Und hier aus besonderem Anlass das inzwischen legendäre "Guardian"-Interview mit Jürgen Klopp, das Donald McRea, The Guardian, mit ihm führte - und von Jan Jasper Kosok, der Freitag, ins Deutsche übersetzt wurde...- und über das sich Matthias Sammer so erregte ...
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DONALD MCRAE, THE GUARDIAN
„Wir sind ein Klub, kein Unternehmen“
Jürgen Klopp
Der Guardian spricht vor dem Champions-League-Finale mit dem BVB-Coach, der davon überzeugt ist, dass die Fußballgeschichte auf seiner Seite steht
Eine Stunde nach dem ersten von Jürgen Klopps vielen Scherzen, gespickt mit ausführlichen Einblicken in den Fußball und das Leben an sich, kehrt er zurück zu einer eher persönlichen Erinnerung. Sie ist passend und aufrüttelnd, da die ereignisreiche Reise, die Borussia Dortmund bis nach Wembley führte, wo sein Team am Samstag auf Bayern München trifft, wohl die außergewöhnlichste Geschichte dieser Saison ist. Die Geschichte einer leidenschaftlichen Mannschaft mit unbeschreiblicher Spielfreude, unfassbaren Dramen, schmerzhaften Transfer-Intrigen und unbändiger Freude – sie zeigt, dass es sich beim BVB um das „interessanteste Fußballprojekt der Welt“ handelt.
Alles erinnert verblüffend an Erfahrungen, die Klopp bereits in Mainz, seiner ersten großen Fußballliebe, sammeln konnte. Klopp war zunächst als Stoßstürmer aktiv und wurde in Mainz zum Verteidiger umgeschult. Er erinnert sich: „So wie jeder Angestellter des Vereins in Dortmund auch Fan der Borussia war, verhielt es sich auch in Mainz. Als ich noch aktiv spielte, hatten wir an einem verregneten Samstag vielleicht 800 Fans, die uns unterstützten. Wären wir gestorben – es hätte wohl niemand bemerkt. Aber wir haben den Klub geliebt – und das gleiche Gefühl hegen wir in Dortmund. Es ist ein spezieller Klub, eben ein Arbeiterverein.”
Ausgerechnet Richtung München
Klopp ist besonnen genug, diese romantischen Gefühle hervorzurufen, wenn er sagt: “Ich habe Mainz nach 18 Jahren verlassen und mir gedacht, dass ich beim nächsten Klub wohl nicht so viel Herzblut in den Job stecken werde. Wir haben eine Woche lang geweint. Die Stadt gab eine Abschiedsparty, die ebenfalls eine Woche andauerte. Für einen normalen Menschen ist dieses Maß an Emotionen eigentlich zu viel. Ich dachte, dass es nicht gesund sein kann, dauerhaft so zu arbeiten. Nach einer Woche beim BVB war dann aber alles wie gehabt. Zwei mal das Glück zu haben, so etwas zu finden, ist schon ziemlich ungewöhnlich.”
Borussia Dortmund rutschte von 1997 bis 2005 ab – vom Thron des Champions-League-Siegers bis an den Rand des Bankrotts. Jetzt – fünf Jahre nach Klopps Ankunft – machen den Verein 189 Millionen Euro Umsatz zum elftgrößten Klub der Welt. Ins imposante Westfalenstadion mit seiner berüchtigten Gelben Wand, Europas größter Stehtribüne, kommen regelmäßig bis zu 82.000 Zuschauer. Im Gegensatz zu Vereinen wie Bayern München, Manchester United, Real Madrid oder dem FC Barcelona handelt es sich bei den Dortmunder immer noch um Champions-League-Romantiker. Das Gehaltsbudget ist nur halb so groß wie das der Bayern und macht gerade einmal ein Drittel dessen aus, was Real Madrid für seine Spieler ausgibt. Trotzdem schickten die Dortmunder Real im ersten Halbfinalspiel mit 4 : 1 nach Hause. Und das obwohl nur einen Tag vor dem Spiel verkündet wurde, dass Mario Götze, das vielleicht größte Talent der Dortmunder (seit dem neunten Lebensjahr im Dress der Schwarz-Gelben), sich dazu entschlossen hatte, den Verein im Sommer für eine Ablösesumme von 37 Millionen Euro ausgerechnet in Richtung München zu verlassen.
