Heute - vor 60 Jahren - am 04. Juli 1954 - erzielte Helmut Rahn das 3:2 Siegtor im Endspiel um die Fußball-Weltmeisterschaft in Bern: Ich war damals 6 Jahre alt und wurde balde 7 - und fuhr mit meinem grün-metallic Rixe-Tretroller zu einer nahgelegenen Gaststätte, in der im Gastraum das Spiel in einem kleinen hoch aufgestellten S/W-Röhrenfernseher übertragen wurde. Der Raum war voller Zigarren- und Zigarettenrauch - und es roch nach Bier ...
Ich stellte mich auf die Treppenstufen einer kleinen Zugangsterasse - und konnte so - durch die blauen Rauchschwaden hindurch etwas vom Fernsehbild mitbekommen ... Es war laut - plötzlich sprangen alle im Gastraum auf und brüllten: das muss damals das berühmte 3:2 gewesen sein ... - nehme ich heute an - als Lauscher und Späher an der Tür damals - vor 60 JahrenUnd viel viel später - in dem Rainer-Werner-Fassbinder-Film "Die Ehe der Maria Braun" - wurde die Radioreportage des Endspiels von Bern verwandt, um während der gesamten mehrminütigen Schlussszene des Films den Zeitbezug zum Jahr 1954 herzustellen - und diese unvergessliche Reportage von Herbert Zimmermann hier noch einmal in diesen entscheidenden Schlussminuten:
„Sechs Minuten noch im Wankdorf-Stadion in Bern. Keiner wankt. Der Regen prasselt unaufhörlich hernieder. Es ist schwer, aber die Zuschauer, sie harren nicht [sic!] aus, wie könnten sie auch! Eine Fußballweltmeisterschaft ist alle vier Jahre, und wann sieht man ein solches Endspiel, so ausgeglichen, so packend – jetzt Deutschland am linken Flügel durch Schäfer, Schäfers Zuspiel zu Morlock wird [...] abgewehrt, und Bozsik [...], der rechte Läufer der Ungarn, am Ball. Er hat den Ball – verloren diesmal, gegen Schäfer, Schäfer nach innen geflankt – Kopfball – abgewehrt – aus dem Hintergrund müsste Rahn schießen – Rahn schießt! – Tooooor! Tooooor! Tooooor! Tooooor! [...] Halten Sie mich für verrückt, [...] ich glaube, auch Fußballlaien sollten ein Herz haben, sollten sich [...] mitfreuen und sollten jetzt Daumen halten.“
Das Ende des Spiels:
„es kann nur noch ein Nachspiel von einer Minute sein. Deutschland führt [...], aber es droht Gefahr, die Ungarn auf dem rechten Flügel – jetzt hat Fritz Walter den Ball [...] ins Aus geschlagen. Wer will ihm das verdenken? Die Ungarn erhalten einen Einwurf zugesprochen, der ist ausgeführt, kommt zu Bozsik – Aus! Aus! Aus! – Aus! – Das Spiel ist aus! – Deutschland ist Weltmeister, schlägt Ungarn mit drei zu zwo Toren im Finale in Bern! … Nach diesen 30 Sekunden, die Sie dem Reporter verzeihen müssen [...], wollen wir versuchen, in normaler Lautstärke und einigermaßen ruhig Ihnen das weitere Geschehen hier zu schildern. Hundert, zweihundert Fotografen auf dem Spielfeld, Angehörige der Schweizer Armee bilden mit einem Seil ein Karree. Die deutsche Mannschaft - Weltmeister 1954! - ist vollkommen im Mittelpunkt der Ovationen, daneben stehen die Ungarn, die Ungarn, ruhig, gesammelt, ein Kompliment für diese Jungens, die großartig verlieren können.“Übrigens - im Video ist deutlich zu hören, wie man beim Abspielen der Nationalhymne nach Überreichtung des Jules-Rimet-Pokals deutlich singt: "Deutschland-Deutschland - über alles - über alles in der Welt - und das 9 Jahre nach Beendigung des 2.Weltkrieges ...
