ihren Erben die Überzeugung, dass eine »andere Welt« als der Status Quo möglich ist.

Kann man sagen: Ohne 1968 hätte es die RAF nicht gegeben?

Gilcher-Holtey: Ja, wahrscheinlich. Aber »1968« geht in der Rote-Armee-Fraktion nicht auf und nicht unter. Es gibt zwar eine personelle Kontinuität, doch gibt es zwischen 1968 und dem RAF-Terror auch einen Bruch. Die Leitidee der Neuen Linken, zentrale Elemente der erstrebten »anderen« Gesellschaftsordnung bereits in der Gegenwart experimentell zu erproben, widerspricht fundamental der RAF, die durch Terror und die Tötung von Menschen die »andere« Gesellschaft herbeizubomben versucht hat. Überdies war die RAF autoritär, hierarchisch strukturiert.

Alexander Dobrindt von der CSU hat das Jubiläum »50 Jahre 1968« zum Anlass genommen, eine bürgerliche Revolution als Anti-68er-Bewegung zu fordern. Wie finden Sie das?

Gilcher-Holtey: Das ist Polemik. Das hat mit 1968 nichts zu tun.

WESTFALEN-BLATT | 3./4.Februar 2018

spirituality & music

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von Ralf Siepmann, evangelisch.de

Musik, speziell Klassik, kann gerade in säkularen Zeiten auch ein Ort sein, an dem Spiritualität und Religiosität außerhalb des kirchlichen Geschehens spürbar und erlebbar werden.

Die enge Beziehung zwischen Musik und Religion ist über Jahrhunderte weitgehend theologisch bestimmt. Heute werden ihr von Künstlern Wechselwirkungen zugeschrieben, die beide Instanzen inspirieren und erweitern können.

"Die Musica ist eine Gabe Gottes, die da fröhlich macht." Was Martin Luther Zeit seines Lebens mit Freude erfüllt, ist Generationen von Komponisten alles andere als fremd, vor und nach dem Reformator. Über Jahrhunderte der abendländischen Kultur schaffen Komponisten ihre Werke überwiegend oder ausschließlich für Religion und Kirche, häufig in ihrem Auftrag, und besonders für liturgische Höhepunkte an herausragenden Festtagen. Kompositionen zur Andacht der Gläubigen und zum Lobe Gottes lassen sich schon im Mittelalter nachweisen.

Eine der frühesten Kompositionen des vollständigen Ordinariums ist die um 1350 entstandene und in den letzten Jahren mehrfach neu eingespielte Messe de Nostre Dame von Guillaume de Machaut, der dem Klerus der Kathedrale von Reims angehört. Messen von Duprez, Palestrina, Schütz und Schelle, später Oratorien wie Händels Messias und Haydns Die Schöpfung sind Schlüsselwerke und ein Vermächtnis vieler Komponisten.

Die Tradition dieser religiös inspirierten Kunst reicht vom Frühbarock über die Wiener Klassik bis zur Romantik. Johann Sebastian Bach komponiert seine Passionen, Messen und geistlichen Kantaten ausschließlich "Soli Deo Gloria", zum Ruhme Gottes. Der späte Beethoven nennt seine zwischen 1819 und 1823 komponierte Missa solemnis sein "gelungenstes Werk". Die Großen unter Italiens Opernkomponisten beginnen oder beschließen ihre Laufbahn mit Musica sacra. Puccini, der aus einer Familie von Kirchenmusikern stammt, bringt seine Messa di Gloria als Abschlussprojekt seines Studiums zur Aufführung. Rossinis Petite Messe Solenelle und Verdis Quattro pezzi sacri erscheinen jeweils zur Vollendung des künstlerischen und des Lebensweges.

Mehr Spiritualität in der Musik als in der Kirche?

Musik, resümiert der Soziologe und Musiktheoretiker Theodor W. Adorno um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts, sei "allemal Theologie". "Ich denke", meint dazu der Organist und Kirchenmusiker Christian Schmitt, "dass durch die Kirche und die Heilige Schrift viele Komponisten dazu bewegt wurden, sich mit religiösen Themen auseinanderzusetzen." Daraufhin seien zahlreiche großartige geistige Werke entstanden. Aber das ist keineswegs eine urheberspezifische Einbahnstraße. Musik, speziell Klassik, kann gerade in säkularen Zeiten auch ein Ort sein, an dem Spiritualität und Religiosität außerhalb des kirchlichen Geschehens spürbar und erlebbar werden. Sehr prägnant hat dies der russische Pianist Arcadi Volodos im vergangenen Jahr in einem Spiegel-Gespräch zum Ausdruck gebracht. Es sei falsch, meint der 1972 im heutigen St. Petersburg geborene Künstler, "die Musik auf Religiosität im kirchlichen Sinne zu reduzieren". Und weiter: "Ich bin kein Experte für Religion. Nur dies: Ich denke, in der Musik kann man mehr Spiritualität finden als in der Kirche."

Volodos, findet Karl-Heinz Steffens, Chefdirigent der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, habe vollkommen Recht. "Aufführungen zum Beispiel von Bruckner-Sinfonien wirken auf mich wie ein Gottesdienst." Steffens stellt das Musikfest Speyer im letzten Juni unter das Motto "Reformation/Mendelssohn". Er empfinde da, betont er, "ein spirituelles Erlebnis. Eine sehr gute Aufführung ist für mich wie ein Tabernakel. Sie hat dann etwas Geheimnisvolles an sich, als öffne sich die Tür zu diesem Tabernakel." In manchen Momenten, sagt der Dirigent, werde eben diese Tür auch aufgemacht. Es lasse sich ahnen, "was man hört". Sein Kollege Ingo Metzmacher formuliert unter dem Eindruck der neu eröffneten Hamburger Elbphilharmonie eine ähnliche Erfahrung: "Ich will jetzt gar nicht zu spirituell klingen, weil ich das gar nicht bin, aber bei einem Konzert entsteht ja etwas, was mehr ist als nur die physikalischen Maße."

Eine Aufführung wie ein Gottesdienst

Der schwedische Dirigent Heribert Blomstedt, Ehrenkapellmeister des Gewandhausorchesters Leipzig, sieht Konzert- und Gotteshaus als die beiden Seiten einer Medaille. Im vergangenen Juni, wenige Wochen vor seinem neunzigsten Geburtstag, äußert er: "Religion bedeutet Sehnsucht und Suche nach dem Vollkommenen. Auch die Musik erzählt davon. Ich möchte das mit meinem Publikum teilen. Musik hat diese mysteriöse Fähigkeit, uns dorthin zu führen, wo wir sonst nicht hingeführt würden." Musik, bekennt Blomstedt, lasse die "Illusion von Ewigkeit in uns entstehen". Die metaphysische Dimension des Hörens von Musik manifestiert sich auch in den Reflexionen des 1992 gestorbenen amerikanischen Komponisten John Cage, der mit seiner Musik "innere Sammlung, Stille" ermöglichen will. Musik habe den Zweck, "den Geist zu reinigen und zur Ruhe zu bringen, um ihn für göttliche Einflüsse empfänglich zu machen".

Die Schnittmengen zwischen Konzertsaal und Kirche zeigt der Komponist Dieter Schnebel plastisch auf, Wortführer einer radikal erneuerten Ästhetik nach dem zweiten Weltkrieg. In jedem Konzert, verdeutlicht der evangelische Theologe und ehemalige Pfarrer, gebe es eine "genuine Tendenz" hin zur Religion: "Die Hörer verfolgen das Geschehen ausgerichtet auf ein Podium. Sie erleben die Aufführung wie einen Gottesdienst." Die Kultur des andächtigen Hörens von Musik sei so im 19. Jahrhundert entstanden, als immer mehr säkular geprägte Werke entstanden seien. Beispielhaft erwähnt Schnebel das Deutsche Requiem von Brahms, in dem Christus trotz des Titels gar nicht vorkommt.

Sind Religion und Musik in ihrer Wechselwirkung augenscheinlich ein kulturelles und spirituelles Traumpaar, ist diese Beziehung indes sehr viel komplexer als auf den ersten Blick vermutet. Sie kann Anstoß und Medium von Prozessen religiöser Identität und Wahrnehmung wie künstlerischer Verwirklichung sein. Mitunter, wie bei Mark Rosenthal, dem in Bonn lebenden Operntenor, Chorleiter und Stimmbildner jüdischen Glaubens, auch Quelle der künstlerischen Existenz überhaupt. Rosenthal sagt auf die Frage nach der Spiritualität in der Musik, für ihn gehe es eher darum, "ob der Glaube als Gesamtgestalt eine Rolle spielt". Oder ob ganz allein die feste Überzeugung zähle, " dass es eine unermessliche Kraft im Universum gibt, was unserer Vorstellung schlicht übersteigt".

