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Willy Fleckhaus. Design - Revolte -Regenbogen

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Willy Fleckhaus und die legendären regenbogen-rücken von suhrkamp | bild: ndr = CLICK HERE
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Konsequent modern

Das absolute Auge: Willy Fleckhaus, dem legendären Gestalter von Buchcovern, Zeitschriften-Layouts, Plakaten und vielen anderen Drucksachen, ist in Hamburg eine umfangreiche Ausstellung gewidmet

Von Nicole Büsing und Heiko Klaas


Hamburg. Willy Fleckhaus war ein Autodidakt. Doch bei wem hätte einer wie er schon in die Lehre gehen sollen? Das, was der 1925 in Velbert geborene Gestalter seit Ende der 1940er Jahre in Deutschland etabliert hat, nämlich eine konsequent moderne Gestaltung von Zeitschriften-Layouts und Buchcovern, Plakaten, Kunstkatalogen und Firmenbroschüren, gab es zuvor in Deutschland nicht. Die richtungweisenden Ideen des Bauhauses waren von den Nationalsozialisten geächtet worden, und in den ersten Jahren der Nachkriegszeit brach sich eher eine gewisse Biederkeit Bahn als ein gestalterischer Aufbruch.

Willy Fleckhaus suchte sich seine Vorbilder und Inspirationsquellen daher in Amerika und der Schweiz, den Eldorados der progressiven Typografie. Dem langjährigen Gestalter der legendären Jugendzeitschrift twen, des Frankfurter Allgemeine Magazins und genialen Erfinder der Regenbogen-Buchrücken, die die schmalen Bände der "edition suhrkamp" bis heute zum Hingucker in jedem anspruchsvollen Bücherregal machen, widmet das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe (MKG) jetzt unter dem Titel "Willy Fleckhaus. Design - Revolte - Regenbogen" eine sehenswerte Ausstellung. Zusammengestellt hat die chronologisch aufgebaute Schau der Münchner Publizist, Fotografie-Experte und Sammler Hans-Michael Koetzle. "Neben Otl Aicher war Willy Fleckhaus der wichtigste deutsche Grafikdesigner. Er hat dem Lebensgefühl im Nachkriegsdeutschland eine Form gegeben", so Koetzle.

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Die Schau versammelt rund 350 Exponate, darunter natürlich ein ganzes Regenbogen-Spektrum an Suhrkamp-Bänden, etliche groß aufgezogene Cover und Bildstrecken aus der freizügigen, viele Tabus der Adenauer-Zeit brechenden twen und rund 50 exemplarische Ausgaben des 1980 gegründeten und 1999 eingestellten Frankfurter Allgemeine Magazins. Was aber den besonderen Reiz der Schau ausmacht, das sind die vielen von Fleckhaus für twen verwendeten Originalfotografien so berühmter Fotografen wie Will McBride, Richard Avedon oder Ulrich Mack. Ob anonyme Studenten und Kommunarden oder bekannte Gesichter wie Uschi Obermaier, Juliette Gréco, Hildegard Knef, Françoise Hardy oder Jean-Paul Belmondo. Das Nebeneinander von Fotovorlage und Magazinstrecke macht erst deutlich, wie stark Fleckhaus mit dem "Rohmaterial" gearbeitet hat. Erst durch das Bestimmen des Bildauschnitts, die Erhöhung der Körnigkeit, das kühne Freistellen von Motiven oder das seitenverkehrte Spiegeln der Vorlage entstand so etwas wie eine unverwechselbare gestalterische Handschrift. "Er hatte das absolute Auge", beschreibt Hans-Michael Koetzle Fleckhaus? geniale Gabe, aus einem guten Foto, einer Handvoll Schriften und kleinen, dezent verspielten Details Magazinseiten zu gestalten, die bis heute Kult- und Vorbildcharakter haben.

