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Dieser Christophorus heißt Laith Majid - und kommt aus Syrien ... | impuls für die woche

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Foto von Flüchtlings-Familie auf Kos

Daniel Etter/ The New York Times/ Redux/ laif | SPIEGEL-ONLINE





"Noch nie hat mich eine Situation so berührt"

Von Kevin Hagen SPIEGEL-ONLINE


Sonnenaufgang auf Kos, Flüchtlinge schleppen sich an den Strand. Daniel Etter hat eine Familie bei der Ankunft auf der griechischen Insel fotografiert. Das Bild geht um die Welt. Im Interview erzählt er, wie es entstanden ist.

Laith Majid ist ein Mann wie ein Bär. Mächtige Unterarme, Dreitagebart, ein Gesicht, als habe er schon so manche Rauferei durchgestanden. Jetzt steht Majid da, seine Tochter, seinen Sohn, seine Frau eng umschlungen. Majid weint: Sie leben.

Hunderte Flüchtlinge kommen jeden Tag am Strand der griechischen Insel Kos an. Flüchtlinge, die in winzigen, wackligen Booten von der Türkei aus versuchen, in die EU zu gelangen. Flüchtlinge wie der Syrer Majid und seine kleine Familie. Daniel Etter hat sie getroffen, hat den Moment ihrer Ankunft im Morgengrauen festgehalten. Es ist ein besonderes Foto, mit dem die renommierte "New York Times" ihre Flüchtlingsberichterstattung illustriert. Ein Foto, das tausendfach in den sozialen Netzwerken geteilt wird. Es geht um die Welt.

"Damit habe ich nicht gerechnet", sagt Etter. Der 34-Jährige lebt in Berlin. Als freier Fotograf reist er zu den Orten, an denen die Flüchtlingskrise ein Gesicht hat. "Vielleicht bin ich nicht der emotionalste Mensch", schreibt Etter auf Facebook, aber Majids Reaktion "bringt mich immer noch zum Weinen". Auf SPIEGEL ONLINE erzählt er die Geschichte des Bildes:

SPIEGEL ONLINE: Herr Etter, Ihr Foto zeigt eine sehr emotionale Szene auf Kos. Fällt es Ihnen in solchen Momenten schwer, Ihre Arbeit zu machen?

Daniel Etter: Nein, da bin ich völlig auf meine Arbeit konzentriert. Es geht alles wahnsinnig schnell, die Boote kommen an, alle wollen sofort vom Strand weg. Aber natürlich war das ein sehr emotionaler Moment, auch für mich. Laith Majid wirkt ja nicht gerade gefühlsduselig. Dann mitzuerleben, wie all die Angst und die Sorgen um die Familie von ihm abfallen, war sehr bewegend. Bei mir kam das alles später hoch, als ich das Foto immer wieder angesehen habe. Mir sind immer wieder die Tränen gekommen. Das ist mir noch nie vorher passiert.

SPIEGEL ONLINE: Wie ist das Bild entstanden?

Etter: Ich bin gegen 4.30 Uhr an den Strand von Kos gegangen. Die meisten Flüchtlinge kommen während des Sonnenaufgangs an. Ich habe in der Ferne das kleine Schlauchboot entdeckt. Zwölf Personen saßen darin, ausgelegt war es vielleicht für drei oder vier. Nach über zwei Stunden Fahrt hatte das Boot Luft verloren, Wasser war hineingelaufen, die Flüchtlinge waren durchnässt, als sie am Ufer ankamen. Sie waren dann völlig erleichtert, heil angekommen zu sein.

SPIEGEL ONLINE: Was wissen Sie über die Familie, die Sie fotografiert haben?

Etter: Sie kommen aus Deir ez-Zor, einer syrischen Stadt, die seit Jahren im Kampf zwischen Islamisten und der Regierung in Grund und Boden bombardiert wird. So lange es irgendwie ging, haben sie es dort ausgehalten. Sie wollten nicht weg. Die Mutter arbeitete als Englischlehrerin. Jetzt sucht die Familie nach einem Ort, an dem ihre Kinder sicher leben können. Sie wollen nach Deutschland.

SPIEGEL ONLINE: Wie hat die Familie auf Sie reagiert?

Etter: Die haben mich zunächst überhaupt nicht wahrgenommen. In diesem Moment kam bei ihnen alles zusammen: Die Freude, es geschafft zu haben; die Liebe für die Familie; die Trauer über das, was früher war. Ich war aber dann länger mit ihnen unterwegs, habe ihnen erklärt, wo sie sich melden müssen. Als sie mich ein bisschen kennengelernt haben, waren sie wahnsinnig liebenswert.

SPIEGEL ONLINE: Was ist aus ihnen geworden?

Etter: Ich habe sie noch einmal in Kos getroffen. Da haben sie in einem einfachen Zelt an der Strandpromenade übernachtet. Die Tochter hatte nach der anstrengenden Reise hohes Fieber, auch der Sohn hat die ganze Zeit geschlafen. Am Abend wollten sie auf die Fähre gehen, die als eine Art Auffanglager dienen soll. Ob sie das geschafft haben, weiß ich nicht.

SPIEGEL ONLINE: Haben Sie die vielen positiven Reaktionen auf das Bild überrascht?

Etter: Ich wusste schon, dass das ein gutes Bild ist. Ich arbeite seit ein paar Jahren als Fotograf und habe viele emotionale Szenen erlebt. Aber es hat mich noch nie eine Situation so berührt wie diese. So etwas in einem Bild einfangen zu können, ist der Grund, warum ich Fotojournalist bin. Ich hatte aber nicht damit gerechnet, dass das Foto auch so viele andere Menschen bewegt. Das ist ein tolles Gefühl. 


