aufgeschnappt - aufgelesen - aufgepeppt - aufgeregt ...
Tote Kinder gehören nicht auf den Titel
Zwei Drittel der Deutschen lehnen einen internationalen Militärschlag gegen Syrien ab. Das berichtete die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag. Die meisten von diesen 69 Prozent haben wohl keinen Blick in die aktuelle Ausgabe des Magazins Spiegel geworfen.
Ein Kommentar von Anna Lutz | pro|medienmagazin
In der Spiegel-Titelgeschichte schildern die Reporter, wie grausam der Machthaber mithilfe von Giftgas gegen die eigene Bevölkerung vorgehe. „Hat sich der Westen an die tägliche Gewalt so gewöhnt, dass Assad nun darauf bauen kann, dass westliche Politiker auch dann wegschauen, wenn sich kleine Kinder unter Muskelkrämpfen zu Tode zittern, ihnen die Tränen aus den Augen schießen und Schaum aus dem Mund?” An diesem Punkt hat der Leser schon verstanden: Krieg ist grausam, Kinder leiden, Zeit, dass was passiert in Syrien. Doch der Spiegel geht noch weiter. Insgesamt vier Großaufnahmen toter Kinder begleiten den Artikel. Aus nächster Nähe sieht der Leser, wie einem Mädchen Schaum aus der Nase läuft, er sieht in die Gesichter, offene Münder und geschlossene Augen, als würden die Kleinen nur schlafen. Sogar die Titelseite zeigt ein zwar verfremdetes aber immer noch deutlich erkennbares verstorbenes Mädchen.
Nun lebt der Journalismus vom Konflikt und auch von der Emotion. Auf Bilder toter Kinder sollte er dennoch verzichten. Warum, zeigt der Blick in eine andere Branche, die ebenfalls vom Leid lebt: die humanitäre Hilfe. „Wenn du kein verhungerndes Baby vorzeigen kannst, kriegst du kein Geld”, fasste die Journalistin Linda Polmann die dort inoffiziell oft geltende Regel in ihrem 2010 erschienenen Buch „Die Mitleidsindustrie” zusammen. So seien es oft die humanitären Organisationen selbst, die aus dem Leid der Ärmsten Gewinn zu schlagen versuchten. Polman beschreibt eine Situation in einem Flüchtlingslager in Sierra Leone, das von Rebellen verstümmelte Zivilisten beherbergte. Wann und wie sie wollten, hätten einige Hilfsorganisationen Journalistengruppen durch das Lager geschleust: „Das Glanzstück aller Führungen zwischen den Hütten war unweigerlich ein kleines Mädchen, das erst drei Monate alt war, als Rebellen ihr Ärmchen abhackten. Für jeden ausländischen Besucher rollte die Mutter den Ärmel ihrer Tochter hoch. Wie ein professioneller Kinderstar posierte die Kleine dann, den nackten kleinen Stumpf vorgestreckt, das Mündchen schmerzlich verzogen.“
Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), das unter anderem das bekannte DZI-Spendensiegel vergibt, rät davon ab, Organisationen Geld zu geben, die offensiv mit dem Leid anderer werben. Dieser Gedanke lässt sich auf den Journalismus übertragen. Denn genau wie die schwarzen Schafe unter den Hilfsorganisationen missachten sie in einem solchen Fall die Rechte der Gezeigten. Sie instrumentalisieren jene, die keine Stimme mehr haben. Keines der toten Kinder hat sich bereit erklärt, in einem Magazin mit millionenfacher Leserzahl gezeigt zu werden. Ein solches Vorgehen verstößt zutiefst gegen die Menschenwürde. Der Anblick des kleinen durch Giftgas getöteten Mädchens sei so herzzerreißend gewesen, dass man es habe auf dem Titel zeigen müssen, rechtfertigt sich der Spiegel für die Herangehensweise. Doch von Müssen kann keine Rede sein. Informationen und Mehrwerte liefern ist die Aufgabe nachrichtlicher Medien. Alles andere dient vielleicht der Auflagensteigerung – nicht aber der Aufklärung, dem eigentlichen Steckenpferd der Branche. (pro) | VON: al | 30.08.2013
.................
