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Kirche im Dorf lassen | impuls für die woche - 169

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S!NEDi|photography: ... und ich sagte noch: Lasst doch die Kirche im Dorf ...

 Jesus von Nazareth spricht: "Das Reich Gottes ist in euch." (Lukas 17, 21)
  • Und der Jünger Stephanus mahnt: "Aber der Allerhöchste wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind, wie der Prophet spricht (Jesaja 66, 1-2): ´Der Himmel ist mein Thron und die Erde ist der Schemel meiner Füße; was wollt ihr mir denn für ein Haus bauen`, spricht der HERR, ´oder was ist die Stätte meiner Ruhe? Hat nicht meine Hand das alles gemacht?` Ihr Halsstarrigen, mit verstocktem Herzen und tauben Ohren, ihr widerstrebt allezeit dem Heiligen Geist, wie eure Väter, so auch ihr" (Apostelgeschichte 7, 48-51). Unmittelbar nach diesen Worten ließen ihn die Priester umbringen.
  • Und in der Bergpredigt lehrt Jesus: "Wenn du aber betest, so geh in die Kammer und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir´s vergelten." (Matthäus 6, 6)
  • Nachdem Jesus die Tierhändler aus dem Tempel aus Stein getrieben hatte, forderten seine Zeitgenossen: "´Was zeigst du uns für ein Zeichen, dass du dies tun darfst?` Jesus antwortete und sprach zu ihnen: ´Brecht diesen Tempel ab und in drei Tagen will ich ihn aufrichten.` Da sprachen die Juden: ´Dieser Tempel ist in sechsundvierzig Jahren erbaut worden, und du willst ihn in drei Tagen aufrichten?` Er aber redete vom Tempel seines Leibes." (Johannes 2, 18-21)
  • Und Jesus betete zu Gott, seinem Vater, über seine Jünger: "Wie Du, Vater, in mir bist und ich in Dir, so sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast." (Johannes 17, 21)
  • Der Kirchenlehrer Paulus erklärt: "Wisset ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?" (1. Korinther 3, 16)
  • Und Paulus lehrt auch weiterhin: "In Gott leben wir, bewegen wir uns und sind wir." (Apostelgeschichte 17, 28)
  • Und Jesus prophezeite seine geistige Wiederkunft: "Seid auf der Hut, dass niemand euch irre führe mit den Worten ´Seht hier` oder ´Seht da`. Denn der Sohn des Menschen ist in eurem Innern. Folget ihm nach! Die ihn suchen, werden ihn finden." (Das von der Kirche als "apokryph" (= verborgen) bezeichnete und nicht in die Bibel aufgenommene Evangelium der Maria, zit. nach Papyrus Berolinensis, S. 8, 12 - 9, 5)
  • Johannes schreibt: "Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm." (1. Johannes 4, 16 b)
  • Diese "Väter" der Priester, von denen Stephanus sprach, ließen in Israel zweimal einen Tempel aus Edelhölzern und Stein bauen und erfanden einen grausamen Kult mit der Opferung von zigtausend unschuldigen Tieren. Angeblich hätte König Davids Sohn Salomo von "Gott" den Auftrag zum ersten Tempelbau erhalten. Doch von welchem Gott?
  • Bereits David selbst wollte ein solches Haus bauen. Doch ein Prophet griff ein, und es heißt im 2. Buch Samuel: "In der Nacht aber kam das Wort des HERRN zu Nathan: ´Geh hin und sage zu meinem Knecht David: ´So spricht der HERR: Solltest du mir ein Haus bauen, dass ich darin wohne? Habe ich doch in keinem Hause gewohnt seit dem Tag, da ich die Israeliten aus Ägypten führte, bis auf diesen Tag, sondern ich bin umhergezogen in einem Zelt als Wohnung. Habe ich die ganze Zeit, als ich mit den Israeliten umherzog, je geredet zu einem der Richter Israels, denen ich befohlen hatte, mein Volk Israel zu weiden, und gesagt: Warum baut ihr mir nicht ein Zedernhaus?``" (2. Samuel 7, 5-7)
  • Und durch den Propheten wurde David auch folgendes Gotteswort übermittelt: "Und der HERR verkündigt dir, dass der HERR dir ein Haus bauen will" (Vers 11 b). David selbst sollte also zu einem würdigen "Tempel Gottes" werden, in dessen Herz Gott wohnen kann.


Und doch meine ich - lasst doch die Kirche im Dorf ... Sie mag einige Jahrhunderte alt sein. So eine schöne Dorfkirche besteht nun mal aus alten Wackersteinen, die im Märchen den Wolf beim Trinken in die Tiefe gerissen haben - weil statt eines lebendigen Glaubens diese toten alten schweren Wackersteine in seinem Bauch als Ballast herumkullerten ...

