Konrad Klapheck: S!NEDi|photo|graphic nach einem Video-Still |
Zum 80. Geburtstag von Konrad Klapheck
Das Gedächtnis der Maschinen
Von Simone Reber | tagesspiegel.de
Bei Konrad Klapheck verschmelzen Mensch und Objekt. Der Düsseldorfer Maler feiert am 10. Februar achtzigsten Geburtstag
„Mit Hilfe meiner Maschinenbilder konnte ich ohne zu suchen die Vergangenheit wieder finden“, schreibt Konrad Klapheck über sein wichtigstes Motiv. Die Schreibmaschinen und Nähmaschinen, die Feuerlöscher und Motorräder verbinden sich im Werk zu einer Familie mit eigenem Stammbaum. Dusche und Telefon werden mit ihren durchlöcherten Scheiben zu Verwandten, aus denen Lautsprecher und Sirenen hervorgehen. Sie alle treten als Einzelgänger auf, nur Fahrradklingeln und Schuhspanner bilden Gruppen. In diesem seltsam zeitversetzten Werk fungieren die Objekte als Medien, um die eigene Biographie zu befragen. Am 10. Februar 1935 in Düsseldorf geboren nennt Konrad Klapheck als entscheidendes Kindheitserlebnis den Tod seines Vaters.
Der Künstler zwischen allen Stühlen
Beide Eltern waren Kunsthistoriker. Seine Mutter Anna Klapheck schrieb mehrere Künstlerbiographien. Sein Vater Richard Klapheck wurde 1934 von den Nationalsozialisten als Professor an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf entlassen. Er starb, als Konrad Klapheck vier Jahre alt war. Auf der Suche nach Mitteilungen des toten Vaters habe er als Kind die Papierkörbe durchwühlt, erzählt Konrad Klapheck später. Nach dem Krieg liegt die Welt seiner Kindheit in Schutt und Asche. Mit dem Fahrrad fährt er durch die Trümmerlandschaft seines Wohnviertels, findet Trost bei den glänzenden Maschinen und Kränen am Hafen, die ihn an die Vergangenheit erinnern. Während des Kunststudiums in Düsseldorf wird das Bild von einer Continental-Schreibmaschine 1955 sein erstes wiedererkennbares Werk. Dazu ermuntert hatte ihn sein Lehrer Bruno Goller, der in seiner Malerei selbst immer wieder in die Räume seiner Kindheit zurückkehrte. Klapheck verschreibt sich der Präzision, der undurchdringlichen Oberfläche, den harten Kanten der Mechanik. Er will sich vom Informel absetzen und landet zwischen allen Stühlen. Zu spät für den Surrealismus, zu früh für den Hyperrealismus, zu skeptisch für die Pop Art, zu verschattet für den lichterfüllten Aufbruch von ZERO.
Die Nähmaschine als Symbol für das Weibliche
Aber als Einzelgänger weckt er früh die Neugier. Zunächst bei den Surrealisten. Klapheck trifft Max Ernst, er lernt René Magritte kennen. André Breton schreibt einen Aufsatz über seine Kunst. Schon 1966 widmet die Kestner-Gesellschaft ihm eine Retrospektive. Ab 1979 unterrichtet er an der Düsseldorfer Akademie. Am plausibelsten öffnet sich das Werk, wenn man es als Autobiographie liest. Der Künstler selbst steuert freigiebig Geschichten und Legenden dazu bei. Auf die erste Schreibmaschine im Kunststudium folgt die erste Nähmaschine, als Vertreterin der weiblichen Welt. Nach einem Streit mit seiner Freundin und späteren Ehefrau nennt er das Bild „Die gekränkte Braut.“ Sein Selbstbildnis wird eine Schreibmaschine mit athletischer Figur, überbreitem Wagen und schmaler Tastatur. Spätere Ehekrisen schlagen sich in Gestalt von Sägen nieder, mit dem Heranwachsen der Kinder tauchen Rollschuhe auf.
1987 stirbt Klaphecks Frau Lilo beim Brand des Ferienhauses in Holland. Nach dem jüdischen Begräbnis malt er eine rote Schreibmaschine mit gelben hebräischen Buchstaben und nennt sie „Schmerz“. Die Maschinen sind nicht mehr Freunde und Verwandte, sie werden zu Ungetümen. Klaphecks größtes Maschinenbild „Im Zeitalter der Gewalt“ von 1995 zeigt auf sieben Meter Breite einen Schaufelbagger, der die Erde aufwühlt.
Konrad Klapheck: "Zeitalter der Gewalt", 1994 - FOTO: K. BARTSCH,VILLA GRISEBACH / VG BILDKUNST, BONN 2014 | tagesspiegel.de |
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Konrad Klapheck (* 10. Februar 1935 in Düsseldorf) ist ein deutscher Grafiker, Maler, Künstler und (emeritierter) Kunstprofessor an der Kunstakademie Düsseldorf. Er gilt heute als Klassiker der Nachkriegs-Avantgarde.