Ein sterbend röchelnder Jesus gehört nicht ans Kreuz ... - oder ... ???
Nun - ich kann die Argumentation von Frau Lutz in Ihrem Kommentar für das recht(s)gläubige christliche "pro|medienmagazin" durchaus nachvollziehen - wenigstens so im ersten Moment... Und dann blättere ich im papiernen Original-SPIEGEL-Heft - und schau mir dort das Bild an, was dann auf der Titelseite mit "Unschärfe" verfremdet wurde ... Und komme ins Nachdenken: Muss man furchtbarste Kriegsbilder schönen - muss man in dieser Welt, die ja nun einmal unmenschliche und mörderische Seiten hat, solche Kriegsbilder mit Kinderopfern verhindern ...???
Schauen wir nicht mit solchen Plädoyers für Nichtveröffentlichungen einfach weg - und sitzt denn unsere Spenden-Geldbörse nur dann lockerer, wenn wir nur noch süß lächelnde Afrika-Babys abgelichtet bekommen, die das schon fast reflexartig richtig professionell in den spendeneinsammelnden Waisenhäusern dort gelernt haben, um mit den weißen satten US-Neugier-Touri-Muttis so zu flirten, dass dann gleich ein 50-$-Schein in den Sammelkorb flattert ... ??? - eben so wie es oben Frau Lutz ja vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) uns im Vergleich nahe bringen will - nämlich: wie wir auch den Organisationen kein Geld geben sollen, die offensiv mit dem Leid anderer werben ... - sollen wir - gemessen daran - auch keine Druckerzeugnisse mehr kaufen, die tatsächliches Leid abbilden - weil sie in "einem solchen Fall die Rechte der Gezeigten missachten". Weil sie jene "instrumentalisieren, die keine Stimme mehr haben." Und weiter: "Keines der toten Kinder hat sich bereit erklärt, in einem Magazin mit millionenfacher Leserzahl gezeigt zu werden. Ein solches Vorgehen verstößt zutiefst gegen die Menschenwürde"...
Ja - liebe Frau Lutz - glauben Sie denn im Ernst, die lächelnden und blinzelnd-flirtenden Kinderchen, mit deren Fotos also "zu Recht" Knete gemacht werden darf, hätten dazu ihre Einwilligung gegeben - und wären dazu nicht "instrumentalisiert" ... ???
Ich behaupte mal: Jedes nichtgezeigte Bild löst bei einer entsprechenden Berichterstattung eine Vielzahl von Phantasien aus, die die Tatsächlichkeit, das Szenenabbild, gerade auch bei und in Kindern, unangemessen übersteigern können: Da wird dann oft ein Popanz aufgebaut - eine Schimäre festgesetzt - die oftmals erst Jahre später zum Psychiater führt, als ein tatsächliches Foto ... Als ich 7 Jahre alt war, ist meine Oma gestorben: Ich habe nicht eher Ruhe gegeben, bis ich vor ihre Leiche treten konnte und sie betrachten und berühren durfte ... Ich habe dann aus meinem kleinen "Garten" in der Nähe die letzten fast verblühten Rosen abgeschnitten - um sie ihr als "letzten Gruß" unter die kalten gefalteten Hände zu schieben ...
Das ist jetzt 60 Jahre her - ich kann mich noch bildhaft erinnern - aber ich habe keine Albträume davongetragen oder sonstige Schädigungen ...:
Denn: Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte ....
Und da man für das Spendeneintreiben werben muss, bleiben eben nur noch diese kleinen schwarzen Lächel-Püppchen, obwohl sie ja mit dem Lächeln eigentlich offensichtlich zeigen, wie zufrieden sie sind - und eben keinen Hunger haben, genug zum Anziehen - und für ein Schulgeld reicht es hoffentlich auch noch ... Und da raunt man sich dann unter vorgehaltener Hand zu, dass "die Mutter der Kleinen an Aids verstorben ist" (obwohl in Afrika, bei den von der westlichen Pharma-Industrie überteuerten Anti-Aids-Medikamenten und den verbotenen Kondomen durch die römisch-katholische Kirche letztlich der Ausdruck "verreckt ist" sicherlich angebrachter wäre...) - und der "Vater ist als Boat-People vor Lampedusa ertrunken" ... - wie schrecklich - und welche Bilder sehen wir dann bei diesen durchaus realistischen Geschichten vor unserem geistigen Auge hochkommen ...
