Wie katholisch ist Deutschland?
Nur noch wenige gehen zur Messe, aber der Einfluss der Kirche bleibt groß
Von Christoph Driessen | WB
Münster(dpa). Eher wenige Gläubige gehen sonntags noch zur Messe. Daher könnte man meinen, dass die Katholische Kirche nur noch geringe Relevanz hat. Doch bei näherem Hinsehen ist der katholische Einfluss in Deutschland größer als gedacht.
Harald Schmidt (60) ist in seiner Pfarrgemeinde fest verwurzelt. Seit Kindertagen ist das so – der frühere Late-Night-Talker ist mit dem Katholizismus aufgewachsen. In der Nachkriegszeit war das in vielen Teilen Deutschlands selbstverständlich. »Da wurde getauft, da wurde erstkommuniziert, da wurde gefirmt«, erinnerte sich Schmidt vor einiger Zeit.
Eine solche katholische Sozialisation ist heute die Ausnahme. Da stellt sich angesichts des Katholikentags, der morgen in Münster unter dem Motto »Suche Frieden« eröffnet wird und bis Sonntag dauert, die Frage: Wie katholisch ist Deutschland eigentlich noch?
Eine Zahl, die manch einen überraschen mag: Die katholische Kirche hat heute noch genauso viele Mitglieder wie in den 1950er Jahren – 23 Millionen. Zwischenzeitlich waren es allerdings mal mehr, der Höchststand wurde nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz 1973 mit knapp 30 Millionen erreicht.
Seit etwa 1990 geht die Zahl kontinuierlich zurück. Dennoch ist sie unterm Strich überraschend stabil. Die am stärksten katholisch geprägten Bundesländer sind das Saarland, Bayern, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.
Diese Zahlen stehen allerdings in scharfem Kontrast zum kirchlichen Engagement. 1950 gingen noch 55 Prozent der deutschen Katholiken sonntags zur Kirche, heute sind es nach Angaben der Bischofskonferenz nur noch zehn Prozent. In absoluten Zahlen: 2,4 Millionen. Der Politikwissenschaftler Andreas Püttmann spricht in diesem Zusammenhang von einer »erkalteten Religion«.
Zwangsläufig stellt sich hier die Frage: Warum treten nicht noch viel mehr Leute aus der Kirche aus, wenn die übergroße Mehrheit das Angebot doch nicht mehr wahrnimmt? Sie könnten damit viel Geld sparen. Eine Antwort dürfte sein: Viele wollen es ihren Eltern oder Großeltern nicht antun. Der Austritt käme nach ihrem Gefühl einem Bruch mit der Familie gleich.
Aber das kann nicht alles erklären. Der Religionssoziologe Detlef Pollack von der Universität Münster ist überzeugt: »Prinzipiell wird das Christentum in Deutschland positiv bewertet und als Fundament unserer Kultur angesehen. Man findet es auch gut, wenn die Kinder im christlichen Geist erzogen werden. Anständigkeit, Fairness, Solidarität, Nächstenliebe – das ist alles sehr hoch geschätzt. Es gibt also eine große Offenheit gegenüber dem Christentum, und das kommt der Kirche zugute.«
Dank ihrer enormen Steuereinnahmen kann die Kirche zudem eine wichtige Rolle als Sozialträger spielen. Sie betreibt Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten und Schulen – wie beispielsweise das Erzbistum Paderborn in Ostwestfalen-Lippe. »Die Kirche ist sozial, politisch, kulturell präsenter, als es von der Aktivität der Mitglieder her gerechtfertigt wäre«, meint der Religionssoziologe.
Diese Präsenz der Kirche sei durchaus akzeptiert und geschätzt. Pollack: »Sehr auffällig ist, dass es – im Gegensatz zum Beispiel zu Ländern wie Polen, wo die Kirchlichkeit viel höher ist – in Deutschland kaum so etwas gibt wie einen Anti-Klerikalismus. Es gibt kaum starke Bewegungen gegen die Kirche.«
Insofern hat die Kirche eigentlich keinen Grund zum Trübsalblasen. Eines ist allerdings definitiv Vergangenheit: Auch praktizierende Katholiken lassen sich von der Kirche nicht mehr vorschreiben, wie sie zu leben haben. »Ist es Ihnen wichtig, was der Papst sagt?« Auf diese Frage antworteten in einer Umfrage im Auftrag der Gütersloher Bertelsmann-Stiftung 58 Prozent der Katholiken mit »Nein«. Eine Umfrage des größten deutschen Bistums Köln ergab 2013 »eine starke Differenz zwischen kirchlicher Lehre und dem Leben der Katholiken«.
Egal ob bei Scheidung, vorehelichem Sex, Verhütungsmitteln oder Homosexualität: In allen Punkten denken demnach sogar die regelmäßigen Gottesdienstbesucher und in der Pfarrgemeinde Aktiven ganz anders als die Kirche es lehrt. Und zwar fast ohne Ausnahme. »Selbst diejenigen, die in der Kirche sind, sagen: »Ich möchte das zu meinen eigenen Bedingungen sein«, fasst Pollack zusammen. Als Schäfchen sehen sie sich nicht.
