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Kirche & Glaube - immerhin auf Seite 3
Tja - soviel "Kirche" und "Glaube" hat es auf der "Seite 3" meiner Heimatzeitung "Neue Westfälische" - Ausgabe Süd - wohl selten gegeben: Aber die Schlagzeilen haben es in sich - so dass ich Ihnen diese Seite vom 19.06.2015 hier einmal in ihrer ganzen Dynamik porträtieren möchte:
Die erste Schlagzeile - unter dem "Kopf" der Seite - lautet "Massaker in der Bibelstunde" - mit der Unterzeile: "Weißer erschießt in einer Kirche in Charleston neun Schwarze / Polizei spricht von ,Hasstat'" ... In dem 5-spaltigen Artikel wir dann berichtet, dass Dylann R., ein 21-jähriger Mann, gegen 20 Uhr die historische "Emanuel African Methodist Episcopal"-Kirche in Charleston, South Carolina / USA, betrat und eine Stunde später um sich feuerte. Neun zum Bibelstudium versammelte Gläubige, allesamt Schwarze, sind tot, mindestens acht schwer verletzt. Der mutmaßliche Täter wurde nach einer Großfahndung 15 Stunden später rund 400 Kilometer nördlich von Charleston in seinem schwarzen Fluchtauto an einer Ampel gestellt und verhaftet. Dylann R. war bewaffnet. Ihm wird von US-Justizministerin Loretta Lynch rassistisch motivierter Massenmord vorgeworfen. Im Falle einer Verurteilung droht ihm die Todesstrafe.
Wie schon bei früheren Massakern nutzte US-Präsident Obama auch hier in einer ersten Stellungnahme den Moment, um die wahren Ursachen zu beleuchten. "Unschuldige starben, weil jemand einmal mehr problemlos an eine Waffe kam. Andere Länder kennen diese Gewalt in dieser Häufigkeit nicht. Wir müssen endlich gemeinsam handeln."
Ja da fühlt man sich fast zurückgesetzt in den Anfang des 20. Jahrhunderts, wo z.B. Ku-Klux-Klan-Täter in ihren weißen Kutten (dieser Täter hatte Embleme von weiß-rassistisch-militanten Kolonial-Diktaturen auf seinem T-Shirt) vermummt auf Menschen mit dunkler Hautfarbe schossen - einfach so - einfach weil sie anders aussahen ... - und da denk ich: Martin Luther Kings Kampf und sein Märtyrer-Tod hat man anscheinend erfolgreich verdrängt und vergessen ...
Fast eingebettet in diesen Bericht zu den Morden in Charleston folgt dann quasi auf dem Fuß dieser Bericht: "Anschlag auf katholisches Kloster in Israel", der von einem Brandanschlag mutmaßlich jüdischer Fanatiker auf das deutsche Benediktinerkloster Tabgha am See Genezareth berichtet, was dabei stark beschädigt wurde. Zwei Menschen erlitten Rauchvergiftungen. "Auf den Kirchenmauern haben wir Schmähparolen auf Hebräisch gefunden", teilte die Polizei mit.
Also diesmal ist es der Hass auf andersgläubige Menschen - wie im 30-jährigen Krieg - kurz nach dem Mittelalter ... - Ausgerechnet Tabgha: 1996 war ich in Tabgha in genau diesem Kloster mit einer Reisegruppe aus unserer Gemeinde, und wir feierten just an diesem Ort im Garten ein sehr eindrückliches Abendmahl auf dem Rasen, umsäumt von hohen Palmen ... - dort am "Ort der Brotvermehrung Jesu" (die Speisung der 5000, Mt 14,15-21).
Und an diesem doch sehr symbolträchtigen Ort das Abendmahl zu feiern, war für die gesamte Reisegruppe sehr eindrücklich - zumal just während dieser Zeremonie auf einer Palme, auf die die kleine Gemeindegruppe schauen konnte, erhöht eine getigerte Katze saß, die sehr gespannt den Garten-Wachhund fixierte, der unten vor der Palme sitzend hochblickte - und sie bellten bzw. fauchten einander an - aber mit langen langen Pausen zwischendurch - mehr spielerisch als ernstzunehmend - und sehr dediziert, als wolle man sich der heiligen Handlung doch irgendwie anpassen und als könnten die beiden Tiere das im Moment der Situation abspüren ...
Und just als das letzte "Amen" des Abendmahls im Klostergarten zu Tabgha verklungen war, sprang die Katze von der Palme - gab dem Hund einen leichten Hieb mit der Pfote - und beide rasten davon ... - also während des Abendmahls fixierte man einander - und - ich bin mir heute sicher - durch die Ausführung der heiligen Arbendmahlshandlungen und wahrscheinlich dabei auch die Anwesenheit der geistigen Kraft, an die wir glauben, ließen es die beiden Tiere bei aller "Feind-Seligkeit" genügen ...
Erst als alles vorbei war - gingen die beiden aufeinander los - mehr spielerisch als ernst ... Und wenn ich heute nach fast 20 Jahren von dem Brandanschlag da lese, denke ich, was selbst Hund und Katze damals respektieren konnten - wird von den religiösen Fanatikern heutzutage einfach mal just ohne jede Skrupel abgefackelt ... - ohne Respekt vor den religiösen Gefühlen anderer - aber wehe, die eigene ihnen so wichtige Sabbatruhe wird gestört - oder eine Frau setzt sich in ihrem Linienbus auf einen der vorderen Plätze ...
Ja - und dann - am Fuß der Seite 3 - ein Siebenspalter mit Bild mit dem Titel: "Die grünen Visionen des Papstes"über die neueste Enzyklika "Laudato si", in der Franziskus unmissverständlich Umwelt- und Lebensschutz einfordert - und auf die gegenseitigen Abhängigkeiten und Beziehungsgeflechte zwischen Umweltverschmutzung und Kapital aufmerksam macht ...
Ja - und dann steht u.a. da auch noch das folgende Zitat oben rechts auf "Seite 3" der NW:
Reinhard Kardinal Marx |
»Dass wir alle Mitglieder einer Menschheitsfamilie sind, ist für mich der revolutionärste Satz, der je auf Erden gesprochen wurde«
Reinhard Marx
Münchner Kardinal, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz zur neuen Umwelt-Enzyklika des Papstes ...
Tja - dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen - und doch: eine "Kirchen- bzw. Glaubens-Seite" mitten in der Woche - 14 Tage nach dem Kirchentag - auf der so redaktionell herausgehobenen "Seite 3": da kann man nur sagen: der Glaube lebt - nicht irgendwo abgehoben und verborgen im stillen Kämmerlein - sondern mittendrin in unserer Welt ... - im Guten wie im Bösen - wird der Glaube diskutiert, bekämpft, angegriffen und mit ihm gerungen - und er wehrt sich gegen Eingrenzungen und zeigt uns seine seine Reichweiten - jeden Tag neu ...
Und dann behaupten doch tatsächlich einige, Gott wäre längst verstorben und schon lange mausetot - und die Kirchen wären an Langeweile kaum zu überbieten ... - S!