Die Suche nach den Aliens
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Das Blinken | da hinten -
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Von "National Geographic"-Autor Michael D. Lemonick
Forscher nähern sich einer der größten Fragen der Menschheit: Sind wir allein im Universum? In fernen Galaxien suchen sie nach Licht ferner Zivilisationen. Doch fündig werden könnten sie auf unseren Nachbarplaneten.
Das elektronische Signal aus einem Nasa-Labor in Kalifornien erreicht ein Roboterfahrzeug in Alaska. Der Rover hängt in einem See an der Unterseite einer 30 Zentimeter dicken Eisschicht. "Es hat geklappt!", ruft John Leichty, ein junger Ingenieur, der am Jet Propulsion Lab im kalifornischen Pasadena arbeitet. Seine Erfolgsmeldung ist möglicherweise der erste Schritt zur Erkundung eines fernen Mondes.
7000 Kilometer weiter südlich, in Mexiko, watet die Mikrobiologin Penelope Boston 15 Meter unter der Erde in einer pechschwarzen Höhle durch schlammiges Wasser. Plötzlich fällt das Licht ihrer Stirnlampe auf den Faden einer zähen, halbdurchsichtigen Flüssigkeit, der von der zerklüfteten Kalksteindecke hängt. "Ist er nicht schön?", ruft sie begeistert.
Beide Orte - der zugefrorene See in der Arktis und die giftgeschwängerte tropische Höhle - könnten Anhaltspunkte zur Lösung eines der ältesten Rätsel der Menschheit liefern: Gibt es Leben außerhalb der Erde?
In anderen Welten, ob in unserem Sonnensystem oder in Umlaufbahnen weit entfernter Sterne, müssen sich Lebewesen vielleicht in eisbedeckten Ozeanen behaupten. Auf der Erde Lebensformen zu finden, die unter ähnlich extremen Bedingungen gedeihen, gäbe Hoffnung, sie auch auf anderen Himmelskörpern entdecken zu können.
Schon 2000 Planeten außerhalb unseres Sonnensystems bekannt
Der erste Planet, der außerhalb unseres Sonnensystems einen sonnenähnlichen Stern umkreist, wurde 1995 entdeckt: 51 Pegasi b ist rund 50 Lichtjahre von der Erde entfernt, eine riesige Gaskugel, halb so groß wie der Jupiter. Wegen seiner engen Umlaufbahn dauert sein "Jahr" nur vier Tage, dort ist es über 1000 Grad heiß.
An Leben unter solch höllischen Bedingungen glaubte niemand. Doch die Entdeckung dieses Planeten war der Durchbruch. Nachdem man kurz darauf einen zweiten und einen dritten extrasolaren Planeten nachgewiesen hatte, waren die Schleusen geöffnet. Heute kennen die Astronomen fast 2000 Exoplaneten.
Keiner dieser Planeten ist genau wie die Erde, aber die Astronomen sind zuversichtlich, über kurz oder lang so einen zu finden. Nach neuesten Schätzungen könnte jeder fünfte sonnenähnliche Stern von Planeten umkreist werden, die lebensfreundliche Bedingungen aufweisen.
Unverzichtbar für Leben, wie wir es kennen, ist nach Ansicht von Biologen nur eines: Wasser in flüssiger Form, das innerhalb eines Organismus Nährstoffe überall dorthin transportieren kann, wo sie gebraucht werden.
Lebensspuren auf dem Mars sind durchaus denkbar
Auf dem Mars floss früher Wasser. Es könnte dort also Leben gegeben haben. Denkbar ist sogar, dass unter der Marsoberfläche, wo es vielleicht noch flüssiges Wasser oder Eis gibt, Lebensspuren zu finden sein werden.
Natürlich ist eine Höhle in Mexiko - in der sich Penelope Boston über zähflüssige Schleimfäden freut - nicht der Mars. Und ein See im Norden Alaskas - in dem John Leichty eine ferngesteuerte Sonde unter dem Eis testet - ist nicht der Jupitermond Europa. Doch an beiden Orten erproben die Wissenschaftler neue Methoden für die Suche nach Leben unter Bedingungen, die zumindest entfernt dem ähneln, was Raumsonden finden könnten. Ihr Augenmerk gilt "Biosignaturen". Das sind sichtbare oder chemisch nachweisbare Indizien, die auf Leben hindeuten - auf früheres oder bestehendes.