Rosenthal, Komponist und Arrangeur auch von jüdischer Musik, betont, sein Leben sei tagtäglich von dem Gedanken geprägt, Ad-schem (hebräisch: Gott) wisse ganz genau, "was er tut". Diese Zuversicht gehe direkt in sein Musizieren ein. "Da Musik wahrhaftig die einzige universelle Sprache darstellt, ist Ad-schem sicherlich in jeder Phrase auf die eine oder die andere Art und Weise zu finden, egal ob ich selbst seine Präsenz zu finden vermag." Diese Erkenntnis, meint der Künstler, mache ihn "schön selig". Sie stelle auch ein starkes Argument für die Musik dar, etwa Mahlers dritte Sinfonie.

Übergänge in beide Richtungen

Für den EKD-Kulturbeauftragten Johann Hinrich Claussen stößt die jeweilige Selbstbehauptung von Musik und Spiritualität allerdings auch an Grenzen: "Mich faszinieren überraschende Übergänge zwischen dem Religiösen und Ästhetischen in beiden Richtungen: wie ein Kunstwerk eine plötzliche Erfahrung der Transzendenz eröffnet oder wie umgekehrt ein Gottesdienst eine unverhoffte Erfahrung von Schönheit schenkt." Ihn langweilten freilich, gibt Claussen zu bedenken, kunstreligiöse Überbietungsbehauptungen à la 'Die Kunst ist die bessere Religion': "Damit wird man weder der Religion noch der Kunst gerecht."

Ähnlich verweist der Theologe Meinrad Walter auf die Gefahr einer unangemessenen Überdehnung, eines missverständlichen Entweder-Oder. Das Verhältnis Musik und Spiritualität, erläutert der stellvertretende Leiter des Amtes für Kirchenmusik der Erzdiözese Freiburg, könne eine gegenseitige Inspiration sein. "Die extremen Positionen berühren sich, wenngleich ich sie nicht teilen kann: Auf der einen Seite die Vertreter der Religion, die Musik beargwöhnen und allzu sehr reglementieren wollen, auf der anderen jene, die Musik zur Religion erklären." Musik in der Kirche heiße dann auch, dass die Kirche ein Raum für Dialoge zwischen Musik und Spiritualität sei, mit Musik verschiedenster Stilrichtungen, "letztlich ein Sowohl-Als auch." Unter dem Strich eine Position, in der sich Volodos wiederfinden könnte. Und die jeder beim Besuch eines Konzerts in der Kirche selbst erleben kann.




Es ist der Gott, der die Welt geschaffen hat und alles, was darin lebt. Als Herr über Himmel und Erde wohnt er nicht in Tempeln, die ihm die Menschen gebaut haben. Er ist auch nicht darauf angewiesen, von den Menschen versorgt zu werden; denn er selbst gibt ihnen das Leben und alles, was sie zum Leben brauchen. Er hat aus einem einzigen Menschen die ganze Menschheit hervorgehen lassen, damit sie die Erde bewohnt. Für jedes Volk hat er im Voraus bestimmt, wie lange es bestehen und in welchen Grenzen es leben soll. Und er hat gewollt, dass die Menschen ihn suchen, damit sie ihn vielleicht ertasten und finden könnten. Denn er ist ja jedem von uns ganz nahe. Durch ihn leben wir doch, regen wir uns, sind wir! Oder wie es einige eurer Dichter ausgedrückt haben: ›Wir sind sogar von seiner Art. Apg., 17, 24-28
gott wohnt nicht in tempeln - er will, das die menschen ihn suchen, damit sie ihn vielleicht ertasten und finden können: eine möglichkeit, gott zu finden, liegt sicherlich in der musik: in diesen melodien und fugen wird gott hörbar und vernehmbar ... 
musik ist eigentlich beispiellos: das windrauschen, das wasserplätschern, das knistern des feuers, das aufeinanderprallen des gesteins - der schrei und gesang und die sprache der menschen und tiere: das ist die ursprüngliche musik dieser welt. und john cage zählte sogar die absolute stille mit dazu. dann fing der mensch an, musikinstrumente zu entwickeln, und stellte diese erzeugten töne zueinander - und formte melodien - und erfand dafür "sprache" und "zeichen" ...

dafür hat der mensch kein vorbild, da ahmt er nicht nach - sondern gott gibt ihm das ein: woher nimmt der komponist seine weisen - was treibt ihn, was spornt ihn dazu an ... ???

martin luther und ein paar hundert jahre später eduard mörike konnten deshalb voller überzeugung dichten:
Wer sich die Musik erkiest,hat ein himmlisch Werk gewonnen;denn ihr erster Ursprung istvon dem Himmel selbst genommen,weil die lieben Engeleinselber Musikanten sein.

die kirche verpasst jesus den maulkorb

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S!|bild|bearbeitung - nach einem foto in der wams


Was würde Jesus in Hamburg tun?

Nach jahrelanger Misswirtschaft steht das Erzbistum Hamburg vor der Pleite. Schulen, Kliniken, Altenheime müssen schließen. Dabei geht der Glauben nicht nur in der Hansestadt verloren.

Von Ulrich Exner | welt.de

In der Heribert-Brodmann-Halle haben sie schon aufgegeben. Versuchen nur noch die Haut ihrer Kinder zu retten. Wenigstens die sollen hier ihr Abitur noch machen können, bevor ihre Schule geschlossen wird. Bevor sie in Harburg, unten im Hamburger Süden, wo sich die Menschen ohnehin vernachlässigt fühlen, endgültig den Glauben und ein wenig auch die Hoffnung verlieren. Der katholischen Kirche zeigen sie schon jetzt die Rote Karte.

250, vielleicht 300 Väter, Mütter, Schüler des Niels-Stensen-Gymnasiums haben sich an diesem Abend zwischen Sprossenwänden, Schaumstoffmatten und Handballtoren versammelt. Friedlich, es ist kein Wutbürger dabei. Niemand droht über die Stränge zu schlagen. Wenn den Leuten in Harburg ein Satz nicht passt, den die Würdenträger vorne am Kopf der Halle verkünden, recken alle brav die zuvor ausgeteilten roten Zettel in die Luft. Dann erst stellen sie ihre Frage.

Es sind Eltern, die sich – wie sollte es anders sein – vor allem um die Zukunft ihrer eigenen Kinder sorgen; einer Zukunft, die sie bis zum Abitur der katholischen Kirche anvertrauen wollten. Dem Erzbistum Hamburg, dessen Schulen hier in der katholischen Diaspora einen besonders guten Ruf haben. Hatten, müsste es wohl heißen.

Es ist gut zwei Wochen her, dass der Generalvikar des Erzbistums, Ansgar Thim, in einer Pressekonferenz die Schließung von acht der 21 katholischen Schulen in Hamburg bekannt gab. Eine Ankündigung, die nicht aus heiterem Himmel kam angesichts der düsteren Vorwarnungen, die Erzbischof Stefan Heße seit Längerem hier und da von sich gegeben hatte. Auch öffentlich, nicht nur hinter den verschlossenen Toren seines Bistums, wo zwei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und der seit Jahren schon vergeblich mahnende Kirchensteuerrat in den vergangenen Monaten die niederschmetternden Bilanzen des Bistums büffelten. Schon 2016 hatte die Kirchenleitung in einem ersten, vergeblichen Rettungsversuch den Katholischen Schulverband aufgelöst. Der größte private Schulträger war zahlungsunfähig.

Ein Menetekel. Nicht nur für das Erzbistum Hamburg und dessen Schulen. Zwar ist Deutschlands nördlichste Diözese derzeit noch die einzige, deren Generalvikar einräumen muss, dass „wir insolvent wären, wenn wir ein Unternehmen wären“; aber auch in anderen deutschen Bistümern ist die Lage prekär. So attestiert Thomas Schüller, Professor für katholisches Kirchenrecht an der Uni Münster, den Diözesen Magdeburg, Essen, Hildesheim und Mainz, eine „finanzielle Krise“. Insbesondere in Mainz, das im Jahr 2016 bereits einen Fehlbetrag von 18,6 Millionen Euro auswies und für das gerade begonnene Jahr mit 27 Millionen Euro Verlust rechnet, sei die Lage schwierig. Hamburg, so zitiert die Katholische Nachrichten-Agentur KNA den Wissenschaftler, sei nur ein Vorgeschmack „auf das, was allen Diözesen in den nächsten zehn Jahren bevorsteht“.

