aufgedeckt |
Merkel entdeckt den Seehofer in sich
Textmaterial von Philipp Wittrock | SPIEGEL.de
Als die CSU mit scharfen Tönen gegen angebliche Sozialbetrüger aus der EU wetterte, bremste die Kanzlerin noch. Kurz vor der Wahl aber entdeckt auch Angela Merkel das Thema - und damit den Seehofer in sich... - aus Angst vor den Europafeinden der AfD?
S!NEDi|photo|montage: Merkel entdeckt den Seehofer in sich .... |
Horst Seehofer und seine CSU werden die Worte der Kanzlerin mit Genugtuung zur Kenntnis genommen haben. "Die EU ist keine Sozialunion", sagt Angela Merkel. Das ist so etwas wie die Light-Version dessen, was die Schwesterpartei vor einigen Wochen zum angeblich massenhaften Sozialmissbrauch durch zugewanderte EU-Bürger verbreitete. "Wer betrügt, der fliegt", so klang das bei der Schwesterpartei.
Merkel war die Schärfe im Ton damals unangenehm. Kurz vor der Europawahl aber beginnt auch sie zu seehofern - auf ihre Art. Vor einer Woche im "FAZ"-Interview ging das zwischen ziemlich viel Ukraine und Russland noch unter. Also legt die Kanzlerin mit Bedacht nach. "Wir wollen Hartz IV nicht für EU-Bürger zahlen, die sich allein zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten", sagt sie der "Passauer Neuen Presse".
Die Opposition wittert Kalkül: Sie wolle potenzielle Unions-Wähler davon abhalten, zur Alternative für Deutschland (AfD) abzuwandern. "Mit ihrer Absage an ein soziales Europa stellt sich die Kanzlerin an die Seite derer, die gegen Europa sind", empört sich Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Die Linke wirft der Kanzlerin vor, kurz vor der Wahl "in das Ringen um die Stimmen am rechten Rand eingestiegen" zu sein. Aber auch der Koalitionspartner warnt: "Wenn Angela Merkel jetzt kurz vor der Europawahl wie auch die CSU versucht, den Konkurrenzkampf mit den Rechtpopulisten zu gewinnen, indem sie Teile von deren Inhalten übernimmt, wird das auf entschlossenen Widerstand der Sozialdemokratie stoßen", sagt SPD-Vize Ralf Stegner.