Es geht bei den Syrien-Kinderbildern gar nicht um Täter, Schuld, Spenden, Instrumentalisierungen für oder gegen irgend etwas: es geht schlicht um die Abbildung menschlichen fast unvorstellbaren Leids - wie wir es zumindest jeden Sonntag an den Kruzifixen in Allerwelts "Gotteshäusern" millionenfach zu sehen bekommen: mit dem sterbenden röchelnden Jesus am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ (Mk 15,34 Mt 27,46)... Und damit haben die Kirchen doch durchaus ein erkleckliches Sümmchen zusammengetragen - und kein Mensch hat Jesus gefragt, um die Rechte, dieses Leid zu vermarkten - oder ob man ihn in all diesen Jahren so rigoros und umfassend "instrumentalisieren" dürfe ... - Und damit es nicht alles so schrecklich aussieht, hat man dann rasch das hölzerne Barock-Kruzifix im Laufe der Kunstgeschichte entwickelt, wo Jesus dann "aalglatt", fast lächeln und siegend am Stamm hängt - und wo man unwillkürlich denkt: "Gegrüßet seist du ..." ... - quasi ein "Soft-Kreuz" mit fast Freud statt Leid ...
In der Gruenwald-Kreuzigung aus dem 16. Jhdt. sieht das noch anders aus: "Gottverlassener" geht kaum noch ...:
Und da wehrt man sich in kirchlichen Kreisen, wenn die Mehrzahl der beurkundeten Noch-Christen nur noch einen geschönten "Wellness-Glauben" akzeptieren will, der einen drohenden Richter-Gott und die "Sünden" in dieser Welt ausblendet - und mit dem man nur noch "soft"-gläubig ist - und die Kruzifixe ("... wegen der abgebildeten Grausamkeit...") abhängen möchte ...:
Nee - das Kirchenjahr besteht nicht nur aus Weihnachten und Ostern und Pfingsten - bzw. Weihnachtsmarkt, Osterhase und Pfingstbier: Dazwischen liegt auch ein Karfreitag - und davor die 7-wöchige Passion - ... Nee - wir dürfen diese "Kehrseiten" allen Glauben-Vergnügens nicht gänzlich ausblenden - wir dürfen sie aber auch nicht drohend, strafend und disziplinierend oder als "Sühneopfer" an die Wand malen und mit Dogmen unterfüttern, um die Menschheit einzuschüchtern - bzw. Gott eine Mitschuld an alle Opfer dieser Welt zu übertragen: Der Mensch muss lernen - auch gegenüber dem Glauben und den Kirchen - und all der Freud und all dem Leid in der Welt sich "inklusiv" in Vielfalt endlich zu emanzipieren - Gott/Jesus aus dem Gefängnis im Himmel befreien - und mit ihm/ihnen gemeinsam die Wunden lecken - und verbinden - und die Toten beweinen - und schrecklichste Bilder zur Kenntnis nehmen - um des lieben Friedens willen: Um "umzukehren" ... ...
Oder sehe ich da etwas falsch ... ???
............................
OHNE WEITEREN KOMMENTAR:
FETTES BROT - An Tagen wie diesen
Songtext
Moin moin - was geht?
Alles klar bei dir? Wie spät?
Gleich neun - okay.