Tatsächlich zeigt sich in Hamburg gerade im Kleinen, wie sehr die Kirche in Deutschland sich wandelt. Die Zeiten der Volkskirche sind vorbei. Mitglieder verabschieden sich, und damit schwinden langfristig auch die Einnahmen. Die Bistümer stehen vor der Frage: Was können, was wollen wir überhaupt noch finanzieren? Die Antworten, die sie sich geben, werden auch über die Rolle, die Kirche für die Gesellschaft in Zukunft noch spielen kann, mitentscheiden.

Im Norden sind es nicht nur die acht Schulen, denen es an den Kragen gehen soll. Sie sind vielmehr nur der erste Teil eines umfassenden Sparpakets zur Rettung des Erzbistums. Etwa die Hälfte der 190 katholischen Gotteshäuser Norddeutschlands, so heißt es hinter bisher noch vorgehaltener Hand, sollen in naher Zukunft entweiht und geschlossen werden. Auch die drei Krankenhäuser, die das für Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zuständige Bistum betreibt, stehen auf dem Prüfstand. Ebenso diverse Einrichtungen der Caritas sowie zwei weitere Schulen in Ludwigslust und Lübeck, die in absehbarer Zeit ebenfalls schließen sollen.

„Die wirtschaftliche Lage unseres Erzbistums ist sehr schwierig“, schreibt Hamburgs Bischof Stefan Heße in einem Hirtenwort, das an diesem Sonntag in allen Gottesdiensten verlesen wird, „zur Abwendung größerer Schäden sind weitreichende Entscheidungen nötig“. Sie sollen – müssen – bis Ende dieses Jahres getroffen werden. „Heute ist der Aufbruch, sind das Loslassen und Losgehen unser Auftrag“, packt Heße bittere wirtschaftliche Wahrheiten in eine pastorale Metapher. In Harburg wird die aufmunternd gedachte Botschaft nicht gut ankommen.

In Wahrheit, und das erklärt zumindest einen wichtigen Teil der großen Aufregung, die in diesen Tagen an der Elbe herrscht, geht mit dem Sparbeschluss der Kirchenspitze eben nicht nur ein winziger Teil der hiesigen Schullandschaft verloren. 

Hamburg verliert mit jeder geschlossenen katholischen Schule auch einen Ort, an dem sich der allgegenwärtige Wunsch nach einer heileren, weniger rabiaten, weniger unzumutbaren Welt sich zumindest manchmal erfüllt. Es ist eine große Hoffnung, die die katholische Kirche unter Verweis auf die prekäre finanzielle Lage zunichte macht.

Das ist fatal in Zeiten, in denen sich auch Politik und Staat nicht mit Ruhm bekleckern bei ihrem Versuch, Vertrauen in bewährte Institutionen zurückzugewinnen. Zumal der Verdacht ja noch immer schwelt, die in der Vergangenheit wenig transparent agierende katholische Kirche stopfe ihre, bundesweit betrachtet, weiterhin reichlich vorhandenen Kirchensteuer-Einnahmen lieber in die goldenen Wasserhähne ihrer Bischofssitze als in die Schulen ihrer armen Sünderlein.

Eltern, Schüler, Lehrer nicht nur in Hamburg tun sich jedenfalls schwer damit einzusehen, dass die katholische Kirche mit ihren gut sechs Milliarden Euro Einnahmen allein aus der Kirchensteuer nicht in der Lage ist, dem bedrängten Hamburger Erzbistum unter die Arme zu greifen. Die Erklärung des Generalvikars, nach der jedes Bistum nun mal so etwas sei „wie ein eigener Staat“, verhallt da eher.

Wahrgenommen wird vielmehr, dass sich jenseits des Nordens keine Hand, keine Stimme rührt. So betont der Erzbischof von Paderborn, Hans-Josef Becker, zugleich Schulbischof der Deutschen Bischofskonferenz, auf Anfrage zwar die gesellschaftliche Bedeutung des Engagements der Kirche für „Bildung und Erziehung junger Menschen“ in Deutschland. Einen Solidaritätsbeitrag für die bedrohten Hamburger Schulen schließt er dagegen aus und verweist stattdessen auf einen „Strukturbeitrag“, den bisher die östlichen Bistümer erhielten. Über dessen Fortführung „auch über das Jahr 2020 hinaus“ werde derzeit verhandelt. Alle anderen Bischöfe wollen sich zu Hamburg und der Frage, wie sehr das Bistum ein Beispiel für die Probleme der Volkskirche ist, gar nicht erst äußern.

Die Nachfrage nach einem Platz an einer katholische Schule ist sowohl in Hamburg als auch im Rest des Landes hoch. Dabei ist es nicht so, dass es zu wenige staatliche oder sonstige private Schulangebote im Land gäbe. Auch sind die Eltern der betroffenen Schüler nicht allesamt kreuzkatholisch. Bestenfalls zwei Drittel der an den katholischen Schulen angemeldeten Jungen und Mädchen kommen überhaupt aus katholischen Haushalten. Der Rest, sicherlich der überwiegende Teil der Eltern, schickt seine Kinder, weil er hofft, dass der Nachwuchs hier besser und geborgener als an anderen Schulen unterrichtet wird. Und zwar nicht nur, weil die katholischen Schulen zahlenmäßig kleiner, überschaubarer, familiärer sind als die meisten staatlichen Institute. „Es ist“, sagt ein katholischer Schulleiter, „etwas anderes, ob sie den Unterricht mit einem Gebet beginnen oder einfach sagen: Schlagt die Bücher auf.“

Umso unverständlicher ist für viele, dass die katholische Kirche im Norden Bildungseinrichtungen einfach aufgibt. Böten sie doch die Chance dort, wo viele sich vom katholischen Glauben abgewandt haben oder traditionell nie etwas mit ihm anfangen konnten, junge Menschen zu erreichen.

In Hamburg wird diese Chance gerade vertan. So ordentlich, gesittet und radaufrei es äußerlich in der Brodmann-Turnhalle auch zugeht, so empört und enttäuscht sind die Menschen über das Sparverdikt der Kirchenleitung. „Sie haben uns als Eltern, Schüler und Lehrer abserviert, wie es skandalöser nicht geht“, beschwert sich ein Vater. „Sie treten uns mit Füßen“, klagt eine Mutter. „Wir sind glücklich hier“, barmt eine Schülerin. „Die Entscheidung für die Schließung ist gefallen“, antwortet Generalvikar Thiem. Im nächsten Moment blickt er auf dreihundert rote Karten, die sich ihm entschlossen entgegenrecken.

Mitarbeit: Kristian Frigelj, Heike Vowinkel, Lucas Wiegelmann

© Axel Springer SE. Alle Rechte vorbehalten

das mag verstehen wer will: vor 4-5 jahren erst monierte man die "goldenen wasserhähne" in limburg in der residenz des damaligen bischof tebartz van elst - und heute ist das erzbistum hamburg so pleite, dass es 8 der 21 katholischen schulen schließen will - schließen muss ... - kirchen sollen entweiht werden, krankenhäuser geschlossen - und das bei einer bundesweiten jährlichen kirchensteuer-einnahme von über 6 mrd. (i.w.: sechs milliarden = 6 x 1.000 millionen) uro - und auch weitere diözesen scheinen ziemlich klamm zu sein ... 

das käme daher - dass jedes bistum in deutschland so etwas "wie ein eigener staat" (!) sei - und es untereinander keine ausgleichszahlungen gäbe ...: tja - da haben wir das mit der kirchlichen "geschwisterlichkeit" untereinander im namen des herrn - wenn es um die knete geht, gelten plötzlich ganz weltliche dinge und man vergleicht bei kirchens das amtsgebiet eines bischofs mit dem staat mit grenzziehungen und kirchenpolitischen animositäten mit der nachbardiözese und neid und missgunst ... - also fast wie im leben ...: das paradies ist dann erst einmal außen vor ...

