Warum legen wir immer dann unsere schwarze Mäntel an - und falten die Hände oder legen sie aneinander, schützend in Kanzlerinnen-Rautenmanier, wie die Fußballabwehrmaurer beim Freistoß der gegnerischen Mannschaft - ja - warum schützen wir instinktiv überhaupt unser Geschlecht bei solchen Erinnerungskultur-Veranstaltungen im Deutschen ...
Wir schimpfen - ich auch - über die verkaterten Schüler auf Klassenfahrt in Berlin, die sich auf die Stelen des Holocaust-Erinnerungsfeldes legen zum Ausruhen - ..."keinen Anstand mehr, diese Jugend von heute" ... - ... Aber warum spielen wir immer die gleichen Lieder bei solchen Ereignissen, seit Jahrhunderten ... Da klettert der ortsansässige Solobläser hinter einen Friedhofsstein oder hinter einen Lebensbaumbusch - und spielt in herzrührender Schluchzigkeit "Ich hatt' einen Kameraden" ... oder bei Saalveranstaltungen wird "Spiegel im Spiegel" von Arvo Pärt immer wieder gern genommen - und da reicht ja schon die kleine 1-Person-Streicherbesetzung zum Klavier ... - und bei der raffinierten Eintönigkeit von dem Stück ist Nachdenklichkeit oder gekonntes Abschalten garantiert...
Apropos "Spiegel" - das bringt mich auf eine Erklärungsspur für diese heroische Erinnerungsdenke: Es sind die "Spiegelneuronen", die uns da ins Gehege kommen: Spiegelneuronen sind ein Resonanzsystem im Gehirn, das Gefühle und Stimmungen anderer Menschen beim Empfänger zum Erklingen bringt. Das Einmalige an den Nervenzellen ist, dass sie bereits Signale aussenden, wenn jemand eine Handlung auch nur beobachtet. Also wenn in einem Restaurant jemand herzhaft in sein Schnitzel beißt, läuft mir das Wasser im Mund zusammen, nur weil ich das sehe - und "mein Herz anfängt zu Bluten" ...
Also weil wir Mutter und Vater oder Oma und Opa bei Familien-Beerdigungen mit bangem Herzen genau beobachtet haben, programmierte unser Gehirn uns ein, was "trauriges Erinnern" - deutsche "Erinnerungs- und Gedenkkultur" ist ... Was dazugehört: die Bergmanns-Schalmeien-Kapelle etwa im Ruhrgebiet oder knallroten SPD- oder Linken-Stadtteilen ... Die Kränze mit Schleifen, deren Texte niemand je gelesen hat - und ich sowieso den Verdacht habe, als würden immer die gleichen unverwelkbaren Kränze bei jeder Zeremonie aufs Neue benutzt und drappiert - dieses seltsame Schleifenglattstreicheln und Anfassen und Geraderücken der für die Kranzniederlegung ausgesuchten Honorationen ... - die Reden - meist mit defektem Mikrofon und ungenauer Aussteuerung - natürlich im Stehen ohne Sitzgelegenheit: Opferbringen ist angesagt ... mit unzureichender Übertragungsqualität - quäkend und polternd - und das "High-Tec" lassen wir im Schrank, die "Handwerker" wollen ja auch mal "frei" haben am Sonntag - und der bereitschaftsdienst hat sich abgemeldet ... - und echt Geld darf das alles sowieso nicht kosten - da sei der "Dingens" vor... (... "wir sind hier ja nicht in der Disco "...) - und damit die Pflichtteilnehmer solcher Veranstaltungen diesen jeweiligen Sermon nicht auch noch tatsächlich in Stereo und HD hören und sehen müssen ...
Kalt muss es sein - bei jedem Wetter unter freien Himmel - im Rudel - nicht so wie Jesus vom Beten gemeint hat: im "Stillen Kämmerlein" ... - Und ohne jeden Schnickschnack - ohne PowerPoint, allerhöchstens ein Standfoto im Silberrahmen - oder das letzte gekritzelte Bild - oder der Abschiedsbrief ...
