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Hitler sehen - und andere Gesichter...: PAREIDOLIE

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SPIEGEL-Wissenschaft: Menschliche Gesichter in Gegenständen: Phänomen Pareidolie

Warum wir überall Hitler sehen

Eine Katze mit Hitler-Bart? Ein Teekessel, geformt wie die Silhouette des Diktators? Immer wieder erkennen Menschen das Antlitz Hitlers in Hausfassaden, Wolken und anderen Gegenständen. Warum ist das so?

Der Henkel ragt dunkel und gewellt über das Teekesselchen wie die Silhouette kurzer, akkurat gescheitelter Haare. Auf dem Deckel thront ein schwarzer Knubbel, so breit wie hoch. Ein Bärtchen? Und auch die Tülle reckt sich in die Höhe wie eine erhobene rechte Hand.

Ein Werbeplakat für einen Teekessel ging in dieser Woche um die Welt. Nicht, weil das Gerät besonders viel konnte. Wasserkochen und Pfeifen, weiter nichts. Doch wer einmal darauf aufmerksam gemacht wurde, konnte nicht anders: Aus der Silhouette des Kesselchens starrte der Diktator auf die Straßen von Culver City in Los Angeles County, in denen die Plakate hingen.
Buchcover

Das Phänomen ist kein Einzelfall. Immer wieder sehen Menschen die markante Silhouette Hitlers in Gegenständen, in Hauswänden, sogar in flauschigen Kätzchen. Die Neigung dazu ist tief im Menschen verwurzelt. Wissenschaftler bezeichnen sie als Pareidolie - die fälschliche Erkennung von Mustern in der Unordnung. Erlebt hat das Phänomen fast jeder schon mal.


Filmplakat: Chaplins Diktator
"Es gibt eine allgemeine Tendenz unter Menschen, alle Dinge als sich selbst ähnlich aufzufassen und diese Eigenschaften auf alle Objekte zu übertragen. Wir erkennen menschliche Gesichter im Mond und Armeen in den Wolken", schrieb der schottische Philosoph David Hume einst. Die Eigenschaft, Gesichter in Dingen zu erkennen, waren für ihn eine der Voraussetzung für die Entstehung von Religionen.


Haus mit angebl. Hitler-Aussehen
Dinge mit Gesicht: Linke und rechte Hirnhälfte spielen mit

Das Erkennen von Gesichtern in einer Reihe von Dingen, ist wahrscheinlich auch evolutionär bedingt. Ständig muss der Mensch aus einer Ansammlung von Linien, Kurven, Oberflächen und Farben auf das Gesehene schließen. Dabei ist das Gehirn in besonderer Weise dazu erzogen worden, Gesichter zu sehen. Bereits kurz nach der Geburt richten Babys ihre Aufmerksamkeit auf Gesichter und Dinge, die Gesichtern ähneln. Hat der Mensch einmal ein Gesicht in einem Gegenstand erkannt, verstärkt die Erwartung das Phänomen: Hitler ist aus der Silhouette der Teekanne nicht mehr wegzudenken.


Forscher des Massachusetts Institute of Technology untersuchten die Eigenschaft, Gesichter in Gegenständen zu sehen, im Jahr 2012 im Detail. Mit Hilfe funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRI) beobachteten sie bei Testpersonen, was im Gehirn passiert, während sie Bilder von Gesichtern und Bilder von Dingen mit Gesichtern betrachteten.
Haus im Hitler-Look
Laut ihren Ergebnissen bewertet ein Hirnareal in der linken Hälfte, wie ähnlich ein Bild einem Gesicht ist. Die rechte Hirnhälfte hingegen entscheidet, ob es sich bei dem Gesehenen tatsächlich um ein Gesicht handelt. Starrt man den Hitler-Teekessel an, geraten also - stark vereinfacht gesagt - beide in Konflikt: Links meldet ein Gesicht, rechts einen Gegenstand. Der Mensch sieht ein Ding mit Gesicht.

Bleibt noch die Frage, warum die Menschen rund um den Globus gerade Hitler so häufig erspähen. Ein Grund dafür ist wohl seine markante Silhouette, sein unverkennbares Bärtchen, sein strenger Seitenscheitel. Ein anderer seine grausige Berühmtheit. Überall auf der Welt kennen die Menschen den Diktator. Und überall auf der Welt erkennen sie ihn.
Katze im Hitler-Look: 





Text aus: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/gesichter-in-gegenstaenden-warum-wir-ueberall-hitler-sehen-a-903199.html



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