Ein "echter" etwas frivoler und nicht kindgerechter Banksy in "Dismaland" | REUTERS/Toby Melville |
Banksy-Park "Dismaland":
"Der glücklichste Ort auf Erden"
Da komme ich als Banksy- und Streetart-Freund ja gar nicht umhin, hier Banksys neuestes Oeuvre vorzustellen: DISMALAND - eine greifbare Satire auf alle Erlebnis- oder Themenparks dieser Welt ...
FOTO: YUI MOK—PA PHOTO |
Wo Cinderella verunglückt und die weiße Kürbiskutsche auf dem Rücken liegt, die gebrochenen Räder ragen in den dunklen Himmel. Noch gurren die beiden Tauben, die an der Schleife des Ballkleids ziehen. Doch es hilft nichts. Die Prinzessin ist tot. Mit dem Kopf nach unten hängt sie aus dem Fenster des Gefährts. Mit ihr verreckt sind die zwei Schimmel, die sie ins Elend führten. So eine Sensation lassen sich die Paparazzi nicht entgehen. Ihre Motorradhelme noch auf dem Kopf, halten sie ihr Blitzlicht schon gnadenlos aufs Geschehen.
Dieser bitterböse Verweis auf die Historie der britischen Krone ist nicht etwa Teil eines Grusel-Märchenfilms der Walt-Disney-Studios, sondern ein Werk dieses so bekannten wie anonymen britischen Straßenkünstlers Banksy. Er verkehrt die romantisch verklärte Plastikwelt der Traumfabriken in ihr Gegenteil. Zu sehen ist die Arbeit in seinem am vergangenen Samstag eröffneten Freizeitpark namens „Dismaland“ im südenglischen Badeort Weston-Super-Mare, einem jener spaßigen englischen Küstenstädte mit Seepromenade, von denen das Meer bei Ebbe durchaus mal 1,5 Kilometer entfernt sein kann - also so ähnlich wie z.B. in St. Peter-Ording ...
„Dismal“ ist der englische Begriff für düster oder trostlos ... Der „Bemusement Park“, der bis zum 27. September geöffnet sein wird, bespielt ein ehemaliges Erlebnisbad, das seit fünfzehn Jahren geschlossene „Tropicana“. Missmutige Mitarbeiter in pinkfarbenen Warnwesten weisen Besuchern jetzt den Weg durch die neubelebte Ödnis. Luftballons in tristem Grau ziert die Aufschrift„Ich bin ein Schwachkopf“. Banksy hat 58 Künstlerkollegen zur Mitwirkung eingeladen, darunter seinen Landsmann Damien Hirst oder die amerikanische Konzeptkünstlerin Jenny Holzer. Das Ziel, so heißt es auf dem Umschlag des zur Schauer-Tour gehörenden Programmhefts, ist „Englands enttäuschendste neue Besucherattraktion!“ - ungeeignet für kleine Kinder, so erläutert Bansky ganz pädagogisch mitfühlend.
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Und das ist nachvollziehbar. Nicht nur, weil sich Kinder an einem Schalter ihr Taschengeld durch ein Darlehen aufbessern können, dessen Zinssatz bei 5000 Prozent liegt (Griechenland lässt grüßen...). Oder weil sich im Sandkasten ein peckeschwarzer See ausgebreitet hat, in der Miniatur-Flüchtlingsboote und Leichen schwappen. Auch ist der Anblick einer Dame auf einer Parkbank, die von Möwen angefallen wird, eher hitchcock- als kindgerecht. Aber: Welcher Freizeitpark ist schon tatsächlich kindgerecht? Sind es doch seit jeher vor allem Erwachsene, die sich auf Spiel und Spaß meterlangen Schlangestehens und überteuertem Eis bei permanent quengelnden Kindern einlassen.
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Das hier wieder bespielte „Tropicana“ habe er früher geliebt, lässt sich Banksy zitieren.
Mit Musik im Disney-Stil untermalt, wird eine Familie bei ihrem Besuch in diesem erschröcklichen Park begleitet, dem wohl derzeit "glöcklichsten Ort auf Erden". Sind die Kinder zu Beginn bei der Einlasskontrolle noch skeptisch, werden sie nach jeder verstörenden Attraktion glücklicher. Eine Tortur scheint der Besuch jedoch für die Eltern zu sein, die teilweise in Tränen ausbrechen.
Fünf Wochen lang ist der Park geöffnet, und er scheint in jedem Fall einen Besuch wert zu sein. Aber entscheiden Sie selbst ...
Textanregungen aus: SPIEGEL-ONLINE u. F.A.Z.