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Atwood erhält Friedenspreis
Börsenverein des deutschen Buchhandels ehrt kanadische Autorin
Frankfurt/Main (dpa). Margaret Atwood (77) erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Die kanadische Schriftstellerin gehöre zu den bedeutendsten Erzählerinnen unserer Zeit und beweise in ihrem Werk »immer wieder ihr politisches Gespür und ihre Hellhörigkeit für gefährliche unterschwellige Entwicklungen und Strömungen«, begründete der Börsenverein des Buchhandels gestern die renommierte Auszeichnung.
Der mit 25 000 Euro dotierte Friedenspreis geht an Persönlichkeiten, »die in hervorragendem Maße vornehmlich durch ihre Tätigkeit auf den Gebieten der Literatur, Wissenschaft und Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen« haben. Die Auszeichnung wird zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse am 15. Oktober in der Paulskirche überreicht.
»Humanität, Gerechtigkeitsstreben und Toleranz prägen die Haltung Margaret Atwoods, die mit wachem Bewusstsein und tiefer Menschenkenntnis auf die Welt blickt und ihre Analysen und Sorgen so sprachgewaltig wie literarisch eindringlich formuliert«, würdigte der Börsenverein die Autorin weiter. »Indem sie menschliche Widersprüchlichkeiten genau beobachtet, zeigt sie, wie leicht vermeintliche Normalität ins Unmenschliche kippen kann.«
Margaret Atwood, deren Bücher in mehr als 30 Sprachen erschienen sind, ist Kanadas erfolgreichste Autorin. Sie hat Romane, Kurzgeschichten, Essays, Theaterstücke, Drehbücher und Kinderbücher geschrieben, in denen sich die auch als Umweltaktivistin bekannte Schriftstellerin intensiv mit gesellschaftspolitischen Fragen auseinander setzt.
Margaret Atwood wurde der großen Öffentlichkeit 1985 mit ihrem utopischen Roman »Der Report der Magd« bekannt. Darin beschreibt sie in der Tradition George Orwells eine totalitäre Gesellschaft, in der Frauen als Gebärmaschinen benutzt und unterdrückt werden. Volker Schlöndorff verfilmte den Roman 1990 wenig erfolgreich, 2016 wagte sich der Streamingdienst Hulu in der Serie »The Handmaid’s Tale« an das Werk. In ihrer Endzeittrilogie »Oryx und Crake« (2003), »Das Jahr der Flut« (2009) und »Die Geschichte von Zeb« (2013) entwirft Margaret Atwood angesichts der ökologischen Probleme der Moderne eine postapokalyptische Welt. Mit der weltweiten Finanzkrise hat sie sich in ihrem Essay »Payback. Schulden und die Schattenseiten des Wohlstands« (2008) beschäftigt. Auf Deutsch erschienen in diesem Jahr ihre Romane »Hexensaat« und »Das Herz kommt zuletzt«.
Gemeinsam mit Salman Rushdie führt Margaret Atwood seit Mai eine Kampagne des Schriftstellerverbands PEN International an. Sie will verfolgten und von Zensur bedrohten Autoren größere Aufmerksamkeit geben.
WESTFALEN-BLATT, 14.06.2017