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PAPST-KRITIK
Wird das Vaterunser nun geändert?
Papst Franziskus hat die deutsche Übersetzung des Vaterunser kritisiert. Er stört sich am Vers „Und führe uns nicht in Versuchung“. Nun droht die Änderung. Dabei ist der griechische Text eindeutig.
Von Lucas Wiegelmann | welt.de
Wenn die Deutschen jetzt an Weihnachten mal wieder in die Kirche gehen, sollten sie das gemeinsame Vaterunser noch einmal genießen. Es kann nämlich gut sein, dass es nicht mehr lange in der Textgestalt gebetet wird, die ihnen seit Generationen vertraut ist. Seit einigen Wochen läuft eine Debatte in der katholischen Kirche, ob das Gebet, immerhin einer der bekanntesten Texte aller Zeiten, nicht langsam mal geändert werden müsste, um modernen Empfindlichkeiten besser zu entsprechen.
In dieser Woche nun hat die Diskussion den möglicherweise entscheidenden Impuls bekommen, indem sich die zugleich unwahrscheinlichste und wichtigste Stimme, die man sich in der Angelegenheit denken kann, dazu geäußert hat – und zwar gegen den bisherigen Wortlaut des Gebets: der Papst. Zu dessen Hauptaufgaben gehört es ja sonst eigentlich nicht, über Jahrhunderte bewährte liturgische Texte infrage zu stellen.
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Falsches Gottesbild?
Der Streit entzündet sich an der Bitte „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen“. Kritiker finden, in der Formulierung werde ein falsches Gottesbild vermittelt. Es werde impliziert, dass Gott auch ganz anders könnte. Dass er die Menschen auch aktiv in Versuchung führen würde, wenn ihm danach wäre. Warum aber sollte er, der das Gute schlechthin ist, so etwas tun?
„Und führe uns nicht in Versuchung“, wie es etwa in der deutschen und auch in der italienischen Version des Vaterunser heißt, sei „keine gute Übersetzung“, sagte der Papst in einem Interview mit dem italienischen Sender TV2000. „Lass mich nicht in Versuchung geraten“ wäre besser, so Franziskus. „Ich bin es, der fällt, aber es ist nicht er, der mich in Versuchung geraten lässt.“ Ein Vater mache so etwas nicht. „Ein Vater hilft, sofort wieder aufzustehen. Wer dich in Versuchung führt, ist Satan.“
„Gott führt niemanden in Versuchung“
Damit folgt der Papst den Bischöfen in Frankreich, die erst vor Kurzem die französische Übersetzung genau in diesem Sinne überarbeitet haben. Dort heißt es jetzt: „Et ne nous laisse pas entrer en tentation“ (früher: „Ne nous soumets pas à la tentation“). Solche Änderungen bedürfen natürlich der Genehmigung des Vatikan. Insofern konnte man schon ahnen, dass auch Papst Franziskus persönlich die Änderung billigt. Dass er die Debatte nun aber auch selbst vorantreibt, ist dennoch eine Überraschung.
An der Sache mit der Versuchung hat es in der Vergangenheit immer wieder Unbehagen gegeben. So sehr, dass sich sogar der Katechismus, das verbindliche Glaubenslehrbuch für Katholiken weltweit, Anfang der 1990er-Jahre vorsichtig davon distanziert hat. Unter Nummer 2846 heißt es im Katechismus:
- „Wir bitten unseren Vater, uns nicht in Versuchung zu ,führen‘. Es ist nicht einfach, den griechischen Ausdruck, der so viel bedeutet wie ,lass uns nicht in Versuchung geraten‘ oder ,lass uns ihr nicht erliegen‘, in einem Wort wiederzugeben. ,Denn Gott kann nicht in die Versuchung kommen, Böses zu tun, und er führt auch selbst niemanden in Versuchung‘ (Jak 1,13); er will uns vielmehr davon befreien.“
„Hineintragen“ als entscheidendes Verb
Das Problem ist: Der griechische Urtext ist möglicherweise gar nicht so schwer zu übersetzen, wie es der Katechismus andeutet. Das Vaterunser hat für Christen deshalb so eine überragende Bedeutung, weil es das Gebet ist, das Jesus selbst seine Jünger gelehrt hat. Es wird vom Matthäus- und, etwas kürzer, vom Lukasevangelium bezeugt (Mt 6,9-13; Lk 11,1-4). Thomas Söding, Professor für Neues Testament an der Ruhr-Universität Bochum, hat gerade noch einmal in der Zeitschrift „Christ in der Gegenwart“ ausgeführt, dass das entscheidende Verb auf Deutsch eindeutig „hineintragen, hineinbringen“ heiße.