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Vier Tage Katholikentag in Münster
Morgen wird die 101. Auflage unter dem Motto »Suche Frieden« eröffnet – zahlreiche Prominente zu Gast
Münster (dpa/WB). Vier Tage lang steht Münster von morgen an im Blickpunkt der Katholiken in Deutschland. Unter dem Motto »Suche Frieden« findet in der Stadt des Westfälischen Friedens der 101. deutsche Katholikentag statt. Die Veranstaltung gilt als das größte Laientreffen der Kirche in der Bundesrepublik. Die Ausrichter erwarten mehrere Zehntausend Besucher.
Sicherheit: Bereits vor der Amokfahrt mit vier Toten und über 20 Verletzten am 7. April in Münster hatten die Veranstalter ein umfangreiches Sicherheitskonzept aufgestellt. Stadt und Sicherheitsbehörden hatten darin Konsequenzen aus den Amokfahrten von Nizza und Berlin im Jahr 2016 einfließen lassen. In Münster wird es an verschiedenen Stellen Zufahrtssperren mit großen Wassertanks und Lastwagen geben. Am Schlossplatz, wo zu zwei großen Gottesdiensten jeweils rund 35.000 Menschen erwartet werden, hat die Stadt versenkbare Poller verbaut. Mehrere Verkehrsachsen, Plätze und Zufahrtsstraßen werden für den Verkehr gesperrt, darunter auch die vierspurige B54 vor dem Schloss.
Prominente: Katholikentage sind immer auch ein Aufgalopp der (Politik)-Prominenz. Außer Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Donnerstag 14 Uhr, Halle Münsterland) hat auch der kolumbianische Staatspräsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos (Donnerstag 16.30 Uhr, Halle Münsterland) zugesagt. Aus dem Bundeskabinett kommen zehn von 16 Mitgliedern, darunter Kanzlerin Angela Merkel (CDU, Freitag 11 Uhr, Halle Münsterland) und Innenminister Horst Seehofer (CSU, Donnerstag 16.30 Uhr, Halle Münsterland).
Programm: An etwa 100 Veranstaltungsorten sind rund 1000 Veranstaltungen geplant. Das Angebot reicht von Gesprächskreisen über Gottesdienste und Gebete bis hin zu Konzerten und Straßenfesten. Höhepunkte sind dabei der Eröffnungsgottesdienst auf dem Domplatz mit bis zu 15.000 Menschen und zwei Gottesdienste am Donnerstag und Sonntag zum Abschluss auf dem Schlossplatz.
Veranstaltungsorte: Der Großteil findet innerhalb des die Innenstadt umschließenden Promenaden-Rings statt. Die zentralen Orte sind der Schlossplatz vor dem Verwaltungssitz der Universität, der Domplatz und der Prinzipalmarkt. Mehrere große Podiumsveranstaltungen mit Auftritten von Politikern sind auf dem Messegelände rund um die Halle Münsterland geplant. Zwischen Messe und Innenstadt ist ein Pendelverkehr eingerichtet.
Höhepunkte: Mit Spannung wird eine Podiumsdiskussion mit dem AfD-Vertreter Volker Münz (Samstag 14 Uhr, Halle Münsterland) erwartet. Eckart von Hirschhausen nimmt an der Diskussionsrunde »Störfaktor Religion. Wie viel Glaube verträgt die Öffentlichkeit?« teil. Der frühere Umweltminister Klaus Töpfer aus Höxter diskutiert am Freitag ab 16.30 Uhr über das Thema »Der Bauer und das (liebe) ZeOzwei« (Halle Münsterland), die evangelische Theologin Margot Käßmann auf der Caritasbühne (Stubengasse) über das Thema »Sozial gerecht – eine Utopie? Was gesellschaftlicher Frieden braucht«.
Auch die Diskussionsrunde l »Ökumene nach 2017« am Freitag ab 11 Uhr im Fürstenberghaus mit Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), und Reinhard Kardinal Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, dürfte spannend werden. Eine kostenlose App zum Katholikentag gibt einen guten Programmüberblick. Sie informiert auch darüber, wie voll es auf den einzelnen Veranstaltungen ist.
WESTFALEN-BLATT epages 08.05.2018
"Das Kreuz ist kein Kampfmittel"
Interview: Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, überden heute in Münster beginnenden Katholikentag und die Situation des Katholizismus in Deutschland
Herr Sternberg, was ist heute der Sinn eines Katholikentags, der von vielen Teilnehmern eher als Happening und Mega-Party denn als Glaubensveranstaltung verstanden wird?