Will mal eben los, Frühstück holen gehn
Schalt den Walkman an, zieh die Haustür ran
Lauf die Straße entlang bis zum Kaufmannsladen
Denn da gibt's die allerbesten Brötchen weit und breit
Kann am Tresen kurz mal lesen was die Zeitung schreibt
Irgendwas von 'nem Großangriff
Unzählige Bomben auf kleine Stadt
Viele Menschen ums Leben gekommen
Und dem Erdboden gleich gemacht in nur einer Nacht
Ich zahle und verlasse den Bäcker
Hör noch den Nachrichtensprecher
„Lage wieder mal dramatisch verschlechtert, heute fantastisches Wetter“
Plötzlich gibt's 'n Knall, tausend Scherben überall
Die Nachbarskatze hat's erwischt bei 'nem Verkehrsunfall
Der Anblick kann einem echt die Laune verderben
Was fällt diesem Mistvieh ein hier genau vor meinen Augen zu sterben?
Absolute Wahnsinnsshow
Im Fernsehn und im Radio
Die Sonne lacht so schadenfroh
An Tagen wie diesen
Niemand der mir sagt, wieso
Beim Frühstück oder Abendbrot
Die Fragen bohrn so gnadenlos
An Tagen wie diesen
Eine Million bedroht vom Hungertod nach Schätzungen der UNICEF
Während ich grad gesundes Obst zerhäcksel in der Moulinex
Seh ein Kind in dessen traurigen Augen ne Fliege sitzt
Weiß dass das echt grausam ist doch scheiße Mann ich fühle nix
Was ist denn bloß los mit mir, verdammt wie ist das möglich?
Vielleicht hab ich's schon zu oft gesehen man sieht's ja beinah täglich
Doch warum kann mich mittlerweile nicht mal das mehr erschrecken
Wenn irgendwo Menschen an dreckigem Wasser verrecken?
Dieses dumpfe Gefühl, diese Leere im Kopf
Sowas kann uns nie passieren und was wäre wenn doch?
Und mich zerreißen die Fragen, ich kann den Scheiß nicht ertragen
Die haben da nix mehr zu fressen und ich hab Steine im Magen!
Absolute Wahnsinnsshow
Im Fernsehn und im Radio
Die Sonne lacht so schadenfroh
An Tagen wie diesen
Niemand der mir sagt, wieso
Beim Frühstück oder Abendbrot
Die Fragen bohrn so gnadenlos
An Tagen wie diesen
Was hat er gerade gesagt an so nem normalen Samstag
Passiert auf bestialische Art ein ganz brutaler Anschlag
Bei dem sechs Leute starben, die Verletzten schreien Namen
Diese entsetzlichen Taten lassen mich jetzt nicht mehr schlafen
Und ich seh's noch genau das Bild im TV
Ein junger Mann steht dort im Staub, fleht um Kind und Frau
Jetzt frag ich mich wie ist es wohl wenn man sein Kind verliert
Noch bevor es seinen ersten Geburtstag hat
Doch das übersteigt meine Vorstellungskraft
Vielleicht waren die Attentäter voller Hass für den Gegner
Vielleicht gab es Liebe für Familie und sie waren sogar selber Väter.
Manchmal wenn ich Nachrichten seh passiert mit mir etwas Seltsames
Denn auch wir sind Eltern jetzt, haben ein Kind in diese Welt gesetzt
Dann kommt es vor dass ich Angst davor krieg, dass uns etwas geschieht,
Dass man den verliert, den man liebt, dass es das wirklich gibt
Mitten in der Nacht werd ich wach und bin schweißgebadet,
Schleich ans Bett meiner Tochter und hör wie sie ganz leise atmet
Absolute Wahnsinnsshow
Im Fernsehn und im Radio
Die Sonne lacht so schadenfroh
An Tagen wie diesen
Niemand der mir sagt, wieso
Beim Frühstück oder Abendbrot
Die Fragen bohrn so gnadenlos
An Tagen wie diesen
Was für ne Wahnsinnsshow
Im Fernsehn und im Radio
Die Sonne lacht dabei so schadenfroh
Ich werd die Bilder nicht mehr los
Beim Frühstück und beim Abendbrot
Niemand der mir sagen kann, wieso.