Das Subjekt, Gott, trägt die Menschen in etwas hinein, und zwar – eingeleitet durch die griechische Präposition „eis“(zu, hin) – in die Versuchung. „Versuchung steht im Akkusativ, ist also auch grammatikalisch als Ziel dieser Bewegung, dieses Hineintragens gekennzeichnet. „Bei Matthäus und bei Lukas steht exakt dieselbe Wendung; sie geht auf die Logienquelle zurück, die älteste Sammlung von Jesusworten“, so Söding. Der Sinn sei „unzweideutig“.
Die Bibelrevisoren ließen alles beim Alten
Eine Änderung der Übersetzung im Deutschen hätte also eher theologische Gründe, keine sprachlichen. Mit der Approbation der neuen französischen Fassung und dem Interview des Papstes hat der Vatikan diesen theologischen Gründen nun aber ein besonderes Gewicht verliehen. Muss jetzt auch die deutsche Fassung geändert werden, oder ist es denkbar, dass die Christen dauerhaft in verschiedenen Ländern unterschiedliche Vaterunsers beten? Und: Was wäre schlimmer?
Spricht man mit Wissenschaftlern, die an der erst im vergangenen Jahr erschienenen Revision der katholischen Einheitsübersetzung mitgearbeitet haben, ist zu hören, dass eine mögliche Überarbeitung des Vaterunser jedenfalls nie diskutiert wurde. So wie übrigens auch die ebenfalls 2016 erschienene neue Lutherbibel beim gewohnten Wortlaut blieb. Auch dort heißt es bisher: „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.“
Die deutsche Bischofskonferenz, die eine Reform gegebenenfalls organisieren und mittragen müsste, ist bei dem ganzen Thema im Moment noch überfragt: Man habe „noch keine Sprachregelung“ zum Vaterunser, ließ sie am Freitag mitteilen. Bis Klarheit über ihr wichtigstes Gebet herrscht, werden sich die Christen also erst noch einmal in der Gelassenheit üben müssen, die schon das Vaterunser empfiehlt: „Dein Wille geschehe“.
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tja - wie ein wirbelwind ... vom ersten tag seines pontifikats an "tobt" papst franziskus durch die verkrustete und unzeitgemäße glaubenswelt von katholiken, protestanten und orthodoxen christen und schneidet alte zöpfe ab.
was würde es mich freuen, wenn er mit seinem klaren gottesverständnis auch endlich all diese unsäglichen dogmen angeht, die behaupten, jesus sei "zur vergebung unserer sünden" am kreuz gestorben - und sein blut deshalb vergossen worden ... - denn wenn gott ein "guter vater" nach überzeugung des papstes ist, der "uns nicht in versuchung" führt - dann ist gott folglich auch ein vater, der seinen sohn nicht planvoll in einen sogar epochal scheinbar begründeten und "notwendigen""sühnetod" schickt ...
gott hat keine mittäterschaft am kreuzestod seines sohnes - und hat auch keinen auftragsmord auf golgatha angezettelt, sondern ein ganz weltliches konglomerat aus jüdischer tempelpriesterschaft, römischer besatzungsmacht und aufgehetztem publikum nagelten jesus an das kreuz und ließen ihn dort elend verrecken.
