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Acht Arme, hochintelligent
Ist Krake Anna die neue Orakel-Hoffnung für die Fußball-EM?
Kraken sind schlaue Tiere – sie können sogar Gesichter und Formen erkennen. In einem Konstanzer Großaquarium soll jetzt Krake Anna ihre Gedächtnisleistung unter Beweis stellen. Wenn es gut läuft, könnte sie sogar das nächste EM-Orakel werden.
Anna hat momentan viel zu tun. Einmachgläser aufdrehen oder Futter in einem Labyrinth finden, gehören noch zu den leichteren Übungen ihres Trainingsprogramms. »Die Tiere müssen beschäftigt werden. Sonst gehen sie ein«, sagt Antonia Burghardt. Die 30-Jährige ist Annas Betreuerin im Großaquarium Sealife Center in Konstanz am Bodensee.
Kraken seien ausgesprochen schlau und könnten Aufgaben wie beispielsweise Puzzle lösen, die erst dreijährige Kinder bewältigen könnten, sagt die Biologin. Wenn es gut läuft bei Anna, könnte sie zur Fußball-Europameisterschaft sogar das nächste Orakel werden – vorausgesetzt die achtarmige Dame ist fußballaffin.
Die Meeresbiologin Burghardt forschte für ihre Masterarbeit zur Gedächtnisleistung von Kraken. Die Versuche haben demnach gezeigt, dass der so genannte Gemeine Krake (Octopus Vulgaris) mit etwas Training mühelos geometrische Figuren unterscheiden kann. Kraken können aber beispielsweise auch Gesichter erkennen und Besucher beobachten. »Die Sehschärfe der Tiere ist ähnlich wie von Katzen«, sagt Burghardt. Wenn sie an Annas Aquarium tritt, wird sie meist freudig von ihr begrüßt. »Kraken bauen Beziehungen zu Menschen auf.«
Hochintelligent
Weshalb Kraken so intelligent sind, ist noch unklar. »Es gibt verschiedene Theorien«, sagt Burghardt. Zum einen seien die frisch geschlüpften Tiere von Anfang an auf sich allein gestellt. »Die Mutter bewacht die Eier, bis die Jungen schlüpfen und stirbt dann«, sagt die Biologin. Daher könnten die Tiere nicht von ihren Eltern lernen. Zudem hätten Kraken viele Feinde. »Da darf man sich keine Fehler erlauben.« Die Kopffüßler gelten als raffinierte Jäger, die sich perfekt tarnen, indem sie die Optik des Untergrunds annehmen.
Wenn sie als Orakel zum Einsatz kommen, dann meist mithilfe von Leckerbissen – so war es zumindest bei dem berühmten Tintenfisch Paul, der 2010 den Ausgang aller WM-Spiele der deutschen Mannschaft richtig voraussagte und sich dazu etwa zwischen Muschelfleisch aus einem von zwei Gläsern entscheiden musste. Auch die Kraken Benedikt und Angus, die sich zur WM 2006 im Sea Life in Speyer versuchten, hatten die Wahl zwischen zwei Leckereien, die die jeweilige Nationalelf verkörperten. Bei ihren Vorhersagen für das Viertelfinale lagen sie allerdings stets daneben – und stellten das Orakeln ein.
»Je intensiver Kopffüßler untersucht werden, umso mehr Kriterien für Intelligenz erfüllen sie«, sagt der Leiter des Tintenfisch-Archivs Teuthis bei Rostock, Volker Miske. Allerdings gebe es keine allgemeingültige Definition von Intelligenz. Auch einfach gestrickte Lebewesen könnten lernfähig sein. »Höhere Intelligenz zeigt sich auch in der Geschwindigkeit, Probleme zu lösen.« Tintenfische seien zwar Weichtiere, ihre nächsten Verwandten seien Schnecken und Muscheln. Doch im Gegensatz zu ihnen hätten Kraken ein relativ großes Gehirn.
Anna lebt momentan in der Oktopus-Höhle im Konstanzer Großaquarium – einem abgedunkelten Raum hinter künstlichen Alpen-Gletschern und einer Nachbildung des Rotterdamer Hafens. Kurz vor Ostern hat das Tier hier seinen Wohnsitz bezogen. Ob Anna sich überhaupt für Fußball interessiert, ist derzeit noch unklar.
Fest steht: Als Orakel lebt man gefährlich.
Krake Paul erhielt Morddrohungen von enttäuschten Fans. Das Internet wurde mit Tintenfisch-Rezepten überschwemmt. In der Schlussphase der Weltmeisterschaft bekam er sogar Personenschutz und das Großaquarium in Oberhausen wurde bewacht. Nach seinem Tod konnte kein anderer Krake an Pauls Erfolge anknüpfen. (Textquelle: owl am sonntag-avs)
Krake Anna in Konstanz (Bild: avs) |