gut - schulen und krankenhäuser unterhält die kirche in der regel ja nach dem sogenannten "subsidiaritätsprinzip", in dem sie eigentlich genuine "staatliche" aufgaben in obhut genommen hat und durchführt, auch um "einfluss" zu nehmen - und vielleicht waren da die staatlichen zuschüsse - meist so um die 85 bis 90 % - nicht mehr kostendeckend - auch wenn man ja sieht, wie es an anderen schulen mit baulichen missständen in der republik überall aussieht ... - aber hier sollten kirchens auch eine moralische selbstverpflichtung der "verkündigung" - nicht der infiltration! - und der bewahrung "seriöser" gepflogenheiten und religiös-ethischer grundwerte übernehmen: die menschen bleiben ja die gleichen, um die es geht ...

nun muss nicht jeder gottesmann ein guter finanzier sein - aber selbst die verschwiegenen profi-banken im fernen vatikan machen ja zumeist allenfalls schlagzeilen mit undurchsichtigen finanzgeschäften - wie alle anderen weltlichen institute auch ...

scheinbar sind in dieser schnöden mammon-welt der kirchen noch immer formen einer buchführung gang und gäbe, die eine solche misswirtschaft als ergebnis ermöglichen und zeitigen können - und scheinbar gibt es unter kirchenleuten auch kleine "zocker", die mal hin und wieder "wider den stachel löcken" - und damit - im wahrsten sinne des wortes - ihr bestes kapital verspielen, nämlich das "vertrauen" der "schafe" in ihre "hirten" ...

es ist ja eben nur ein betonungsunterschied, voller gottvertrauen auszurufen: "er wird's wohl machen!"- in dem man auf das buchführerische eingreifen des höchsten wartet - oder aber: "er wird's wohlmachen!" - gutmachen ...

die protestantische theologin dorothee sölle hat immer wieder darauf hingewiesen: dass gott für alles handeln in der welt nur unsere hände und unsere aufrichtigkeit aber auch raffinesse hat - dass gott in uns wirkt - und dass der ferne gott "da oben irgendwo in den himmeln" längst "mausetot" ist, denn er lebt zumindest ja seit weihnachten in und mit uns - wir müssen handeln mit dem uns von ihm gegebenen anvertrauten gut: sei es die erde selbst, die ja massiv in gefahr ist - seien es aber auch lokale initiativen zur bildung, zur "mission" im guten sinne.

was hat man vor jahren gezetert, als in bayerischen klassenräumen das kruzifix abgenommen werden sollte - aber wenn die kirche selbst ihre kreuze in die dutten haut, kräht nicht einmal mehr der berühmte hahn dreimal: denn der liegt längst bei aldi in der tiefkühltruhe ... - S!


richter - 86 | baselitz - 80 | = 166 jahre deutsche malerei in der nachkriegszeit

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166 jahre deutsche malerei in der nachkriegszeit:



am meisten faszinieren mich in diesen beiden filmen diese szenen des jeweiligen ringens mit sich selbst - dieser kampf mit dem gegenstand, dem material, vor und mit den augen und sinnen der beiden künstler - auf dieses jeweilig fokussierte werk - und ob es "nach einer nacht drüber schlafen" - oder auch nach tagen, wochen, monaten - noch dem dann gegenwärtigen kritisch-ästhetischen empfinden standhalten kann - und entlassen werden kann ...

der soester künstler hugo kükelhaus sagt in einem interview: ich muss eine skulptur betrachten "wie im kreisenden lichte" - also rundherum gehen, oder mit der lampe rundum beleuchten, oder die lichtreflexe des tageslichts von morgens bis abends betrachten: "vom aufgang der sonne - bis zu ihrem niedergang" ...: ja - und so - mit der gleichen sensibilität - beurteilen richter und baselitz ihre jeweiligen werke, ehe sie sie auf den weg schicken ...

man fühlt förmlich, dass da etwas nach außen gedrungen ist, wie bei einer geburt: manchmal mit langen wehen - manchmal als sturz- oder spontangeburt - in jedem fall eine schöpfung sozusagen - und die nun - nach einer weile der abnabelung - allein laufen lernen muss - den weg in die verkaufsgalerie oder in das museum oder in die nächste ausstellung - oder biennale - oder in das auktionshaus - gehen muss ...

der rest - ist dann sicherlich noch mal ein blick auf das konto oder ein anruf beim agenten und galeristen - ein interview für eine besprechung mit dem redakteur irgendeines internationalen feuilletons ... - aber die hauptsächliche abnabelung ist das (ver)schweigen - der kampf ist zu ende ausgefochten - loslösung ist angesagt ... - lass es gut sein: abstand gewinnen ...

die eigentliche interpretation - die einordnung in den künstlerischen werdegang - das ist die arbeit der späteren betrachter und kunsthistoriker und kritiker ... - und da verreißt man vieleicht nicht das werk - wohl aber zerreißt man sich oft die mäuler ... - S! 

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kunst fängt da an - wo die geschichten enden ...

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Die Kunst von Thomas Scheibitz -

Abstrakte Verführung Scheibitz' Gemälde und Skulpturen haben eines gemeinsam: Sie verlocken mit ihren klaren Farben, kräftigen Linien und spannungsreichen Kompositionen. "Masterplan/kino" heißt seine aktuelle Ausstellung im Kunstmuseum Bonn. ____________________________________________
Stephan Berg, Kurator und Direktor des Kunstmuseum Bonn, im Gespräch mit Peter Schiering über den Dialog der Bilder in Thomas Scheibitz' Werk. Die Scheibitz-Ausstellung "Masterplankino" läuft bis zum 29.4.


  • Thomas Scheibitz' Werk, das sich zwischen den Polen Malerei und Skulptur bewegt, hat seit seinem ersten großen internationalem Auftritt im deutschen Pavillon auf der Biennale Venedig 2005 stetig an Aufmerksamkeit und Bedeutung gewonnen. Mittlerweile gehört der 1968 in Radeberg geborene Künstler zu den international beachteten, diskursprägenden Positionen seiner Generation. 
  • Die Relevanz des Werks verdankt sich der systematischen Konsequenz, mit der er die von ihm verwendeten Medien in Bezug auf ihre Spezifik, Leistungsfähigkeit und Herausforderungen befragt. Im Zentrum sowohl des malerischen, wie auch des objektbezogenen Werks steht die Frage nach einem neuen Verhältnis zwischen Figuration und Abstraktion. Ein großes Bildarchiv, aus dem Scheibitz, in geistiger Verwandtschaft zu Aby Warburgs Mnemosyne-Atlas, unterschiedlichstes Bildmaterial nach dem Kriterium formaler und assoziativer Ähnlichkeit kombiniert, dient als Grundlage für Skulpturen und Gemälde, in denen der Künstler direkt lesbare Gegenständlichkeit solange verknappt, reduziert und umformuliert, bis sie den Charakter einer weder mimetischen noch zeichenhaften Abstraktion erhält, in denen jedes verwendete Element den Charakter eines für sich selbst stehenden „Stellvertreters“ erlangt . In einem langen Prozess "ambivalenter Justierung zwischen Anschauung, Erinnerung und Erfindung" (Scheibitz) erscheinen Bild und skulpturaler Körper als Kippfiguren zwischen autonomer Setzung und gerade noch herstellbarem Welt- und Wirklichkeitsbezug.



diese bildinfos des thomas scheibitz haben mich gleich hineingezogen. ich meine - scheibitz habe sinngemäß gesagt: "ein gemälde ist verloren, sobald man es nacherzählen kann"- die kunst fange also erst da an - wo das narrative endet: da es nichts (neues) mehr zu erzählen gibt, stellen sich zeichen & wunder ein ...: eine abstraktion mit hinweisschildern in ein niemandsland - da wo hohle klänge sterne streuen - oder war es etwa eine der honigpumpen am rand des alls ... S!

Paula Modersohn-Becker - Google Arts & Culture

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Paula Modersohn-Becker (* 8. Februar 1876 in Dresden-Friedrichstadt als Minna Hermine Paula Becker; † 20. November 1907 in Worpswede) war eine deutsche Malerin und eine der bedeutendsten Vertreterinnen des frühen Expressionismus. In den knapp 14 Jahren, in denen sie künstlerisch tätig war, schuf sie 750 Gemälde, etwa 1000 Zeichnungen und 13 Radierungen, die die bedeutendsten Aspekte der Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in sich vereinen. wikipedia

sich selbst in den schwanz beißt ...

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Ouroboros. Zeichnung von Theodoros Pelecanos aus Synosius, einem alchemistischen Traktat (1648) - WIKIPEDIA



"Ouroboros" oder "Uroboros" - das GroKo-dil in der Warteschleife

Bis zum 04.März - bis zum 04.März 2018 - also erst in nochmals ca. 4 Wochen - haben nun 463.723 SPD-Genossen Zeit über die Verhandlungsergebnisse ihres Vorstands mit der Union - legitimiert durch den letzten SPD-Parteitag - abzustimmen ... "frei - gleich & geheim" ...