Und danach gibt man sich still die Hand und nickt wissend einander zu - gespielt, geübt vorm Spiegel, (Achtung: "Spiegelneuronen") - oft bewährt - immer erreicht ... Gedenk - Gedeck (vielleicht ein Kaffee hinterher ... - Alkis schütten sich da nen "Mariacron" rein - oder auch drei - bis vier ...) vielleicht noch ne kräftige Suppe ... "zur Stärkung" - und dann wird "zum gemütlichen Teil übergegangen" ...
Und gut dass wir wieder dabei waren und uns "so nett" erinnert haben - und gut dass wir mal drüber gesprochen haben - wie all die Jahre: In Treue und Verlässlichkeit (... "auf ihm [sic!] is immer Verlass - all die Jahre"...) - und das macht stolz - da kann man erhobenen Hauptes in den Spiegel schauen (Achtung - wegen der "Spiegelneuronen" ...) - und chuat choan - bis zum nächsten Jahr ...
Und jedes Jahr schwöre ich mir: "Das war das letzte Mal - das ich so etwas mitmache" ... Es muss doch auch andere Formen geben - zeitgemäßere, meinetwegen auch authentischere, mit Herzblut und Kür und ohne Pflicht ... - im Festsaal, mit Stehimbiss, mit Powerpoint - und der letzten Lieblingsmusik des "Angedachten" - oder wie sagt man da ... ??? - Und jeder trägt in einem Tischgespräch eine Erinnerung vor - munterer - Schlag auf Schlag - je nach Charakter ... - Aber vielleicht ist das nur meine Abwehrhaltung solchem Zinnober gegenüber - vielleicht muss ich im Alter wenigstens lernen, Opfer zu bringen ... Und drei tage danach hab ich immer nen Infekt - und jetzt tränen die Augen auch schon wieder - und hinten im Hals - beim Schlucken ...
Und in München wollen die immer noch keine "Stolpersteine" legen - nur weil die olle Knobloch mal gesagt hat, mit den "Stolpersteinen" würden die jüdischen Holocaust-Opfer erneut mit Füßen getreten ... - als wenn irgend ein jüdisches Opfer tatsächlich unter einem 10 x 10 cm Erinnerungs-"Stolperstein" beigesetzt wäre - dann schon lieber Arvo Pärt ... - wenn Sie verstehen, was ich meine ... S!
Wir schimpfen - ich auch - über die verkaterten Schüler auf Klassenfahrt in Berlin, die sich auf die Stelen des Holocaust-Erinnerungsfeldes legen zum Ausruhen - ..."keinen Anstand mehr, diese Jugend von heute" ... - ... Aber warum spielen wir immer die gleichen Lieder bei solchen Ereignissen, seit Jahrhunderten ... Da klettert der ortsansässige Solobläser hinter einen Friedhofsstein oder hinter einen Lebensbaumbusch - und spielt in herzrührender Schluchzigkeit "Ich hatt' einen Kameraden" ... oder bei Saalveranstaltungen wird "Spiegel im Spiegel" von Arvo Pärt immer wieder gern genommen - und da reicht ja schon die kleine 1-Person-Streicherbesetzung zum Klavier ... - und bei der raffinierten Eintönigkeit von dem Stück ist Nachdenklichkeit oder gekonntes Abschalten garantiert...
Stelenschlaf |
Apropos "Spiegel" - das bringt mich auf eine Erklärungsspur für diese heroische Erinnerungsdenke: Es sind die "Spiegelneuronen", die uns da ins Gehege kommen: Spiegelneuronen sind ein Resonanzsystem im Gehirn, das Gefühle und Stimmungen anderer Menschen beim Empfänger zum Erklingen bringt. Das Einmalige an den Nervenzellen ist, dass sie bereits Signale aussenden, wenn jemand eine Handlung auch nur beobachtet. Also wenn in einem Restaurant jemand herzhaft in sein Schnitzel beißt, läuft mir das Wasser im Mund zusammen, nur weil ich das sehe - und "mein Herz anfängt zu Bluten" ...
