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Prism & Tempora: Was weiß der BND ??? - Und wie schützt uns unsere Regierung ???

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"Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich tue und sage, aufgezeichnet wird."




Dieser Satz stammt von Edward Snowden, jenem US-Bürger auf der Flucht, der als ehemaliger Mitarbeiter des US-Sicherheitsdienstes die Welt aufgeklärt hat über die inzwischen üblichen Praktiken des Abgreifens von schützenswerten Kommunikationsinhalten mittels der PC-Programme Prism und Tempora durch amerikanische und britische Geheimdienste.

Dieser Satz gilt sicherlich für alle Bürger der freien Welt - und es ist eine Schande, dass die Urdemokratien wie USA und Großbritannien die normalsten und schützenswertesten kommunikativen Grundrechte ignorieren, um ihrem Allmachts-Anspruch einer "Information Superiority", also der Vorherrschaft über alle Informationen in der Welt gerecht zu werden. Dem Rechtsstaat aber muss es jetzt um "Information Sovereignty" gehen, der Wiedererlangung seiner Souveränität und des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. 

Hans-Peter Friedrich hat als Innenminister in erster Linie die Grundrechte der Bundesbürger zu schützen. Dafür sind ihm Geheimdienste wie der Verfassungsschutz und der Bundesnachrichtendienst zugeordnet, deren oberster Chef er ist. Man hat aber in diesen Tagen vom Verfassungsschutzminister nicht viel gehört zu der Affäre um die allumfassenden Spionagebestrebungen der amerikanischen National Security Agency (NSA) und des britischen Government Communications Headquarters (GCHQ), die die Welt seit kurzem beunruhigen. Dabei bedrohen sie längst die Verfassung. Mir ist nur der eine einzige Satz zu der Affäre im Gedächtnis geblieben: Öffentlich geführte Diskussionsbeiträge zu der Abhöraffäre seien seiner Meinung nach gemischt mit "Naivität und Antiamerikanismus" - und gingen ihm "gewaltig auf den Senkel" ...

Man hat auch von unserer Noch-Kanzlerin Angela Merkel nicht viel dazu gehört, nicht an diesem Wochenende, an dem der SPIEGEL öffentlichgemacht hat, dass die NSA jeden Monat rund eine halbe Milliarde Verbindungsdaten in Deutschland speichert und auswertet. Und als der amerikanische Präsident Barack Obama vor kurzem in Berlin war, hat die Kanzlerin ein paar höfliche Fragen gestellt, aber die Sache mehr oder weniger fast wie eine bedauerliche "Panne" abgehandelt, eben weil das Internet noch für alle zuviel "Neuland" sei ... - Das war's.

Merkel, Friedrich und der Rest der Bundesregierung sind nicht dafür gewählt worden, dass sie verschämt schweigen, wenn es um Kritik an Amerika geht. Sie haben das politische Mandat, das Schutzbedürfnis der Bevölkerung und die Souveränität dieses Landes zu wahren. Wenn sie bei dieser Aufgabe versagen, haben sie im September ihre Abwahl verdient - und hier und da wäre sicherlich vorher noch ein Rücktritt zu bewerkstelligen.

Es hat lange gedauert, bis die Dimension dessen, was der Whistleblower Edward Snowden enthüllt hat, in der deutschen Politik angekommen ist. Dabei hat Snowden selbst den entscheidenden Satz schon vor drei Wochen gesagt: Jeder Analyst der NSA könne "jeden als Ziel ins Visier nehmen, jederzeit", sogar einen amerikanischen Bundesrichter oder den US-Präsidenten. Er brauche nur dessen E-Mail-Adresse. Dank Snowden weiß die Republik, dass dies millionenfach passiert, auch in Deutschland.


Aber: Was weiß und wusste der BND?

Womöglich liegt dem Schweigen der Bundesregierung also etwas anderes zugrunde. Womöglich wissen die deutschen Behörden mehr, als ihnen und uns allen nun lieb sein kann. Kaum vorstellbar, dass NSA und GCHQ ohne Einbindung des deutschen Bundesnachrichtendienstes gehandelt haben; hartnäckig halten sich Gerüchte, dass die Amerikaner und die Briten zumindest einen Teil ihrer Überwachungsprogramme auf deutschem Boden präzise abgesprochen haben - und dass der BND schon lange davon partizipiert, zumindest seit das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklärt hat. Dann versucht man eben über Umwege - über das Ausland - an sensible Daten heranzukommen... Eine solche Kooperation würde zumindest erklären, wie rund eine halbe Milliarde Kommunikationsverbindungsdaten aus Deutschland in das NSA-interne System "Boundless Informant" einfließen können. Bislang hat zwar der Bundesnachrichtendienst auf SPIEGEL-Anfragen vehement dementiert, solche "Rohdaten" zu liefern - aber sind ihm diese Datenergebnisse durch "Rückfluss" und "Abgleich" nicht längst bekannt ???.


Es ist an der Zeit, die Aufklärung in unabhängige Hände zu legen: 
  • Auf europäischer Ebene wäre dies ein internationaler Untersuchungsausschuss, der europaweit aufzuklären hätte, was NSA und GCHQ auf dem Territorium der EU und gegen die EU selbst unternommen haben; unter Einbindung der Frage, in welchem Ausmaß die jeweiligen nationalen Geheimdienste kollaborieren. Es wäre zugleich ein Prüfstein, wo dieses Europa in seiner Innen- und Rechtspolitik wirklich steht; wie selten ein Fall zuvor ist dieser Skandal ein transnationaler, bei dem nationale Grenzen und Gesetze nur sehr eingeschränkt tauglich sind.
  • In Deutschland ist dies die Justiz in Karlsruhe. Das Bundesverfassungsgericht hat schon einmal, eben als es das deutsche Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklärte, bewiesen, dass es ein feines Gespür für die Balance aus Sicherheit und Freiheit besitzt.
Um genau diese Daten, für deren Speicherung in Deutschland seit der Entscheidung der Karlsruher Richter im März 2010 keine Rechtsgrundlage mehr vorliegt, geht es den beiden ausländischen Diensten NSA und GCHQ nun. Sollte der BND die Wahrheit sagen und die Spionageaktivitäten der USA und Großbritanniens nicht abgestimmt gewesen sein - wäre die Bundesanwaltschaft wie für alle nicht genehmigten Aktivitäten eines fremden Geheimdienstes zuständig.
Aber wenn der BND von den Erkenntnissen der Amerikaner und der Briten partizipiert hat, wäre das ja ein arglistiges Hintergehen der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Ausführungsbestimmungen des Lauschangriffs und der Vorratsdatenspeicherung.

Die Bundesregierung versagt gerade dabei, die Deutschen vor dem Spähangriff aus Amerika und Großbritannien zu schützen. Das dürfen die Bürger nicht hinnehmen. Deshalb ist es Zeit für eine unabhängige Aufklärung - durch die deutsche Justiz und einen europäischen Untersuchungsausschuss.

Man stelle sich einen Augenblick vor, der russische oder chinesische Nachrichtendienst würde jeden Monat Millionen an Daten in Deutschland absaugen. Ganze Hundertschaften an Ermittlern würden die Spione jagen, es wäre, zu Recht, ein Skandal erster Güte...

...meintsinedi

(- unter Verwendung von Materialien eines Kommentars von Laura Poitras, Marcel Rosenbach und Holger Stark: NSA-Überwachungsaffäre | Ein Fall für zwei | SPIEGEL-ONLINE)



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