Die Höhle in Mexiko könnte ein Modell für den Mars sein. Raumsonden haben festgestellt, dass es auch auf dem Roten Planeten Höhlen gibt. In ihnen könnten Mikroorganismen überlebt haben, als der Planet vor drei Milliarden Jahren seine Atmosphäre und sein Oberflächenwasser verlor. Solche Marsbewohner würden ihre Energie nicht aus dem Sonnenlicht beziehen. Aber vielleicht aus dem tropfenden Schlamm, von dem Boston so begeistert ist.
Suche nach außerirdischem Leben mit Licht statt Funkwellen
Am oberen Ende Nordamerikas haben sich die Forscher am Sukok-See in Alaska ähnliche Ziele gesetzt. Ihr Augenmerk richtet sich hier auf das Methan, das vom Seeboden aufsteigt. Dieser gasförmige Kohlenwasserstoff wird von Mikroorganismen produziert. Sie zersetzen organisches Material und schaffen damit eine weitere Biosignatur, nach der Astrobiologen auf fremden Welten suchen könnten.
Manche Forscher erlauben sich sogar gedankliche Ausflüge in die Science-Fiction. Warum, fragen sie, gehen wir davon aus, dass sich das Leben auf anderen Planeten wie bei uns auf der Basis von Kohlenstoff und Wasser entwickelt hat? Die gibt es zwar überall in der Milchstraße. Aber wir wissen ja gar nicht, wie die Biosignaturen von Leben aussehen könnten, das nicht auf Kohlenstoffverbindungen beruht.
Auch Frank Drake, mit dem die Astrobiologie vor mehr als einem halben Jahrhundert begann, mischt noch mit. Er verfolgt mit größtem Interesse ein neues Vorhaben: Statt auf Funkwellen außerirdischer Zivilisationen zu lauschen, will man sie durch das Licht finden, dass die Anlagen einer hochtechnisierten Gesellschaft ins All abstrahlen. "Wir sollten jeden denkbaren Ansatz verfolgen", sagt Drake: "Wer weiß, auf welche Weise Außerirdische gerade Kontakt suchen."
Dieser Text ist in "National Geographic Deutschland" erschienen, Ausgabe Juli 2014, www.nationalgeographic.de | spiegel-online
Jupiter-Mond Europa: Chemisch nachweisbare Indizien für Leben? | Foto: NASA/JPL/Ted Stryk/SPIEGEL-ONLINE |
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Von "National Geographic"-Autor Michael D. Lemonick
Forscher nähern sich einer der größten Fragen der Menschheit: Sind wir allein im Universum? In fernen Galaxien suchen sie nach Licht ferner Zivilisationen. Doch fündig werden könnten sie auf unseren Nachbarplaneten.
Das elektronische Signal aus einem Nasa-Labor in Kalifornien erreicht ein Roboterfahrzeug in Alaska. Der Rover hängt in einem See an der Unterseite einer 30 Zentimeter dicken Eisschicht. "Es hat geklappt!", ruft John Leichty, ein junger Ingenieur, der am Jet Propulsion Lab im kalifornischen Pasadena arbeitet. Seine Erfolgsmeldung ist möglicherweise der erste Schritt zur Erkundung eines fernen Mondes.
7000 Kilometer weiter südlich, in Mexiko, watet die Mikrobiologin Penelope Boston 15 Meter unter der Erde in einer pechschwarzen Höhle durch schlammiges Wasser. Plötzlich fällt das Licht ihrer Stirnlampe auf den Faden einer zähen, halbdurchsichtigen Flüssigkeit, der von der zerklüfteten Kalksteindecke hängt. "Ist er nicht schön?", ruft sie begeistert.
Beide Orte - der zugefrorene See in der Arktis und die giftgeschwängerte tropische Höhle - könnten Anhaltspunkte zur Lösung eines der ältesten Rätsel der Menschheit liefern: Gibt es Leben außerhalb der Erde?
In anderen Welten, ob in unserem Sonnensystem oder in Umlaufbahnen weit entfernter Sterne, müssen sich Lebewesen vielleicht in eisbedeckten Ozeanen behaupten. Auf der Erde Lebensformen zu finden, die unter ähnlich extremen Bedingungen gedeihen, gäbe Hoffnung, sie auch auf anderen Himmelskörpern entdecken zu können.
