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Unwort des Jahres 2013: SOZIALTOURISMUS

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Mitten in der hitzigen Debatte über Zuwanderung setzt die Sprachkritik-Jury ein politisches Signal 

"Sozialtourismus" ist das Unwort des Jahres.

Die Duden-Redaktion hat gleich zwei Definitionen für das Wort "Sozialtourismus". Die eine ist unverdächtig, es geht um "Bemühungen, besonders einkommensschwachen Schichten der Bevölkerung die Möglichkeit einer Ferienreise zu bieten". Doch brisanter ist die zweite Definition: "Gesamtheit der Ortswechsel, die die Betreffenden nur vornehmen, um sich in den Genuss bestimmter Sozialleistungen zu bringen". In dieser abwertenden Bedeutung wurde nun der Begriff "Sozialtourismus" von der sprachkritischen Darmstädter Jury zum Unwort des Jahres 2013 gekürt.

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Mit dem Schlagwort "wurde von einigen Politikern und Medien gezielt Stimmung gegen unerwünschte Zuwanderer, insbesondere aus Osteuropa, gemacht", begründete die Jury ihre Entscheidung.
Deren Vorsitzende, die Sprachwissenschaftlerin Nina Janich, erklärte: "Dies diskriminiert Menschen, die aus purer Not in Deutschland eine bessere Zukunft suchen, und verschleiert ihr prinzipielles Recht hierzu." Der Ausdruck reihe sich ein in ein Netz weiterer Unwörter, die diese Stimmung befördern wie etwa "Armutszuwanderung". Mit dem Begriff "Armutszuwanderung" bezeichnet die CSU gering qualifizierte Migranten, die nach Einschätzung der Partei in Deutschland vor allem Sozialleistungen in Anspruch nehmen wollen, aber kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.

Unter anderem hatte auch die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner den Begriff "Sozialtourismus" im Zusammenhang mit dem Beginn der Freizügigkeit für EU-Bürger aus Bulgarien und Rumänien verwendet. Auch der nordrhein-westfälische Städte- und Gemeindebund benutzte das Wort 2013.

Unionspolitiker wie Michael Glos oder Lothar Späth hatten "Sozialtourismus" schon vor Jahren im Wortschatz. Doch der älteste Treffer im SPIEGEL-Archiv für das Wort in der kritisierten Bedeutung stammt schon aus dem Jahre 1989, als ein Mitarbeiter des Bonner Arbeitsministeriums angesichts unterschiedlicher Sozialrechtslagen in europäischen Staaten vor dem Phänomen warnte.

Bildquelle: DPA|T-online



"Supergrundrecht" meistgenannter Begriff

Das Unwort wurde am Dienstagmorgen in Darmstadt bekanntgegeben. Die sprachkritische Jury wählte aus mehr als 1300 Einsendungen aus, in denen 746 verschiedene Wörter vorgeschlagen wurden. Die häufigsten Einsendungen, die den Kriterien der Jury entsprechen, waren "Supergrundrecht" (45-mal), "Homo-Ehe" (19-mal), "Ausschließeritis" (16-mal) und "Armutszuwanderung/-einwanderung" (15-mal). Das Gremium entscheidet aber unabhängig und richtet sich nicht nach der Häufigkeit der Vorschläge. Das Unwort des Jahres 2012 war "Opfer-Abo", 2011 "Döner-Morde".

Die Unwort-Jury besteht aus vier Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten und beruft jährlich wechselnd ein weiteres Mitglied aus dem Kultur- und Medienbetrieb, diesmal war es der Schriftsteller Ingo Schulze. Für die Jury sind die Unwörter des Jahres Unwörter, weil sie gegen das Prinzip der Menschenwürde und gegen Prinzipien der Demokratie verstoßen, weil sie einzelne gesellschaftliche Gruppen diskriminieren, weil sie euphemistisch, verschleiernd oder gar irreführend sind.

Das Börsen-Unwort des Jahres 2013, das alljährlich von Maklern, Wertpapierhändlern und Analysten der Düsseldorfer Börse gewählt wird, ist "Billiges Geld". Der Begriff "Politik des billigen Geldes" bezeichnet der Jury zufolge ein geldpolitisches Konzept für eine expansive Konjunkturpolitik. Die Notenbanken senken die Leitzinsen und erhöhen die Geldmenge. "Wir waren uns schnell einig, dass man ein werthaltiges Substantiv wie Geld nicht mit einem Adjektiv wie billig kombinieren sollte, das abwertend für mindere Qualität steht", sagte Juror Dirk Elberskirch.

feb/dpa | SPIEGEL-ONLINE 

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