Ja - nicht verschweigen darf ich hier - dass ich selbst so mit 16/17 Jahren - also 10 Jahre später - dann Helmut Rahn selbst gegenüberstehen durfte. Er trat bei einem Prominenten-Fußballspiel in der Radrennbahn Bielefeld bei der Prominenz an, und ich besuchte ihn in der Halbzeit in der Kabine, wo er umringt von "Fans" schwitzend und etwas aufgedunsen auf der Bank saß und Autogramme verteilte ... Ich kam da in die Kabine, weil ich bei der veranstaltenden Bielefelder Tageszeitung damals meine Lehre absolvierte - und als eine Art Ordner eingeteilt war ... Obwohl der Einsatz etwas "berufsfremd" erfolgte (ich erlernte den Beruf des Schriftsetzers...) - übernahmen wir gern auch bis in die Nacht hinein eine solche Aufgabe ...
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S!NEDi: fot|montage: Helmut Rahn |
"Helmut, erzähl mich dat Tor"
Das dritte Tor von Bern, erzählt vom Schützen selbst
Der 4. Juli 1954 veränderte nicht nur die Fußball-Welt, sondern besonders das Leben des Siegtorschützen Helmut Rahn beim 3:2 über Ungarn. Unzählig oft hat er seine Geschichte erzählt. So hat sich das angehört:
"Die Ungarn warn bei uns inne Hälfte, schöm gedrückt ham die. War ja klar, wollten dat dritte Tor kriejen. Ich janz aufm rechten Flügel, direkk anne Linie. Hinten hauen se den Ball wech, auffe linke Seite.
Und Hänsken Schäfer holtn sich. Mann, ich seh ihn noch vor mir, Hänsken, dar war jan janz Elejanten. Ausjespielt hatter se, wie se kamen. Und so auch gezz. Lässt sein Verteidiger stehn. Und da fang ich an zu kalkulieren: Watt wird er gezz machen? Kuurvt er inne Mitte, dann haut ern drauf. Denn Hänsken war ja einer mitn janz gefährlichen Schuss. Hat doch Tore geschossen, wie de se ham wolltest.
Ich kalkulier also, watte machen wird und setz mich langsam inne Mitte ab, janz vorsichtig. Hänsken ballert ihm nicht, nee, diesmal nich. Er hebt ne Flanke vors Tor und da steht der Ottes, der Ottmar Walter. Und der Lorant, was der Ausputzer war, und mein Bewacher ... Der Ottes steigt hoch, der andere und der Lorant auch. Alle drei wolln mitten Kopp ran, keiner kriechtn richtich. Den Lorant streift der Ball anne Stirn vorbei, so eben hattn noch berührt. Und ich steh jenau richtich, der Ball fällt mich vor die Füße, exakt aufm rechten. Und in die Sekunde wusst ich, watt passiern wird. Die zwei Ungarn, der Lorant und der andere, stürzen sich auf mich zu, so richtich mit Jewalt. Ich lass se kommen und zieh die Kirsche schnell vom rechten auffen linken Fuß.
Und da - Mann, ich seh et noch wie heute - habich da janze Jelände vor mir. Keine zwanzich Metern vonn Tor wech, inne Position von den Halbrechten. Der Grosics steht akkurat so, dat in seine rechte Ecke Platz iss. Ich zieh ab mit den linken Fuß, und dat jibt son richtijen jefährlichen Aufsetzer. Zwischen Lantos, Lorant und dem Boszik durch. Der Grosics inn Tor is am Rutschen, es hatte den janzen Tach jegossen. Ich habe gar nich gesehen, wohin der Ball ging. Aber ich wusste - der ist drin. Drinner geht's nich."
Tja, und watt dann passiert, datt wisst ihr ja . . . "
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S!NEDi|bild|bearbeitung nach © imago|DFB |
Das dritte Tor von Bern, das Tor, das Deutschland am 4. Juli vor 60 Jahren zum Weltmeister machte. Helmut Rahn, Rechtaußen aus Essen, hat es geschossen und erzählt - an den Tresen irgendwo im Ruhrgebiet, wenn es hieß: "Helmut erzähl mich dat Tor."
