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Uli Hoeneß: Reue - Treue - und die Eliten der deutschen Wirtschaft

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Reue - Treue - und die Eliten der deutschen Wirtschaft
Diebstahl ist Diebstahl - habe ich als Kind immer eingetrichtert bekommen - egal ob Du 30 Pfennig klaust - oder 100 Mark (so hieß die Währung damals zu meiner Kindheit - was heute €uro und Cent sind ...) ...: Dafür bekommst Du die gleiche Strafe - bzw. Dein Vergehen wiegt gleichschwer - und das abschließende Strafmaß wird das Gericht schon bewerten ...
Nun - das ist eben schon so lange her: dass ich heutzutage umlernen muss - und das ja ziemlich paradox: Da macht dann dieser Uli Hoeneß eine "Selbstanzeige" im Januar letzten Jahres - und gibt darin zu, immerhin 3,5 Millionen €uro am Fiskus vorbei manipuliert zu haben: Die 
(Fußball-)Welt außerhalb Bayerns ist fassungslos: Doch der Verein steht geschlossen zu seinem Aufsichtsratsvorsitzenden - und natürlich die prestigeträchtigen Aufsichtsratskollegen, die sich aus den Hauptsponsoren der Bayern München AG zusammensetzen - als da sind: 



(vlnr - Reihe 1:) Herbert Hainer von adidas, Prof. Dr. Martin Winterkorn von Porsche, Edmund Stoiber (Ex-Ministerpräsident) von der CSU, Helmut Markwort vom Focus - (Reihe 2:) Timotheus Höttges von der Deutschen Telekom, Rupert Stadler von Audi, Dieter Rampl von der UniCredit, sowie Karl Hopfner, 1. Vizepräsident des FC Bayern München e.V. ...



Aus 3,5 mach 18,55 mach 27,2 mach ... (usw. ff) ...

Und nun - am ersten Verhandlungstag des Prozesstages in der Strafsache Uli H. vor dem Langericht München II hat Hoeneß ein Geständnis abgelegt und durch seinen Verteidiger überraschend eine deutlich höhere Steuerhinterziehung von mindestens 18,55 Millionen €uro eingeräumt. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm mehrere Jahre Haft. Hoeneß setzt dagegen darauf, dass seine Selbstanzeige strafbefreiend war. Er sagte wörtlich: "Ich habe Steuern hinterzogen." Ihm sei bewusst,"dass daran auch die Selbstanzeige nichts ändert." Hoeneß scheint dabei vergessen zu haben, dass in der Selbstanzeige ja "nur" von 3,5 Millionen Steuerschuld die Rede ist - er nun aber immerhin eine Summe von 18,55 Millionen einräumt (inzwischen - am 2. Verhandlungstag - nach der Zeugenaussage einer Steuerfahnderin - wurde die im Raume stehende Summe auf 27,2 Millionen €uro erhöht ... ) - nach der Selbstanzeige nun ein "überschießendes Geständnis", wie das eine Gerichtssprecherin in München nennt. Die Zahl ist ein Knaller, der selbst die Staatsanwaltschaft überrascht. Und die hat die entsprechenden Unterlagen erst vor rund einer Woche auf den Tisch bekommen. Für Hoeneß könnte sich die Lage dadurch noch weiter zuspitzen. Denn er hatte mit Abgabe seiner Selbstanzeige im vorauseilenden Gehorsam"nur" eine Summe von zehn Millionen €uro überwiesen – also womöglich viel zu wenig. Das könnte seiner Selbstanzeige den Boden wegziehen. Denn der Steuersünder hat bei der Selbstanzeige nur einen Schuss frei - und der muss sitzen.


Foto: dpa | welt.de

Reue  ...

Hoeneß versucht also, mit Reue beim Richter zu punkten. Er gesteht die Tat ein. "Ich will ohne Wenn und Aber reinen Tisch machen. Ich bereue mein früheres Verhalten zutiefst", sagt er. Er garniert seine Erklärung aber auch mit ein bisschen Mitleid: Hoeneß berichtet von der schwierigen Zeit, durch die er geht, seit seine Selbstanzeige aufgeflogen ist: "Ich erhielt Drohbriefe bis ihn zu Morddrohungen. Man belagerte mein Haus in Bad Wiessee, als die Selbstanzeige aufflog." Und außerdem habe er mit seinen Zockergeschäften unterm Strich Verluste gemacht. Hoeneß betont, dass er ansonsten seiner gesellschaftlichen Verantwortung immer gerecht wurde. "Ich bin kein Sozialschmarotzer. Ich habe fünf Millionen Euro gespendet und in den vergangen Jahren 50 Millionen Euro Steuern gezahlt." Und der Richter Heindl hört zu. Unbeeindruckt.