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Tote Kinder gehören nicht auf den Titel
Zwei Drittel der Deutschen lehnen einen internationalen Militärschlag gegen Syrien ab. Das berichtete die Deutsche Presse-Agentur am Dienstag. Die meisten von diesen 69 Prozent haben wohl keinen Blick in die aktuelle Ausgabe des Magazins Spiegel geworfen.
Ein Kommentar von Anna Lutz | pro|medienmagazin
In der Spiegel-Titelgeschichte schildern die Reporter, wie grausam der Machthaber mithilfe von Giftgas gegen die eigene Bevölkerung vorgehe. „Hat sich der Westen an die tägliche Gewalt so gewöhnt, dass Assad nun darauf bauen kann, dass westliche Politiker auch dann wegschauen, wenn sich kleine Kinder unter Muskelkrämpfen zu Tode zittern, ihnen die Tränen aus den Augen schießen und Schaum aus dem Mund?” An diesem Punkt hat der Leser schon verstanden: Krieg ist grausam, Kinder leiden, Zeit, dass was passiert in Syrien. Doch der Spiegel geht noch weiter. Insgesamt vier Großaufnahmen toter Kinder begleiten den Artikel. Aus nächster Nähe sieht der Leser, wie einem Mädchen Schaum aus der Nase läuft, er sieht in die Gesichter, offene Münder und geschlossene Augen, als würden die Kleinen nur schlafen. Sogar die Titelseite zeigt ein zwar verfremdetes aber immer noch deutlich erkennbares verstorbenes Mädchen.
Nun lebt der Journalismus vom Konflikt und auch von der Emotion. Auf Bilder toter Kinder sollte er dennoch verzichten. Warum, zeigt der Blick in eine andere Branche, die ebenfalls vom Leid lebt: die humanitäre Hilfe. „Wenn du kein verhungerndes Baby vorzeigen kannst, kriegst du kein Geld”, fasste die Journalistin Linda Polmann die dort inoffiziell oft geltende Regel in ihrem 2010 erschienenen Buch „Die Mitleidsindustrie” zusammen. So seien es oft die humanitären Organisationen selbst, die aus dem Leid der Ärmsten Gewinn zu schlagen versuchten. Polman beschreibt eine Situation in einem Flüchtlingslager in Sierra Leone, das von Rebellen verstümmelte Zivilisten beherbergte. Wann und wie sie wollten, hätten einige Hilfsorganisationen Journalistengruppen durch das Lager geschleust: „Das Glanzstück aller Führungen zwischen den Hütten war unweigerlich ein kleines Mädchen, das erst drei Monate alt war, als Rebellen ihr Ärmchen abhackten. Für jeden ausländischen Besucher rollte die Mutter den Ärmel ihrer Tochter hoch. Wie ein professioneller Kinderstar posierte die Kleine dann, den nackten kleinen Stumpf vorgestreckt, das Mündchen schmerzlich verzogen.“
Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), das unter anderem das bekannte DZI-Spendensiegel vergibt, rät davon ab, Organisationen Geld zu geben, die offensiv mit dem Leid anderer werben. Dieser Gedanke lässt sich auf den Journalismus übertragen. Denn genau wie die schwarzen Schafe unter den Hilfsorganisationen missachten sie in einem solchen Fall die Rechte der Gezeigten. Sie instrumentalisieren jene, die keine Stimme mehr haben. Keines der toten Kinder hat sich bereit erklärt, in einem Magazin mit millionenfacher Leserzahl gezeigt zu werden. Ein solches Vorgehen verstößt zutiefst gegen die Menschenwürde. Der Anblick des kleinen durch Giftgas getöteten Mädchens sei so herzzerreißend gewesen, dass man es habe auf dem Titel zeigen müssen, rechtfertigt sich der Spiegel für die Herangehensweise. Doch von Müssen kann keine Rede sein. Informationen und Mehrwerte liefern ist die Aufgabe nachrichtlicher Medien. Alles andere dient vielleicht der Auflagensteigerung – nicht aber der Aufklärung, dem eigentlichen Steckenpferd der Branche. (pro) | VON: al | 30.08.2013
.................