Zur Person
Daniel Etter ist freier Fotograf und Autor. Der 34-Jährige lebt in Berlin. Ausgebildet wurde er an der Deutschen Journalistenschule in München. Heute fotografiert er unter anderem für die "New York Times". Texte von ihm wurden auch auf SPIEGEL ONLINE veröffentlicht. Für seine Arbeiten erhielt er mehrere Auszeichnungen.


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Ja - auch ich bleibe an diesem eindrücklichen Foto hängen: Dieser Bär von einem Mann, mit welch beschützender Zärtlichkeit der seine Lieben aus dem wackeligen Boot endlich nach Todesängsten ins "gelobte Land" führen kann - und sich seiner Tränen nicht schämen muss, die sein Fotograf mit ihm teilt: Diese Szene erinnert mich an Darstellungen und Ikonopgraphie vom Hl. Christophorus, der oft übermannshoch in vielen Kirchen dargestellt ist, als Statuette oder als Wandgemälde - mit dem Jesuskind auf dem Rücken tragend und durch einen reißenden Fluss watend, und oft mit einem echten ungehobelten Holzstaken zum Abstützen und Übersetzen in der Faust ... - und wer dieser Heilige St. Christophorus-Figur begegnet, ist an dem Tag dieser Begegnung jedenfalls geschützt vor allen Fährnissen des Lebens - nach der Legende ... - und in vielen Auto- und Flugzeug-Cockpits klebt deshalb eine kleine Christophorus-Plakette ...


Ich hoffe - dass dieser Christophorus - alias Laith Majid - gut mit seiner Familie ankommt oder schon angekommen ist - in Deutschland - und dass sie von unserer Gastfreundschaft nicht enttäuscht sein werden ...

Hoffentlich setzt auch sein Wanderstaken viel Grün und viele Früchte an - recht bald - und er und seine Familie mögen hier Fuß fassen können - und Sicherheit und Geborgenheit erleben dürfen ... S!


Und deshalb hier die Legende um den Hl. Christophorus:




Christophorus
vor der Taufe: Probus, Reprobus | Märtyrer, Nothelfer
 

Konrad Witz: Christophorus, um 1435,
Kunstsammlung im Kunstmuseum in Basel
* in Kanaan oder in Lykien in der heutigen Türkei
† um 250 (?) in Lykien in der heutigen Türkei (?)

Dieser Probus bzw. Reprobus übernahm in einer der vielen Legenden über ihn die Aufgabe, Menschen auf dem Rücken über einen gefährlichen Fluss zu tragen, denn er war ja groß und stark. Statt eines Stabes nahm er eine große Stange und trug unermüdlich Menschen hinüber und herüber - eine Entlehnung aus der Legende des Julianus Hospitator, wo dieses Motiv mit Rechtsbräuchen aus dem Asylrecht in Verbindung stand.

Kurz & gut: Eines Nachts hörte Christophorus eine Kinderstimme rufen, konnte aber in der Dunkelheit nichts erblicken. Nach dem dritten Ruf nochmals hinausgehend sah er ein Kind, das hinübergetragen werden wollte. Als er aber mit diesem Kind auf der Schulter ins Wasser stieg, wurde die Last immer schwerer, das Wasser schwoll an, er fürchtete zu ertrinken und glaubte, die ganze Welt läge auf seinen Schultern.

"Mehr als die Welt hast du getragen", sagte das Kind zu ihm, "der Herr, der die Welt erschaffen hat, war deine Bürde". Das Kind drückte ihn rasch unter das Wasser und taufte ihn so. Am Ufer erkannte Christophorus Jesus als seinen Herrn, der ihm auftrug, ans andere Ufer zurückzukehren und seinen Stab in den Boden zu stecken: er werde als Bekräftigung seiner Taufe finden, dass der Stab grüne und blühe. Als Christophorus am Morgen erwachte, sah er, dass aus seinem Stab tatsächlich ein Palmbaum mit Früchten aufgewachsen war.

Diese im südlichen Alpengebiet entstandene Legende, mit der Christophorus Julianus' Funktion als Pilgerheiliger übernahm, hatte außergewöhnlichen Einfluss. Der Name wurde wegen der Schutzpatronfunktionen oft als Taufnahme begehrt. Das Motiv des Christusträgers wurde häufig in der Kunst behandelt. Vom 13. bis ins 16. Jahrhundert galt tagsüber vor unvorhergesehenem Tod geschützt, wer am Morgen Christophorus Bild betrachtet hatte; an vielen Kirchen ist außen ein großes Fresko von Christophorus mit dem Jesuskind angebracht. Er wurde auf Stadttürmen, Toren, Kirchen- und Hausmauern dargestellt. Im 16. Jahrhundert verbreitet sich die Verehrung auch in Amerika. Im Barock war Christophorus auf Pestsäulen gegenwärtig, Hospize, Pilgerhäuser, Bruderschaften und später Apotheken wurden nach ihm benannt. Auch zu Wohlstand sollte er verhelfen - der Ausdruck "christoffeln" meint die Beschwörung, mit der ein Schatz gefunden oder herbeigezaubert werden kann. Manche Volksbräuche und Vorstellungen haben sich bis ins 20. Jahrhundert erhalten, darunter der Aberglaube der Schatzgräber, die ihn als Schatzhüter schätzen. (aus dem Ökumenischen Heiligenlexikon)





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