Doch schon machen sich die Headhunter der verschiedenen Flügel und Fraktionen der SPD auf den Weg, um die Mitgenossen entsprechend ihrer jeweiligen Gesinnung jeweils für sich mit einzulullen: das nennt man dann Demokratie - aber über die "demokratischen" Gepflogenheiten eines Putin und eines Erdogan wird (völlig zu Recht!) die Nase gerümpft ... - jedoch man macht es selbst nicht viel besser - mit allen möglichen Winkelzügen wird die Demokratie, wird das dazugehörige Delegationsrecht und "verbindliche" Verhandlungsmandat per Akklamation gerade mal ausgehebelt ... -

"Direkte Demokratie": 463.723 Genossen befinden nun privilegiert über die Regierungsvereinbarungen von den Delegierten dreier demokratisch mehrheitlich gewählter Parteien für 80 Millionen Bewohner - und das nennt sich alles "direkte Demokratie" - hat aber meines Erachtens etwas von "Über-Demokratur" - und man verhandelt zwar "bis es quietscht", überhört aber das eigene "Quietschen" im eigenen Grundgebälk: Sie wissen ja - alte Häuser fangen an zu ächzen, ehe sie zusammenklappen: "Wenn es dem Esel zu wohl ist, geht er aufs Eis tanzen - und bricht ein."

Und die "GroKo-dile", die Verhandler der "Großen Koalition", werden so in ihrer "Größe" gehörig zurecht gestutzt - und sind erst einmal in der verdammten Warteschleife, bis denn die 463.723 werten Genossinnen und Genossen  ab 17 Jahre abgestimmt haben: Daumen nach oben oder Daumen nach unten - der 4. März 2018 liegt aber bereits fast ein halbes Jahr nach der einstmals ausschlaggebenen Bundestagswahl - damals - wissen Sie noch - so Mitte bis Ende letzten Jahres...??? - 

nämlich genau:

  • 13910400 Sekunden
  • 231840 Minuten
  • 3864 Stunden
  • 161 Tage
  • 23 Wochen
  • 5 Monate - und 8 Tage

soooooooooo-lange will "gut Ding" also "Weile haben" ...

Ich werde bei dieser erneuten Hängepartie der "GroKo-dile" nach diesem ausgehandelten Koalitionsvertrag und dem Nun-Zuwarten auf den-Genossen-Entscheid an "Ouroboros" oder "Uroboros" erinnert - an die Schlange oder dem Reptil aus der Mytologie, die/das sich selbst auffrisst bzw. in den Schwanz beißt - hoffentlich also beißt sich das "GroKo-dil" nicht vor lauter Demokratie selbst in den eigenen Schwanz: ... und sie hielten einen Rat - und es wurde nichts daraus ...

Ich traue dem Braten überhaupt noch nicht - und das ganze Prozedere und die lange Wartezeit auf eine in allen Belangen funktionierende aktuelle Regierung zeigen mir die Anfälligkeiten der Demokratie, wenn sie überstrapaziert wird.

Die Mütter (!) & Väter unserer Verfassung haben 1949 durchaus niedergelegt, wie auch eine "Minderheiten"-Regierung funktionieren könnte: Sie würde dem Grundgesetz mit seinem vorgesehenen "freien Mandat" viel eher gerecht als mit dem "imperativen Mandat", dass in einer Koalitionsregierung keine oder nur wenig "Abweichler" trotz des zugesicherten freien Gewissensentscheids aller Abgeordneten einfordert ... 

Bei wechselnden Mehrheiten wäre das alles zu verschmerzen - und die Skandinavier leben prima mit solcher Form wirklicher "direkter Demokratie"... Die Kungeleien würden sicherlich eingedämmt - und das GroKo-dil muss nicht mehr auf die AfD starren - wie das "Kaninchen auf die Schlange" ... 

tja - vielleicht ist es auch jetzt so gekommen: die alten "Volkparteien" sind abgewählt worden - und mausetot ... - vielleicht waren die Verhandlungen jetzt ein letztes Röcheln - und dann werden sie zu Grabe getragen im April: gestorben an Demenz und Altersschwäche ...

Jedenfalls - diese spd-hausgemachte erneute Warteschleife ist nichts als lästiges "GroKolores" - ein letztes Aufbäumen noch - ein letztes "Zusammen-Reißen": Wie gestehen die alten Parteien am besten ihren Wählern, das sie überhaupt "keinen Bock" mehr haben: Dies ist der Eintritt in die "postpolitische" Zeitepoche (Trump, ungebundene kandiaten wie Macron, popuöistische Figuren im Osten Europas und im Nahen Osten ... Und wir "freien" Wähler fühlen uns doch eh schon seit dem 24.09.2017 ziemlich verar.....t -S!


Siehe zu diesem Gesamtkomplex auch die neueste Folge von Harald Schmidt auf "SPIEGEL-DAILY"

Das sollte bestimmt satirisch rüberkommen - ist aber die reine Wahrheit - nichts als die Wahrheit (die Algorithmen, die Anweisungen aus Brüssel - usw.

kein bock - post-politik

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S!: Kein Bock

Das sind jetzt schon die Auflösungserscheinungen der alten Volksparteien: Schulz posaunt heraus, dass er Außenminister werden will - dabei hatte er wohl dem Genossen Gabriel längst versprochen, dass der in seinem Amt verbleiben könne.

Der Streit ist groß - und wieder mal hat der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert recht: Es geht jetzt bei der Abstimmung der 463.723 Genossinnen und Genossen nun nicht nur um das GroKo-Papier - sondern auch um die Loyalität mit dem Ex-Partei-Vorsitzenden Sigmar Gabriel - in SPD-Kreisen spricht man dazu immer noch sogar von "Solidarität" (... und da steckt ja auch das Wörtchen "solide" drin ...) - und die Abwendung von Spaltungen und Unversöhnlichkeiten - tja - und wohl tatsächlich den ersten beginnenden Auflösungerscheinungen in den demokratischen Parteien ... 
(Erinnern Sie noch den Alt-Bundespräsident Roman Herzog: „Durch Deutschland muss ein Ruck gehen ...!!!“) ...
Aber auch in der Union ist "die Kacke am dampfen... Die WELT schreibt: Der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU und CSU, Carsten Linnemann, sagte die Ressortaufteilung wiege schwer und gehe „mitten ins Mark“ der CDU. „Für unsere Partei könnte sich der 7. Februar 2018 als Zäsur herausstellen, als Anfang vom Ende der Volkspartei CDU.“ Die CDU laufe Gefahr, massiv an Bedeutung zu verlieren und ihre Überzeugungen in für die Zukunft Deutschlands zentralen Bereichen wie der Europa- und Haushaltspolitik aufzugeben. „Die CDU war in diesen Themen immer Garant für Solidität. Das ist jetzt infrage gestellt.“
Die Verteilung der Ministerien lasse jede Ausgewogenheit vermissen, kritisierte Linnemann. „Sie widerspricht allen Regeln, die es bislang unter Koalitionären gab: nämlich eine ausbalancierte, gerechte Verteilung der wichtigsten Ministerien. Wer aber die Hoheit über Auswärtiges, Finanzen sowie Arbeit und Soziales in die Hand des deutlich kleineren Koalitionspartners legt, gibt seinen Gestaltungsanspruch in entscheidenden Bereichen ab.“ 
Das alles heißt für mich kleinen Wähler ja: Regieren - nein danke! Kein Bock! - Die "postpolitische*)" Zeitepoche ist also tatsächlich angebrochen!!! - Und das merkt man ja auch an dem total paradoxen Slogan der Jusos: "Tritt ein - sag nein..." - Ein Partei-Beitritt also aus lauter Jux und Dollerei - versehen mit einem weitrechenden Stimmrecht über das Wohl und Wehe des Koalitionsvertrags - um dann evtl. rasch wieder auszusteigen: das ist für mich pragmatische "Post-Politik" - eine ethisch-moralisch-politische Verwilderung und Verwerfung ... S!
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Slavoj Zizek
Tja - ich will mich ja nicht loben, hatte aber den Begriff "Post-Politik" so vor mich hin formuliert, weil in diesem Krams, den da die etablierten Parteien zur Zeit mit ihren Koalitionsbildungen veranstalten und dem Widerhall all der Begleitmusik dazu (z.B. Schulz/Gabriel) - aber auch schon in Merkels Spruch von der "marktkonformen Demokratie", die gute alte streitbare "Politik" des Interessenausgleichs gesellschaftlicher Gruppen gar nicht mehr vorkommt ... - und da finde ich bei näherer Recherche doch tatsächlich bei WIKIPEDIA einen Eintrag dazu - der eigentlich genau das ausdrückt, was ich auch meine ... - und wieder ist es meiner alter Freund der Philosoph Slavoj Zizek, den ich hier schon öfter genannt habe, der diesen Begriff entscheidend mit geprägt und definiert hat ...:

Post-Politik ist demnach eine entpolitisierte Form der Politik. Der Rahmen, den es eigentlich zu diskutieren gilt, wird schon als gegeben angenommen.

