Statt einer tiefgreifenden €URO-/Kommunal-Wahlananlyse - die mir nur erneut anzeigt, dass Rot-Rot-Grün weiterhin die Chance vertun, eine "Koalition links von der Mitte" (Willy Brandt) zu bilden, aber die sich stattdessen angesichts rechtspopulistischer Bedrohungen durch die SPD-GroKoalitionspartner CDU/CSU und nun neuerdings auch durch die AfD lieber in ein unnützes Klein-Klein verzetteln - und als SPD im Falle dieser GroKo sogar ganz munter mit den Schafen blökt - anstatt den neo-liberalen, "marktkonformen" auf der einen Seite und den dumpfen nationalistischen Ansinnen auf der anderen Seite konsequent links-sozialistisch-demokratisches Gedankengut entgegenzusetzen -
also statt einer solchen Wahlanalyse - in der ich mich mit meiner Argumentation nur immer wieder wiederholen würde - möchte ich lieber von einem eindrücklichen Kunstwerk berichten, das ich am Samstag in Osnabrück in der dortigen Kunsthalle - gerade noch zum guten Schluss dieser Ausstellung - mehr zufällig als gezielt entdecken durfte:
"The Situation Room" - Installation in der Osnabrücker Kunsthalle von Franz Reimer |
Künstler schauen auf den überwachten Menschen
«We, the enemy» - Wir, der Feind - lautete der Slogan des diesjährigen EUROPEAN MEDIA ART FESTIVAL, dem Medienkunstfestival samt Ausstellung in der Kunsthalle Osnabrück - und das sei eine ironische Version der ersten Worte der US-Verfassung, sagt Nörings Kuratoren-Kollege Alfred Rotert, denn die amerikanische Verfassung beginnt mit den Worten «We, the People of the United States» - Wir, das Volk der Vereinigten Staaten...
Damals bekamen bürgerliche Grundrechte erstmals Verfassungsrang. Heute betrachteten Regierungen ihr eigenes Volk anscheinend zunächst einmal als potenziell Verdächtige, sagt Rotert.
Spätestens seit den Enthüllungen des Whistleblowers Edward Snowden wissen wir, dass unsere Daten alles andere als privat sind. Was die digitale Sammelsucht von Staaten und Unternehmen mit den Menschen macht und wie man sich dagegen sie wehren kann, zeigte eine Ausstellung in Osnabrück.
Das vielleicht berühmteste Foto zum Tod des Terroristen Osama Bin Laden zeigt nicht den Getöteten, sondern den amerikanischen Präsidenten. Auf dem Bild aus dem «Situation Room» im Weißen Haus sitzt US-Präsident Barack Obama am 1. Mai 2011 mit seinem engsten Beraterkreis um einen Tisch, darauf Laptops und Pappbecher mit Kaffee. Alle schauen auf einen Monitor, den der Bildbetrachter selber nicht sieht. Man schaut zu, wie sich die mächtigsten Menschen der Welt ansehen, wie US-Soldaten Bin Laden töteten.
Der Berliner Künstler Franz Reimer hat diesen «Situation Room» nachgebaut, und das war die Rauminstallation, die mich am meisten beeindruckt hat...
"The Situation Room" - Installation in der Osnabrücker Kunsthalle von Franz Reimer |
THE SITUATION ROOM
Franz Reimer
«Für mich ist dieses Bild ein Kriegsfoto», sagt der Künstler. Es stehe in der direkten Tradition zu dem Bild von Obamas Amtsvorgänger George W. Bush auf einem Flugzeugträger nach dem Irak-Krieg. Beides seien Fotos vom Töten, sagt Reimer. In seiner Installation kann der Besucher an dem Tisch Platz nehmen und so in die Rolle von Obama und seinen Regierungsmitarbeitern schlüpfen. Der Zuschauer blickt auf einen Monitor - und sieht sich selbst, wie er im «Situation Room» sitzt, das US-Hoheitswappen hinter sich an der Wand.
Er habe das Foto des US-Pressefotografen Pete Souza als Affront verstanden, so Reimer. In diesem Bild spiegele sich, wer die wahre Macht habe, erläutert Ausstellungskurator Hermann Nöring: «Sie bestimmen, welche Informationen sie weitergeben und welche nicht», sagt er mit Blick auf den Führungszirkel der US-Regierung.
"The Situation Room" - Installation in der Osnabrücker Kunsthalle von Franz Reimer |
Die Datensammelsucht von Regierungen und auch Unternehmen wie Facebook oder Google nehme Menschen die Individualität, klagt Nöring. «Jeder versucht automatisch, sich an die Norm anzupassen, nicht aufzufallen», sagt er über den überwachten Bürger.
Bis gestern - bis zum 25. Mai konnte der Zuschauer in Osnabrück erleben, wie internationale Medienkünstler mit dem allüberspannenden Thema "Daten sammeln" und "Daten kontrollieren" umgehen.