Ciro Immobile |
Also so laienhaft von mir - von außen betrachtet - hat nicht Ciro Immobile sein Engagement bei der Borussia in den Sand gesetzt - sondern der Verein selbst hat im Willkommen und in der Integration von dem Italiener total versagt - denn zu einem guten Zusammenkommen gehören immer Zwei ...
Immobile ist keine Figur für dieses "Schantall - tu mal die Oma winken"- und das "Glück-auf"-Gehabe der Borussia, die ja als Ruhrpott-Verein immer noch alte Bergmannslieder im Liedblättchen führt: Immobile ist Italiener - und die Italiener sind "Familienmenschen" - sie umgeben sich mit Clans - und reden und reden ... - und lachen miteinander ... - und suchen Geborgennheit und Zusammenhalt.
Davon weiß eigentlich die Psyche eines Ruhrpott-Vereins - und davon weiß auch der "Motivations"-König Kloppo etwas - aber niemand hat das umgesetzt - oder im wahrsten Sinne in den Mund genommen (... „In den acht Monaten, seitdem ich hier bin, hat mich kein Teamkollege zu sich nach Hause zum Abendessen eingeladen....“ - „Die Deutschen sind kalt, da kann man nichts machen“... - soweit Originalton Immobile) - weil andere Mannschaftsteile durch Verletzungen und zum Beispiel "Großkreutz"-Eskapaden (Pinkeln an die Hotelsäule) und Münchener Giftpfeile à la Rummenigge mit sich selbst genug zu tun hatten - als mit offenen Armen auf Ciro Immobile zuzugehen: "Dazu muss man Profi genug sein - um das wegzustecken" ... - na ja ...
Und in Anlehnung an den "Schantall"-Titel frage ich mich: "Wer hat denn den Tschiro nun endlich zum Grillen eingeladen ...???" - und auf diese Frage an die Gastfreundschaft der Borussen werden immer noch keine 20 Finger in die Höhe gehen ...
Und gerade diesem arroganten Gastarbeiter-Typen mit 4-Millionen-Jahresgage und Luxusvilla in Unna wird man erst recht nicht die Flanken servieren, die der braucht - da deponiert man als Gag lieber mal eine "Spiderman"-Maske an den Torpfosten ... Aber davon ist die italienische Mentalität weit entfernt ...
In der Sozialpädagogik habe ich den Merksatz gelernt: "Man holt das Klientel da ab wo es steht" - und man hält dem Neuankömmling so weit und bequem den Mantel hin, damit er direkt hineinschlüpfen kann ...
Und das gilt auch für die überwiegende Mehrheit der 86.000-BVB-Fans, die erst nach alter Ruhrpott-Mentalität zuerst immer Taten und unbedingten Einsatz und Treue sehen wollen - ehe jemand aufgenommen und ins Herz geschlossen wird: Tu Du wat für mich - tu ich wat für Dich ...: Aber bei diesem Verhaltensklüngel kommt es immer darauf an - wer den ersten Schritt aufeinander zu macht ...
Immobile konnte sich also nicht gerade geborgen und aufgenommen fühlen in Westfalen, und er mag von seinem Azzuro-Heimweh weniger schnell abgekommen sein, als seine Vorgesetzten gehofft hatten, aber es gibt eben auch darüber hinaus Gründe, die es ihm unabhängig von eigenen Defiziten erschweren, sich zu profilieren.
Seine Spielanlage kannte man: Er sagte mal über Kloppo, der habe ihn soviele Stunden zuvor bereits im Video beobachtet, das der ihn besser kenne als sein eigener Vater ...
Also musste man nicht nur Immobile an Borussia anpassen - die Borussia musste sich der Spielweise und der Mentalität des Italieners anpassen: quasi ihm mehr die Pässe geben - als nun wahrscheinlich den Laufpass ...
Anders als die neuen Spieler vergangener Jahre fand Ciro Immobile kein Kollektiv vor, das geschlossen und gefestigt auftrat, sondern ein äußerst fragiles Mannschaftsgebilde. Viele etablierte Profis hatten lange Zeit (zu) viel mit sich selbst zu tun und sahen sich außerstande, den Integrationsprozess zu fördern. Und selbst ein Herr Kehl, dem ich in dieser Beziehung eine Initiative zugetraut hätte, verkroch sich ...