Thomas Sternberg: Als reine Glaubensveranstaltung ist der Katholikentag nie gedacht gewesen. Er war immer eine Zusammenkunft von Laien, die sich über politische und gesellschaftliche Themen austauschen wollten. Dass das auch mit Gebet und Gottesdienst verbunden war, versteht sich von selbst. Dass das Ganze inzwischen auch einen Happening-Charakter hat, liegt daran, dass spätestens 1978 in Freiburg die jungen Leute den Katholikentag für sich entdeckten. Heute sind die Besucher sehr gemischt, alle Altersgruppen sind gleichermaßen vertreten.
Ist das wichtigste Anliegen des Katholikentags also nicht, den Glauben der Teilnehmer zu stärken?
Sternberg: Die Glaubensstärkung ist schon wichtig. Die ganz unterschiedlichen Teilnehmer kommen aber vor allem, um heraus zu finden, welche gesellschaftlichen Themen zurzeit wichtig sind. Die bisherigen Katholikentage waren immer so etwas wie ein seismographischer Gradmesser für Themen, die in der Luft liegen.
Was ist für Sie persönlich das Highlight des Katholikentags?
Sternberg: Das ist schwierig. Ich könnte jetzt sagen, die Veranstaltungen mit dem Friedensnobelpreisträger und kolumbianischen Staatspräsidenten Santos oder mit Bundespräsident Steinmeier. Oder, dass das Kulturprogramm auf Katholikentagen nie nur ein Begleitprogramm, sondern wesentlicher Bestandteil ist. Es gibt beispielsweise in Münster ein Konzert mit einem Orchester aus dem Heiligen Land, in dem christliche, jüdische und muslimische Mitglieder zusammen musizieren...
Dann lassen Sie mich anders fragen: Welche Veranstaltung abseits der repräsentativen Aufgaben besucht der gläubige Christ Sternberg ganz privat?
Sternberg: Ach, ich wollte so gerne zu einer Veranstaltung über den Heiligen Martin von Tours gehen, mit dem ich mich selbst intensiv beschäftigt habe und den ich für eine der ganz großen Persönlichkeiten der europäischen Sozialgeschichte halte. Aber ich habe gerade schon wieder gemerkt - mein Terminkalender lässt eine solche Liebhaberei nicht zu.
Haben Sie nach der Amokfahrt von Münster Sorge um die Sicherheit des Katholikentags?
Sternberg: Nein, das habe ich nicht. Das Sicherheitskonzept ist sehr gut ausgearbeitet. Wir hoffen, dass es nicht als zu störend wahrgenommen wird, wenn die Plätze mit Fahrzeugen oder auf andere Weise blockiert sind. Alles Menschenmögliche wird getan. Letztlich ist man nie 100-prozentig sicher, aber das sind Sie auch nicht, wenn Sie zur Post gehen.
Sie sind selbst Münsteraner. Hat die Amokfahrt hier in Münster etwas verändert?
Sternberg: Ja, schon. Es hat noch einmal gezeigt, dass unser Motto "Suche Frieden" nicht nur politisch zu verstehen ist. Es geht auch um Frieden im persönlichen Leben und um Frieden mit sich selbst. In welch? einem Unfrieden muss ein Mensch mit sich selbst leben, wenn er meint, er müsse bei seinem eigenen Tod andere Unschuldige mitnehmen? Das entfaltet den ganzen Kosmos des Friedensbegriffs.
Wird die Amokfahrt auf dem Katholikentag eine Rolle spielen?
Sternberg: Wir hatten zunächst daran gedacht, eine eigene Veranstaltung zu gestalten. Das haben wir wieder verworfen. Aber wir werden in Gebeten und Gottesdiensten natürlich der Opfer gedenken.
Der Auftritt eines AfD-Politikers bei einem Diskussionsforum ist heftig umstritten. Ist die AfD bei der katholischen Kirche inzwischen salonfähig?
Sternberg: Selbstverständlich nicht. In Leipzig sind wir beschimpft worden, weil wir niemanden von der AfD eingeladen haben. Wir haben noch nie Parteien eingeladen, auch diesmal nicht. Eingeladen sind die kirchenpolitischen Sprecher der Fraktionen im Bundestag. Und dazu gehört nun einmal auch leider die AfD. Ich bin weit davon entfernt, Positionen der AfD für richtig zu halten. Und nicht nur ich, sondern das gesamte Zentralkomitee. Es wird deshalb anlässlich des Katholikentags eine "Münsteraner Erklärung" der Vollversammlung des ZdK geben, in der in aller Klarheit Position gegen Ausländerfeindlichkeit, gegen Ausgrenzung, gegen Islamfeindlichkeit, gegen Rassismus und natürlich auch gegen Behinderten-Feindlichkeit bezogen wird - alles Dinge, die in der AfD inzwischen möglich geworden sind.
Würden Sie soweit gehen zu sagen, die Mitarbeit in der AfD und der Katholische Glaube sind nicht miteinander vereinbar?
Sternberg: Eine ganze Reihe wesentlicher Positionen der AfD ist in der Tat mit unserem Glauben nicht vereinbar.
