Sie sehen aus wie ein Maulwurf nach dem Besuch einer Striptease-Bar - vielleicht für unseren Nackedei-Geschmack etwas zu knitterig - und sie haben es in sich: Sie leben wie die Ameisen und Bienen in straffen arbeitsteiligen Systemen. Im ersten Moment haben sie mich an die "Bärtierchen" erinnert, die noch viel winziger aber mit ähnlichem Aussehen im Wasser leben - und über die ich hier schon mal berichtet habe ...
Ich finde all diese Langlebigkeits-Geschöpfe mit ihrem putzigen Aussehen - manchmal so, als wären sie einem Science-fiction-Comic entsprungen - äußerst reizvoll: auch weil ich glaube, dass wir zwischen Himmel alle Geheimnisse gelöst haben - und die uns Humanoiden vielleicht auch ein gesunderes Leben bescheren könnten - zumindest aber mehr Ehrfurcht vor dem Leben und auch große Toleranz, was das Äußere angeht: ich meine als Geschenk - als Gabe - nicht als dann horrende Übervergütung von irgendwelchen ominösen Produktforschungen der Pharmaindustrie ..
Nacktmulle: In Würde altern - Das gesamte Bildmaterial stammt von CORBIS | SPIEGEL-ONLINE - wenn nicht anders angegeben |
Nacktmulle: Hässlich und zäh
von Julia Merlot | SPIEGEL-ONLINE|Wissenschaft
Wohl kein Nagetier lebt so lang wie Nacktmulle. Das könnte auch an der Geselligkeit der hässlichen Viecher liegen: Sie leben in riesigen Staaten mit klarer Arbeitsteilung - das schützt vor Fressfeinden und macht ein langes Leben erst möglich.
Nacktmulle verspüren keinen Schmerz, wenn sie mit Säure übergossen werden. Sie bekommen keinen Krebs und gelten als die langlebigsten Nager der Welt. Immer wieder versuchen Forscher mit ihrer Hilfe herauszufinden, was einen Organismus bis ins hohe Alter fit und gesund hält - bislang vor allem über Genanalysen. Nun gibt es eine weitere Erklärung: Die Sozialstruktur des Nacktmulls könnte maßgeblich zu seinem langen Leben beitragen, berichten Forscher im Fachmagazin "Proceedings of the Royal Society B".
Sandgräber, zu denen auch der Nacktmull gehört, sind die einzige Säugetierfamilie, von der einzelne Arten in Staaten leben. Dieses sogenannte eusoziale Verhalten kennt man eigentlich vor allem von Insekten wie Bienen oder Ameisen. Aber auch die unter der Erde lebenden Nacktmulle setzen auf strikte Arbeitsteilung.
Die Aufgaben werden je nach Alter verteilt. Als Teenager kümmern sich die Nager um ihre jüngeren Geschwister, später malochen sie im Tunnel und graben gemeinschaftlich wie am Fließband neue Schächte. Kräftige ältere Tiere bewachen die Eingänge des unterirdischen Baus vor Schlangen. Nachwuchs bekommt nur die Königin. Alle zwei bis drei Monate versorgt sie die Kolonie mit neuen zukünftigen Babysittern, Arbeitern und Soldaten. Zur Paarung in Frage kommen maximal drei Männchen. Alle anderen Staatenmitglieder bleiben unfruchtbar.
Um herauszufinden, ob dieses Sozialkonzept die Langlebigkeit der Nacktmulle begünstigt haben könnte, werteten Scott Williams und Milena Shattuck von der New York University Daten von 440 Säugetieren aus. Davon lebten 423 allein oder in herkömmlicher sozialer Gemeinschaft. 17 waren in Staatengemeinschaften oder ähnliche soziale Strukturen intergeriert.
Zusätzlich bezogen die Forscher den Lebensraum der Säuger ein. Unter den 440 Arten lebten 339 am Boden und 101, wie die Nacktmulle, in komplexen Bauten unter der Erde.
Staaten-Gemeinschaft verlängert das Leben
Das Ergebnis: Wenn sie unter der Erde oder in starken sozialen Gemeinschaften leben, werden Säugetiere besonders alt. Gemessen haben die Forscher das über den Langlebigkeitsquotienten. Er beschreibt das Verhältnis zwischen dem Durchschnittsalter vergleichbarer Spezies und dem Alter einer einzelnen Art. Je weiter der Wert also über eins liegt, desto deutlicher liegt das Alter einer Spezies über dem Durchschnitt.
Die höchsten Werte erzielen unter der Erde lebende, tendenziell eusoziale Tiere, wie der Graumull mit einem Wert von 2,7 und der Nacktmull mit einem Rekordwert von 4,9. Nacktmulle können fast 30 Jahre alt werden.
Coruro | Foto: magicbusblog.wordpress.com |
Zwergmangusten | Foto von Gudrun Hunger fotocommunity.de |
Weit abgeschlagen sind dagegen etwa Taschenratten mit einem Quotienten von 0,94, also unterhalb der durchschnittlichen Lebenserwartung vergleichbarer Arten. Taschenratten leben zwar ähnlich wie die Nacktmulle in verzweigten Gangsystemen unter der Erde, sind aber Einzelgänger.
Schutz vor Feinden lässt Raum für Evolution
"Wir gehen davon aus, dass Langlebigkeit im Zusammenhang mit dem Leben im Staat entsteht", schreiben die Forscher nach der Auswertung ihrer Daten. Der Schutz vor Feinden in einem extrem gesicherten Bau und die Unterstützung bei der Nahrungssuche durch Artgenossen, mache es erst möglich, dass sich der Körper evolutionär an ein langes Leben anpassen kann, so die Begründung.
Zum Vergleich: Maulwurf | Foto: Dieter Mahlke, blende78.de |