Nur einer von vielen Transfers, die den BVB auseinander zu reißen drohen. Auch Robert Lewandowski, der alle vier Tore gegen Real Madrid schoss, wird die Borussen wohl zum Saisonende verlassen und vermutlich ebenfalls zu den Bayern gehen. Diese waren jetzt schon stark genug, den FC Barcelona in beiden Halbfinalspielen akkumuliert mit 7 : 0 vom Platz zu fegen.
Rücksichtslos wie China
„Was soll ich sagen?“ fragt Jürgen Klopp mit dem einzigen Achselzucken des 90-minütigen Interviews. "Wenn es das ist, was die Bayern wollen … Es ist eben ein bisschen wie bei James Bond, nur dass die Bayern der Bösewicht sind."
Klopp hat den Verein in München unlängst mit einer rücksichtslos kopierenden Supermacht wie China verglichen. Aber nun winkt er sofort ab. „Ich war müde“, grinst er. „Bayern will mit aller Macht ein Jahrzehnt der Dominanz – so wie es zuletzt dem FC Barcelona gelungen ist. Das ist in Ordnung, wenn man das nötige Kleingeld hat, um die Aussicht auf Erfolg erhöhen zu können. Eine Garantie gibt es nie. Wir sind zwar kein Supermarkt, aber es ist auch klar, dass wir unseren Spielern nicht die Gehälter zahlen können, die ihnen anderswo angeboten werden. Der Weg, den die Bayern oder Madrid gehen, kann nicht unserer sein. Wir müssen vernünftig und vorsichtig wirtschaften, damit die nächste Generation nicht morgen die Probleme bekommt, die wir heute verursachen. Wir haben eben nur so viel Geld, wie wir zahlen können. Deshalb haben wir 2012 Spieler wie Shinji Kagawa verloren.“
Jürgen Klopp schlägt sich mit der Hand vor den Kopf. “Shinji ist einer der besten Spieler der Welt. Jetzt spielt er pro Spiel 20 Minuten bei Manchester United – als Linksaußen. Da bricht mir das Herz. Wirklich, wenn ich so etwas höre, kommen mir die Tränen. Im zentralen offensiven Mittelfeld ist Shinji am besten aufgehoben. Er ist vielleicht einer der torgefährlichsten Spieler, die ich auf dieser Position kenne. Aber für die meisten Japaner ist die Premier League eben wichtiger als die Bundesliga. Als er ging, lagen wir uns 20 Minuten weinend in den Armen. Ein Jahr zuvor war es Nuri Sahin, der ging, weil er für den größten Klub der Welt, Real Madrid, spielen wollte. Wenn aber die Spieler nur ein bisschen Geduld mitbringen, werden wir auch Dortmund zu einem der größten Klubs der Welt entwickeln können.”
Wie ein Herzinfarkt
Auf die Frage nach dem schmerzlichen Verlust Götzes antwortet Klopp zunächst philosophisch. "Es ist normal, dass Wege sich trennen. Mit 18 wollte ich auch die ganze Welt sehen. Es hat aber nur für Mainz und Dortmund gereicht … [Klopp lacht] Nicht gerade das Zentrum der Welt. Es ist in Ordnung, wenn Spieler woanders hin wollen. Aber sie kommen dort an und merken, dass es nicht dasselbe ist. Sie z.B. arbeiten tagein tagaus für den Guardian und denken vielleicht eines Tages, alltagsmüde, dass es besser sein könnte, für die Sun zu arbeiten: Mehr Geld, weniger Arbeit. Mehr Bilder, weniger Worte.”
