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BETTY WOODMAN †

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Betty Woodman: „Es ist wie mit Ziegelsteinen“, erzählte sie 2016 in einem Interview mit dem „Frieze“-Magazin, „man nimmt ein Stück nach dem anderen, setzt sie aufeinander, und bekommt ein Gebäude.“ | graphik: S!|art

BETTY WOODMAN †


Sie töpferte sich in die Avantgarde der Kunst



In ihrer mehr als sechzig Jahre währenden Karriere hat Betty Woodman mehrere Höhenflüge und Niedergänge der Keramikkunst erlebt. Wenn es aufwärts ging, war sie meist daran beteiligt. Zum Beispiel Mitte der Siebzigerjahre als das California Clay Movement die Galerien eroberte. Bis dahin galt Keramik nicht gerade als Material der zeitgenössischen Hochkunst. Und als Woodman in den Fünfzigern mit Ton experimentierte, war Töpfern allenfalls ein Kunsthandwerk.

In ihrer Arbeit sollte es im allerbesten Sinne auch handwerklich bleiben. Aber Woodman machte deutlich, dass sich Handwerk – trotz gegenläufiger Strömungen in der abstrakten Malerei jener Jahre – und Kunst nicht ausschließen. Sie ließ sich von Gefäßen der Antike inspirieren, vom Steinzeug der chinesischen Tang-Dynastie, von europäischem Porzellan des 18. Jahrhunderts und japanischer Teekeramik.

Gleichzeitig brachte sie ihr kunstgeschichtliches Wissen um Malerei und Skulptur ein. Und feministische Aspekte wusste sie ebenfalls keramisch zu interpretieren. Während die von „Machos“ dominierte Keramikszene nämlich buchstäblich mit dem zähen Material rang, ging sie konzeptuell ans Werk: „Es ist wie mit Ziegelsteinen“, erzählte sie 2016 in einem Interview mit dem „Frieze“-Magazin, „man nimmt ein Stück nach dem anderen, setzt sie aufeinander, und bekommt ein Gebäude.“

Für ihr immer eigenständiges Werk, das beständig Skulptur, Malerei und Installation integriert, wurde Woodman als erste lebende Künstlerin überhaupt mit einer Retrospektive im Metropolitan Museum in New York belohnt. Das war im Jahr 2006.

Zehn Jahre später, als sich viele junge Bildhauer aufs Neue mit Keramik zu beschäftigen begannen und sie wieder zu einem spannenden Material der Gegenwartskunst machten, zeigte Woodman mit ihrer Ausstellung im Londoner Institute of Contemporary Art und einer Soloshow mit Wandarbeiten in ihrer New Yorker Galerie Salon 94, dass sie immer noch zur Avantgarde zählte.

Am 2. Januar ist Betty Woodman im Alter von 87 Jahren in Italien verstorben.


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