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ein abschaltbarer fiktiver klamauk - mehr nicht ...

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zu diesem fernsehsessel- und kartoffelchips-"terror - ihr urteil" am montagabend in der ard:

nee - ich hab das wdr-machwerk in der ard gar nicht eingeschaltet, sondern stattdessen ein höhenfeuerwerk hier bei einem volksfest in der nähe verfolgen können - ... weil ich es von vornherein aufgrund der aggressiven werbekampagnen (sogar während des "polizeirufs" als unterzeile) einfach für einen quotenbringer mit viel klamauk hielt ... - und ein theater-ticket hatte ich auch schon verschmäht, weil das stück ja in ungeheuer großer kultureller vielfalt (oder ist es die armut der kulturbudgets ..??) quer durch die republik rauf & runter gespielt wurde - und fast immer mit dem gleichen abstimmungsergebnis ...

wdr und ard hätten besser daran getan, wenn sie echte justiz-experten wie professor wolfgang schild oder den bundesrichter thomas fischer über das theaterstück (!) hätten diskutieren lassen: was ist "fiktion" und klamauk - und was ist dran an dem machwerk ... bundesrichter fischer hat seine ausführliche "zeit"-kolumne dazu - oder besser gesagt, seinen "verriss" des gesamten prozederes - überschrieben mit: "Darf das Fernsehen elementare Rechtsfragen so lange verdrehen, bis ein Film daraus wird? Ein Lehrstück über den Missbrauch des lieben Zuschauers ..." - 

beide, herr schild und herr fischer, machen klar, dass die ard/der wdr um der quoten willen einfach vorgaukeln, als sei das ganze problem irgendwie vielleicht mal "in echt" - und dass das recht sich durch zuschauervoten beugen ließe ... auch der "justitiable" autor von schirach hat ein hopplahopp-theater(!)stück verfasst, bei dem ja vielleicht eine fiktive perspektive immer immanent ist - und wo er "in der freiheit der kunst" schon einmal "elementare rechtsfragen" als ausgewiesener "rechtsexperte" durch den wolf der tatsächlichen rechtsprechung drehen darf ... - und der zuschauer kauft sich dafür ja an der kasse ein ticket ...
Auch wenn ...
Maria Gresz, SPIEGEL-TV


eine andere frage ist, ob das gebührenbezahlte tv so einen schrumps mitmachen muss - aber es geschieht ja zu einer zeit, wo pegida brüllt: "wir sind das volk" - und so kann man ja auch mal mit justiz-kitsch unter dem reißerischen titel "terror" so tun, als seien wir endlich bei einem tatsächlichen "volksgerichtshof" - pardon: ich meine natürlich: tv-zuschauer-schöffengerichtshof angekommen ("das fernsehgericht tagt" - alles schon mal dagewesen ... - und dann die elenden "gerichtsshows" in den privaten sendern) - wo nun die mehrheit über recht und unrecht - über schuld und unschuld abstimmen kann - bei allem was recht ist ... alles ganz echt fiktiv - und gut dass wir mal drüber geredet haben - chuat choan ... S!


Das Fernsehgericht tagt: Die große Strafkammer des Schwurgerichts Berlin verhandelt im ARD-Film „Terror“ den „Fall Lars Koch“. - nach DPA-Foto


"Der Staat darf niemals einen Abschuss befehlen"

Interview: Der Bielefelder Strafrechts-Professor Wolfgang Schild - selbst Buchautor zu dem Stück*) - kritisiert den ARD-Film "Terror - Ihr Urteil". Auch er würde einen Bundeswehr-Piloten freisprechen, der in Gewissensnot ein entführtes Flugzeug zum Absturz bringt


Herr Schild, was meinen Sie als Professor für Strafrecht: Ist der fiktive Kampfpilot Lars Koch zum Mörder geworden, als er sich entschloss, ein von Terroristen entführtes Flugzeug abzuschießen, bevor es in ein Stadion gesteuert werden konnte?

Wolfgang Schild: Nein. Ich hätte ihn freigesprochen - so wie auch die knappe Mehrheit der Studenten, mit denen ich den ARD-Film geschaut habe. Aber aus Gründen, die in dem Film überhaupt nicht thematisiert werden. Deshalb halte ich das Werk und seine Vorlage von Ferdinand von Schirach auch für ganz schlecht: Es führt die Zuschauer in die Irre, ist manipulativ und stellt juristische Fragen völlig falsch dar. 