Ja, wenn Steine reden könnten, dann hätten sie eine Menge zu erzählen: Von der damaligen Bevölkerung wurde die Kirche mit viel Opfern gebaut: es mussten Sonderzahlungen und besondere Spanndienste geleistet werden. Viele Generationen sind in der Dorfkirche getauft, konfirmiert, getraut und betrauert worden. Die Woche über steht die Kirche meistens leer und ungenutzt da, am Sonntag sind die meisten Sitzplätze unbesetzt. Es gibt Stimmen, die sagen, solche kaum genutzten Dorfkirchen sollte man schließen und verkaufen. Andere Stimmen protestieren: Man muss doch die Kirche im Dorf lassen!

Das ist die eine sichtbare Kirche - das Kirchengebäude: sie besteht objektiv aus toten Steinen, die nun mal nicht reden können. Für viele weckt sie allenthalben nostalgische Gefühle, sie gehört eben zum Dorfbild dazu, ansonsten ist die Kirche ein Museum geworden. Vor 4 Jahren waren wir auf dem Kirchentag in Dresden und haben uns die Frauenkirche angeschaut. Diese Kirche wurde ja im Februar 1945 zerstört und ist nun wieder aufgebaut.

Viele Steine aus dem Trümmerhaufen hat man seinerzeit sorgfältig gesammelt und mit Nummern versehen. So wollte man garantieren, dass sie auf ihren früheren Platz kommen. Jeder Stein hat seine besondere Bedeutung an seinem Platz! Doch was kommt danach: Wird die Frauenkirche auch nur ein großes Museum, ein Konzertgebäude oder doch Mittelpunkt einer lebendigen Gemeinde sein?

Kirche als Museum, als Denkmal als Konzertgebäude- oder wie hier in Bielefeld - als Nobelrestaurant? Kann das alles sein? Die Texte oben sprechen von einer anderen Kirche, wie sie Jesus Christus gewollt hat: Diese Kirche besteht nicht aus toten, sondern aus lebendigen Steinen. Ein bemerkenswertes Bild: die Kirche als ein geistiges Haus aus lebendigen Steinen. Jeder Stein gehört an seinen Platz. Jeder Stein hat seine eigene und besondere Bedeutung. Genauso wie bei der Frauenkirche in Dresden die alten Steine einzeln nummeriert und katalogisiert worden sind, hat Gott uns gewissermaßen einzeln katalogisiert: Er hat uns bei unserem Namen gerufen: wir gehören zu ihm!

Mit jedem Leben hat Gott einen Stein vom Boden aufgelesen und lebendig an seinen Platz gestellt.

An diesem Platz soll ich mit Gestalt annehmen, Profil gewinnen, Raum greifen, tragen, da soll ich die Nachbarsteine stützen, gleichzeitig aber werde ich selbst von anderen Steinen getragen und gestützt - ein Jeder nach seiner Art - und nur so bin ich Teil eines Großen und Ganzen.

Eine solche Kirche aus lebendigen Steinen ist ungleich wertvoller als ein altes Gebäude aus toten Steinen. In dieser Kirche aus lebendigen Steinen werden wir Schutz finden vor den Stürmen unserer Zeit. In dieser Kirche aus lebendigen Steinen werden wir Geborgenheit und Gemeinschaft finden, wenn wir draußen alt und einsam geworden sind. Natürlich muss man die Kirche im Dorf lassen - vor allem aber diese Kirche aus lebendigen Steinen immer weiter neu bauen - in einer permanenten Dynamik - in einem unablässigen Prozess ... - dann lässt sich das Nobelrestaurant in einem alten Kirchengebäude auch besser ertragen ... - wenn wir daran vorbeifahren ...

Und diese Kirche aus lebendigen Steinen wird nie "fertig" werden - obwohl sie hier und da schon ganz schön "fertig" ist - vergleichbar mit den riesengroßen Dombauten unserer Zeit: Die ewige Bauhütte am Kölner Dom - die über 100 Jahre alte Baustelle der "Sagrada Família" nach den Plänen von Antoni Gaudí in Barcelona: Es fehlen immer Teile: es fehlt an allen Ecken und Enden - es fehlt hier und fehlt da. 

Und vielleicht kann diese eigentliche uns umhüllende Kirche aus lebendigen Steinen auch niemals fertig sein, denn wo Leben ist, da gibt es ja auch notwendige Veränderungen. Menschen werden geboren, Menschen sterben, die Zeiten wandeln sich: das alles ruft Veränderungen hervor. Gott aber bleibt ...

mit Materialien aus dieser Predigt...


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