Also weil wir Mutter und Vater oder Oma und Opa bei Familien-Beerdigungen mit bangem Herzen genau beobachtet haben, programmierte unser Gehirn uns ein, was "trauriges Erinnern" - deutsche "Erinnerungs- und Gedenkkultur" ist ... Was dazugehört: die Bergmanns-Schalmeien-Kapelle etwa im Ruhrgebiet oder knallroten SPD- oder Linken-Stadtteilen ... Die Kränze mit Schleifen, deren Texte niemand je gelesen hat - und ich sowieso den Verdacht habe, als würden immer die gleichen unverwelkbaren Kränze bei jeder Zeremonie aufs Neue benutzt und drappiert - dieses seltsame Schleifenglattstreicheln und Anfassen und Geraderücken der für die Kranzniederlegung ausgesuchten Honorationen ... - die Reden - meist mit defektem Mikrofon und ungenauer Aussteuerung - natürlich im Stehen ohne Sitzgelegenheit: Opferbringen ist angesagt ... mit unzureichender Übertragungsqualität - quäkend und polternd - und das "High-Tec" lassen wir im Schrank, die "Handwerker" wollen ja auch mal "frei" haben am Sonntag - und der bereitschaftsdienst hat sich abgemeldet ... - und echt Geld darf das alles sowieso nicht kosten - da sei der "Dingens" vor... (... "wir sind hier ja nicht in der Disco "...) - und damit die Pflichtteilnehmer solcher Veranstaltungen diesen jeweiligen Sermon nicht auch noch tatsächlich in Stereo und HD hören und sehen müssen ...
Kalt muss es sein - bei jedem Wetter unter freien Himmel - im Rudel - nicht so wie Jesus vom Beten gemeint hat: im "Stillen Kämmerlein" ... - Und ohne jeden Schnickschnack - ohne PowerPoint, allerhöchstens ein Standfoto im Silberrahmen - oder das letzte gekritzelte Bild - oder der Abschiedsbrief ...
Und danach gibt man sich still die Hand und nickt wissend einander zu - gespielt, geübt vorm Spiegel, (Achtung: "Spiegelneuronen") - oft bewährt - immer erreicht ... Gedenk - Gedeck (vielleicht ein Kaffee hinterher ... - Alkis schütten sich da nen "Mariacron" rein - oder auch drei - bis vier ...) vielleicht noch ne kräftige Suppe ... "zur Stärkung" - und dann wird "zum gemütlichen Teil übergegangen" ...
S!|art: Spiegelung |
Und gut dass wir wieder dabei waren und uns "so nett" erinnert haben - und gut dass wir mal drüber gesprochen haben - wie all die Jahre: In Treue und Verlässlichkeit (... "auf ihm [sic!] is immer Verlass - all die Jahre"...) - und das macht stolz - da kann man erhobenen Hauptes in den Spiegel schauen (Achtung - wegen der "Spiegelneuronen" ...) - und chuat choan - bis zum nächsten Jahr ...
Und jedes Jahr schwöre ich mir: "Das war das letzte Mal - das ich so etwas mitmache" ... Es muss doch auch andere Formen geben - zeitgemäßere, meinetwegen auch authentischere, mit Herzblut und Kür und ohne Pflicht ... - im Festsaal, mit Stehimbiss, mit Powerpoint - und der letzten Lieblingsmusik des "Angedachten" - oder wie sagt man da ... ??? - Und jeder trägt in einem Tischgespräch eine Erinnerung vor - munterer - Schlag auf Schlag - je nach Charakter ... - Aber vielleicht ist das nur meine Abwehrhaltung solchem Zinnober gegenüber - vielleicht muss ich im Alter wenigstens lernen, Opfer zu bringen ... Und drei tage danach hab ich immer nen Infekt - und jetzt tränen die Augen auch schon wieder - und hinten im Hals - beim Schlucken ...
Und in München wollen die immer noch keine "Stolpersteine" legen - nur weil die olle Knobloch mal gesagt hat, mit den "Stolpersteinen" würden die jüdischen Holocaust-Opfer erneut mit Füßen getreten ... - als wenn irgend ein jüdisches Opfer tatsächlich unter einem 10 x 10 cm Erinnerungs-"Stolperstein" beigesetzt wäre - dann schon lieber Arvo Pärt ... - wenn Sie verstehen, was ich meine ... S!