Was genau ist denn falsch?

Schild: Der Film tut so, als gebe es im deutschen Strafrecht keinen Unterschied zwischen rechtswidrigem Verhalten und persönlich vorwerfbarer Schuld. Eine Tat kann Unrecht sein, ohne dass der Täter sich schuldig gemacht hat. Dann nämlich, wenn er sich wie der Pilot in einem unauflösbaren Gewissenskonflikt befunden hat. Jeder von uns ist dankbar, dass er in einer solchen Situation wohl nie sein wird: Ganz allein dort oben, das Flugzeug steuert auf das vollbesetzte Stadion zu, es bleiben nur Sekunden für die Wahl für oder gegen den Abschuss. Wer in einer solchen existenziellen Notsituation eine Entscheidung trifft, den trifft strafrechtlich keine Schuld, auch wenn die Entscheidung rechtlich falsch, also Unrecht war. Dieses Unrecht können wir ihm nicht zum Vorwurf machen.

Also wäre Pilot Koch kein Mörder, auch wenn der Abschuss rechtswidrig war?

Schild: Ja. Das Strafrecht kennt den Begriff des entschuldigenden Notstands. In Paragraf 35 des Strafgesetzbuchs steht, dass ein Mensch ohne Schuld handelt, wenn er durch eine rechtswidrige Tat Gefahr von sich selbst oder Angehörigen abwendet. Hätten sich Ehefrau und Kind im Stadion befunden, dann wäre der Abschuss, um sie zu retten, Unrecht, aber entschuldigt gewesen. Dieser Paragraf lässt sich in unserem Fall zwar nicht direkt, aber doch parallel anwenden, vorausgesetzt, dass der Angeklagte tatsächlich in Entscheidungsnot war und nicht nur rechthaberisch seine eigenen Wertvorstellungen durchgesetzt hat. Dass im ersten Fall ein solcher "übergesetzlicher entschuldigender Notstand" eingreift, das ist unter Strafjuristen überwiegende Meinung. Insofern gibt es das juristische Dilemma, das v. Schirach und die ARD behaupten, nicht. Der Fall lässt sich mit dem geltenden Strafrecht entscheiden. Es geht in einem Strafprozess, den das Stück ja vorspielt, nicht um ein Moralproblem, sondern um die rechtliche Lösung eines Gewissenskonfliktes. 

86 Prozent der Zuschauer haben im Tele-Voting für "nicht schuldig" plädiert. Ist diese Mehrheit damit im Konflikt mit dem Bundesverfassungsgericht?

Schild: Das kann niemand wissen, weil niemand weiß, worüber die Betreffenden eigentlich abgestimmt haben. Mein Urteil jedenfalls akzeptiert voll die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: Der Pilot hat unrechtlich gehandelt. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass es kein Gesetz geben darf, das den Abschuss eines Flugzeugs erlaubt und damit den Befehl zu einem Abschuss möglich macht. Das hat Bestand. Der Staat darf niemals die Anordnung treffen, auf diese Weise Leben gegen Leben abzuwägen. Das ist nicht mit der Menschenwürde vereinbar. Nicht entschieden hat das Verfassungsgericht aber, ob ein Pilot, der den Knopf drückt, individuelle Schuld auf sich lädt. Und darum geht es in einem Strafprozess. Dass die ARD und Schirach diesen Unterschied nicht klargemacht haben, ist ein schwerer Fehler. Damit haben sie die Zuschauer in die Irre geführt. Ganz davon abgesehen, dass der ganze Film manipulativ war. Die ganze Inszenierung - angefangen vom Bildschnitt - war von vornherein auf einen Freispruch angelegt. Das Ergebnis stand von Anfang an fest.


Das Gespräch führte Sigrun Müller-Gerbes | NW - © 2016 Neue Westfälische, Mittwoch 19. Oktober 2016

*) Wolfgang Schild
   Verwirrende Rechtsbelehrung: Zu Ferdinand von Schirachs "Terror"
   Taschenbuch, 76 Seiten, Lit Verlag (erscheint im November 2016)
   ISBN-10: 3643134819
   ISBN-13: 978-3643134813

Lesen Sie auch dazu die Kolumne: Fischer im Recht / Die ARD, das Recht und die Kunst - ZEIT-ONLINE

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