Ulfert Schröder (1933 bis 1988), ein Pionier des modernen Sportjournalismus, hat Rahn 1967 im Originalton aufgezeichnet. Rahn selbst zog sich Ende der 80er Jahre völlig zurück, erzählte nie wieder die Geschichte "seines" Tores und verweigerte sich der Mitarbeit am Film "Das Wunder von Bern", in dessen Mittelpunkt er steht. Er starb am 14. August 2003, zwei Tage vor seinem 74. Geburtstag. (hp)
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03 - Bielefeld Süd, Freitag 04. Juli 2014 - unter Verwendung von Material zu WIKIPEDIA und dem DFB
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Es gab aber auch nie richtig aufgeklärte Umstände dieses Endspiels deutscher Spieler, die schon 1954 das Wort "Doping" aktuell machten:
Bereits wenige Tage nach dem Spiel hatte Ungarns Kapitän Ferenc Puskás den Finalgegner des Dopings beschuldigt. Gerüchte diesbezüglich hielten sich in den folgenden Jahrzehnten hartnäckig, wurden jedoch von den Beteiligten stets bestritten.
Ein Indiz für Injektionen war eine Gelbsuchterkrankung diverser Spieler der Weltmeistermannschaft von 1954. Eine Untersuchung der gesamten Mannschaft im Oktober 1954 ergab, dass praktisch alle Spieler Leberschädigungen in unterschiedlicher Schwere davongetragen hatten. Richard Herrmann starb 1962 an Leberzirrhose, einer Folge der Hepatitis C-Erkrankung, die er sich nach dem Sieg von Bern zuzog. Auch das Ableben von Werner Liebrich kann als Folgeerscheinung einer nicht behandelten Gelbsucht gedeutet werden.
Ein Gutachten des DFB im November 1954 führte die Infektion auf das „enge Zusammenleben der Mannschaft“ zurück und hielt es für „unwahrscheinlich“, dass die Übertragung durch Injektionen erfolgt sei. Dies gilt heute allgemein als Fehldiagnose. Wahrscheinlicher ist, dass sich die Spieler durch eine Gruppeninjektion infizierten. Da es damals noch keine Einwegspritzen gab, wurde den Spielern die Injektionen vermutlich durch ein- und dieselbe Spritze verabreicht.
2004 wurde bekannt, dass der Platzwart des ehemaligen Wankdorf-Stadions nach dem WM-Finale leere Glasampullen in einem Abflussgitter des Mannschaftsraumes fand. Diese leeren Ampullen ließen darauf schließen, dass der damalige deutsche Mannschaftsarzt Franz Loogen den Spielern unmittelbar vor dem Finale eine Flüssigkeit verabreichte. In der Folge räumten Ottmar Walter und Horst Eckel, zwei der zu diesem Zeitpunkt noch lebenden Spieler der Weltmeister-Elf, dies schließlich ein.
Den Sportlern und DFB-Offiziellen zufolge soll es sich bei den Injektionen um eine Vitamin-C-Lösung gehandelt haben. Eine Studie von Wissenschaftlern aus Berlin unter dem Titel Doping in Deutschland von 1950 bis heute aus historisch-soziologischer Sicht im Kontext ethischer Legitimation kam 2010 jedoch zu einem anderen Schluss. Der Sporthistoriker Erik Eggers von der Humboldt-Universität erklärte: „Die Indizien sprechen dafür, dass in ihren Spritzen kein Vitamin C war. Es könnte Pervitin gewesen sein.“ Pervitin gehört zu den Stimulanzien und wurde vor allem während des Zweiten Weltkriegs bekannt, als es massenweise produziert und an die Soldaten verteilt wurde. Viele Menschen nahmen das Mittel jedoch auch nach dem Krieg noch weiter. Anti-Doping-Bestimmungen gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Auch beim Finalgegner Ungarn sollen Mittel verabreicht worden sein. Torhüter Gyula Grosics sprach ebenfalls von Vitamin C und auch Traubenzucker. Im Unterschied zu den Deutschen sollen die Mittel bei den Ungarn in Tablettenform verabreicht worden sein. (WIKIPEDIA)...und eine weitere Notiz sei hinzugefügt:
Adolf „Adi“ Dassler war der Zeugwart der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 1954. Zudem war Dassler Gründer des Sportartikelherstellers Adidas.
Er rüstete die deutsche Mannschaft im Gegensatz zu den anderen Mannschaften mit damals neuartigen Schuhen mit Schraubstollen aus.
Dieser Vorteil zeigte sich im Finale von Bern, wo es während des gesamten Spiels in Strömen regnete. In der Halbzeitpause wurden die Stollen ausgetauscht und damit die Schuhe den sich verändernden Gegebenheiten angepasst. (WIKIPEDIA)