Auch wenn man ihn "Deutschlands teuersten Bleistift" genannt hat, weil er seine Fotografen schon einmal wochenlang um die halbe Welt schickte, damit sie nur die allerbesten Bilder mit nach Hause brachten, als Star der Branche hat sich Fleckhaus nie geriert. Er hat weder Vorträge gehalten, noch seine Werke signiert. Mitten im Zenit seiner Karriere ist Willy Fleckhaus im Herbst 1983 mit nur 58 Jahren in der Toskana an Herzversagen gestorben. Der Paradigmenwechsel aber, den er im deutschen Buch- und Zeitschriftenbetrieb eingeleitet hat, hält bis heute an. Das Berufsbild des kreativ denkenden Artdirectors hat er in Deutschland etabliert. Willy Fleckhaus? Entwürfe - allen voran das 1963 konzipierte minimalistische Design der Edition Suhrkamp, welches erst 2004 vom Verlag leicht modifiziert wurde - sind ebenso radikal wie zeitlos elegant. Das New Yorker Museum of Modern Art präsentiert eine kleine Auswahl davon in seiner Designabteilung. Den ganzen Willy Fleckhaus aber kann man in Hamburg noch bis Anfang Mai entdecken.


  • "Willy Fleckhaus. Design - Revolte -Regenbogen", Museum für Kunst und Gewerbe (MKG) Hamburg, bis 7. Mai 2017. Di.-So. 10-18 Uhr. Do. 10-21 Uhr. Ein Katalog ist in Vorbereitung.
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© 2017 Neue Westfälische
03 - Bielefeld Süd, Donnerstag 26. Januar 2017

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jo - von 62 bis 65 - vor gefühlten 120 jahren - habe ich in einem zeitungsverlag noch den beruf des schriftsetzers erlernt - so richtig mit bleilettern und regletten und gevierten und cicero und nonpareille ... es war ja von anfang an ein aussterbender beruf - und warum man uns den überhaupt noch beibrachte und dazu strenge auslese betrieb - war sicherlich seinem legendären ruf geschuldet: der schriftsetzer galt nämlich als die "krone des proletariats": auf den schriftsetzer war ein agitator angewiesen, wenn er seine flugblätter drucken ließ ...obwohl die schwarze kunst die braune soße auch nicht zu verhindern wusste ...  - ein beruf - dem man heute noch in irgendwelchen show-veranstaltungen im museum beiwohnen kann ...

auf alle fälle sparte ich von meinem lehrlingsgehalt (ich war damals noch "lehrling" - kein "azubi") immer das geld zusammen, um am kiosk die neueste "twen" zu kaufen: einmal wegen dem lebensgefühl, das dort verströmt wurde - und zum zweiten waren das die gestaltungen und designs von willy fleckhaus - seine moderne typographie - sie stachelte uns an zu unseren handwerklichen berufsschul-entwurfsskizzen als "typograph" - als schriftsetzer ...
hier arbeite ich schon ganz "modern" am
leuchhtisch für offset-druckvorlagen 
(ca. 1968)

mein lehrmeister schüttelte dazu oft den kopf - und verstand die welt nicht mehr: eine breite weiße 16:9-fläche mit hinten links oben einer grauen großen zahl oder buchstaben-kombination: "was soll das", stöhnte er dann ... - aber das war eben willy fleckhaus, der uns kleinen lehrlingen der 'schwarzen kunst' die flötentöne beibrachte - denn wir hatten als "vorbilder" eigentlich immer nur schweizerische typographie-lehrbücher, die von der "teutschen" druckpropaganda und ihren simplen gestaltungsfähigkeiten verschont geblieben waren - aber nun auch schon allmählich in die jahre kamen ...

"twen" - das war das druck-ästhetische maß aller dinge damals - und erst 20 jahre später kam mit "tempo" ein vielleicht eben solches zeitgeist-magazin auf den markt - das aber typographisch nicht an "twen" heranreichte ... - und heute haben wir uns durch pinterest und "diversity"-flickenteppiche all die hehren gestaltungsprinzipien in den klump gehauen - und die einfachen blog-baukasten-gestaltungsmöglichkeiten im internet lassen das layoutmäßig auch gar nicht mehr zu ...: aber jeder so - wie er es verdient hat ... S!


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