Sein Lachen bricht abrupt ab, und Klopp sieht ein bisschen mitgenommen aus, als ich ihn frage, wie er sich fühlte, als er das erste Mal vom Götze-Transfer hörte. „Es kam mir vor wie ein Herzinfarkt. Direkt einen Tag nach dem Spiel gegen Malaga. Ich hatte also einen Tag, um zu feiern, bis sich irgendwer dachte: 'Genug, jetzt geht’s zurück auf den Boden der Tatsachen.' Michael Zorc irrte an dem Tag wie ein Zombie auf unserem Trainingsgelände umher. Er kam zu mir und sagte: 'Ich muss mit dir sprechen. Es könnte sein, dass …' ”
Es fällt ihm sichtlich schwer, die Worte zu wiederholen. „Michael fragte mich, ob ich jemanden zum Reden bräuchte, aber ich sagte: 'Nein, ich muss los.' Meine Frau wartete auf mich, weil ein Freund, der Schauspieler Wotan Wilke Möhring, uns zu der Premiere seines neuen Filmes eingeladen hatte. Als ich nach Hause kam, sagte ich zu ihr: 'Sorry, keine Chance, ich kann heute mit niemandem sprechen. Ich kann heute nicht ausgehen.' Dann gab es alle möglichen Anrufe vom Verein. Wir sollten uns in einem Restaurant treffen und sprechen. Ich sagte immer wieder: 'Nein, ich muss mit mir allein sein. Morgen bin ich wieder im Rennen, aber heute Abend geht nichts.' ”
Einige der Mitspieler soll die Transfer-Nachricht so mitgenommen haben, dass sie nicht schlafen konnten. „Das ist wahr“, bestätigt Klopp. „Ich habe mit sechs oder sieben Spielern geredet, von denen ich wusste, dass es ihnen das Herz brechen wird. Sie dachten, dass sie allein nicht gut genug wären und nur als Gemeinschaft gewinnen könnten. Daher ging es vielen wirklich mies. Aber Bayern hat Mario die Pistole auf die Brust gesetzt: Jetzt oder nie! Ich habe ihm noch gesagt, dass sie natürlich auch nächstes, übernächstes und in drei Jahren nachfragen werden. Aber er ist 20 und hatte das Gefühl, jetzt gehen zu müssen. Ich weiß, dass es nicht einfach wird, einen Spieler wie ihn zu ersetzen. Nächstes Jahr werden wir dementsprechend anders spielen. Es braucht eben alles seine Zeit.“
Überleben in Schweden
Der erste Trainer, der Jürgen Klopp inspirierte, war Wolfgang Frank, unter dem Klopp jahrelang bei Mainz spielte. Beide waren fasziniert von der Art und Weise, wie Arrigo Sacchi beim AC Mailand arbeitete. „Obwohl wir nur in der zweiten Bundesliga spielten, waren wir die erste Mannschaft in Deutschland, die in einem 4 – 4 - 2 ohne Libero auflief. Wir schauten uns zig mal dieses langweilige Video an, in dem Sacchi Defensivübungen ausführen ließ, ohne Ball, aber mit Stäben. Maldini, Baresi und Albertini waren dabei. Vorher haben wir immer gedacht, dass die Mannschaft mit den besseren Einzelspielern gewinnt. Danach wussten wir, dass alles möglich ist – wenn man nur die bessere Taktik anwendet.”
Klopp überlistete José Mourinho im Westfalen-Stadion. Neben beständigem Pressing und dem unglaublich schnellen Umschaltspiel, das Dortmund ausmacht, fand er einen Weg, Xabi Alonso – und damit auch Cristiano Ronaldo – aus dem Spiel zu nehmen. Der Umstand, dass Mourinho Klopp seitdem regelmäßig anruft, ist ein weiteres Indiz dafür, dass der es an die Spitze der europäischen Trainer geschafft hat. Fernab seiner taktischen Finesse ist es gerade seine Fähigkeit, mit Spielern auf emotionaler Ebene zu kommunizieren, die ihn heraushebt.
Nachdem Klopp Lionel Messi als Spieler angepriesen hat, gegen den “kein Kraut und keine Taktik gewachsen ist, solange er nur fit ist”, gibt er uns einen interessanten Einblick in sein Arbeiten. Anstatt seinen Spieler ein Video-Best-of katalanischer Fußballkunst zu zeigen – was hätte ein Umschaltspieler wie Marco Reus schon davon – zeigt er ihnen Fotos, auf denen zu sehen ist, wie die Spieler des FC Barcelona jedes einzelne Tor feiern, „als wäre es das erste ihrer Karriere gewesen“.
„Das ist es, was ich meinem Team zeigen muss, entsprechend oft. Ich will ihnen keine Videos zeigen, weil ich nicht will, dass sie einen anderen Stil kopieren. Aber ich will, dass sie sehen, wie Barcelona auch Tor Nummer 5.668 wie das erste feiert. Das ist genau so, wie man sich immer fühlen muss – bis man stirbt.”
