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Sheldon Solomon: "Zuflucht in der Schönheit" - SPIEGEL-Gespräch

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gestern habe ich ja bereits hingewiesen auf den begriff "culture" in meinem blog-titel hier ... - und wie die "kultur" immer mehr in ein rand-dasein in den medien verdrängt wird ... - 
nach sheldon solomon, hat das bestimmt mit der verdrängung unseres todes insgesamt zu tun, mit der sich ja die menschheit seit ihrer geburt herumschlägt -  
wenn nämlich, wie solomon meint, die kultur das "glaubenssystem" ist, mit dem wir die last unseres wissens vom tod ertragen wollen, wird das verdrängenwollen dieser todesgewissheit - und manchmal auch des verdrängenmüssens um der seelischen gesundheit willen  - auch diese "kultur" mit verdrängen und einsperren - in jenes sankt nimmerlein-stübchen unseres unbewussten ...S!

So­lo­mon, 62, ist So­zi­al­psy­cho­lo­ge am Skid­mo­re Col­le­ge in Sa­ra­to­ga Springs im Bun­des­staat New York. In den ver­gan­ge­nen 30 Jah­ren ha­ben er und Kol­le­gen welt­weit in mehr als 500 Ex­pe­ri­men­ten er­grün­det, wie die Angst vor dem Tod Den­ken und Han­deln des Men­schen re­giert: „Ter­ror-Ma­nage­ment“ nen­nen die For­scher den Um­gang des Men­schen mit der ei­ge­nen End­lich­keit. In ih­rem in­zwi­schen auf Deutsch er­schie­ne­nen Buch ha­ben sie die fas­zi­nie­ren­den Be­fun­de aus dem ­Ab­grund der mensch­li­chen See­le zu­sam­men­ge­tra­gen*)


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„Denn alles Fleisch, es ist wie Gras und alle Herrlichkeit des Menschen wie des Grases Blumen. Das Gras ist verdorret und die Blume abge­fallen.“ 
Aus „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms nach 1. Petrus 1,24

SPIEGEL: Pro­fes­sor So­lo­mon, Sie ha­ben sich fast Ihr ge­sam­tes Be­rufs­le­ben lang mit der Angst vor dem Tod be­fasst. Kön­nen Sie sich er­in­nern, wann Sie die­se Furcht erst­mals emp­fun­den ha­ben?

So­lo­mon: Oh, das weiß ich noch ganz ge­nau. Ich war acht Jah­re alt, und ei­nes Abends sag­te mei­ne Mut­ter: „Nimm Ab­schied von Groß­mut­ter. Sie wird nicht mehr lan­ge bei uns sein.“ Und tat­säch­lich starb sie am nächs­ten Tag. Ich er­in­ne­re mich, wie ich da­nach hoch in mein Zim­mer ging. Dort blät­ter­te ich durch mei­ne Brief­mar­ken­samm­lung, mein Blick fiel auf eine Se­rie der ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­den­ten. Und plötz­lich dach­te ich: „Da, Ge­or­ge Wa­shing­ton. Ein tol­ler Kerl, und trotz­dem ist er tot. Tho­mas Jef­fer­son – auch ge­stor­ben. Und all die an­de­ren auch.“ Da durch­schoss es mich wie ein Blitz: „Oje, es sieht nicht gut für mich aus.“ Die Er­kennt­nis, dass die­ses Schick­sal auch für mich un­aus­weich­lich ist, ging mir durch Mark und Bein.

SPIEGEL: Und die­ser Schock wirkt bis heu­te nach, mehr als 50 Jah­re spä­ter?

So­lo­mon: Im Grun­de ja. Tief ver­bor­gen un­ter der Ober­flä­che mei­nes Be­wusst­seins ru­mort stän­dig die­se Pa­nik. Un­ser Groß­hirn, das uns er­laubt, abs­trakt und sym­bo­lisch zu den­ken, ist zu­gleich auch fä­hig zu be­grei­fen, dass un­ser Le­ben, wie das­je­ni­ge al­ler Le­be­we­sen, end­lich ist. Das er­zeugt ei­nen tie­fen, läh­men­den Schre­cken.

SPIEGEL: Da­für, dass Sie so er­schüt­tert sind, wir­ken Sie ganz fi­del ...
...Um die Last des Da­seins er­tra­gen zu kön­nen, ver­an­kern wir uns in ei­nem Glau­bens­sys­tem, das wir „Kul­tur“ nen­nen. Kul­tur gibt un­se­rem Le­ben ei­nen Sinn, sie gibt uns ei­nen Wert – und zwar, in­dem sie uns eine Vi­si­on von Un­sterb­lich­keit lie­fert: Ent­we­der sie gibt uns Hoff­nung auf ech­te, buch­stäb­li­che Un­sterb­lich­keit, in Form des Him­mels, der See­le oder der Wie­der­ge­burt. Oder sie lässt uns glau­ben, dass wir in über­tra­ge­nem Sin­ne über den Tod hin­aus fort­be­ste­hen, in Ge­stalt un­se­rer Kin­der, un­se­rer Wer­ke oder des Ver­mö­gens, das wir im Lau­fe un­se­res Le­bens an­ge­häuft ha­ben. Al­ler­dings ist kein Glau­bens­sys­tem stark ge­nug, um uns die To­des­angst in Gän­ze neh­men zu kön­nen. ...

... zum Weiterlesen des Original-SPIEGEL-GESPRÄCHS clicken Sie hier ...

*) Shel­don So­lo­mon, Jeff Green­berg, Tom Py­sz­c­zyn­ski: „Der Wurm in un­se­rem Her­zen“. DVA, Mün­chen; 368 Sei­ten; 24,99 Euro. 
Das Ge­spräch führ­ten die Re­dak­teu­re Ra­fae­la von Bre­dow und Jo­hann Grol­le in So­lo­mons Büro am Skid­mo­re Col­le­ge in Sa­ra­to­ga Springs.

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1.Petrus 1, 22-24:  
Ihr habt der Wahrheit gehorcht und lebt nun als gereinigte Menschen. Das soll dazu führen, dass ihr einander mit einer echten Liebe, wie ihr sie zu Geschwistern empfindet, begegnen könnt. Geht immer liebevoll miteinander um, aus vollem Herzen! Neugeborene seid ihr, aber euer Ursprung ist nicht vergänglich, sondern unvergänglich: das Wort, das Gott spricht, lebendig und bleibend. 
So heißt es auch: Alles Fleisch ist wie Gras und all seine Herrlichkeit wie die Blüte des Grases. Das Gras wurde dürr und die Blüte fiel ab. Aber das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit. 
Damit ist die Botschaft vom Heil gemeint, die euch verkündet worden ist. 
(BigS)

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