dass dieser schmachvolle tod noch irgendeinen "grund" hatte, hat paulus später da hineingeheimnist, damit die "schuld" der zur tatzeit geflohenen allernächsten jüngerschaft und die der johlenden aufgehetzten "volkesstimme" nicht zu groß wurde ... - ein theologischer kniff, um ohne schuld mit beruhigtem gewissen wieder schlafen zu können ... denn den eigenen geliebten gefährten zu verraten und abschlachten zu lassen, bereitet eben bauchschmerzen ...
das "deutsche volk" hat ja nach dem krieg auch für sein individuelles versagen gegenüber dem nationalsozialismus und seiner manchmal aktiven mittäterschaft bei den massenhaften juden- und krankenmorden - mit viel fantasie und vertuschen - "gründe" gesucht oder diese sich selbst "vorgemacht" und eingeredet oder das geschehen auch einfach verdrängt: man musste sich ja auf dauer weiter im spiegel anschauen können ...
und selbst heutzutage - 80 jahre danach - haben ca. 15 - 20 % der gesamtbevölkerung - inzwischen also sogar der nachkommen - diese nationalistisch-faschistischen abschottungs-verirrungen nicht überwinden können und hängen im internet und in der alltäglichen politik und "kultur" diesem gefährlichen aber immer stärker wieder in den fokus rückenden unsinn wieder an (stichwort: nsu, npd, pegida, afd usw.) ...
und selbst heutzutage - 80 jahre danach - haben ca. 15 - 20 % der gesamtbevölkerung - inzwischen also sogar der nachkommen - diese nationalistisch-faschistischen abschottungs-verirrungen nicht überwinden können und hängen im internet und in der alltäglichen politik und "kultur" diesem gefährlichen aber immer stärker wieder in den fokus rückenden unsinn wieder an (stichwort: nsu, npd, pegida, afd usw.) ...
diese damalige paulinische saubermann-theologie aber durchzieht ja alle evangelien, die erst dann aufgeschrieben wurden, als eben dieser paulus von tarsus und seine fan-gemeinde sich zu den "leadern" der ersten ur-glaubenskongregationen aufgespielt hatten und die schreiber der evangelien entsprechend beeinflusst waren - zum teil gegen die den lebenden jesus am allernächsten stehenden jünger oder brüder und verwandten, die den kern der jerusalemer "ur-gemeinde" bildeten - und die paulus zunächst als unerbittlichen verfolger und nach seiner "bekehrung" im "damaskus-erlebnis" dann als penetranten outsider, eindringling und besserwisser wahrnahmen ...
und alle konzilien in den jahrhunderten danach verstärkten diesen eigentlich hanebüchenen passus eines von gott gewollten "sühnetods" mittels theologischer dogmenverkündigung und entsprechend formulierten glaubenskatechismen ...
wenn die theologin dorothee sölle 1965 auf dem kirchentag formuliert hat, gott sei tot, so meinte sie damit gewiss auch die einfache tatsache, dass die menge auf golgatha jesus und damit gleichzeitig gott selbst in und mit ihm (!) am kreuz getötet hat und sich abgewendet hatte ...
wenn man in das inzwischen ziemlich säkularisierte ehemals "christliche abendland" schaut, kann man etwas von der unabdingbarkeit dieses mordes an gott-&-sohn am kreuz spüren und erleben.
wenn man in das inzwischen ziemlich säkularisierte ehemals "christliche abendland" schaut, kann man etwas von der unabdingbarkeit dieses mordes an gott-&-sohn am kreuz spüren und erleben.
und durch die umdeutung in ein von gott von langer hand geplantes sühneopfer wurde eben zur erleichterung aller die verantwortung und damit die "schuld" für diesen mord einfach an gott selbst zurückgegeben - abgegeben zu einem immerwährenden "händewaschen in unschuld": - nach dem motto: "ich doch nicht !!! ..." ...
doch heute wissen wir mit dem papst: gott ist nicht tot zu kriegen - er ist ein guter gott ... -S!