Der Begriff wurde von Jacques Rancière, als Begriff der politischen Philosophie in Frankreich entwickelt, aus der Tradition Louis Althussers kommend, wie auch der Begriff „Postdemokratie“ als weitgehende rechtliche Kanalisierung und also staatliche Disziplinierung politischer Energien.

Nach Slavoj Žižek ist Post-Politik ein Prozess, bei dem über das Aushandeln von Interessen, […] ein mehr oder minder allgemeiner Kompromiss gestellt wird. Gefragt ist nicht mehr eine öffentliche Debatte, eine Politisierung, sondern ideologiefreie Ideen, die im (global-kapitalistischen) Rahmen funktionieren. Eine Menge von Experten, (globalen) Sozialarbeitern und anderen wird aufgeboten, um konkreten politischen Forderungen zu begegnen: es soll verhindert werden, dass sie sich verallgemeinern oder systemisch auswirken können. Auf der ideologischen Ebene reduziert Post-Politik "das allgemeine Anliegen, das von einer bestimmten Gruppe erhoben wird, zu einem Problem dieser Gruppe" (Žižek). 

Aber gerade eine metaphorische Universalisierung kann sich nicht ohne einen Streit der partikulären Gruppeninteressen ausbilden. Dies wird nach Žižek nicht unterdrückt, sondern (paradox) durch Hereinnahme ins System, in den Apparat, ausgeschlossen. Forderungen werden nur nach dem bloßen Inhalt behandelt und nicht danach, was damit gemeint ist. Die Post-Politik versucht also eine Universalisierung der (überhöhten) Metapher zu verhindern: Durch den Ruf „Weg mit der neuen Steuer!“ etwa, wird aus einer partikulären Sicht etwas Universelles angesprochen, mehr als der offensichtliche Inhalt – die Situation wird also politisiert.

Ein weiteres Anzeichen für die Post-Politik ist, dass Regierungsprogramme nur mehr als „Arbeit“sprogramme bezeichnet werden, als „reine“ Verwaltungsarbeiten. Es gelte „beste Lösungen“ verstandesmäßig (logos) zu finden, ganz ohne (notwendigen) politischen Streit (polemos). Aber in der Politik ist, etwa aufgrund der Problematik von Umverteilungen oder einer Mittelaufteilung, kein logos ohne polemos möglich, also nicht ohne eine Politik der Formulierung der Interessen und Standpunkte. Žižeks Alternative: „Echte Politik ist das genaue Gegenteil davon, das heißt die ‚Kunst des Unmöglichen‘: Sie verändert gerade die Parameter dessen, was in der existierenden Konstellation als ‚möglich‘ betrachtet wird.“ WIKIPEDIA

Texte von Zizek: click here

es brennt ... - und der letzte macht das licht aus ...

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Biikebrennen auf Pellworm: S!|bildbearbeitung nach einem titelbild der famila-kundenzeitschrift "hier leben" 2/2018
Biikebrennen (von nordfriesisch: biike, hochdeutsch Bake bzw. Feuerzeichen) ist in Nordfriesland ein traditionelles Volksfest mit Feuerbrauch, das am 21. Februar gefeiert wird: wahrscheinlich sollte das Feuer im Mittelalter böse Geister vertreiben und die neue Saat schützen.
Auf den Inseln diente das Biikefeuer später zur Verabschiedung der Walfänger. Die Frauen zündeten die Feuer entlang des Strandes an, um den fahrenden Männern noch lange sicheres Geleit zu geben. Einer Sylter Legende nach galt dieses Signal gleichfalls den dänischen Männern auf dem Festland und sollte ihnen vermitteln, dass die Inselfrauen nun wieder allein auf dem Hof waren und Hilfe bei der Arbeit und „anderen Dingen“ benötigten.  (WIKIPEDIA)

Ja - es brennt lichterloh - noch verdeckt - aber durchaus wahrnehmbar: und dieses Feuer hier ist und bleibt "mehr Schein als Sein" - und wird nur von denen als Feuer gebrandmarkt, die den Schein (bzw. die Scheine) richtig zu deuten gelernt haben - und der Letzte macht das Licht aus ...

ACHTUNG - DIES IST KEINE VERSCHWÖRUNGSTHEORIE ...!!! 

Harald Schmidt sagt sinngemäß in seiner Tageskolumne für "SPIEGEL-DAILY" nicht immer nur lustige Satire - sondern manchmal auch lockig-flockig die reine Wahrheit: So sagt er in seiner jüngsten Ausgabe sinngemäß:
Angela Merkel ist es egal, wer die beiden angeblich so wichtigen Ressorts - das Außenminsterium und das Finanzministerium - "sozusagen kommissarisch" verwaltet: Denn die Arbeitsaufträge kommen schon morgens um 06.00 Uhr aus Bruxelles, aus den südlichen Ländern des Mittelmeer-Raumes - oder direkt vom Algorithmus oder von "Goldman-Sachs"  ...

Da hat der Harald Schmidt eben(d) tatsächlich recht: So funktioniert in der Zeit nach der Politik (also der "Post-Politik") diese jetzt nur noch so genannte "Politik" - um die Wähler nicht gänzlich zu verschrecken.

Nun - der unvergessene Publizist und FAZ-Herausgeber, der leider viel zu früh verstorbene Frank Schirrmacher, hat diesen Automatismus "politischer" Abläufe bereits 2013 in seinem Buch "EGO", Blessing-Verlag, unmissverständlich und für ihn und seinem Lager selbst erschreckend aber bei seiner Hartnäckigkeit unausweichlich recherchiert. 

Unter der Präambel: 
"Wir sollten nicht zu entdecken versuchen, wer wir sind, sondern was wir uns weigern zu sein." (Michel Foucault) 
gingen ihm die selbst beim Recherchieren dazu die Augen über und er stellte die allmähliche Überforderung seines Hirns dabei fest  - und in der FAZ und den ihr nahestehenden längst ferngesteuerten politischen Kreisen rumorte es mit dieser entdeckten und ausgesprochenen Hellsicht Schirrmachers mächtig auf.

Besonders sein Artikel: "Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat" schlug hohe Wellen und warf ihn auch ein wenig aus dem ausgelatschten Trott-Fahrwasser ...: 
Wenn man ein Lebenlang daran glaubt, dass die "demokratische Politik" sich mit dem freien und demokratischen Interessensausgleich der gesellschaftlichen Kräfte befasst - und dann aber feststellt, dass diese Art "bürgerliche" Demokratie von Algorithmen und Großbanken und Investmentgesellschaften bestimmt und jeweils nach Gutdünken "abgewickelt" wird. Die "Staaten" sind langst abhängig (gemacht worden) von diesem Automatismus, der sie bereits seit Jahren infiziert hat.
Und darum können solche Clowns wie Donald (!) Trump auch mal eine Zeitlang den amerikanischen Präsidenten geben - ist doch egal welche Figuren da herumdölmern ... - und Leute wie Putin und Erdogan oder Orbán können ihr Ego ausleben - in dem Glauben, sie könnten und würden irgendetwas auf dieser Welt "selbst" bestimmen ...

In Europa geben die osteuropäischen Staaten gegen diese Art Automatismus (noch) ein wenig zögerlich die Rolle der Widerständler, weil sie denken, sie hätten ihr Köder-Salär doch längst brav verwirtschaftet und aufgegessen - und damit hätte der Spuk ein Ende ... - aber sie brauchen ja auch neue Kohle und neues Futter ...