Die Anweisung des neuen bayerischen Ministerpräsidenten Söder, Kreuze in allen Landesbehörden aufzuhängen, sorgt für Aufregung. Wird das wichtigste religiöse Symbol des Christentums von Söder für den politischen Kampf missbraucht, möglicherweise auch zur Ausgrenzung von Andersgläubigen?
Sternberg: Das Kreuz ist kein Kampfmittel und gerade kein Zeichen der Ausgrenzung. Das Kreuz ist mir viel zu wichtig, als dass ich es in die Niederungen des Wahlkampfes ziehen lassen würde. Das Kreuz im Klassenzimmer oder im Krankenzimmer kann man nicht in die eine oder andere Richtung vereinnahmen. Ich wünschte mir eher, dass mehr Menschen sich darüber Gedanken machten, wie wichtig das Kreuz als religiöses und kulturelles Symbol für unsere europäischen Werte ist.
In der katholischen Kirche ist offener Streit um die gemeinsame Kommunion von gemischtkonfessionellen Ehepaaren ausgebrochen. Wie ist die Position des obersten katholischen Laien in Deutschland dazu?
Sternberg: In den Gemeinden haben die vielen gemischtkonfessionellen Ehepaare ihren Weg gefunden, und zwar in völliger Übereinstimmung mit ihren Pfarrern. Es ist aller Ehren wert zu versuchen, dies auch rechtlich und dogmatisch zu regeln. Dass daraus jetzt ein Streit weniger mit der großen Mehrheit der Bischofskonferenz entstanden ist, ist unangenehm und unglücklich. Und außerdem unserem Ziel abträglich, auch Menschen, die eher in Distanz zu uns stehen, zu zeigen, dass es gut ist, katholisch zu sein.
Das Gespräch führte Lothar Schmalen
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Zur Person: Thomas Sternberg
© 2018 Neue Westfälische, Mittwoch 09. Mai 2018
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Das TV-/Radio-Programm im Überblick:
Fernsehen
Radio
PHOENIX-TV:
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Nur noch wenige gehen zur Messe, aber der Einfluss der Kirche bleibt groß
Von Christoph Driessen | WB
Münster(dpa). Eher wenige Gläubige gehen sonntags noch zur Messe. Daher könnte man meinen, dass die Katholische Kirche nur noch geringe Relevanz hat. Doch bei näherem Hinsehen ist der katholische Einfluss in Deutschland größer als gedacht.
Harald Schmidt | Video-Still aus "Spiegel-Daily" |
Eine solche katholische Sozialisation ist heute die Ausnahme. Da stellt sich angesichts des Katholikentags, der morgen in Münster unter dem Motto »Suche Frieden« eröffnet wird und bis Sonntag dauert, die Frage: Wie katholisch ist Deutschland eigentlich noch?
Eine Zahl, die manch einen überraschen mag: Die katholische Kirche hat heute noch genauso viele Mitglieder wie in den 1950er Jahren – 23 Millionen. Zwischenzeitlich waren es allerdings mal mehr, der Höchststand wurde nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz 1973 mit knapp 30 Millionen erreicht.
Seit etwa 1990 geht die Zahl kontinuierlich zurück. Dennoch ist sie unterm Strich überraschend stabil. Die am stärksten katholisch geprägten Bundesländer sind das Saarland, Bayern, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen.
Diese Zahlen stehen allerdings in scharfem Kontrast zum kirchlichen Engagement. 1950 gingen noch 55 Prozent der deutschen Katholiken sonntags zur Kirche, heute sind es nach Angaben der Bischofskonferenz nur noch zehn Prozent. In absoluten Zahlen: 2,4 Millionen. Der Politikwissenschaftler Andreas Püttmann spricht in diesem Zusammenhang von einer »erkalteten Religion«.
Zwangsläufig stellt sich hier die Frage: Warum treten nicht noch viel mehr Leute aus der Kirche aus, wenn die übergroße Mehrheit das Angebot doch nicht mehr wahrnimmt? Sie könnten damit viel Geld sparen. Eine Antwort dürfte sein: Viele wollen es ihren Eltern oder Großeltern nicht antun. Der Austritt käme nach ihrem Gefühl einem Bruch mit der Familie gleich.
Aber das kann nicht alles erklären. Der Religionssoziologe Detlef Pollack von der Universität Münster ist überzeugt: »Prinzipiell wird das Christentum in Deutschland positiv bewertet und als Fundament unserer Kultur angesehen. Man findet es auch gut, wenn die Kinder im christlichen Geist erzogen werden. Anständigkeit, Fairness, Solidarität, Nächstenliebe – das ist alles sehr hoch geschätzt. Es gibt also eine große Offenheit gegenüber dem Christentum, und das kommt der Kirche zugute.«
Dank ihrer enormen Steuereinnahmen kann die Kirche zudem eine wichtige Rolle als Sozialträger spielen. Sie betreibt Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten und Schulen – wie beispielsweise das Erzbistum Paderborn in Ostwestfalen-Lippe. »Die Kirche ist sozial, politisch, kulturell präsenter, als es von der Aktivität der Mitglieder her gerechtfertigt wäre«, meint der Religionssoziologe.
