Antwort auf eine Mail von NW-Redakteur Hubertus Gärtner vom 05.01.2015 auf meinen Blogbeitrag hier vom 30.12.2014
Oben sehen Sie den Ausriss aus meinem Blog vom 30.12.2014 - als ich auf den Titelaufmacher "Städte brauchen mehr Geld für Behinderten-Betreuung" mit Kommentar (bitte dort hinclicken...!!!) in der NW vom gleichen Tage einging: - u.a. mit der für mich erschreckenden Gipfel-Aussage: "...Weil die Medizin Fortschritte macht, gibt es mehr behinderte Menschen. Sie leben länger. ..."
Nun - gestern erhielt ich eine knappe Mail vom Redakteur dieses Artikels, Hubertus Gärtner von der NW, der sich darin sinngemäß dahingehend äußert, meine Anmerkungen in diesem Blog dazu seien "unfair" gewesen, denn ich hätte ja auch seinen Kommentar auf der nächsten Seite dazu gelesen, in dem genau nachzulesen sei wie er dazu stünde und wie das alles gemeint sei ...
Dazu möchte ich nun noch einmal wie folgt Stellung nehmen:
Meine Kritik sollte grundsätzlich weiter gefasst sein, als dass man sie nun pauschal einfach mit "unfair" zurückweisen kann ...
Ich kritisiere in erster Linie, dass sich Landschaftsverband, Bethel und Bistum mit Hilfe der Presse wie in einem Lobby-Verbund PR-mäßig öffentlich präsentieren oder vielleicht auch präsentieren müssen, um so gemeinsam vom Bund mehr Knete für ihre Arbeit mit behinderten Menschen einzufordern - u.a. mit der fadenscheinigen und in meinen Ohren ungeheuerlichen Begründung, "...Weil die Medizin Fortschritte macht, gibt es mehr behinderte Menschen. Sie leben länger..."[Was ist denn bitteschön der Umkehrschluss zu diesem Argument...??? - und - was ist in der sogenannten Normalbevölkerung denn anders ...???] - ergo benötige man allein schon auf diesen Umstand hin insgesamt mehr Mittel ...
Wohlgemerkt - ich kritisiere nicht die Forderungen an sich, aber ich kritisiere die Art und Weise hier marktschreierisch wie auf dem Flohmarkt zu (ver)handeln: genau so musste Frau von der Leyen die Bundeswehr als völlig "marode Truppe" darstellen (lassen) - wahrscheinlich auf Anraten der einschlägigen Lobbyisten von den deutschen Rüstungs-Giganten EADS/Airbus Group, Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann und Diehl - und schwupps wird der Wehretat entsprechend aufgepeppt ... -
Und nun - hier - wenn für die Arbeit an und mit behinderten Menschen mehr Mittel benötigt werden, um den "Inklusions"-Aspekt hier auch tatsächlich zeitgemäß auf vertraglich verpflichtende internationale Standards umzusetzen - und der sich seit Jahrzehnten so abzeichnenden demographischen Entwicklung endlich Rechnung zu tragen - ohne jede Einbußen an professionellen fachgerechten Fürsorge- und Wiedereingliederungleistungen - dafür muss man anscheinend ähnliche Lobbyisten-Darstellungen und -Präsentationen wie in der schnöden Wirtschaft aufführen und sich mit in die Reihe stellen, um den Bund nun dazu zu bewegen, trotz der geheiligten "Schwarzen Null" im Bundeshaushalt "zusätzliche" Mittel dafür locker zu machen ... - wahrscheinlich ist das dann die von Frau Merkel apostrophierte "marktkonforme Demokratie" - in der wir anscheinend mittlerweile alle leben und eingebunden sind - und alle Gesellschaftsteile - einschließlich Bistum und Stiftung und Landschaftsverband ziehen mit Hilfe der Presse wie die Lemminge PR-mäßig mit Leitartikel und Kommentar voll aufgeputzt in bittstellerischer Demut hinterdrein ...
Das - meine ich - ist eine dieser Aufgabe und dieses Politikums eben nicht angemessene Vorgehensweise - besonders auch aus ethisch-moralischen - ja ganz schlicht "menschlichen" Gründen ...
Ich gebe zu - diese Arbeit ist Laien schwer plausibel zu machen - zumal den Laien, die "am grünen Tisch" Geld verwalten - denn diese Arbeit kostet lediglich - sie bringt nichts ein ... - zum Bruttosozialprodukt werden die betroffenen Menschen auch bei bester und teuerster Rehabilitation und Wiedereingliederung nur - wenn überhaupt - wenig beitragen. Diese Arbeit ist also einfach nicht nach wirtschaftlich relevanten Grundsätzen zu bewerten - sondern es geht hierbei um die Ethik - um die Moral - um die Nächstenliebe dieser bundesrepublikanischen Gesellschaft und ihrer Repräsentanten und Parteien und Institutionen!
Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen werden vor jeglicher Benachteiligung seit Jahr und Tag bereits durch das Grundgesetz Artikel 3 geschützt - ergo muss die jeweilig angepasste Ausstattung vielleicht mit Berechnungsformeln bzw. Algorithmen aus den relevanten demographischen Statistiken und der jeweils dynamisch-angepassten Entwicklung eines allgemeinen Lebensstandard-Niveaus eigentlich verbindlich und für alle Seiten nachvollziehbar möglich sein - also relativ automatisch - Jahr für Jahr: dafür gilt es dann von seiten des Bundes entsprechende Haushaltsansätze errechnen zu lassen und so folgerichtig einzustellen, die mit der jeweilig sich abzeichnenden aktuellen demographischen Entwicklung - gerade auch in Deutschland nach der Zäsur durch die NS-"Euthanasie" - und den jeweiligen Marktpreisen für Ausstattung und benötigtem Fachpersonal mitwachsen bzw. auf einem abzugleichenden Niveau miteinander korrespondieren müssen - denn diese Bundesrepublik Deutschland ist - und hat sich freiwillig - verdammt noch mal - auch in moralischer Hinsicht eben mit Hinblick auf die Zustände in der NS-Zeit und mit der Übernahme des "Inklusions"-Gebotes als international verpflichtenden Standardgrundsatz dazu verpflichtet ...
Sobald man sich für diese eigentlich selbstverständliche "Mittelbeschaffung" für einen - in meinen Augen - völlig normalen Haushaltsposten (eben wie z.B. der Bedarf für den Winter-Streudienst) dafür in die Reihe der "Bittsteller" und als Quasi-Lobby-Verband mit anstellt bzw. anstellen muss, seine Haut also auch im wahrsten Sinne des Wortes "zu Markte trägt" und einreiht, verliert diese Arbeit ihren gesellschaftlichen ethisch-moralischen Aspekt - und wird quasi zum verhandelbaren Wirtschaftsgut und zur Ware ... - und man dreht sich alljährlich wieder wie im Hamsterrad ... - bis der Bund so gnädig ist, sich zu bequemen ... - was dann seinerseits besonders vor Wahlen PR-mäßig mit lautem Tam-Tam unters Volk gestreut wird - ganz nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber ...
Die Hilfen und die Wohnqualität und die Chancenermöglichung persönlicher Entfaltung für Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen sind nicht verhandelbar - sondern das GG der Bundesrepublik Deutschland garantiert diesen Bedarf per se ... - mit der Entwicklung des Lebenstandards insgesamt haben diese Hilfen, Qualitäten und Möglichkeiten grundsätzlich - ja sogar gesetzlich - auf vergleichbarem Niveau zu bleiben: denn das GG (Art. 3 - Abs. 3) regelt ohne Wenn & Aber: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Und wenn man dann noch die steigende Zahl dieser Gruppe betroffener Menschen mit den Kollateralschäden moderner Medizintechnik oder den Folgen der NS-"Euthanasie" und mit den dadurch entstandenen demographischen Besonderheiten in Deutschland zu begründen sucht, desavouiert man meines Erachtens die eigenen moralisch-ethischen und justiziablen Berechtigungen sowie die eigenen sinnleitenden Grundsätze und Überzeugungen von Bistum, Stiftung und Verband - die eigene sonst so hoch gehaltene "corporate identity" ...
Da wird dann - wie auf dem Bazar - mit der einen Hand gebettelt bzw. gefordert - und mit der anderen Hand wird signalisiert, dass man im "Freizeitbereich" Möglichkeiten zur Kostenersparnis sehe: "Eine Vollversorgung mit Profis werden wir für ein wachsendes Klientel von Behinderten hier in Zukunft nicht mehr leisten können", sagt der LWL-Chef Landesdirektor Löb. Das sei "die Chance für ehrenamtliche Betätigung"...: Bei solchen Aussichten handelt man mit den Kostenträgern wieder einmal nichts weiter als eine "Satt-&-Sauber"-Lösung aus - mehr nicht - und die hospitalisierten Heimbewohner werden wieder - oder weiterhin - je nach derzeitigem Stand der Betreuung - vor lauter übergestülpten "Jactationen" (krankhaft aufgesetzten zwanghaften Unruhen) nicht nur "mit dem Kopf wackeln" - es werden wieder mehr Psychopharmaka eingesetzt werden und die Pharma-Industrie reibt sich die Hände [also doch ein Beitrag zum Bruttosozialprodukt ...] - und auch die Sterberate wird wieder ansteigen ... - aber preiswerter ist das natürlich allemal - und man ist sich dann doch auch irgendwie "entgegengekommen" ...
Vielleicht sollten die jeweiligen Wohn- und Betreuungsinstitutionen für behinderte Menschen stattdessen viel öfter damit drohen - unter ganz gewissen daumenschraubenähnlichen Bedingungen seiten des Bundes ihre nach dem Subsidiaritätsprinzip übernommenen Aufgaben - wenn es denn sein muss - an ihn zurückzugeben ...