Nee - es ist ja wie mit dem amerikanischen "Septemberweizen" vor Jahren schon: mit einseitig "infiziertem" und ausgerichtetem Saatgut hat man die meisten Nationen - besonders auch der "Dritten Welt", was ihre Nahrungsmittel-Erträge angeht - abhängig und gefügig gemacht ... - und so geht es auch mit der sogenannten "freien" Marktwirtschaft: Man infiziert diese Märkte mit laufend frischem Geld - Angela Merkel spricht ja deshalb bereits von"marktkonformer Demokratie" - und treibt sie so vor sich her - und die "Politik" bekommt morgens ihre Tagesanweisungen aus NSA- und "Goldman-Sachs"-Quellen - und so werden - ganz schlicht - die Reichen immer reicher - und beuten die übrigen 95 % Weltbevölkerung für ihre nimmersatten Zwecke entsprechend aus...: "Je mehr er hat - je mehr er will - nie schweigen seine Klagen still...".

Und auch die Medien sind durchweg infiziert und verseucht, durch die Werbe-Budgets der Unternehmen: eine Win-Win-Gemeinschaft in Drohgebärde, die beiden Seiten ihr Überleben sicherstellen will - in Abhängigkeiten - mit der Hand am Abzug: Wenn Du ausplauderst - dann ...

Es gibt Politiker in Deutschland, die begreifen das allmählich: Der Neo-Liberale Christian Lindner ist so einer, der aber beim großen Zocken mitmischen möchte - sein Compagnon Erich Kubicki hat diesen Mechanismus mit seinem etwas engen Juristengeist in seinem ganzen Ausmaß erst bei der "Jamaika-Sondierung" bemerkt, wie der Hase eben tatsächlich läuft, und hat gerade noch die Reißleine gezogen - und ich glaube, auch Carsten Linnemann von der Mittelstands(!)vereinigung der CDU/CSU drängt es an den Trog der höheren Weihen ...

Aber für die meisten ist das einfach ein relativ gut bezahlter eben abhängiger aber "hoch" angesiedelter "Job": wobei der Martin Schulz hat sich vor lauter doppelten Altersabsicherungs-Purzelbäumen nun selbst ins Knie geschossen hat - natürlich will Sigmar Gabriel nicht seine Lobby-Tantiemen aus der Rüstungsindustrie verlieren - und der wackere "linke" Kevin Kühnert kämpft einsam und verbissen mit seinen Frauen und Mannen dagegen an: wie einstmals schon der Fischer Joschka bei den Grünen oder der Dutschke Rudi in der Hochschul-Sphäre - ehe sie dann alle eingeholt und mit Renomee-Pöstchen integriert werden oder eben abserviert - ohne dass sie das dann selbst merken - der Rudi leider auf äußerst bedauernswerter Weise, weil sein Widerstand kaum anders zu brechen war ...: Denn wer nicht spurt - stirbt eben früh ... - alles andere wird erfolgreich infiziert und integriert - was dann neudeutsch auch "Inklusion auf allen Ebenen" heißt: gleichmacherische Eingemeindung: friss oder stirb ! ...

In den Altenheimen - hier im schnöden tatsächlichen Leben - bestimmen nicht die ganzheitlichen Persönlichkeitsbilder und die Biografien der BewohnerInnen den täglichen Aufwand an Pflege und Sozialdienst - sondern schlichte Zahlenspiele aus Budgets, Stellenplan und "Vorgaben" des MDK sowie der dafür zuständigen Verwaltungseinheiten ...: Zuerst liegen die Zahlen auf dem Tisch - und da hinein werden die Alten eingepasst ... je nach dem ...

Das ganze ist ein langweiliges - ganz mieses Theaterstück - mit vielen Toten und vielen Gehässigkeiten - dass uns da täglich per Bildschirm und Desktop in unsere Wohnungen präsentiert wird ... Und die "Bürger" und Wähler spüren das - und steigen aus: geben sich die Kante - jetzt ganz legitim zu Karneval oder dann zum Biikebrennen oder Feuerwehr- und Schützenfest - und bilden so lokale und regionale Beistandspakte und "Soziale Hilfsvereine" oder "Ehrenämter" aus - mit den Krumen, die von der Herren Tische fallen ...: Hilf Dir selbst - sonst hilft Dir keiner ...

Und wieder mal fallen mir nur noch der Max Liebermann bzw. der Kurt Tucholsky zu dem allen ein: "Ick kann jar nüscht soville fressen, wie ick kotzen möchte ..." - S!


Bildausschnitt: SportCodex


ARD | Zum 100. Geburtstag von Lothar-Günther Buchheim - Künstler, Sammler, Despot

luftikusse

sensibelchen

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INTERVIEW


S!|graphic: sensibelchen


"Sensibelchen" gesellschaftlich unerwünscht

Besondere Empfindlichkeit hat auch positive Seiten – man kann vieles mehr genießen, sagt Psychologin Christina Blach aus Graz. Sie hat über das Thema Hochsensibilität promoviert. 

Von Sibylle Hübner-Schroll | augsburger allgemeine


Gibt es Menschen, die empfindlicher und sensibler sind als andere? Christina Blach, Klinische und Gesundheitspsychologin im österreichischen Graz (Steiermark) hat sich in ihrer Doktorarbeit mit dieser Frage beschäftigt.


Frau Dr. Blach, mit welchen Aspekten der Hochsensibilität haben Sie sich befasst?

Blach: Ich habe geschaut, inwieweit Ängste, Depression, Stress, Alter und Geschlecht eine Hochsensibilität voraussagen beziehungsweise wie sie sich auf Hochsensibilität auswirken. Zusätzlich habe ich bei Probanden während eines akuten Stresstests EKGs geschrieben, um festzustellen, ob Hochsensible darauf mit ihrem Blutdruck und ihrer Herzratenvariabilität anders reagieren als nicht hochsensible Personen. Zusätzlich wurde überprüft, ob Hochsensible ihren Herzschlag besser spüren können als nicht Hochsensible.

Und, gibt es Unterschiede?

Blach: Kardiovaskulär, also im Herz-Kreislauf-Bereich, gibt es keine. Und auch bei der Wahrnehmung des Herzschlages nicht. Es scheint also so zu sein, dass sich Hochsensibilität nicht in kardiovaskulären Parametern zeigt. Möglicherweise wirkt sie sich in einem anderen körperlichen System aus, nämlich in den Immunfunktionen. Denn allergische Personen haben höhere Werte für Hochsensibilität. Das heißt, das Immunsystem steht möglicherweise eher in Zusammenhang mit Hochsensibilität als das Herz-Kreislauf-System.

Und bei den Parametern Ängste, Depression, Stress, Alter und Geschlecht, die Sie genannt haben, gibt es da einen Zusammenhang?

Blach: Ja, den gibt es. Hochsensible haben deutlich höhere Depressions-, Stress- und Ängstlichkeitswerte. Männer sind weniger hochsensibel als Frauen, und Ältere eher sensibler als Jüngere. Warum das so ist, weiß man noch nicht – aber vielleicht ist das gesellschaftlich bedingt: Man soll ja in unserer Gesellschaft kein Sensibelchen sein.

Ist Hochsensibilität denn inzwischen überhaupt wissenschaftlich belegt?

Blach: Nein, noch nicht. Aber es deutet einiges darauf hin, dass es Hochsensibilität gibt. Zum Beispiel: Personen, mit denen man in der Praxis arbeitet, erleben oft einen Aha-Effekt, wenn sie von der Hochsensibilität erfahren. Endlich, oft nach Jahren, wissen sie, was bei ihnen anders ist, endlich fühlen sie sich verstanden. Und sie sind erleichtert, dass viele andere auch so sind wie sie! Es ist aber noch viel Forschung zu diesem Thema nötig, und die Diagnostik ist noch nicht ausgereift.
Christina Blach - S!|bildbearbeitung

Außer Fragebögen gibt es noch nichts?

Blach: Nein, und die Fragebögen, die es gibt, um Hochsensibilität zu erfassen, sind nicht standardisiert wie etwa bei der Depression. Da bräuchte man eine einheitliche Linie. Und man müsste überlegen, ob sich Hochsensibilität nicht auch mit physiologischen Tests nachweisen lässt.

Tests zur Geräuschempfindlichkeit beispielsweise?

Blach: Ja, obwohl nicht jeder Hochsensible geräuschempfindlich ist – manche sind auch besonders lichtempfindlich, geruchsempfindlich und anderes mehr. Es müssten viele individuelle Unterschiede berücksichtigt werden.

Kann man Hochsensibilität so erklären, dass Betroffene zu wenig Filter haben für die ungeheure Reizflut aus ihrer Umgebung?