Diese Präsenz der Kirche sei durchaus akzeptiert und geschätzt. Pollack: »Sehr auffällig ist, dass es – im Gegensatz zum Beispiel zu Ländern wie Polen, wo die Kirchlichkeit viel höher ist – in Deutschland kaum so etwas gibt wie einen Anti-Klerikalismus. Es gibt kaum starke Bewegungen gegen die Kirche.«
Insofern hat die Kirche eigentlich keinen Grund zum Trübsalblasen. Eines ist allerdings definitiv Vergangenheit: Auch praktizierende Katholiken lassen sich von der Kirche nicht mehr vorschreiben, wie sie zu leben haben. »Ist es Ihnen wichtig, was der Papst sagt?« Auf diese Frage antworteten in einer Umfrage im Auftrag der Gütersloher Bertelsmann-Stiftung 58 Prozent der Katholiken mit »Nein«. Eine Umfrage des größten deutschen Bistums Köln ergab 2013 »eine starke Differenz zwischen kirchlicher Lehre und dem Leben der Katholiken«.
Egal ob bei Scheidung, vorehelichem Sex, Verhütungsmitteln oder Homosexualität: In allen Punkten denken demnach sogar die regelmäßigen Gottesdienstbesucher und in der Pfarrgemeinde Aktiven ganz anders als die Kirche es lehrt. Und zwar fast ohne Ausnahme. »Selbst diejenigen, die in der Kirche sind, sagen: »Ich möchte das zu meinen eigenen Bedingungen sein«, fasst Pollack zusammen. Als Schäfchen sehen sie sich nicht.
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Vier Tage Katholikentag in Münster
Morgen wird die 101. Auflage unter dem Motto »Suche Frieden« eröffnet – zahlreiche Prominente zu Gast
Münster (dpa/WB). Vier Tage lang steht Münster von morgen an im Blickpunkt der Katholiken in Deutschland. Unter dem Motto »Suche Frieden« findet in der Stadt des Westfälischen Friedens der 101. deutsche Katholikentag statt. Die Veranstaltung gilt als das größte Laientreffen der Kirche in der Bundesrepublik. Die Ausrichter erwarten mehrere Zehntausend Besucher.
Sicherheit: Bereits vor der Amokfahrt mit vier Toten und über 20 Verletzten am 7. April in Münster hatten die Veranstalter ein umfangreiches Sicherheitskonzept aufgestellt. Stadt und Sicherheitsbehörden hatten darin Konsequenzen aus den Amokfahrten von Nizza und Berlin im Jahr 2016 einfließen lassen. In Münster wird es an verschiedenen Stellen Zufahrtssperren mit großen Wassertanks und Lastwagen geben. Am Schlossplatz, wo zu zwei großen Gottesdiensten jeweils rund 35.000 Menschen erwartet werden, hat die Stadt versenkbare Poller verbaut. Mehrere Verkehrsachsen, Plätze und Zufahrtsstraßen werden für den Verkehr gesperrt, darunter auch die vierspurige B54 vor dem Schloss.
Prominente: Katholikentage sind immer auch ein Aufgalopp der (Politik)-Prominenz. Außer Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Donnerstag 14 Uhr, Halle Münsterland) hat auch der kolumbianische Staatspräsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos (Donnerstag 16.30 Uhr, Halle Münsterland) zugesagt. Aus dem Bundeskabinett kommen zehn von 16 Mitgliedern, darunter Kanzlerin Angela Merkel (CDU, Freitag 11 Uhr, Halle Münsterland) und Innenminister Horst Seehofer (CSU, Donnerstag 16.30 Uhr, Halle Münsterland).
Programm: An etwa 100 Veranstaltungsorten sind rund 1000 Veranstaltungen geplant. Das Angebot reicht von Gesprächskreisen über Gottesdienste und Gebete bis hin zu Konzerten und Straßenfesten. Höhepunkte sind dabei der Eröffnungsgottesdienst auf dem Domplatz mit bis zu 15.000 Menschen und zwei Gottesdienste am Donnerstag und Sonntag zum Abschluss auf dem Schlossplatz.
Veranstaltungsorte: Der Großteil findet innerhalb des die Innenstadt umschließenden Promenaden-Rings statt. Die zentralen Orte sind der Schlossplatz vor dem Verwaltungssitz der Universität, der Domplatz und der Prinzipalmarkt. Mehrere große Podiumsveranstaltungen mit Auftritten von Politikern sind auf dem Messegelände rund um die Halle Münsterland geplant. Zwischen Messe und Innenstadt ist ein Pendelverkehr eingerichtet.