Ein sterbend röchelnder Jesus gehört nicht ans Kreuz ... - oder ... ???
Nun - ich kann die Argumentation von Frau Lutz in Ihrem Kommentar für das recht(s)gläubige christliche "pro|medienmagazin" durchaus nachvollziehen - wenigstens so im ersten Moment... Und dann blättere ich im papiernen Original-SPIEGEL-Heft - und schau mir dort das Bild an, was dann auf der Titelseite mit "Unschärfe" verfremdet wurde ... Und komme ins Nachdenken: Muss man furchtbarste Kriegsbilder schönen - muss man in dieser Welt, die ja nun einmal unmenschliche und mörderische Seiten hat, solche Kriegsbilder mit Kinderopfern verhindern ...???
Schauen wir nicht mit solchen Plädoyers für Nichtveröffentlichungen einfach weg - und sitzt denn unsere Spenden-Geldbörse nur dann lockerer, wenn wir nur noch süß lächelnde Afrika-Babys abgelichtet bekommen, die das schon fast reflexartig richtig professionell in den spendeneinsammelnden Waisenhäusern dort gelernt haben, um mit den weißen satten US-Neugier-Touri-Muttis so zu flirten, dass dann gleich ein 50-$-Schein in den Sammelkorb flattert ... ??? - eben so wie es oben Frau Lutz ja vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) uns im Vergleich nahe bringen will - nämlich: wie wir auch den Organisationen kein Geld geben sollen, die offensiv mit dem Leid anderer werben ... - sollen wir - gemessen daran - auch keine Druckerzeugnisse mehr kaufen, die tatsächliches Leid abbilden - weil sie in "einem solchen Fall die Rechte der Gezeigten missachten". Weil sie jene "instrumentalisieren, die keine Stimme mehr haben." Und weiter: "Keines der toten Kinder hat sich bereit erklärt, in einem Magazin mit millionenfacher Leserzahl gezeigt zu werden. Ein solches Vorgehen verstößt zutiefst gegen die Menschenwürde"...
Ja - liebe Frau Lutz - glauben Sie denn im Ernst, die lächelnden und blinzelnd-flirtenden Kinderchen, mit deren Fotos also "zu Recht" Knete gemacht werden darf, hätten dazu ihre Einwilligung gegeben - und wären dazu nicht "instrumentalisiert" ... ???
Ich behaupte mal: Jedes nichtgezeigte Bild löst bei einer entsprechenden Berichterstattung eine Vielzahl von Phantasien aus, die die Tatsächlichkeit, das Szenenabbild, gerade auch bei und in Kindern, unangemessen übersteigern können: Da wird dann oft ein Popanz aufgebaut - eine Schimäre festgesetzt - die oftmals erst Jahre später zum Psychiater führt, als ein tatsächliches Foto ... Als ich 7 Jahre alt war, ist meine Oma gestorben: Ich habe nicht eher Ruhe gegeben, bis ich vor ihre Leiche treten konnte und sie betrachten und berühren durfte ... Ich habe dann aus meinem kleinen "Garten" in der Nähe die letzten fast verblühten Rosen abgeschnitten - um sie ihr als "letzten Gruß" unter die kalten gefalteten Hände zu schieben ...
Das ist jetzt 60 Jahre her - ich kann mich noch bildhaft erinnern - aber ich habe keine Albträume davongetragen oder sonstige Schädigungen ...:
Denn: Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte ....
Und da man für das Spendeneintreiben werben muss, bleiben eben nur noch diese kleinen schwarzen Lächel-Püppchen, obwohl sie ja mit dem Lächeln eigentlich offensichtlich zeigen, wie zufrieden sie sind - und eben keinen Hunger haben, genug zum Anziehen - und für ein Schulgeld reicht es hoffentlich auch noch ... Und da raunt man sich dann unter vorgehaltener Hand zu, dass "die Mutter der Kleinen an Aids verstorben ist" (obwohl in Afrika, bei den von der westlichen Pharma-Industrie überteuerten Anti-Aids-Medikamenten und den verbotenen Kondomen durch die römisch-katholische Kirche letztlich der Ausdruck "verreckt ist" sicherlich angebrachter wäre...) - und der "Vater ist als Boat-People vor Lampedusa ertrunken" ... - wie schrecklich - und welche Bilder sehen wir dann bei diesen durchaus realistischen Geschichten vor unserem geistigen Auge hochkommen ...
