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Griechenland-Brief an die EU & Nonsense-Poetry: Jabberwocky [ˈdʒæbəˌwɒki] von Lewis Carroll | Video & deutsche Übertragungen

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Nun - da kommt so aus heiterem Himmel plötzlich hier unten so ein undurchsichtiges Gedicht in dieses Blog geflattert - und da fragt sich der geneigte Leser vielleicht: "Was soll das denn nu - niedlich" ... 
Aber - es hat schon seine Bewandtnis damit: Da schrieb doch gestern der griechische Finanzminister einen Brief, darin bittet Varoufakis die EU um mehr Geld ... Und während Herr Juncker meint, damit sei man nun auf dem richtigen Weg, sagt Herr Schäuble, das wäre substantiell nichts neues in der Sache ... 
Ein Brief - zwei Empfänger - zwei Meinungen - vielleicht sogar zwei Botschaften ... 
Und das Gedicht von Lewis Carroll sagt vielleicht sogar etwas zu diesem Phänomen aus:



Jabberwocky [ˈdʒæbəˌwɒki] 

ist der Titel eines berühmten Unsinns-Gedichts von Lewis Carroll aus dem Buch Alice hinter den Spiegeln (1871). Die erste Strophe findet sich bereits 1855 in Mischmasch, einem Familienmagazin seiner Familie. Ein großer Teil der verwendeten Wörter ist erfunden. Das Gedicht erzielt seine Wirkung durch Lautmalereien, Kofferworte und Wort-Assoziationen.


Illustration to the poem Jabberwocky - First published in Carroll, Lewis. 1871. Through the Looking-Glass, and What Alice Found There von John Tenniel (WIKIPEDIA)


Das Originalgedicht

Eine Übersetzung im traditionellen Sinn ist nicht möglich, es gibt jedoch zahlreiche Nachdichtungen in den verschiedensten Sprachen. Deutsche Übertragungen existieren von Robert Scott (bei ihm heißt der Jabberwocky „Der Jammerwoch“), Lieselotte & Martin Remané („Brabbelback“) und Christian Enzensberger („Der Zipferlak“).

Jabberwocky
von Lewis Carroll

Twas brillig, and the slithy toves
Did gyre and gimble in the wabe;
All mimsy were the borogoves,
And the mome raths outgrabe.

Beware the Jabberwock, my son!
The jaws that bite, the claws that catch!
Beware the Jubjub bird, and shun
The frumious Bandersnatch!

He took his vorpal sword in hand:
Long time the manxome foe he sought
So rested he by the Tumtum tree,
And stood awhile in thought.

And as in uffish thought he stood,
The Jabberwock, with eyes of flame,
Came whiffling through the tulgey wood,
And burbled as it came!

One, two! One, two! And through and through
The vorpal blade went snicker-snack!
He left it dead, and with its head
He went galumphing back.

And hast thou slain the Jabberwock?
Come to my arms, my beamish boy!
O frabjous day! Callooh! Callay!
He chortled in his joy.

Twas brillig, and the slithy toves
Did gyre and gimble in the wabe;
All mimsy were the borogoves,
And the mome raths outgrabe.

Als Carroll 1887 von der Herausgeberin der Schulzeitung an der Girls’ Latin School (heute Boston Latin Academy) in Boston um Erlaubnis gebeten wurde, diese The Jabberwock nennen zu dürfen, gab Carroll zusätzlich folgende nachträgliche Namensbedeutung an:

“The Anglo-Saxon word ‘wocer’ or ‘wocor’ signifies ‘offspring’ or ‘fruit’. Taking ‘jabber’ in its ordinary acceptation of ‘excited and voluble discussion’”

„Das angelsächsische Wort ‚wocer‘ oder ‚wocor‘ bedeutet ‚Abkömmling‘ oder ‚Frucht‘. Hinzu kommt ‚jabber‘ in seiner üblichen Bedeutung als ‚aufgeregte und redegewandte Diskussion‘“
– Lewis Carroll