Höhepunkte: Mit Spannung wird eine Podiumsdiskussion mit dem AfD-Vertreter Volker Münz (Samstag 14 Uhr, Halle Münsterland) erwartet. Eckart von Hirschhausen nimmt an der Diskussionsrunde »Störfaktor Religion. Wie viel Glaube verträgt die Öffentlichkeit?« teil. Der frühere Umweltminister Klaus Töpfer aus Höxter diskutiert am Freitag ab 16.30 Uhr über das Thema »Der Bauer und das (liebe) ZeOzwei« (Halle Münsterland), die evangelische Theologin Margot Käßmann auf der Caritasbühne (Stubengasse) über das Thema »Sozial gerecht – eine Utopie? Was gesellschaftlicher Frieden braucht«.
Auch die Diskussionsrunde l »Ökumene nach 2017« am Freitag ab 11 Uhr im Fürstenberghaus mit Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), und Reinhard Kardinal Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, dürfte spannend werden. Eine kostenlose App zum Katholikentag gibt einen guten Programmüberblick. Sie informiert auch darüber, wie voll es auf den einzelnen Veranstaltungen ist.
WESTFALEN-BLATT epages 08.05.2018
"Das Kreuz ist kein Kampfmittel"
Interview: Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, überden heute in Münster beginnenden Katholikentag und die Situation des Katholizismus in Deutschland
Herr Sternberg, was ist heute der Sinn eines Katholikentags, der von vielen Teilnehmern eher als Happening und Mega-Party denn als Glaubensveranstaltung verstanden wird?
Thomas Sternberg: Als reine Glaubensveranstaltung ist der Katholikentag nie gedacht gewesen. Er war immer eine Zusammenkunft von Laien, die sich über politische und gesellschaftliche Themen austauschen wollten. Dass das auch mit Gebet und Gottesdienst verbunden war, versteht sich von selbst. Dass das Ganze inzwischen auch einen Happening-Charakter hat, liegt daran, dass spätestens 1978 in Freiburg die jungen Leute den Katholikentag für sich entdeckten. Heute sind die Besucher sehr gemischt, alle Altersgruppen sind gleichermaßen vertreten.
Ist das wichtigste Anliegen des Katholikentags also nicht, den Glauben der Teilnehmer zu stärken?
Sternberg: Die Glaubensstärkung ist schon wichtig. Die ganz unterschiedlichen Teilnehmer kommen aber vor allem, um heraus zu finden, welche gesellschaftlichen Themen zurzeit wichtig sind. Die bisherigen Katholikentage waren immer so etwas wie ein seismographischer Gradmesser für Themen, die in der Luft liegen.
Was ist für Sie persönlich das Highlight des Katholikentags?
Sternberg: Das ist schwierig. Ich könnte jetzt sagen, die Veranstaltungen mit dem Friedensnobelpreisträger und kolumbianischen Staatspräsidenten Santos oder mit Bundespräsident Steinmeier. Oder, dass das Kulturprogramm auf Katholikentagen nie nur ein Begleitprogramm, sondern wesentlicher Bestandteil ist. Es gibt beispielsweise in Münster ein Konzert mit einem Orchester aus dem Heiligen Land, in dem christliche, jüdische und muslimische Mitglieder zusammen musizieren...
Dann lassen Sie mich anders fragen: Welche Veranstaltung abseits der repräsentativen Aufgaben besucht der gläubige Christ Sternberg ganz privat?
Sternberg: Ach, ich wollte so gerne zu einer Veranstaltung über den Heiligen Martin von Tours gehen, mit dem ich mich selbst intensiv beschäftigt habe und den ich für eine der ganz großen Persönlichkeiten der europäischen Sozialgeschichte halte. Aber ich habe gerade schon wieder gemerkt - mein Terminkalender lässt eine solche Liebhaberei nicht zu.
Haben Sie nach der Amokfahrt von Münster Sorge um die Sicherheit des Katholikentags?
Sternberg: Nein, das habe ich nicht. Das Sicherheitskonzept ist sehr gut ausgearbeitet. Wir hoffen, dass es nicht als zu störend wahrgenommen wird, wenn die Plätze mit Fahrzeugen oder auf andere Weise blockiert sind. Alles Menschenmögliche wird getan. Letztlich ist man nie 100-prozentig sicher, aber das sind Sie auch nicht, wenn Sie zur Post gehen.
Sie sind selbst Münsteraner. Hat die Amokfahrt hier in Münster etwas verändert?
Sternberg: Ja, schon. Es hat noch einmal gezeigt, dass unser Motto "Suche Frieden" nicht nur politisch zu verstehen ist. Es geht auch um Frieden im persönlichen Leben und um Frieden mit sich selbst. In welch? einem Unfrieden muss ein Mensch mit sich selbst leben, wenn er meint, er müsse bei seinem eigenen Tod andere Unschuldige mitnehmen? Das entfaltet den ganzen Kosmos des Friedensbegriffs.
Wird die Amokfahrt auf dem Katholikentag eine Rolle spielen?
Sternberg: Wir hatten zunächst daran gedacht, eine eigene Veranstaltung zu gestalten. Das haben wir wieder verworfen. Aber wir werden in Gebeten und Gottesdiensten natürlich der Opfer gedenken.