Das nicht unscharfe SPIEGEL-Foto (s. Titel oben) im Inneren der gedruckten Ausgabe - S. 82 | AFP/SPIEGEL |
Es geht bei den Syrien-Kinderbildern gar nicht um Täter, Schuld, Spenden, Instrumentalisierungen für oder gegen irgend etwas: es geht schlicht um die Abbildung menschlichen fast unvorstellbaren Leids - wie wir es zumindest jeden Sonntag an den Kruzifixen in Allerwelts "Gotteshäusern" millionenfach zu sehen bekommen: mit dem sterbenden röchelnden Jesus am Kreuz: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen?“ (Mk 15,34 Mt 27,46)... Und damit haben die Kirchen doch durchaus ein erkleckliches Sümmchen zusammengetragen - und kein Mensch hat Jesus gefragt, um die Rechte, dieses Leid zu vermarkten - oder ob man ihn in all diesen Jahren so rigoros und umfassend "instrumentalisieren" dürfe ... - Und damit es nicht alles so schrecklich aussieht, hat man dann rasch das hölzerne Barock-Kruzifix im Laufe der Kunstgeschichte entwickelt, wo Jesus dann "aalglatt", fast lächeln und siegend am Stamm hängt - und wo man unwillkürlich denkt: "Gegrüßet seist du ..." ... - quasi ein "Soft-Kreuz" mit fast Freud statt Leid ...
In der Gruenwald-Kreuzigung aus dem 16. Jhdt. sieht das noch anders aus: "Gottverlassener" geht kaum noch ...:
Matthias Gruenewald: Ausschnitt aus dem "Gruenewalder Altar" ... | um 1515 |
Und da wehrt man sich in kirchlichen Kreisen, wenn die Mehrzahl der beurkundeten Noch-Christen nur noch einen geschönten "Wellness-Glauben" akzeptieren will, der einen drohenden Richter-Gott und die "Sünden" in dieser Welt ausblendet - und mit dem man nur noch "soft"-gläubig ist - und die Kruzifixe ("... wegen der abgebildeten Grausamkeit...") abhängen möchte ...:
Nee - das Kirchenjahr besteht nicht nur aus Weihnachten und Ostern und Pfingsten - bzw. Weihnachtsmarkt, Osterhase und Pfingstbier: Dazwischen liegt auch ein Karfreitag - und davor die 7-wöchige Passion - ... Nee - wir dürfen diese "Kehrseiten" allen Glauben-Vergnügens nicht gänzlich ausblenden - wir dürfen sie aber auch nicht drohend, strafend und disziplinierend oder als "Sühneopfer" an die Wand malen und mit Dogmen unterfüttern, um die Menschheit einzuschüchtern - bzw. Gott eine Mitschuld an alle Opfer dieser Welt zu übertragen: Der Mensch muss lernen - auch gegenüber dem Glauben und den Kirchen - und all der Freud und all dem Leid in der Welt sich "inklusiv" in Vielfalt endlich zu emanzipieren - Gott/Jesus aus dem Gefängnis im Himmel befreien - und mit ihm/ihnen gemeinsam die Wunden lecken - und verbinden - und die Toten beweinen - und schrecklichste Bilder zur Kenntnis nehmen - um des lieben Friedens willen: Um "umzukehren" ... ...
Oder sehe ich da etwas falsch ... ???
............................
OHNE WEITEREN KOMMENTAR:
FETTES BROT - An Tagen wie diesen
Songtext
Moin moin - was geht?
Alles klar bei dir? Wie spät?
Gleich neun - okay.
