wer kennt das noch? als man in der volksfürsorge seine versicherungen und die bausparkasse einzahlte, im konsum einkaufte, in der partei(spd im pütt - oder im osten sed) und in der gewerkschaft war - sonntags, im westen nach der kirche, immer den gleichen fußballverein besuchte: das war ein wohlfühl-paket, das mit ausdrücklicher "politik" fast gar nicht so viel zu tun hatte - das war eher "nachbarschaft" - "gemeinschaft": da kam der jeweilige "kassierer" vorbei für ein pläuschchen bei ner tasse kaffee oder nem schnäpsken - da wurde getratscht - da wurde zum 50. eingeladen im dorfkrug "auf'm" saal - und zum 75. - und dann zum "fell versaufen" nach der beerdigung von der oma nebenan... - und die in bonn oder berlin, die machen das schon - was juckt uns die politik ...
das machte dann nachbarschaft aus - zusammenhalt - solidarität: da wurde um lehrstellen gekungelt für "die große" oder für "den jungen" ("er kann schon gut mit anpacken" ...)... ja das war auch "heimat": ein bisschen so, wie es franz-josef degenhardt in seinem song: "sonntags in der kleinen stadt" erzählt.
als alter 68-er habe ich darüber natürlich die nase gerümpft: unter den talaren, der muff von tausend jahren ...
aber damit wurde allmählich auch dieses anheimelnde ausgeblendet, weil wir es als "scheißkonservativ" abtaten - es verschwand allmählich auch aus dem eigenen dasein und dem alltag - auch durch die medien und dem auto und dem urlaub mit dem flieger - und wurde erfolgreich verdrängt und ausgeblendet ...
in der ddr blieb das alles erhalten bis zur wende - wenigstens äußerlich und parteiverordnet - aber eben ohne die medien-auswahl des westens, eben zumeist ohne auto und ohne urlaub mit dem flieger - - hier in westdeutschland ging dieses heimelnde allmählich aber dann rigoros in den 70-ern unter ...
aber das sind immer noch von vielen die sehnsüchte, die fehlende nestwärme - der fehlende stallgeruch - und solches suchen dann 6 millionen menschen jetzt bei der afd oder bei pegida - als letzten strohhalm für diese alte unglobalisierte überschaubare kleinwelt, an dem man sich verzweifelt festzuklammern sucht: das wird man ja wohl noch sagen dürfen im zeitalter der "political correctness" - und weil man die zeitgemäßen diskurse in den medien gar nicht versteht und übersetzen kann - brüllt man eben vor verzweiflung: "lügenpresse": was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß ... -
kohl und die treuhandstelle mit rohwedder und breuel hatten ja die für die ddr-bürger identitätsstiftende industrie in der damaligen ddr direkt mit der wende "erfolgreich" und quasi spurlos "abgewickelt" ... - und aus diesen beschäftigungspolitischen gründen vor allen dingen hat man "drüben" ja immer noch nicht die knete für das auto und für den flieger - und fühlt sich vom "westen"über den tisch gezogen...
und die junge generation versucht nun dieses identitätsstiftende heimat-gefühl in ihren smartphones oder in den twitters und facebooks zu finden und zu erhalten: auch wieder alles aus einer hand: nur volksfürsorge und konsum und partei tragen längst andere namen ...
aber dieses gefühlspaket ist zu einer elektronisch-globalen wohlfühl-massenware verkommen, zu einem "posten", der ge- und er-kauft werden muss ... - und der vielleicht irgendwie auch steuerlich "absetzbar" ist ...
und - unsere postdemokratische, neoliberal-individualistische Wirtschaftsideologie hat sich nun dieses untergegangenen heimatgefühls wieder bemächtigt - und liefert das entsprechende partei-know-how in form der afd nun gleich mit.
