Es ist etwas faul im Staate ...
Die am vergangenen Freitag veröffentlichte IQB-Bildungsstudie zeigt, wie stark sich das Niveau der Grundschüler deutschlandweit verschlechtert hat. Der Bonner Kinderpsychiater Michael Winterhoff gibt nicht nur den Lehrern die Schuld.
Mit dem vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) veröffentlichten „Bildungstrend 2016“ wurden zum zweiten Mal nach 2011 die Fähigkeiten der Viertklässler im Lesen und Zuhören, in der Rechtschreibung und der Mathematik überprüft. Knapp 30.000 Schülerinnen und Schüler an 1.508 Grundschulen und Förderschulen in Deutschland haben im Mai und Juni 2016 an den halbtägigen Tests teilgenommen.
Deutschlands Viertklässler haben sich innerhalb der vergangenen fünf Jahre im Schnitt in Mathematik, beim Zuhören und in Rechtschreibung verschlechtert. Die Lesekompetenz ist dagegen im vergangenen Jahr auf ähnlichem Niveau geblieben wie 2011.
Die dramatische Verschlechterung der Grundschüler, vor allem in Mathe und Deutsch liegt Kinderpsychiater Michael Winterhoff zufolge vor allem an Helikoptereltern, einer fehlenden Frustrationstoleranz der Kinder und unserem Laissez-faire Bildungssystem. In einem Interview mit der "Welt" rechnet er mit Politik und Eltern ab.
Helikoptereltern
Kinder zur Eigenständigkeit erziehen und ihnen durch klare Ansagen dazu verhelfen, sich in der Gesellschaft zurechtfinden zu können - das schaffen laut Winterhoff nur die wenigsten Eltern. „Ich habe Mütter und Väter, die für ihr Kind fühlen, für ihr Kind denken, für ihr Kind gedanklich in die Schule gehen – die viel beschriebenen Helikoptereltern. Diese Eltern sind gar nicht in der Lage, ihr Kind anzuleiten. Kinder brauchen ein klares Gegenüber, um sich emotional und sozial entwickeln zu können“, sagt er.
Durch die fehlende Sozialkompetenz finden sich laut Winterhoff Kinder nur schwer im Klassenverband oder anderen Gruppen zurecht. Was früher selbstverständlich war, hat sich in den letzten Jahren zum Problem entwickelt. Dazu sagt Winterhoff: „1995 waren die Kinder mit drei kindergartenreif, mit sechs schulreif und mit 16 ausbildungsreif. Ich habe heute Kinder, die sind mit zehn derart auffällig, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, dass die überhaupt in einer Gruppe klarkommen – in der Schule nicht und bei einem Arbeitgeber schon gar nicht.“
Laissez-faire Bildungssystem
Der Bonner Kinderpsychiater bemängelt nicht nur die fehlende Anleitung der Eltern, sondern auch den Laissez-faire Stil in Schulen und Kindergärten. „Für mich als Psychiater stellt es eine Katastrophe dar, dass wir unser Bildungswesen vor 15 Jahren umgestellt haben. Seitdem gilt in Kindergarten wie Schule: alles offen, alles frei. Das Kind soll alles von alleine machen, alles von alleine erkennen. Und dabei hat man gar nicht gesehen, dass sich so niemals die Psyche entwickeln kann. Kinder brauchen dringend einen Unterricht,der auf den Lehrer bezogen ist. Sie müssen lernen, dass es Personen gibt, die besser sind als sie. Sie müssen lernen, was Frust bedeutet“, sagt Winterhoff im Interview mit der "Welt".
