Plenarsaal des Deutschen Bundestages bei der Gedenkveranstaltung für die Opfer des Nationalsozialismus 2016 Foto: © imago |
27. JANUAR
Bundestag erinnert an »Euthanasie«-Opfer
Sigrid Falkenstein und Hartmut Traub gedenken in ihren Reden der Schicksale behinderter Menschen während der NS-Zeit
Aktualisiert am 18.01.2017, 14:12 – von Philipp Peyman Engel | Jüdische Allgemeine
Zwei Nachfahren von Opfern der NS-»Euthanasie« werden am 27. Januar im Deutschen Bundestag die Hauptrede zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus halten. Das gab der Bundestag am Mittwoch in Berlin auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen bekannt.
Mit dem Schwerpunkt der Gedenkrede wolle man an die Tausenden behinderter und psychisch kranker Menschen erinnern, die von den Nationalsozialisten systematisch ermordet wurden.
TÖTUNGSANSTALT
Hartmut Traub |
In seinem Buch Ein Stolperstein für Benjamin: Den namenlosen Opfern der NS-Euthanasie (2013) rekonstruiert Hartmut Traub das Schicksal seines Onkels – und den Umstand, dass dieser Lebens- und Leidensweg in seiner Familie lange verschwiegen wurde. Nach Ansicht von Traub steht die Aufarbeitung der NS-»Euthanasie« in den betroffenen Familien sowie auch gesellschaftlich und politisch erst am Anfang.
Sigrid Falkenstein |
SCHWEIGEN
Nach dem Ende des Krieges löschte Anna Lehnkerings Familie die Erinnerung an sie aus – bis ihre Nichte Sigrid Falkenstein nachforschte. In ihrem Buch Annas Spuren: Ein Opfer der NS-»Euthanasie« (2012) zeichnet die Autorin gemeinsam mit dem Psychiater Frank Schneider den Lebensweg ihrer Tante nach.
Neben diesen beiden Reden wird der Schauspieler Sebastian Urbanski aus einem Buch zur »Euthanasie« lesen. Der 1978 in Berlin geborene Urbanski hat das Down-Syndrom. Der Hornist Felix Klieser wird während der Gedenkstunde einen musikalischen Beitrag leisten. Klieser kam ohne Arme zur Welt und spielt sein Instrument mit den Füßen.
Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus wird in der Bundesrepublik seit 1996 begangen. Im vergangenen Jahr hatte die Schriftstellerin und Schoa-Überlebende Ruth Klüger die Hauptrede gehalten. In den Jahren zuvor sprachen unter anderem die Zeitzeugen Inge Deutschkron, Marcel Reich-Ranicki und Schimon Peres über die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 durch die Rote Armee.
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siehe dazu auch: Edward Wieand ERNA's NS-"EUTHANASIE"-MARTYRIUM - IN BILDERN, DOKUMENTEN, FAKTEN - 3. Update - 01|2017, 88-seitiges Online-Magazin, Yumpu 2015 ff.