Ich habe zur Ausstellungseröffnung "Das Glück in der Kunst" - Expressionismus und Abstraktion um 1914 Sammlung Bunte - am 21.03.2014 in der Kunsthalle Bielefeld vom künstlerischen Genie Hermann Stenner's berichtet, der leider in den Kreisen der Kunstinteressierten noch immer recht unbekannt ist. Ich möchte mit diesem Beitrag hier Hermann Stenners leider viel zu kurze Biografie noch etwas näher bringen, denn dieser hochbegabte Künstler starb ja schon 1914 mit 23 Jahren an der Ostfront im 1. Weltkrieg - wie hätte sich die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts wohl mit ihm entwickelt - wenn er sich hätte künstlerisch weiterentwickeln können - hin zu einem "reifen Alterswerk" ... ???
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Hermann Stenner, Grüne Frau mit gelbem Hut II, 1913
Öl auf Leinwand
52,3 x 40,8 cm
Kunstauktion Lempertz, 2.12.2011
Taxe: 40.000 - 50.000 EURO
Zuschlag: 110.000,- EURO
Losnummer: 211
Schönen Erfolg hatte Lempertz mit Arbeiten einiger weniger bekannter Künstler. Unzweifelhaft hoch war die Attraktivität von Hermann Stenners „Grüner Frau mit gelbem Hut II“, rot glühenden Augen, orangefarbenem Umhang und vor tiefblauem Hintergrund. Das kraftvolle, in seiner Farbigkeit aber auch beinahe geisterhafte Gemälde entstand 1913, ein Jahr vor dem frühen Kriegstod des hochbegabten Künstlers. Der Schätzpreis von 40.000 bis 50.000 Euro markierte bereits, dass es sich um die beste Arbeit handelte, die von Stenner bislang auf dem Auktionsmarkt gesichtet werden konnte. Mit 110.000 Euro, die ein deutscher Sammler nach heftigem Wettstreit spendierte, wurden diese Erwartungen aber noch deutlich übertroffen.
(kunstmarkt)
Eine sensationelle Wiederentdeckung dürften die brutto 132 000 Euro - rund die dreifache mittlere Taxe - einleiten, mit denen ein deutscher Sammler sich das Bild einer Frau mit grünem Gesicht, orangefarbenem Hut und roten Augen von Hermann Stenner sicherte.
Stenner war 22 Jahre jung und noch Student, als er 1913 das abstrahierte, grell expressionistische Bild malte. Ein Jahr später starb er an der Ostfront, ein Opfer auch der eigenen Kriegseuphorie wie die Maler Franz Marc und August Macke, doch ohne schon deren künstlerische Reife erlangt zu haben.
(Handelsblatt)
Link:
http://www.hermann-stenner.de/
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Selbstbildnis mit roter Jacke, 1911 - http://www.hermann-stenner.de/ |
Hermann Stenner (* 12. März 1891 in Bielefeld; † 5. Dezember 1914 an der Ostfront in Iłow, Polen) war ein deutscher Maler und Grafiker.
Stenner gehört zu den herausragenden Künstlern des frühen 20. Jahrhunderts, obwohl ihm durch seinen frühen Tod im Ersten Weltkrieg nur eine kurze Schaffensphase von fünf Jahren vergönnt war. In dieser Zeit schuf der junge Künstler ein umfangreiches und sehr überzeugendes Œuvre: Annähernd 280 Gemälde und weit über 1500 Arbeiten auf Papier sind bekannt. Nach impressionistischen Anfängen um 1909 wurde Stenners Malweise ab 1911 zunehmend ausdrucksstärker mit hartem Kontur und kräftigen Farben. Diese Hinwendung zum Expressionismus geschah unter dem Einfluss Kandinskys, ab 1912/13 aber vor allem durch seinen Lehrer Adolf Hölzel.
Leben und Werk
Schon während seiner Realschulzeit malte der Sohn des Bielefelder Malermeisters Hugo Stenner beeindruckende Kopien alter Gemälde und besuchte nach seinem „Einjährigen“ ab 1908 die Handwerker- und Kunstgewerbeschule Bielefeld. Im April 1909 wurde er zur Aufnahmeprüfung für die Kunstakademie in München zugelassen und trat, wie Paul Klee elf Jahre vor ihm, in die Zeichenklasse von Heinrich Knirr ein. Den Sommer 1909 verbrachte Stenner bei Hans von Hayek an dessen Malschule in Dachau und machte dort ganz erhebliche Fortschritte in seiner Malerei. Von Hayek und Knirr empfahlen ihm daraufhin nicht mehr, wie zuvor, den in München lehrenden Hugo von Habermann als geeigneten Malerei-Professor, sondern den in Stuttgart lehrenden Christian Landenberger.