Ändert sich in Zukunft nichts daran, sieht Winterhoff schwarz: „Immer mehr Heranwachsende sind nach Schulabschluss nicht im herkömmlichen Sinne arbeitsfähig. Es fehlt ihnen an Arbeitshaltung, Sinn für Pünktlichkeit, Akzeptanz von Strukturen und Abläufen. Wenn das so weitergeht, steuern wir auf einen riesigen Fachkräftemangel zu – und die Situation, dass wir in ein paar Jahren jede Menge Menschen haben, die dem Staat auf der Tasche liegen.“
Fehlende Frustrationstoleranz
Der Psychologe warnt nicht nur vor den Folgen fehlender Empathie. Ein großes Problem sieht er auch bei der Frustbewältigung von Kindern, „Wir haben heute massenhaft Heranwachsende, die keine Frustrationstoleranz haben, die eigene Bedürfnisse nicht hintenanstellen können, die nicht in der Lage sind, sich in andere Personen hineinzuversetzen. Der Staat muss dringend handeln, wenn wir nicht eine ganze Generation von Narzissten heranziehen wollen.“
Migration ist kein Grund für die allgemeine Verschlechterung
Kinder, die sich nicht in Gruppen integrieren können oder unter einer mangelnden Frustrationstoleranz leiden, kommen laut Winterhoff aus allen Bevölkerungsschichten. „Ich kann nur sagen, dass ich viele Patienten habe, die gar kein Migrationsproblem in der Schule haben. Wenn wir nur die Situation der Migrantenkinder abfedern müssten, wäre ich ja als Kinderpsychiater froh und würde gar nichts sagen. Aber wir haben heute das Problem, dass Kinder aus allen Schichten, auch aus der bürgerlichen Schicht, weit von einer Schulreife entfernt sind. Und damit ein Unterricht immer weniger möglich ist“, so Winterhoff.
Quelle: focus.de
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Die am vergangenen Freitag veröffentlichte IQB-Bildungsstudie zeigt, wie stark sich das Niveau der Grundschüler deutschlandweit verschlechtert hat. Der Bonner Kinderpsychiater Michael Winterhoff gibt nicht nur den Lehrern die Schuld.
nach Getty Images/AGrigorjeva |
Mit dem vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) veröffentlichten „Bildungstrend 2016“ wurden zum zweiten Mal nach 2011 die Fähigkeiten der Viertklässler im Lesen und Zuhören, in der Rechtschreibung und der Mathematik überprüft. Knapp 30.000 Schülerinnen und Schüler an 1.508 Grundschulen und Förderschulen in Deutschland haben im Mai und Juni 2016 an den halbtägigen Tests teilgenommen.
Deutschlands Viertklässler haben sich innerhalb der vergangenen fünf Jahre im Schnitt in Mathematik, beim Zuhören und in Rechtschreibung verschlechtert. Die Lesekompetenz ist dagegen im vergangenen Jahr auf ähnlichem Niveau geblieben wie 2011.
Die dramatische Verschlechterung der Grundschüler, vor allem in Mathe und Deutsch liegt Kinderpsychiater Michael Winterhoff zufolge vor allem an Helikoptereltern, einer fehlenden Frustrationstoleranz der Kinder und unserem Laissez-faire Bildungssystem. In einem Interview mit der "Welt" rechnet er mit Politik und Eltern ab.
Helikoptereltern
Kinder zur Eigenständigkeit erziehen und ihnen durch klare Ansagen dazu verhelfen, sich in der Gesellschaft zurechtfinden zu können - das schaffen laut Winterhoff nur die wenigsten Eltern. „Ich habe Mütter und Väter, die für ihr Kind fühlen, für ihr Kind denken, für ihr Kind gedanklich in die Schule gehen – die viel beschriebenen Helikoptereltern. Diese Eltern sind gar nicht in der Lage, ihr Kind anzuleiten. Kinder brauchen ein klares Gegenüber, um sich emotional und sozial entwickeln zu können“, sagt er.
Durch die fehlende Sozialkompetenz finden sich laut Winterhoff Kinder nur schwer im Klassenverband oder anderen Gruppen zurecht. Was früher selbstverständlich war, hat sich in den letzten Jahren zum Problem entwickelt. Dazu sagt Winterhoff: „1995 waren die Kinder mit drei kindergartenreif, mit sechs schulreif und mit 16 ausbildungsreif. Ich habe heute Kinder, die sind mit zehn derart auffällig, dass ich mir gar nicht vorstellen kann, dass die überhaupt in einer Gruppe klarkommen – in der Schule nicht und bei einem Arbeitgeber schon gar nicht.“
Laissez-faire Bildungssystem
Der Bonner Kinderpsychiater bemängelt nicht nur die fehlende Anleitung der Eltern, sondern auch den Laissez-faire Stil in Schulen und Kindergärten. „Für mich als Psychiater stellt es eine Katastrophe dar, dass wir unser Bildungswesen vor 15 Jahren umgestellt haben. Seitdem gilt in Kindergarten wie Schule: alles offen, alles frei. Das Kind soll alles von alleine machen, alles von alleine erkennen. Und dabei hat man gar nicht gesehen, dass sich so niemals die Psyche entwickeln kann. Kinder brauchen dringend einen Unterricht,der auf den Lehrer bezogen ist. Sie müssen lernen, dass es Personen gibt, die besser sind als sie. Sie müssen lernen, was Frust bedeutet“, sagt Winterhoff im Interview mit der "Welt".