Leben
Konrad Peter Cornelius Klapheck wurde am 10. Februar 1935 als Einzelkind des Professors für Kunstgeschichte Richard Klapheck in Düsseldorf geboren. Sein Vater, der vier Jahre nach Konrads Geburt starb, arbeitete bis zu seiner Entlassung durch die Nazis 1934 an der Kunstakademie Düsseldorf, wo Konrads Mutter Anna (geb. Strümpell) nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 ebenfalls einen Lehrstuhl innehatte. Während des Krieges floh Anna mit Konrad zu den Großeltern nach Leipzig, wo er mitansehen musste, wie die Villa der Großeltern durch einen Bombenangriff zerstört wurde und in Flammen aufging. Diesen Augenblick erlebte der Achtjährige als fesselndes Schauspiel.
Nach Kriegsende zogen Anna und Konrad 1945 zurück nach Düsseldorf. Dort besuchte er das Humboldt-Gymnasium. 1954 legte er nach der regulären Schulzeit sein Reifezeugnis ab und schrieb sich in die Kunstakademie Düsseldorf ein, wo er Schüler von Bruno Goller wurde. Mit starkem Interesse am Surrealismus besuchte er in diesem Jahr den zu dieser Zeit in Paris lebenden Max Ernst. Sein erstes Schreibmaschinenbild (Schreibmaschine, 1955) erntete Zuspruch von Goller, und dieser ermutigte Klapheck, die Objektmalerei weiter zu verfolgen. 1958 beendete Klapheck sein Studium und feierte seinen ersten größeren Erfolg mit der Malerei. Er verkaufte sechs Gemälde an George Staempfli, der diese ein Jahr später in seiner Galerie in New York neben Werken von Yves Klein, Jesús Rafael Soto und Lucio Fontana ausstellte.
1960 heiratete Klapheck Lilo Lang, die er bereits seit seinem 16. Lebensjahr kannte, besuchte den Maler Richard Oelze in Worpswede und erwarb eines seiner Werke, das den Grundstein für eine kleine Sammlung des Künstlers legte. 1961 kam Klapheck mit dem Pariser Surrealistenkreis um André Breton in Kontakt.Im darauf folgenden Jahr machte er Bekanntschaft mit dem belgischen Maler René Magritte auf einer von Magrittes Ausstellungen. Bei einem weiteren Treffen der beiden präsentierte Klapheck Magritte eine Auswahl seiner Arbeiten. Magritte kritisierte die Hintergründe der mitgebrachten Werke – Steinchenhintergründe, die Magritte zu „pittoresk“ fand. Im selben Jahr wurde Klaphecks Tochter Elisa Klapheck geboren. Drei Jahre später bekam das Ehepaar Klapheck das zweite Kind, David. 1965 stellte Klapheck erstmals in einer Einzelausstellung in Paris aus, wo 1956 sein Aufnahmeantrag in die École nationale supérieure des beaux-arts de Paris abgelehnt worden war. Die Aktualität seiner Werke wurde 1970 durch die neue Stilrichtung des Hyperrealismus bestätigt.
1979 drängte das Interesse für neue Stilrichtungen wie „Wilde Malerei“ Klaphecks Art des Malens zeitweilig in den Hintergrund. Er übernahm zwischen 1997 und 2002 eine Professur für Freie Malerei an der Kunstakademie Düsseldorf. Von 1992 bis 2002 porträtierte Klapheck Kollegen, Freunde und Prominente aus der internationalen Kunstszene. Er malt Frauen und Männer, schwarz auf weiß, ganzfigurig und mit ungewöhnlichen Attributen ausgestattet. Eine Auswahl erschien 2002 in Buchform im Verlag Schirmer Mosel, München.
Werk
Klaphecks Malstil vereinigt Merkmale des Neo-Realismus, Surrealismus und der Pop Art zu einem eigenen Stil, an dem er bis heute festhält. Seit den 1950er Jahren malt er präzise, gegenständlich, oft großformatig und scheinbar realistisch technische Geräte, Maschinen, Apparate und Alltagsgegenstände, doch seltsam verfremdet und neu komponiert, so dass sie zu Dämonen, Ikonen oder Monumenten werden. Dazu gehören Schreibmaschinen, Nähmaschinen, Wasserhähne und Duschen, Telefone, Bügeleisen, Schuhspanner und Schuhe, Schlüssel, Sägen, Autoreifen, Fahrradschellen und Uhren. Diese Anordnung entspricht der Reihenfolge, in der die Themen in Klaphecks Werken auftauchten. Die Sujets aus der Welt der Maschinen, Geräte und Werkzeuge trugen dem Künstler den Ruf eines „Maschinenmalers“ ein.
Wesentlich sind auch die Titel der Gemälde wie Die charmante Chaotin, Die schwierige Gattin, Die Supermutter, Die Sexbombe und ihr Begleiter, Die Gewalt der Dinge, Im Zeitalter der Gewalt, Das Orakel oder Die Vasallen von 1986, die oftmals die gemalten Gegenstände zu Darstellern und surrealistischen Personen machen. WIKIPEDIA
Eine weitere Auswahl seiner Werke: clicken Sie hier