Will mal eben los, Frühstück holen gehn
Schalt den Walkman an, zieh die Haustür ran
Lauf die Straße entlang bis zum Kaufmannsladen
Denn da gibt's die allerbesten Brötchen weit und breit
Kann am Tresen kurz mal lesen was die Zeitung schreibt
Irgendwas von 'nem Großangriff
Unzählige Bomben auf kleine Stadt
Viele Menschen ums Leben gekommen
Und dem Erdboden gleich gemacht in nur einer Nacht
Ich zahle und verlasse den Bäcker
Hör noch den Nachrichtensprecher
„Lage wieder mal dramatisch verschlechtert, heute fantastisches Wetter“
Plötzlich gibt's 'n Knall, tausend Scherben überall
Die Nachbarskatze hat's erwischt bei 'nem Verkehrsunfall
Der Anblick kann einem echt die Laune verderben
Was fällt diesem Mistvieh ein hier genau vor meinen Augen zu sterben?
Absolute Wahnsinnsshow
Im Fernsehn und im Radio
Die Sonne lacht so schadenfroh
An Tagen wie diesen
Niemand der mir sagt, wieso
Beim Frühstück oder Abendbrot
Die Fragen bohrn so gnadenlos
An Tagen wie diesen
Eine Million bedroht vom Hungertod nach Schätzungen der UNICEF
Während ich grad gesundes Obst zerhäcksel in der Moulinex
Seh ein Kind in dessen traurigen Augen ne Fliege sitzt
Weiß dass das echt grausam ist doch scheiße Mann ich fühle nix
Was ist denn bloß los mit mir, verdammt wie ist das möglich?
Vielleicht hab ich's schon zu oft gesehen man sieht's ja beinah täglich
Doch warum kann mich mittlerweile nicht mal das mehr erschrecken
Wenn irgendwo Menschen an dreckigem Wasser verrecken?
Dieses dumpfe Gefühl, diese Leere im Kopf
Sowas kann uns nie passieren und was wäre wenn doch?
Und mich zerreißen die Fragen, ich kann den Scheiß nicht ertragen
Die haben da nix mehr zu fressen und ich hab Steine im Magen!
Absolute Wahnsinnsshow
Im Fernsehn und im Radio
Die Sonne lacht so schadenfroh
An Tagen wie diesen
Niemand der mir sagt, wieso
Beim Frühstück oder Abendbrot
Die Fragen bohrn so gnadenlos
An Tagen wie diesen
Was hat er gerade gesagt an so nem normalen Samstag
Passiert auf bestialische Art ein ganz brutaler Anschlag
Bei dem sechs Leute starben, die Verletzten schreien Namen
Diese entsetzlichen Taten lassen mich jetzt nicht mehr schlafen
Und ich seh's noch genau das Bild im TV
Ein junger Mann steht dort im Staub, fleht um Kind und Frau
Jetzt frag ich mich wie ist es wohl wenn man sein Kind verliert
Noch bevor es seinen ersten Geburtstag hat
Doch das übersteigt meine Vorstellungskraft
Vielleicht waren die Attentäter voller Hass für den Gegner
Vielleicht gab es Liebe für Familie und sie waren sogar selber Väter.
Manchmal wenn ich Nachrichten seh passiert mit mir etwas Seltsames
Denn auch wir sind Eltern jetzt, haben ein Kind in diese Welt gesetzt
Dann kommt es vor dass ich Angst davor krieg, dass uns etwas geschieht,
Dass man den verliert, den man liebt, dass es das wirklich gibt
Mitten in der Nacht werd ich wach und bin schweißgebadet,
Schleich ans Bett meiner Tochter und hör wie sie ganz leise atmet
Absolute Wahnsinnsshow
Im Fernsehn und im Radio
Die Sonne lacht so schadenfroh
An Tagen wie diesen
Niemand der mir sagt, wieso
Beim Frühstück oder Abendbrot
Die Fragen bohrn so gnadenlos
An Tagen wie diesen
Was für ne Wahnsinnsshow
Im Fernsehn und im Radio
Die Sonne lacht dabei so schadenfroh
Ich werd die Bilder nicht mehr los
Beim Frühstück und beim Abendbrot
Niemand der mir sagen kann, wieso.
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