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Frühling im Gebirge / Kinderreigen

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Seit 1954 gehörte Hans Thomas "Frühling im Gebirge/Kinderreigen" zur Sammlung Oetker. Es wurde jetzt als Raubkunst indentifiziert - und wird deshalb zurückgeggeben. Foto: Oetker KG/dpa/WB


Oetker gibt Bild an Erben zurück

Thomas »Frühling im Gebirge/Kinderreigen« als Raubkunst identifiziert

Bielefeld (WB). Die Familie Oetker durchforstet derzeit mit wissenschaftlichem Beistand die Kunstsammlung Rudolf-August Oetker nach Raubkunst (wir berichteten). Jetzt kann ein Gemälde restituiert werden: Hans Thoma »Frühling im Gebirge / Kinderreigen« (undatiert) geht an die Erbengemeinschaft des jüdischen Frankfurter Ehepaars Albert und Hedwig Ullmann.

Ende des 19. Jahrhunderts erwarb das Ehepaar die Villa Gerlach in Frankfurt. Vier Wandgemälde von Hans Thoma zu den vier Jahreszeiten schmückten die Wände des Hauses. Hedwig Ullmann, deren Mann bereits 1912 gestorben war, floh 1938 aus Deutschland, wurde aber gezwungen, zuvor ihren Kunstbesitz zu verkaufen, zu dem auch die vier Bilder von Thoma gehörten.

Rudolf-August Oetker ersteigerte den »Kinderreigen« 1954 für seine Sammlung – bis jetzt die von der Bielefelder Industriellenfamilie zur Prüfung der Sammlungsbestände eingesetzte Provenienzforscherin, eine Kunsthistorikerin, das Werk als Raubkunst identifizierte.

»Das Kuratorium der Kunstsammlung begrüßt den Umstand, dass die Ullmann-Familie und das Gemälde nun wieder zusammengeführt werden können«, heißt es aus dem Hause Oetker. Die dankbaren Ullmann-Erben, die nicht wussten, wohin das Bild gekommen war, loben Oetkers Vorgehen als vorbildlich. Das Bild werde von den derzeitigen Besitzern in »verantwortungsvoller Art und Weise« zurückgegeben. »Dies ist ein her­ausragendes Beispiel einer Privatsammlung, die im Hinblick auf Nazi-Raubkunst das ›Richtige‹ tun will und damit Best-Practice-Maßstäbe setzt.« (Quelle: WESTFALEN-BLATT | Nr.9, 11.01.2017)


naja - über geschmack lässt sich bekanntlich streiten:

hans thoma (1839-1924) wurde seinerzeit schon in meyers großem konversationlexikon von 1909 als "lieblingsmaler des deutschen volkes" bezeichnet. er musste seine restfamilie nach dem tod des vaters als "wandschmuckmaler" unter "agrarischen verhältnissen" durchbringen und erlangte den zweifelhaften ruf eines "bauernmalers". 

weil er seine bildideen ausschließlich aus der heimatlichen lebenswelt des schwarzwalddorfes bernau bezog, verspottete man ihn nach einem stipendium zur kunstakademie karlsruhe dort als "hühnermaler". aber er kam auch bis nach paris und dort zum realismus-maler courbet. später musste es bei seiner grundsätzlich durchgehaltenen romantisch triefenden bilderwelt nun so kommen, dass die nationalsozialisten ihn zum prototypen des "urdeutschen" malers erklärten - aber dagegen konnte er sich ja auch nicht mehr wehren - er starb ja 1924. 

die ländliche idylle, die thomas suchender blick einfing, hatte allerdings die industrialisierung der städte im rücken: idylle statt "lumpenproletariat" war seine implizite devise. 

es werde licht, 1884
"die Masse an mythologischem stoff, den er produziert hat: all die einsamen ritter, auf vögeln reitenden putti, seine wagner-kulissen und was es an „fantasy“ von ihm sonst noch gibt, kann man glatt vergessen - das konnte böcklin besser", schreibt "die welt" 2013 anlässlich einer städel-ausstellung in frankfurt. 

aber thoma zeigte auch ab und an anflüge einer "modernen" formensprache - z.b. in seiner lithographie "es werde licht" von 1884 ...

aber just so einen typischen alten romantik-schinken aus einer jüdischen villa abgepresst hängte sich oetker irgendwohin in seinen depots oder räumlichkeiten - als wandschmuck oder spekulationsopbjekt, das sei jetzt mal dahingestellt - oetker und sein halbbruder richard kaselowsky waren damals dem ns-regime ja nicht gerade in herzlicher abneigung verbunden, und so wollte man nun nach dem krieg mit einer idylle vom "urdeutschesten maler" auch die eigene biedere weltsicht - "nach wie vor" untermauern ...

also - ich hätte diesen schinken jetzt auch mit viel presse und pr-tschingderassabums den rechtmäßigen erben dieses "werkes" zurückgegeben: der ideelle gewinn ist weitaus größer als der materielle bzw. "künstlerische" verlust - das werden die chefkalkulatoren im hause oetker auch so berechnet haben ... S!

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