WIKIPEDIA

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ÜBERTRAGUNGEN INS DEUTSCHE

Der Jammerwoch

Robert Scott

Es brillig war. Die schlichte Toven
Wirrten und wimmelten in Waben;
Und aller-mümsige Burggoven
Die mohmen Räth' ausgraben.
»Bewahre doch vor Jammerwoch!
Die Zähne knirschen, Krallen kratzen!
Bewahr' vor Jubjub-Vogel, vor
Frumiösen Banderschntzchen!«
Er griff sein vorpals Schwertchen zu,
Er suchte lang das manchsan' Ding;
Dann, stehend unterm Tumtum Baum,
Er an-zu-denken-fing.
Als stand er tief in Andacht auf,
Des Jammerwochen's Augen-feuer
Durch tulgen Wald mit Wiffek kam
Ein burbelnd Ungeheuer!
Eins, Zwei! Eins, Zwei! Und durch und durch
Sein vorpals Schwert zerschnifer-schnück,
Da blieb es todt! Er, Kopf in Hand,
Geläumfig zog zurück.
»Und schlugst Du ja den Jammerwoch?
Umarme mich, mien Böhm'sches Kind!
O Freuden-Tag! O Halloo-Schlag!«
Er schortelt froh-gesinnt.
Es brillig war. Die schlichte Toven
Wirrten und wimmelten in Waben;
Und aller-mümsige Burggoven
Die mohmen Räth' ausgraben.
Original source:

Scott, Robert. "The Jabberwock Traced to Its True Source", MacMillan's Magazine, Feb 1872.

Also in:

Carroll, Lewis. The Annotated Alice (Alice's Adventures in Wonderland and Through the Looking-Glass). Introduction and Notes by Martin Gardner. New York: Meridian Press, New American Library, 1960.
Hofstadter, Douglas R. Gödel, Escher, Bach: An Eternal Golden Braid. New York: Basic Books, 1980; Vintage Books Edition, Sep 1980.

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Brabbelback

Lieselotte & Martin Remane

Es sunnte Gold, und Molch und Lurch
krawallten 'rum im grünen Kreis,
den Flattrings ging es durch und durch,
sie quiepsten wie die Quiekedeis.
»Nimm dich in acht vorm Brabbelback,
mein Sohn! Er beißt, wenn er dich packt.
Reiß aus, reiß aus vorm Sabbelschnack,
vorm Jubjub, der dich zwickt und zwackt!«
Er aber schwuchtelt mit dem Schwert,
trabaust dem Unhold hinterdrein.
Doch beim Tumtumbaum macht er kehrt
und grübelt: Wo, wo mag er sein?
Und während er so duselnd stand,
kam feuerfauchend Brabbelback
quer durch den Dusterwald gerannt,
der Brabbelback, der Sabbelschnack!
Komm 'ran, komm 'ran! Und schwipp und schwapp
haut er das Schwert ihm ins Genick,
der Unhold fiel, sein Kopf war ab,
der Held kam mit dem Kopf zurück.
»Ermurkst hast du den Brabbelback!
Umarmen wird man dich zu Haus!
Callu, callei! Mit Sabbelschnack«
und seinem Tratschen ist es aus!
Es sunnte Gold, und Molch und Lurch
krawallten 'rum im grünen Kreis,
den Flattrings ging es durch und durch,
sie quiepsten wie die Quiekedeis.

In an edition of Through the Looking Glass, published by Reclam - Kinderbuchverlag Berlin 1976 .

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Der Zipferlake

Christian Enzensberger

Verdaustig war's, und glaße Wieben
rotterten gorkicht im Gemank.
Gar elump war der Pluckerwank,
und die gabben Schweisel frieben.
»Hab acht vorm Zipferlak, mein Kind!
Sein Maul ist beiß, sein Griff ist bohr.
Vorm Fliegelflagel sieh dich vor,
dem mampfen Schnatterrind.«
Er zückt' sein scharfgebifftes Schwert,
den Feind zu futzen ohne Saum,
und lehnt' sich an den Dudelbaum
und stand da lang in sich gekehrt.
In sich gekeimt, so stand er hier,
da kam verschnoff der Zipferlak
mit Flammenlefze angewackt
und gurgt' in seiner Gier.
Mit Eins! und Zwei! und bis auf's Bein!
Die biffe Klinge ritscheropf!
Trennt' er vom Hals den toten Kopf,
und wichernd sprengt' er heim.
»Vom Zipferlak hast uns befreit?
Komm an mein Herz, aromer Sohn!
Oh, blumer Tag! Oh, schlusse Fron!«
So kröpfte er vor Freud'.
Verdaustig war's, und glaße Wieben
rotterten gorkicht im Gemank.
Gar elump war der Pluckerwank,
und die gabben Schweisel frieben.