Der Auftritt eines AfD-Politikers bei einem Diskussionsforum ist heftig umstritten. Ist die AfD bei der katholischen Kirche inzwischen salonfähig?
Sternberg: Selbstverständlich nicht. In Leipzig sind wir beschimpft worden, weil wir niemanden von der AfD eingeladen haben. Wir haben noch nie Parteien eingeladen, auch diesmal nicht. Eingeladen sind die kirchenpolitischen Sprecher der Fraktionen im Bundestag. Und dazu gehört nun einmal auch leider die AfD. Ich bin weit davon entfernt, Positionen der AfD für richtig zu halten. Und nicht nur ich, sondern das gesamte Zentralkomitee. Es wird deshalb anlässlich des Katholikentags eine "Münsteraner Erklärung" der Vollversammlung des ZdK geben, in der in aller Klarheit Position gegen Ausländerfeindlichkeit, gegen Ausgrenzung, gegen Islamfeindlichkeit, gegen Rassismus und natürlich auch gegen Behinderten-Feindlichkeit bezogen wird - alles Dinge, die in der AfD inzwischen möglich geworden sind.
Würden Sie soweit gehen zu sagen, die Mitarbeit in der AfD und der Katholische Glaube sind nicht miteinander vereinbar?
Sternberg: Eine ganze Reihe wesentlicher Positionen der AfD ist in der Tat mit unserem Glauben nicht vereinbar.
Die Anweisung des neuen bayerischen Ministerpräsidenten Söder, Kreuze in allen Landesbehörden aufzuhängen, sorgt für Aufregung. Wird das wichtigste religiöse Symbol des Christentums von Söder für den politischen Kampf missbraucht, möglicherweise auch zur Ausgrenzung von Andersgläubigen?
Sternberg: Das Kreuz ist kein Kampfmittel und gerade kein Zeichen der Ausgrenzung. Das Kreuz ist mir viel zu wichtig, als dass ich es in die Niederungen des Wahlkampfes ziehen lassen würde. Das Kreuz im Klassenzimmer oder im Krankenzimmer kann man nicht in die eine oder andere Richtung vereinnahmen. Ich wünschte mir eher, dass mehr Menschen sich darüber Gedanken machten, wie wichtig das Kreuz als religiöses und kulturelles Symbol für unsere europäischen Werte ist.
In der katholischen Kirche ist offener Streit um die gemeinsame Kommunion von gemischtkonfessionellen Ehepaaren ausgebrochen. Wie ist die Position des obersten katholischen Laien in Deutschland dazu?
Sternberg: In den Gemeinden haben die vielen gemischtkonfessionellen Ehepaare ihren Weg gefunden, und zwar in völliger Übereinstimmung mit ihren Pfarrern. Es ist aller Ehren wert zu versuchen, dies auch rechtlich und dogmatisch zu regeln. Dass daraus jetzt ein Streit weniger mit der großen Mehrheit der Bischofskonferenz entstanden ist, ist unangenehm und unglücklich. Und außerdem unserem Ziel abträglich, auch Menschen, die eher in Distanz zu uns stehen, zu zeigen, dass es gut ist, katholisch zu sein.
Das Gespräch führte Lothar Schmalen
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Zur Person: Thomas Sternberg
- Der 66-Jährige stammt aus Grevenbrück (Sauerland).
- Er studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Theologie in Münster, Rom und Bonn.
- Von 1988 bis 2016 war Sternberg Direktor der Katholisch-Sozialen Akademie Franz-Hitze-Haus in Münster.
- Seit 1997 engagiert er sich im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). 2015 wurde er als Nachfolger von Alois Glück zu dessen Präsidenten gewählt.
- Seit 1974 ist Sternberg Mitglied der CDU, für die er von 2005 bis 2017 als direkt gewählter Abgeordneter im Landtag saß.
© 2018 Neue Westfälische, Mittwoch 09. Mai 2018
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Das TV-/Radio-Programm im Überblick:
Fernsehen
- 9. Mai, 17.35 Uhr, WDR Fernsehen: Willkommen in Münster, Eröffnung des Deutschen Katholikentags 2018
- 10. Mai, 10.00 Uhr, Das Erste: Gottesdienst zu Christi Himmelfahrt vom Deutschen Katholikentag in Münster
- 12. Mai, 20.55 Uhr, Das Erste: "Wort zum Sonntag" - vom Deutschen Katholikentag in Münster, Sprecher: Gereon Alter
- 13. Mai, 10.00 Uhr, Das Erste: Hauptgottesdienst des Deutschen Katholikentags aus Münster
- 13. Mai, 11.30 Uhr, Das Erste: Reportage "Beten, streiten, feiern. Der Katholikentag in Münster"
Radio
- 09. Mai bis 13. Mai: Berichterstattung in allen aktuellen Sendungen im Hörfunk
- 13. Mai, 08.30 Uhr, WDR 3: Suche Frieden, "Lebenszeichen" vom 101. Deutschen Katholikentag in Münster
- 13. Mai, 09.05 Uhr, WDR 5: "Diesseits von Eden", Sondersendung zum Katholikentag
- 13. Mai, ab 10.00 Uhr, WDR 5: Hauptgottesdienst des 101. Deutschen Katholikentags in Münster - Live-Übertragung
- 13. Mai, 11.30 Uhr, "WDR 5 spezial", Livesendung vom Katholikentag
- 16. Mai, 20.04 Uhr, WDR 3, Uraufführung des Oratoriums "PAX"
PHOENIX-TV:
- Den Eröffnungsgottesdienst auf dem Domplatz mit dem Bischof von Münster, Felix Genn, zeigt phoenix am Mittwoch um 17.45 Uhr. Hierzu werden unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) erwartet.