Blach: Ja, das kann man so sagen. Wie dieses Filter-System aussieht, muss allerdings noch erforscht werden, vor allem mit neurowissenschaftlichen Studien.

Was sind denn aus Ihrer Sicht die herausragendsten Merkmale einer Hochsensibilität?

Blach: Kurz zusammengefasst: ein gehemmtes Verhalten in neuartigen Situationen, eine offenere und subtilere Wahrnehmung, die leicht zu Übererregung führen kann – Hochsensible lesen zum Beispiel mehr „zwischen den Zeilen“ oder bemerken sehr früh die Stimmung in einem Raum, sie haben spezielle Fühler, mit denen sie sehr viel wahrnehmen –, eine stärkere zentralnervöse Reizverarbeitung, nicht nur von äußeren, sondern auch von inneren Reizen, und stärkere emotionale Reaktionen.

Gibt es einen Zusammenhang mit Introversion, also einer nach innen gewandten Haltung?

Blach: Es gibt einen Zusammenhang, der auch in Studien festgestellt wurde, aber Introversion ist nicht gleichzusetzen mit Hochsensibilität. Es gibt auch extrovertierte Hochsensible.

Woher kommt Ihr eigenes Interesse an der Hochsensibilität?

Blach: Ich interessiere mich für das Thema, weil ich anscheinend selbst hochsensibel bin. Nachdem ich ein Buch über Hochsensibilität gelesen hatte, dachte ich mir, oh, das erklärt vieles in meinem Leben...

Können Sie Hochsensiblen aus Ihrer Sicht Ratschläge fürs Leben geben?

Blach: Ja, sie sollten viel Sport treiben und in Bewegung bleiben, außerdem Entspannungstechniken erlernen – das habe ich auch in meiner Dissertation geschrieben. Sie sollten darauf achten, wann sie überfordert sind, damit sie gut leben können, ohne sich zu vielen Reizen auszusetzen.

Hat Hochsensibilität auch positive Aspekte?

Blach: Ja, auf jeden Fall hat sie auch ihre positiven Seiten. Hochsensible können sehr intensive Gefühle spüren und ästhetische Reize aus Kunst, Kultur oder Natur sehr genießen. Und sie haben viele zwischenmenschliche „Fühler“, die einer Gesellschaft nützlich sein können.

Wie wird es mit dem Thema weitergehen?

Blach: Es muss noch sehr viel Forschung betrieben werden, aber es tut sich jetzt schon einiges, auch neurowissenschaftliche Studien werden initiiert. Es geht ja auch um die Frage, inwieweit Hochsensibilität genetisch mitbedingt ist. Und es werden viele neue Untersuchungsmethoden eingesetzt, wie die Magnetresonanztomografie (MRT, Kernspin). Trotzdem wird es noch lange dauern, bis Hochsensibilität wissenschaftlich anerkannt sein wird.


Mehr fundierte Infos: Hier clicken


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das hab ich auch ... wenn ich während meiner ausbildungen die symptome der psychiatrischen abweichungen oder gar erkrankungen vorgestellt bekam - hatte ich meistens auch ein wenig weh & ach: vorsicht! - zumindest teile davon habe ich doch auch - kenne ich doch an mir ...

bis ich dann merkte: die haben wir alle: die psychiatrie ist gar nicht das "andere" und "fremdartige" - was wir uns da einfangen können oder wozu wir dispositioniert sind - sondern es ist wie bei der medizin: die dosis bestimmt über nützlichkeit oder vergiftung und krankhaftigkeit ...

zur zeit gibt es wieder eine menge von "ratgeber"-themen allerorten: bei google, bei amazon, bei facebook oder als tipp von der "guten freundin" - eben weil die autoren und verlage und kursleiter genau damit kasse machen: weil wir alle jeweils entsprechende "symptome" dazu in uns tragen - mehr oder weniger ausgeprägt: normal oder schon am rande des pathologischen ...

und wenn schon das politische klima so kitschig wird und der heimatverein andauernd verliert, beschäftigt man sich wieder mehr mit sich selbst. das sind so durchgangs-wellen - ähnlich dem handarbeiten, heimwerken, schach- und skatspielen .... - und eines tages ist auch wieder kegeln angesagt und es wird auch wieder mehr bier getrunken: ein ewiges kommen und gehen - wie im leben und in der natur ...

wir haben alle z.b. ängste, die haben wir schon von kindesbeinen an weil auch unsere eltern ängste hatten - und wir die ihnen mit unseren "spiegelneuronen" abspüren konnten und unser gehirn und unsere physiologie durchaus aufnahmefähig sind - dafür - und schnell lernen und "abgucken" ... dann kommt es eben zu sogenannten "übertragungen" - und wir bilden ähnliche verhaltensweisen und empfindungen aus: "ja - er ist ja ganz der papa" ...

ich glaube - so ähnlich ist das auch mit der "hochsensibilität": da hat man mal wieder eine marktlücke gefunden, der man rasch einen arbeitstitel verpasst hat - und "sensibel" zu sein ist ja auch noch zumeist positiv besetzt in unserer gesellschaft - nur eben das "sensibelchen" muss es dann auch nicht sein ... - es kommt eben auf die dosierung an - und bei "gut-mensch" fangen ja schon viele an zu scharren ...

gaben, begabungen, sensibilitäten  - und empfindungen oder gar empfindlichkeiten - die dann in unerträglichkeiten umschlagen können ...

ich meine, die meisten dinge und sinne, die gemeinhin der "hochsensibilität" zugeordnet werden, sind "besondere gaben" - besondere begabungen - vielleicht sogar "hochbegabungen", die uns geschenkt sind: musikalität z.b. ist sicherlich ein konglomerat aus verschiedenen sensiblen "symptomen", die dann in ihrer gesamtheit, musikalität und kreativität ausmachen. es gibt musiker, die mit ihrem "absoluten gehör" klaviere stimmen können - und dann geht denen natürlich purer krach auf den wecker ... und so lassen sich wahrscheinlich noch einige merkmale einer "hochsensibilität" durchdeklinieren ...

ein wenig erinnert mich das an die diskussion auch, ob es nun eine "multiple persönlichkeitsstörung" gibt - oder ob das bereits "schizophrenie" sei - oder "borderliner", oder "burn out" - oder ganz einfach verschiedene innere aspekte, die sich zu wort melden und sich ausagieren wollen - und mit denen man sich "im guten" auch befreunden kann als leitsignale über das für und wider des gewissens, der persönlichkeit schlechthin: auf alle fälle hat man diesem phänomen nun eine "marke" verpasst und es als "dissoziative identitätsstörung (dis)" unter die fast 400 krankheitsbilder im psychiatrie-diagnose-handbuch "diagnostic and statistical manual of mental disorders" (dsm) numeriert und eingeordnet ... 

es heißt ja: liebe deinen nächsten - wie dich selbst ...!!! - und um sich selbst lieben zu lernen muss man erforschen und spüren, wer man selbst ist ...

mit ein wenig dazu notwendiger selbstbeobachtung und selbsterfahrung kommt man sich so auch mit seinen sensibilitätsausprägungen schon auf die schliche - und bekommt das dann zum größten teil auch ohne ratgeber-kauf und "sensibilisierungs-wochenende" im seminarhotel "xyz" mit sauna und vollwerternährung zum pauschalpreis für schlappe 1.300 uro selbst "in den griff".

und natürlich sehen das die ratgeber-autoren und die seminar- und kursleiter und deren "head-hunter" und "zulieferer" immer anders - und sie sehen meist irgendein "problem" - irgendein "nachreifungs"-defizit, was "unbedingt jetzt angegangen" werden sollte. 

ansonsten kann man schon meist durch googeln rasch die spreu vom weizen trennen - so sensibel sind wir schon, um das schwarze schaf und den zocker zu erkennen ...

nur mutters spruch: "stell dich doch nicht so an" - ist bei einer tatsächlich vohandenen ("hoch")sensibilität vielleicht weniger angebracht - und doch - ab und zu hilft auch: "augen zu und durch" - sonst kann man sich ja keine tatsächliche sensibilitäts-dröhnung verpassen ... - und was ich nicht weiß macht mich nicht heiß ... chuat-choan - wie der sensible westfale sagt -S!


zur diskussion: Angela Merkel, Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin

am aschermittwoch ist alles vorbei: selber schulz!

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welt.edition - bilder des tages: am aschermittwoch ist alles vorbei ...
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