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Kreuz: Arnulf Rainer, 1988 - Domkirche St. Eberhard Stuttgart | impuls für die woche -180

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Auch nach Ostern und Pfingsten dürfen wir uns mit einem "Schmerzensbild" von Arnulf Rainer beschäftigen, das in der Domkirche zu Stuttgart gezeigt wird - und das ich während einer "Kirchentags"-Bibelarbeit mit Kardinal Marx dort entdeckte:


Arnulf Rainer, „Kreuz", 1988 


Die Kreuzigung als Schmerzensbild?

KREUZBILD


Im rechten Seitenschiff an der Wand der Domkirche St. Eberhard bei der im Boden eingelassenen Gedenktafel für die Gefallenen des Zweiten Weltkrieges befindet sich ein abstraktes, in vehementen Farben gemaltes Bild von Arnulf Rainer in angedeuteter Kreuzform. Die Farben, teilweise mit den Händen aufgetragen, bedecken dick und pastos die Tafel. Teilweise strömt die Farbe aber auch flüssig über die Bildfläche. Das ganze Bild wird vom kräftigen, hellen Rot der hintersten Farbschicht dominiert. Darüber liegen braune, grüne und schwarze Farbschichten. Das Grün als Farbe keimenden Lebens ist zwischen Blau und Rot kaum sichtbar. Rot als Farbe des Zorns und des Schmerzes kann uns das Leiden Christi in konfrontierender Weise spüren lassen.

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Betrachtung zum Bild von Arnulf Rainer

Entsetzen, Zerstörung, Verwüstung? Schmiererei, Kunst? Ähnliche Gedanken werden jeden beim ersten Anblick dieses Bildes beschäftigen.

Die folgende Betrachtung soll in das Bild hineinführen, uns in Berührung mit dem Inhalt bringen und die Möglichkeit persönlicher Betroffenheit und Andacht eröffnen.

Was ist zu sehen?

Das von einem Metallrahmen begrenzte Bildfeld hat die angedeutete Form eines Kreuzes. Auf dieser Bildfläche verfließt die Farbe und breitet sich aus, Der obere Teil des Bildes wurde vom Maler vehement mit Farbe bearbeitet, während die restliche Fläche von nach unten strömender Farbe bedeckt wurde.

Rot als Farbe des Schmerzes, des verströmenden Blutes in Zusammenhang mit Schwarz als Trauer- und Todesfarbe bestimmt hauptsächlich die Bildwirkung, Die breite Bahn brauner Farbe zwischen roter und schwarzer Farbschicht kann sowohl das Holz des Kreuzes als auch die Erde
  • aus der wir entstanden sind 
  • und in die wir zurückkehren, 
symbolisieren. 

Blau als Farbe des Himmels und des Wassers, damit des Lebens und der Taufe, bestimmt in Zusammenklang mit dem kleinen Anteil grüner Farbe -Farbe der Hoffnung und der Zuversicht - den zukunftsweisenden, an die Auferstehung erinnernden Teil des Bildes.

Trauer, Schmerz, Verzweiflung bleiben aber trotz dieses Hoffnungsschimmers am stärksten erfahrbar. Können und wollen wir uns einem Schmerzensbild, wie es in dieser Radikalität und Expressivität nur aus dem Mittelalter bekannt ist, aussetzen? Wollen wir aus der Konfrontation mit diesem Schmerzensbild Glaubenskraft und -stärke für das Eintreten gegen Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit schöpfen? Diese Fragen muss jeder für sich selber beantworten. Dabei kann die Auseinandersetzung mit diesem Bild nur unterstützende Wirkung haben ...

Domkirche St. Eberhard Stuttgart 
Bild: Arnulf Rainer, „Kreuz", 1988 
Text: Alexander Fluhr 
Foto: Joachim Feist


Auf diesem Kruzifix-ähnlichen Bild von Arnulf Rainer kann ich nichts erkennen, was das gängige kirchliche Dogma vom "Sühnetod" Jesu am Kreuz bestätigen könnte: Da bleibt eher ein zerfließender, sich auflösender Schattenfetzen "seiner selbst" zurück ...

Da krallen noch Spuren seiner zerschlagenen und sogar mit Gottvater im Todeskampf hadernden und ringenden Hände und Arme am Kreuzesgebälk links und rechts und ziehen und kratzen Abdrücke und Rillen - wo die Dornen der "Krone" sich im tiefsten Schmerz an der Todesgrenze beim Hin- und Herschlagen in krampfenden Zuckungen ins Holz gegraben haben - und da fällt mir das trostlose elendige "Niedergefahren zur Hölle" eher ein als etwa ein strahlender "Sieg im Tod" ...

Und doch: Jesus selbst ist bereits von diesem Kreuz hinabgestiegen - und er ist zweifellos bereits auf dem Weg - auf seinem Weg in "alle Ewigkeit" - in sein immerwährendes Sein - und hinterlässt uns seine vielfältigen Impulse - damit wir leben können...

Dieses Kreuz ist ein grausamer Tatort, der für die "Spurensicherung" taugt zur Aufklärung eines gemeinen populistischen und (kirchen)politischen Mordes.

Aber: Nicht jeder Tod bringt einen Menschen um, denn in diesem Kunstwerk ahnt man bereits sein seelisches Aufwärtssteigen und dieses nach Oben drängende und emporstrebende, den Tod zurücklassende und abwerfende "Über-sich-selbst-Hinauswachsen" - in andere Sphären des Seins - wo Rotz und Wasser endlich abgewischt werden: »Da! die Behausung Gottes ist bei den Menschen. Gott wird bei ihnen wohnen. Sie werden Gottes Völker sein, und Gott – Gott wird bei ihnen sein. Gott wird jede Träne von ihren Augen abwischen. Der Tod wird nicht mehr sein. Auch Trauer, Wehgeschrei und Schinderei wird nicht mehr sein. Das Erste ist vergangen.« (Johannesoffenbarung 21, 3-4 - BigS)

Und dieses Kreuz von Arnulf Rainer beweist eben durch seine reichhaltige Spurenlage die Wahrheit eines baldigen heranbrechenden Ostermorgens ... und deutet bereits das Herabgießen von Inspirationen - von Be|geisterung an - immer und immer wieder neu ... - S!





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