Der Deal ... ???

Warum offenbart die Verteidigung von Hoeneß nun plötzlich die fast 5-fache Steuerhinterziehungssumme - "ohne Not" - wo doch Hoeneß' Verteidiger "Lichtgestalten" im deutschen Steuerrecht sind ... Nun - die werden sich etwas dabei gedacht haben: Die einzige Motivation kann nur sein, dass sie auf eine strafmildernde Wirkung des vollständigen und "überschießenden" Geständnisses setzen. Vermutlich hat die Verteidigung im Vorfeld der Verhandlung mit dem Richter und der Staatsanwaltschaft gesprochen. Sie hat dabei erkannt, dass es für eine Strafe auf Bewährung eng werden könnte - also hat man quasi die Flucht nach vorne angetreten und noch etwas draufgepackt, was Hoeness zusätzliche 10 Millionen Euro kosten dürfte... Aber das wäre dann der "Deal":"Freiwilliges" und "reuevolles","ehrliches" Zugeben und Nachlegen und Nachdeklarieren - um dass dann als moralisches "Kapital" einzubringen, wenn es um die Höhe des Strafmaßes geht - eventuell um auf "Bewährung" und die Zahlung zweier Jahresgehälter zu spekulieren ... 
Merke: also doch nicht mehr - wie eingangs von mir geglaubt - "geklaut ist geklaut", egal welche Summe - nee: im Steuerrecht gibt es wohl so etwas wie einen "pekuniären Kompromiss" - weil es ja dabei immer um die Knete geht, die eigentlich dem Staat zusteht: Und da zählt "Bares" einzunehmen mehr - als etwa "Schuld" in einem staatlichen Knast bei voller Kost und Logis abzusitzen ...
Reue und Treue ...

Auf der einen Seite Hoeneß'"Reue" und die "Erweiterung seiner Selbstanzeige" als Strategie - und sein persönliches "juristisches Nichtwissen" und ein geradezu krankhaftes "Herumgezocke", dass ihm den Durchblick auf seinen Konten "geblendet" hatte  - und auf der anderen Aufsichtsratsseite der Bayern München AG - wo Aufsicht geführt wird über Millionen, die umgesetzt werden und hoffentlich ordentlich versteuert werden - trotz dieser neuen Verstrickungen aber unverbrüchliche Treue:  „Ich bin der Meinung, dass es keinen Besseren für die Position gibt“, sagte Adidas-Chef Herbert Hainer im Sommer über den Aufsichtsratsvorsitzenden der FC Bayern München (FCB) AG, Uli Hoeneß. Das war vor der Anklage wegen Steuerhinterziehung. Und jetzt? Gilt die Aussage auch heute noch? „Ja“, heißt es kurz und knapp bei Adidas. Adidas ist mit 8,3 Prozent an der FCB AG beteiligt, Hainer ist Vize-Chef im Bayern-Aufsichtsrat. 


Oder so wie Rupert Stadler, Vorstandsvorsitzender des Autobauers Audi, der auch 8,3 Prozent an dem Fußballklub hält. Dritter im Bunde der Anteilseigner ist der Versicherungskonzern Allianz, der mit Aktionärsgeld vor kurzem ebenfalls 8,3 Prozent der Anteile gekauft hat. Die Allianz ist langjähriger Sponsor und Namensgeber für das Stadion in Fröttmanning. Im Bayern-Aufsichtsrat ist die Versicherung noch nicht vertreten, das soll 2015 geschehen. Dafür sind eben andere Sponsoren mit hochrangigen Vertretern im Kontrollgremium der Bayern zu finden. Der neue Telekom-Chef Timotheus Höttges etwa und der mächtigste deutsche Konzernführer, VW- Vorstandschef Martin Winterkorn.

Und Bayern-Aufsichtsrat Edmund Stoiber gar - immerhin Ex-Kanzler-Kandidat der Union und langjähriger Ministerpräsident von Bayern - hat noch am Vorabend des Steuerprozesses gegen Uli Hoeneß die zentrale Rolle des Vereinspräsidenten für den deutschen Fußball-Rekordmeister betont: "Er ist für uns alle in dieser Situation unverzichtbar, gerade jetzt in den schwierigen Zeiten", sagte der frühere bayerische Ministerpräsident in der ARD-Sendung "Günther Jauch" am Sonntagabend. Hoeneß sei "ein tragender Pfeiler" für den FC Bayern München. Das ist ja nun doch ein eigenartiges Verständnis bei der Hinterziehung von Staats-Knete mit der Herr Stoiber sich ja nun mal auch seinen Ruhestand versüßen lässt ... - und bei von Hoeneß selbst angedeuteter "Spielsucht" ... für einen Aufsichtsratsvorsitzenden bei einem zur Zeit sehr erfolgreichen Verein ... - auch ohne Herrn Hoeneß wird Bayern München Deutscher Fußballmeister - es sei denn man zieht die Mannschaft vom Spielbetrieb zurück ...