Als Beispiel auch die ausharrende Schmerz-Odyssee des Ilkay Gündogan - allein durch ganz Europa bis nach Malta - und nun - nachdem es einigermaßen wieder fluppt - sein Weggang und die Schmährufe der Fans hinter ihm her - das alles spricht dazu Bände ...- aber auch dazu, wie die Borussia im Inner-Circel tickt ...
Dass Dortmund vorübergehend sogar in die Abstiegszone rutschte, machte die Sache nicht einfacher. „Die Mannschaft hat insgesamt nicht so funktioniert, als dass sie es einem neuen Spieler leichtgemacht hätte, seine Bestleistung zu bringen“, sagt Zorc. Auch „diese Sondersituation“ müsse in die Bewertung einfließen.
Zudem ist im Angriff ein Prozess abgelaufen, der vor ein paar Monaten nicht zu erwarten stand. Pierre-Emerick Aubameyang, in der vergangenen Saison vor allem auf dem Flügel aufgrund seiner Schnelligkeit wahrgenommen, entwickelte sich zu einem spielenden Stürmer und wurde im Zentrum zum Nutznießer der Anpassungsschwierigkeiten, die Immobile und dessen vermeintlichem Konkurrenten Adrian Ramos zu schaffen machen. „Aubameyang hat eine erfreuliche Entwicklung als richtige Sturmspitze genommen“, sagt Zorc. „Er hat derzeit die Nase vorn.“
Das mag auch daran liegen, dass Aubameyang sich – mit und ohne Batman-Maske – bestens mit Marco Reus, dem Dreh- und Angelpunkt des Dortmunder Spiels, versteht. Und wetten: Die beiden grillen auch schon mal miteinander - und/oder tauschen Videos aus: und der eingefleischte und tatsächliche Kevinist Großkreutz muss den Kasten Bier holen - und Erik Durm macht für Reus den Kurier-Fahrer, den der ja nun mal für längere Zeit zumindest in Deutschland noch benötigt ...
Aber es gibt auch eine Reihe von Personalien, die geeignet erscheinen, Immobile Mut zu machen. Aubameyang, selbst schon als Verkaufskandidat gehandelt, oder vorher Lewandowski sind auch erst im zweiten Jahr richtig in Dortmund angekommen. Und dann gibt es ja auch noch Bas Dost vom VfL Wolfsburg. Auch dieser nicht gerade für das Kombinationsspiel prädestinierte Angreifer galt lange als Fehlbesetzung und ist, als kaum noch jemand damit rechnete, zu einem überaus erfolgreichen Torjäger geworden.
Jürgen Klopp hat „das Kraftpaket“ Immobile auf seine Art abgeschrieben, in dem er von dannen zieht ... und sagt über Immobile: „Ciro ist ein richtig guter Typ. Er ist immer in der Spur geblieben, immer auf dem Sprung zum nächsten Entwicklungsschritt.“ Immobile weiß solchen Zuspruch zu schätzen. Bei allen Anpassungsschwierigkeiten sieht der Stürmer sich bei Klopp gut aufgehoben. „Er redet viel mit mir, er ermutigt mich und leidet mit mir“, sagt Immobile.
Da im Sommer die Villa in Unna vom Verein wieder zum Verkauf steht, muss man abwarten, wohin Immobile "die Spur" zieht zum "nächsten Entwicklungsschritt" - vielleicht ja auch irgendwann wieder gemeinsam mit dem Trainer, der ihn besser kennt als der eigene Vater ...
Und das singt man - aus 86.000 Kehlen lautstark vor jedem Heimspiel der Borussia:
YOU'LL NEVER WALK ALONE
SONGTEXT ÜBERSETZUNG
Wenn du durch einen Sturm gehst
Halte deinen Kopf oben und fürchte dich nicht vor der Dunkelheit
Am Ende des Sturms ist ein goldener Himmel
Und das süße, silberhelle Lied einer Lerche
Gehe weiter durch den Wind
Gehe weiter durch den Regen
Auch wenn sich alle Deine Träume in Luft auflösen.
Geh weiter, geh weiter,
Mit Hoffnung in deinem Herzen
Und du wirst niemals alleine gehen
Du wirst niemals alleine gehen
Geh weiter, geh weiter,
Mit Hoffnung in deinem Herzen
Und du wirst niemals alleine gehen
Du wirst niemals alleine gehen
(mit Textbausteinen aus einem Artikel von Richard Leipold dazu in der faz.net vom 18.03.2015)