Klopp interessierte sich von jeher für Methoden, die ein Team zusammen schweißen. Er selbst sagt: „Man kann Teamgeist predigen – oder ihn leben.“ Nachdem Mainz 2004 in die Bundesliga aufgestiegen war, schickte Klopp sein Team auf ein unwirkliches Vorbereitungsabenteuer. “Wir haben die Mannschaft an einen See in Schweden geschickt. Es gab keinen Strom. Für fünf Tage waren wir da, ohne etwas zu essen mitgenommen zu haben. Sie mussten es sich selbst angeln. Die anderen Trainer fragten mich, ob es nicht vielleicht sinnvoller wäre, in der Zeit Fußball zu trainieren. Nein, ich wollte, dass das Team das Gefühl bekommt, dass es wirklich alles überstehen kann. Mein Co-Trainer dachte, ich sei ein Idiot. Er fragte mich: „'Können wir da trainieren?' – 'Nein.' – ‘Können wir wenigstens laufen?’ – 'Nein. Aber wir können schwimmen und fischen.' “
Feuer machen, Wasser kochen
„Wenn ich heute Spieler von damals treffe – aus dem Sondereinsatzkommando –, können sie mir von der ersten bis zur letzten Minute sagen, was sie wann, wo und mit wem gemacht haben. Jede Nacht in einem verdammten Zelt, mit den Wurzeln im Rücken, das vergisst man nicht. Ziel war es immer, die nächste Insel zu finden. Der, der als erster ankam, musste Feuer machen und Wasser kochen. Die ganze Zeit über hat es geregnet, höchstens für fünf Stunden während des gesamten Trips nicht. Und die Mücken … Wie halten die Schweden das aus? Die Sonne kommt raus und mit ihr die Mücken. Wunderbar war es trotzdem. Wir waren wie Bravehearts. Messer im Arm? Kein Problem. Als wir dann schließlich in der Bundesliga gespielt haben, konnte kaum jemand glauben, wie stark wir waren.“
Schon bald war Klopp deutschlandweit bekannt. Mit seinem professionellen, aber auch unterhaltsamen Auftreten als Co-Moderator beim deutschen Fernsehen verdiente er sich seine ersten Sporen in der Öffentlichkeit. Viel bedeutender aber war, dass selbst Bayern München wegen seiner erstklassigen Arbeit auf ihn aufmerksam wurde. „Uli Hoeneß fragte mich, ob wir uns mal treffen könnten. Ich sagte: 'Klar, ich muss zwar erst meine Mutter fragen, aber warum nicht?' Er erzählte mir, dass die Bayern über zwei neue Trainer nachdachten und ich einer von diesen wäre. Später dann entschied man sich für Jürgen Klinsmann, was nicht wirklich der Weltuntergang war. Schließlich kommt es nicht alle Tage vor, dass ein Zweitligatrainer von den Bayern angerufen wird.”
Auch der HSV zeigte sich interessiert, gab aber am Ende Martin Jol die Trainerstelle, da dieser – im Gegensatz zu Klopp – beim Vorstellungsgespräch einen Anzug trug. „Ich weiß schon, warum ich den Job nicht bekommen habe. Eine Delegation der Hamburger kam zu mir nachhause, und zwei von drei Verantwortlichen wollten mich auch, einer war sich nicht sicher. Und ich sah eben aus wie auch jetzt [Klopp deutet auf sein Äußeres]. Tut mir leid!”