Source unknown.

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Quelle der deutschen Übertragungen: hier

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 Die Wirkung des Gedichts

Die meisten Wörter im Gedicht sind frei erfunden und ergeben so keinen Sinn. Die Wirkung wird erzielt durch die Lautmalereien und die Assoziationen, die einem in den Kopf kommen.

Das Interessante daran ist, dass dadurch jeder dem Gedicht seinen eigenen Stempel aufdrücken kann und dieses Gedicht für jeden etwas anderes bedeutet. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.


Wer ist Humpty Dumpty und was ist eine Humpty-Dumpty-Semantik?

Humpty Dumpty (dt. Goggelmoggel) ist übrigens eine bekannte Figur aus einem Kinderreim. In dem Buch von Lewis Carroll philosophiert er mit Alice über die Bedeutung der Semantik.


An einer Stelle im Buch ist z.B. dazu folgendes zu lesen: 

„[…] Da hast du Ruhm!“
„Ich weiß nicht, was du mit ‚Ruhm‘ meinst“, sagte Alice.
Humpty Dumpty lächelte verächtlich. „Natürlich nicht – bis ich es dir sage. Ich meinte: Da hast du ein schönes zwingendes Argument!“
„Aber ‚Ruhm‘ heißt doch nicht ‚schönes zwingendes Argument‘“, entgegnete Alice.
„Wenn ich ein Wort verwende“, erwiderte Humpty Dumpty ziemlich geringschätzig, „dann bedeutet es genau, was ich es bedeuten lasse, und nichts anderes.“
„Die Frage ist doch“, sage Alice, „ob du den Worten einfach so viele verschiedene Bedeutungen geben kannst“.
„Die Frage ist“, sagte Humpty Dumpty, „wer die Macht hat – und das ist alles.

Alice war zu verwirrt, um etwas zu sagen, daher begann Humpty Dumpty nach einer Minute erneut: "Sie haben ihre Launen, manche von ihnen - besonders Verben: Das sind die stolzesten - mit Adjektiven kannst du alles machen, aber nicht mit Verben - egal, ich komme mit allen von ihnen zurecht! Undurchdringlichkeit! Das ist, was ich dazu sage!"
"Würdest Du mir bitte sagen", sagte Alice, "was das bedeutet?"
"Nun sprichst Du wie ein einsichtiges Kind", sagte Humpty Dumpty und sah sehr zufrieden aus. "Ich meinte mit "Undurchdringlichkeit', dass wir genug über diese Angelegenheit gesprochen haben und es wäre genauso gut, wenn Du nun erwähnen würdest, was Du als nächstes tun wirst, da ich annehme, dass Du nicht meinst, hier für den Rest Deines Lebens zu stehen."
"Das ist ein ziemlicher Job, ein Wort so viel bedeuten zu lassen", sagte Alice mit einem nachdenklichen Ton.
"Wenn ich ein Wort so harte Arbeit leisten lasse", sagte Humpty Dumpty, "bezahle ich es immer extra."
"Oh", sagte Alice. Sie war zu verwirrt, um eine weitere Äußerung zu tun.
"Ah, Du solltest sie am Samstag sehen, wenn sie alle bei mir vorbeikommen, um ihre Löhne bei mir abzuholen, weißt Du", fügte Humpty Dumpty hinzu und wiegte sein Haupt würdevoll von einer Seite zur nächsten. "


Und hier noch die Erklärung  aus dem Wikipedia- Lexikon im Internet:
"Als Humpty-Dumpty-Semantik gilt eine intentionalisierte Sprachauffassung, die davon ausgeht, dass Worten nicht ihre Bedeutung qua Gebrauch zukommt, sondern dass sie durch bedeutungsverleihende Akte des Subjekts konstituiert wird. In dieser Bedeutung wird der Ausdruck vor allem im Zusammenhang der sprachanalytischen Kritik der Bewusstseinsphilosophie - etwa der Phänomenologie Husserls - gebraucht."
unter Verwendung von Texten hieraus

Tja - die beiden verschiedenen Meinungen zum Brief aus Griechenland haben ganz bestimmt etwas mit der "Humpty-Dumpty-Semantik" und dem Carrollschen Nonsens-Gedicht zu tun ...
- wenn Sie(auch) verstehen was ich meine ...


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