Die Elite der deutschen Wirtschaft Seite an Seite mit einem geständigen Steuerhinterzieher

Die Elite der deutschen Wirtschaft Seite an Seite mit einem geständigen Steuerhinterzieher? Das passt nicht, finden Aktionärsschützer und Compliance-Experten, die sich mit sauberer Unternehmensführung beschäftigen. „Wenn Herr Hoeneß im Aufsichtsrat der Telekom oder bei Adidas säße, wäre er längst raus“, sagt Manuel René Theisen, Professor an der Universität München. Denn die großen Dax-Unternehmen haben sich strenge Compliance-Regeln gegeben. Alles, was dem Unternehmen schadet, ist tabu, dazu zählen selbstverständlich auch Kollisionen mit den Gesetzen. Doch für das Engagement beim FC Bayern scheinen andere Regeln zu gelten. 

„Hier wird mit zweierlei Maß gemessen“, kritisiert Jürgen Kurz, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Offensichtlich wollen die Aufsichtsräte einen Mann, der so wichtig für den Verein ist, nicht fallen lassen – auch aus Angst, die Sympathie der Bayern-Fans zu verlieren.




Wichtig ist auf'm Platz ...

"Uli Hoeneß ist die wichtigste Person in diesem Verein. Die beste Hilfe für ihn von uns ist, dass wir gewinnen", radebrecht der katalanische Trainer Pep Guardiola am Montag bei der Pressekonferenz zum Championsleague-Spiel gegen Arsenal London ... - also: auf der einen Seite viel zu späte"Reue" als Prozesstaktik - und auf der anderen Seite unverbrüchliche Treue als Spieltaktik: das sind doch echte "ehrliche" deutsche - und mit Pep auch - international durchtragende anfeuernde Tugenden ...


... ich bin echt entgeistert - und mein Gerechtigkeitssinn ist arg strapaziert ...

P.S: Zu weiteren Eskapaden der Führungseliten bei Bayern München noch: 


  • Die Lichtgestalt Franz Beckenbauer haust seit Jahren in Österreich, um in Deutschland keine Steuern zu bezahlen - das Land, das ihn groß machte und wo er das Fußballspielen erst erlernte ...
  • Nach einem Besuch in Katar hatte Bayerns Vorstandschef zwei teure Luxus-Uhren als Mitbringsel auf dem Flughafen München nicht verzollt - jetzt hat Karl-Heinz Rummenigge den Strafbefehl von 249.900 €uro akzeptiert und überwiesen. Die hohe Zahlung hängt mit seinem stattlichen Einkommen zusammen - der Bayern-Boss gilt nun offiziell als vorbestraft ...
  • ... und nun Uli Hoeneß mit 18,55 Millionen €uro Steuerschuld ...(inzwischen wurde der Gesamthinterziehungsbetrag nach der Zeugenaussage einer Steuerfahnderin auf 27,2 Millionen €uro erhöht - Tendenz weiter steigend ...!!! ... )
  • Neben seiner Tätigkeit als Fußballmanager gründete Hoeneß 1985 gemeinsam mit Werner Weiß die heutige HoWe Wurstwaren in Nürnberg, wobei HoWe für Hoeneß und Weiß steht. Heute wird das Unternehmen von seinen beiden Kindern geleitet. Tochter Sabine ist Komplementärin und Sohn Florian hat Einzelprokura über die HoWe Wurstwaren KG. Beliefert werden unter anderem Aldi, das Bierzelt von Feinkost Käfer auf dem Münchner Oktoberfest, testweise McDonald’s sowie zahlreiche andere Lebensmittelkonzerne in ganz Europa. Im Juli 2010 präsentierte sich Hoeneß als Erfinder des Nürnburgers in einem Blog für die begonnene Kooperation mit McDonald’s.
    Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) kritisierte im Herbst 2010, dass das Unternehmen keinen Betriebsrat habe, Branchentarifverträge nicht anwende und in großer Zahl Leiharbeiter einsetze. Dies gelte auch heute (April 2013) noch, so die Nürnberger NGG-Geschäftsführerin Regina Schleser.


Bayer München ist eben ein sehr seriöses Unternehmen - und wird seriös geführt ... - oft kopiert - nie erreicht ...



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