die afd ist von ökonomen und wirtschaftsprofessoren auf dem reißbrett "erdacht" worden - eben um dieses beschriebene sehnsuchts-paket als "marke" zur bedienung der wertkonservativen und marktliberalen identitätssehnsüchte auf den politischen "markt" zu puschen - vordergründig als partei der €uro-skeptiker, da eben mit einführung einer einheitlichen €uro-währung für ganz €uropa ein ganz gehöriges identifikations- - und für die ddr-bürger - ein jahrzehntaltes sehnsuchts-merkmal wie die d-mark klammheimlich verloren ging: der mitbegründer und erste parteivorsitzende bernd lucke war ja ein deutscher ökonom und politiker und beurlaubter professor für makroökonomie an der universität hamburg. -
nach luckes abwahl kam es dann zu einer austrittswelle aus der afd - nämlich dieses sogenannten "wirtschaftsliberalen" flügels der ersten stunde: und bis zum 10. juli 2015 traten über 2.000 mitglieder aus der afd aus, darunter auch das ehemalige bundesvorstandsmitglied hans-olaf henkel, u.a. manager bei ibm, präsident des bundesverbandes der deutschen industrie (bdi).
der derzeitige parteisprecher und spitzenkandidat alexander gauland war während seiner cdu-zugehörigkeit beispielsweise vordenker des "berliner kreises", einem hochkarätigen erzkonservativen "think-tank", dem auch der andauernd präsente wolfgang bosbach und die später aus der cdu ausgetretene erika steinbach angehörten - in dem auspalovert wird, wie eben diese "wertkonservativen und marktliberalen wurzeln" als merkmal im politischen alltag erkennbar bleiben können und in konkrete politik marktkonform umgesetzt werden ... - sie sind eigentlich ein direkter gegenpart zu angela merkel und volker kauder, aber durch hans-peter uhl auch gut vernetzt mit der csu.
fast wäre die afd dann nach der austrittswelle der wirtschafts-liberalen wieder in die versenkung verschwunden - doch der flüchtlingsstrom 2015 machte sie rasch zum sammelbecken aller ultra-konservativen heimat- und deutschtümeleien, weit über den ökonomischen aspekt hinaus - und zu einer protestpartei gegen den "zeitgeist" und gegen die "überfremdung" ...
und dieses fluidum "heimat", "identität", "nachbarschaft", "wertkonservativität" wurde dieser partei geschickt eingeimpft - und somit bietet sie allen von der globalen entwicklung überrannten menschen unterschlupf für ihre überzeugungen und nischendenke: und 6 millionen menschen lassen sich auf diesen alten muff scheinbar gerne ein - bzw. benutzen das label "afd", um ihrer gefühlten unzufriedenheit ausdruck zu verleihen - oder auch nach hooligan-art einfach mal rumzustänkern ...
es ist also weniger das ökonomische abgehängtsein, wo man ja den typischen afd-wähler mehrheitlich einordnet - als meines erachtens ein "kulturelles" abgehängtsein - eben der verlust des "heimat"-gefühls im weitesten sinne - aber auch ein wenig das nicht-erwachsen-werden-wollen - diese geborgene "hotel-mami"-mentalität, wo man immer noch wie gehabt die beine unter den tisch stellen kann und die die wäsche wäscht ...
es ist also weniger das ökonomische abgehängtsein, wo man ja den typischen afd-wähler mehrheitlich einordnet - als meines erachtens ein "kulturelles" abgehängtsein - eben der verlust des "heimat"-gefühls im weitesten sinne - aber auch ein wenig das nicht-erwachsen-werden-wollen - diese geborgene "hotel-mami"-mentalität, wo man immer noch wie gehabt die beine unter den tisch stellen kann und die die wäsche wäscht ...
die aufgabe der rot-roten-oppositionskräfte im neuen deutschen bundestag wird es nun sein - sich genau mit dieser "allgemeinen versorgungssehnsucht" im menschen auseinanderzusetzen und entsprechende unkonventionelle und "geborgenheit" ausstrahlende nichtkommerzielle maßgaben zu entwickeln ... - die grünen haben ja ihre umweltpolitik nun auch mit vermarktet oder marginalisiert und gut lagerbar abstrahiert ...