hamburg - berlin
der zug hielt mitten auf der strecke. draußen hörte
man auf an der kurbel zu drehen: das land lag still
wie ein bild vorm dritten schlag des auktionators.
ein dorf mit dem rücken zum tag. in gruppen die bäume
mit dunklen kapuzen. rechteckige felder,
die karten eines riesigen solitairespiels.
in der ferne nahmen zwei windräder
eine probebohrung im himmel vor:
gott hielt den atem an.
jan wagner
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Jan Wagner erhält den Büchner-Preis
Ehrung: Der Lyriker gilt als neugieriger und sensibler Erkunder des Kleinen
Für seine "poetische Sprachkunst" wird der Lyriker Jan Wagner in diesem Jahr mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis gilt als wichtigste literarische Auszeichnung in Deutschland.
Die Gedichte des in Hamburg geborenen 45-Jährigen "verbinden spielerische Sprachfreude und meisterhafte Formbeherrschung, musikalische Sinnlichkeit und intellektuelle Prägnanz", begründete die Akademie ihre Entscheidung. Die Verleihung des Preises ist am 28. Oktober 2017 in Darmstadt vorgesehen. Letzter Preisträger mit Schwerpunkt Lyrik war 2014 Jürgen Becker.
Das Werk Wagners, der in Berlin lebt, umfasse Gedichtbände, Essays und Kritiken, Anthologien und Übersetzungen zeitgenössischer englischsprachiger Lyrik. Seine Gedichte seien in rund 30 Sprachen übersetzt worden. "Sie erschließen eine Wirklichkeit, zu der Naturphänomene ebenso gehören wie Kunstwerke, Sujets der Lebens- wie der Weltgeschichte, erste Fragen und letzte Dinge", teilte die Akademie weiter mit. Wagner besitze eine "poetische Sprachkunst, die unsere Wahrnehmung ebenso schärft wie unser Denken".
Begleitend zu seinem lyrischen Werk sei ein vielseitiges essayistisches Werk entstanden. Im Frühjahr 2017 erschien die Prosasammlung "Der verschlossene Raum".
In Bielefeld leitete Wagner im vergangenen Jahr einen Lyrikworkshop der Literarischen Gesellschaft und vor zehn Jahren auf Einladung von Professor Wolfgang Braungart die Schreibwerkstatt für Studenten an der Uni Bielefeld.