- Am Freitag zeigt phoenix zunächst um 9.30 Uhr eine Aufzeichnung der Diskussion „Integriert euch! Wer eigentlich? Und wohin? – Anforderungen an das Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft“, mit Bundesinnenminister Horst Seehofer. Im Anschluss übertragen wir ab 11.00 Uhr live die Diskussion „Deutschland in einer veränderten Weltlage – Wie umgehen mit Konfliktherden und aggressiven Regimes?“, zu der auch Bundeskanzlerin Angela Merkel erwartet wird.
- und zum Link der Münsterschen Kirchenzeitung: https://www.kirche-und-leben.de/
⬛ - es geht ja gar nicht so sehr um den "katholikentag" oder den "deutschen evangelischen kirchentag": es ist einfach - wenn die sonne höher steigt und die tage länger werden - mal wieder "kirchentags-zeit" - jedes jahr pünktlich im mai/juni - mal in leipzig, mal in berlin - mal in münster - und nächstes jahr in dortmund ... - und - und - und: die spiele sind eröffnet ...
und das ist jedes mal mehr, als ein hölzernes kreuz in amtsstuben zu vernageln: da schwingt ein bekennen mit - zumindest eine anerkennung - denn bei aller kritik: "kirchens"haben ja auch etwas vorzuweisen, da sie als mitveranstalter im kanon der staatlich finanzierten subsidiaritäts-anbieter mitmischen: in schulen, in krankenhäusern und (tages-)kliniken, altenheimen, suppenküchen, "tafeln" und kitas u.a.m.
ja - kirchen mischen mit - und sind dadurch einer der größten arbeitgeber in deutschland mit über einer million mitarbeitern: brüdern & schwestern - oder so ähnlich ... - alle zumeist in engagements, die ein hohes maß an verlässlichkeit, vertrauen und verantwortung erfordern - und vor denen sich im alltag eben viele einfach drücken: sterbebegleitung und hospizarbeit, krankenpflege, pflege und beschäftigung schwerstmehrfach förderungsbedürftiger menschen ... - um nur einiges zu nennen.
und diese mehr als eine million menschen üben tag für tag ihren persönlichen - ihren aktiven "gottesdienst" aus ...
da muss man also nicht immer auf die schwindenden zahlen sonntagmorgens in den kirchengebäuden schielen. schon im neuen testament in apostelgeschichte 7,48-49 steht: aber gott wohnt nicht in tempeln, die mit händen gemacht sind, wie der prophet spricht: der himmel ist mein stuhl und die erde meiner füße schemel - spricht der herr; was wollt ihr mir denn für ein haus bauen ...
gottesdienst findet also auch in der alltäglichen arbeit statt und unter freiem himmel und im stadion und in der münsterlandhalle oder auf wiesen beim abschlussgottesdienst des katholikentages auf dem münsterschen schlossplatz vor 30.000 menschen ... - wenigstens sind ca. 45.000 dauerkarten in münster verkauft worden.
und während in die fußball-bundesliga-stadien am wochenende ca. 450.000 menschen strömen - gehen trotz allem noch fast 800.000 protestanten sonntags in ihre kirchen ... (sagt frau käßmann).
nun gibt es ja neue hürden, die den veranstaltern von kirchentagen in den weg gelegt werden: die stadträte der kommunen, in denen das event stattfinden soll, wollen dafür keine zuschüsse mehr geben - trotz des enormen image-gewinns und des umsatz-zuwachses: aber für die eben bereits genannten bundesliga-spiele müssen 100.000de von polizistinnen und polizisten abgestellt werden - und manche "sonderzüge" der "fans" und hooligans werden dabei immer mal wieder in den klump gehauen ... - und das ist bei kirchentags-besuchern mit sicherheit anders - diese 4 tage im jahr in einer metropole - und nicht woche für woche auf neue ...
also - so mausetot sind sie gar nicht - diese totgesagten kirchen und dieser totgesagte glaube - und auf platt sagte mein lehrmeister vor fast 60 jahren gern:
wä dach for dach
sin arbeit döit
un jümmer uppm posten stöit
un döit dat chaut und döit dat cheern -
dä darf sick ommal amüseern ...
in diesem sinne - wie in jedem jahr: einen guten und erbauenden kirchen-/katholikentag ...-S!