Ändert sich in Zukunft nichts daran, sieht Winterhoff schwarz: „Immer mehr Heranwachsende sind nach Schulabschluss nicht im herkömmlichen Sinne arbeitsfähig. Es fehlt ihnen an Arbeitshaltung, Sinn für Pünktlichkeit, Akzeptanz von Strukturen und Abläufen. Wenn das so weitergeht, steuern wir auf einen riesigen Fachkräftemangel zu – und die Situation, dass wir in ein paar Jahren jede Menge Menschen haben, die dem Staat auf der Tasche liegen.“
Fehlende Frustrationstoleranz
Der Psychologe warnt nicht nur vor den Folgen fehlender Empathie. Ein großes Problem sieht er auch bei der Frustbewältigung von Kindern, „Wir haben heute massenhaft Heranwachsende, die keine Frustrationstoleranz haben, die eigene Bedürfnisse nicht hintenanstellen können, die nicht in der Lage sind, sich in andere Personen hineinzuversetzen. Der Staat muss dringend handeln, wenn wir nicht eine ganze Generation von Narzissten heranziehen wollen.“
Migration ist kein Grund für die allgemeine Verschlechterung
Kinder, die sich nicht in Gruppen integrieren können oder unter einer mangelnden Frustrationstoleranz leiden, kommen laut Winterhoff aus allen Bevölkerungsschichten. „Ich kann nur sagen, dass ich viele Patienten habe, die gar kein Migrationsproblem in der Schule haben. Wenn wir nur die Situation der Migrantenkinder abfedern müssten, wäre ich ja als Kinderpsychiater froh und würde gar nichts sagen. Aber wir haben heute das Problem, dass Kinder aus allen Schichten, auch aus der bürgerlichen Schicht, weit von einer Schulreife entfernt sind. Und damit ein Unterricht immer weniger möglich ist“, so Winterhoff.
Quelle: focus.de
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da wird ja so gern das fremdwort "inklusion" angeführt, wenn es darum geht, gleichaltrige schüler mit verschiedenen entwicklungsvoraussetzungen in einem klassenverband gemeinsam in einer institution zu fördern und zu bilden. und man dachte immer an behinderte kinder oder kinder mit migrationshintergrund, die hierzu besonders integrationsbedürftig seien.
nun berichtet aber ein kinderpsychiater von seinen schlimmen erfahrungen an der edukationsfront - und er fällt ein vernichtendes urteil, das einem aufmerksamen beobachter der situation im alltäglichen rundherum nicht übertrieben erscheint.
während alle parteien vom "flüchtlingsproblem" schwadronieren - und der ganze wahlkampf fast nur damit bestritten wird, wird das erziehungsproblem unserer kinder und jugendlichen einfach verdrängt und ausgeblendet - es wird als "ländersache" bezeichnet und dadurch marginalisiert, da dort ja jedes bundesland für sich allein "kämpft" und das problem in 16 tortenstücke zerschnitten ist - und haushalts"experten" und laienhaft zuständige staatssekretäre und zusammengewürfelte arbeitsgruppen daran - unabhängig voneinander - mit erlassen und "versuchen" herumdoktern - jedes land nach seiner fasson - und natürlich auch, um dem eigenen berufsstand "kollegial" so wenig aufzubürden wie möglich - und knete einzusparen, wo es eben geht ...
die eigentliche "inklusion" ist also das gebot der stunde und dieser begriff ist deutlich aufzublähen - auch im alltäglichen bewusstsein der öffentlichkeit und der politik, besonders auch in den dafür bereitgestellten bildungs-budgets: für alle schichten und schülergruppen und orientierungen und den jeweiligen persönlichen möglichkeiten - denn die durchschittlich begabten und integeren kinder sind nur noch die immer weiter abschmelzende spitze eines aus den tiefen wassern ragenden eisbergs - von dem 7/8el unterdurschschnittlich unter der oberfläche dahindümpelt ...-S!
eisberg mit hervorragender spitze ... - nach gallery-world-wallpaper |