Ende März 1910 zog Hermann Stenner dann nach Stuttgart, wo er an der Königlichen Akademie der bildenden Künste in die Malklasse von Landenberger aufgenommen wurde. Im Oktober 1911 wechselte er schließlich in die Komponierklasse von Adolf Hölzel, dessen Vorlesungen völlig abwichen vom Unterricht Landenbergers und von Hayeks. Zunächst folgte Stenner ihnen mit großer Begeisterung, da sie ihm eine neue Welt eröffneten und die Malerei als eine Art Wissenschaft nahebrachte. Später löste er sich von der allzu starken Beeinflussung durch die Vorlesungen und entwickelte seinen eigenen Stil weiter. Schon nach einem Semester bot Hölzel Hermann Stenner an, in eines der begehrten Meisterschülerateliers im Garten des Stuttgarter Schlosses umzuziehen, was dieser im März 1912 auch mit großer Freude tat. Während des Sommersemesters nahm Stenner noch an einer längeren Exkursion nach Monschau (Montjoie) mit Hölzel teil, der wir einige Gemälde mit einem gesteigerten Grad futuristischer Synapsis sowie eine große Zahl an Zeichnungen verdanken.
Ab August 1912 verbrachte er mit seinem Freund, dem Kunsthistoriker Dr. Hans Hildebrandt und dessen Frau Lily, vier für Stenner beeindruckende Wochen in Paris.
1913 wurde er zur „Ersten deutschen Expressionisten-Ausstellung“ in Dresden eingeladen. Im selben Jahr gab Adolf Hölzel den Auftrag zur Ausführung der Wandmalereien für die Vorhalle des Hauptgebäudes der Ausstellung des Deutschen Werkbundes in Köln 1914 an Stenner, Oskar Schlemmer und Willi Baumeister weiter (Eröffnung am 16. Mai 1914) Der Wandfries erregte großes Aufsehen und rief die unterschiedlichsten Reaktionen hervor, von enthusiastischer Begeisterung bis zu kategorischer Ablehnung.
Am 7. August 1914 meldete er sich zusammen mit Oskar Schlemmer als Kriegsfreiwilliger in Stuttgart und trat in das Grenadier-Regiment Nr. 119 ein. Nach zwei Monaten an der Westfront wurde er Ende November mit seinem Regiment „Königin-Olga“ an die Ostfront verlegt, wo er in den frühen Morgenstunden des 5. Dezember 1914 bei einem desaströsen Angriff auf die Stadt Iłow in Polen fiel. So wurde Stenner Opfer eines Krieges, der auch andere künstlerische Laufbahnen gewaltsam beendete. Unter den deutschen Toten waren auch August Macke, Franz Marc und Wilhelm Morgner. Doch anders als Macke oder Marc, mit denen er dasselbe Schicksal teilt, wenngleich diese früher mit ihrem Werk begonnen hatten, gehört Hermann Stenner noch immer zu den außerhalb der Fachwelt weniger bekannten Künstlern der deutschen Moderne.
Zitate
„Stenner war ein frischer, heiterer Mensch und Künstler. Seine Leistungen waren ausgezeichnet ...Ich schätze die Malereien Stenners sehr, wie Oskar Schlemmer auch. Er wäre einer der besten Maler Deutschlands geworden, wenn nicht der sinnlose verbrecherische Krieg seine Opfer geholt hätte.“
– Willi Baumeister
„Die Natur gab Stenner als wertvolles Geschenk die Leichtigkeit der Hand, die frühe Beherrschung des Handwerklichen mit auf den Weg. Sie verlieh seinen Malereien und Zeichnungen die Frische des Unmittelbaren, den Eindruck des freudigmühelos Geschaffenen, wozu sein Temperament und seine Lust am Dasein in lebenssprühendem, an Gegensätzen reichem Farbenspiel das Ihre beitrug.“
– Prof. Dr. Hans Hildebrandt
„At twenty-three Hermann Stenner was the youngest expressionist painter to die in the war. His development as a painter really only began when he was twenty and became a pupil of Adolf Hölzel in Stuttgart in the autumn of 1911. ...Hermann Stenner began to eschew theory and follow his own instincts, taking only what suited him from Hölzel's teachings, and began to look further afield for his inspiration.“
– Dr. Hans-Georg Gmelin
(WIKIPEDIA)