„Ich habe dann in der Zeitung davon gelesen, dass ich deshalb nicht unbedingt erste Wahl sei. Außerdem haben mich meine Spieler nur 'Kloppo' gerufen. Ich persönlich finde nicht, dass das respektlos ist. Als ich in Mainz Trainer wurde, waren die meisten meiner Spieler vorher Teamkollegen. Am nächsten Tag sollte ich dann ihr Trainer sein. Soll man mich deswegen dann gleich Siezen? In Hamburg dachte man wohl, dass jemand, den sie ‘Kloppo’ nennen, keine Respekt-Person sein kann. Also rief ich sie an und sagte: 'Wenn ihr solche Bedenken wegen meines Charakters habt, dann will ich auch nicht zu euch kommen.' “
Die Hanseaten dürften heute die eigene Pingeligkeit verfluchen. Seitdem wurde Klopp unter anderem mit Mannschaften wie Chelsea, Manchester City, Manchester United und sogar Arsenal in Verbindung gebracht. Trotz allem scheint ihn nichts aus Dortmund loseisen zu können. Aber wird das immer so sein? „Ich weiß es nicht. Momentan denke ich an nichts anderes als den BVB. Möglicherweise könnte ich zu einer Menge Klubs gehen und nach Jobs fragen, und ein paar würden wohl auch zucken. Aber ich habe kein Interesse, denn für mich haben wir hier in Dortmund das interessante Fußballprojekt der Welt. In drei oder vier Jahren kann man sich vielleicht noch mal unterhalten, aber für den Moment bin ich genau am rechten Fleck.“
Genau am rechten Fleck
Klopp selbst kommt aus einem kleinen Dorf im Schwarzwald. "Als ich wegging haben dort 1.500 Menschen gelebt, und 1.499 tun es noch immer.” Er ist der Vater zwei erwachsener Söhne. Seine Frau Ulla ist Autorin. “Sie hat ein Kinderbuch geschrieben. Ein bisschen wie Harry Potter – aber über Fußball. Da geht es nicht um verdammte Hexenbesen, sondern nur um Fußball.” Auch wenn Dortmund nicht das Zentrum des Universums sein mag, so hat Klopp mit seinem Feinsinn und seiner Bodenständigkeit dort doch eine magische Fußballwelt kreiert.
“Das Leben hat mir mehr gegeben als ich erwartet hätte – Familie, Fußball und Geld. Keiner meiner Lehrer – selbst meine Eltern nicht – hat jemals daran geglaubt, dass mir das passieren könnte. Also wie bitte kann dieses wunderbare Leben mir dadurch versaut werden, dass die Bayern unsere Spieler kaufen? Es wäre natürlich besser, wenn wir sie halten könnten, aber ich bin mir nicht mal sicher, ob wir dadurch stärker wären. Veränderung ist wichtig, wenn man den nächsten Schritt gehen will. Wenn jetzt alle Spieler bleiben würden, müsste vermutlich ich gehen, damit sich überhaupt etwas tut. Würde ich sagen: ‘Los, Jungs, geht nach links!’ würden die Jungs sagen ‘Trainer, das hast du uns schon 200 mal erzählt, wir können es nicht mehr hören.’ So ist eben das Leben. Und deshalb braucht man auch immer wieder frisches Blut. Einfach ist das nicht, aber ich komme damit klar. Ich bin zwar ein ganz gewöhnlicher Kerl, aber es ist auch nicht sonderlich schwer, den richtigen Moment zu finden, um für die Spieler entweder Freund oder eben Lehrer zu sein.”
Reif für ganz oben
Kurz vor dem wohl wichtigsten Spiel seiner Karriere spricht Jürgen Klopp einerseits vergnügt von einem „Märchen“. Andererseits betont er auch, dass sein Team vor einem Jahr – wie von ihm vorhergesagt – bereit war, das Double zu gewinnen. Und dies auch tat. Anfang diesen Jahres hatte er nun verkündet, man sei reif für die Champions League. Bayern dürfte trotzdem Favorit sein, Dortmund kann sich jedoch der Unterstützung der neutralen Beobachter gewiss sein. Es fällt eben schwer, einer so quirligen Mannschaft und ihrem mitreißenden Coach zu widerstehen.
„Wir sind ein Klub, kein Unternehmen“, sagt Klopp, „aber es kommt darauf an, welche Geschichte die Fans gerne hören wollen. Wenn man den Bayern und den großen Erfolgen, die sie seit den siebziger Jahren feiern, Respekt zollt, sollte man natürlich sie unterstützen. Aber falls diese Saison eine neue, außergewöhnliche Geschichte schreiben soll, dann heißt es: Dortmund. Ich glaube, just in diesem Moment der Fußballgeschichte kann man eigentlich nur für uns sein.“
Übersetzung: Jan Jasper Kosok - der Freitag
http://www.freitag.de/autoren/the-guardian/wir-sind-ein-klub-kein-unternehmen