Schon 2000 Planeten außerhalb unseres Sonnensystems bekannt
Der erste Planet, der außerhalb unseres Sonnensystems einen sonnenähnlichen Stern umkreist, wurde 1995 entdeckt: 51 Pegasi b ist rund 50 Lichtjahre von der Erde entfernt, eine riesige Gaskugel, halb so groß wie der Jupiter. Wegen seiner engen Umlaufbahn dauert sein "Jahr" nur vier Tage, dort ist es über 1000 Grad heiß.
An Leben unter solch höllischen Bedingungen glaubte niemand. Doch die Entdeckung dieses Planeten war der Durchbruch. Nachdem man kurz darauf einen zweiten und einen dritten extrasolaren Planeten nachgewiesen hatte, waren die Schleusen geöffnet. Heute kennen die Astronomen fast 2000 Exoplaneten.
Keiner dieser Planeten ist genau wie die Erde, aber die Astronomen sind zuversichtlich, über kurz oder lang so einen zu finden. Nach neuesten Schätzungen könnte jeder fünfte sonnenähnliche Stern von Planeten umkreist werden, die lebensfreundliche Bedingungen aufweisen.
Unverzichtbar für Leben, wie wir es kennen, ist nach Ansicht von Biologen nur eines: Wasser in flüssiger Form, das innerhalb eines Organismus Nährstoffe überall dorthin transportieren kann, wo sie gebraucht werden.
Lebensspuren auf dem Mars sind durchaus denkbar
Auf dem Mars floss früher Wasser. Es könnte dort also Leben gegeben haben. Denkbar ist sogar, dass unter der Marsoberfläche, wo es vielleicht noch flüssiges Wasser oder Eis gibt, Lebensspuren zu finden sein werden.
Natürlich ist eine Höhle in Mexiko - in der sich Penelope Boston über zähflüssige Schleimfäden freut - nicht der Mars. Und ein See im Norden Alaskas - in dem John Leichty eine ferngesteuerte Sonde unter dem Eis testet - ist nicht der Jupitermond Europa. Doch an beiden Orten erproben die Wissenschaftler neue Methoden für die Suche nach Leben unter Bedingungen, die zumindest entfernt dem ähneln, was Raumsonden finden könnten. Ihr Augenmerk gilt "Biosignaturen". Das sind sichtbare oder chemisch nachweisbare Indizien, die auf Leben hindeuten - auf früheres oder bestehendes.
Die Höhle in Mexiko könnte ein Modell für den Mars sein. Raumsonden haben festgestellt, dass es auch auf dem Roten Planeten Höhlen gibt. In ihnen könnten Mikroorganismen überlebt haben, als der Planet vor drei Milliarden Jahren seine Atmosphäre und sein Oberflächenwasser verlor. Solche Marsbewohner würden ihre Energie nicht aus dem Sonnenlicht beziehen. Aber vielleicht aus dem tropfenden Schlamm, von dem Boston so begeistert ist.
Suche nach außerirdischem Leben mit Licht statt Funkwellen
Am oberen Ende Nordamerikas haben sich die Forscher am Sukok-See in Alaska ähnliche Ziele gesetzt. Ihr Augenmerk richtet sich hier auf das Methan, das vom Seeboden aufsteigt. Dieser gasförmige Kohlenwasserstoff wird von Mikroorganismen produziert. Sie zersetzen organisches Material und schaffen damit eine weitere Biosignatur, nach der Astrobiologen auf fremden Welten suchen könnten.
Manche Forscher erlauben sich sogar gedankliche Ausflüge in die Science-Fiction. Warum, fragen sie, gehen wir davon aus, dass sich das Leben auf anderen Planeten wie bei uns auf der Basis von Kohlenstoff und Wasser entwickelt hat? Die gibt es zwar überall in der Milchstraße. Aber wir wissen ja gar nicht, wie die Biosignaturen von Leben aussehen könnten, das nicht auf Kohlenstoffverbindungen beruht.
Auch Frank Drake, mit dem die Astrobiologie vor mehr als einem halben Jahrhundert begann, mischt noch mit. Er verfolgt mit größtem Interesse ein neues Vorhaben: Statt auf Funkwellen außerirdischer Zivilisationen zu lauschen, will man sie durch das Licht finden, dass die Anlagen einer hochtechnisierten Gesellschaft ins All abstrahlen. "Wir sollten jeden denkbaren Ansatz verfolgen", sagt Drake: "Wer weiß, auf welche Weise Außerirdische gerade Kontakt suchen."
Dieser Text ist in "National Geographic Deutschland" erschienen, Ausgabe Juli 2014, www.nationalgeographic.de | spiegel-online