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SUCHE FRIEDEN

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Rund 18.000 Christinnen und Christen waren bei der Auftakt-Veranstaltung auf dem Domplatz in Münster dabei. -
Foto: Michael Bönte





Eindringliche Appelle von Bundespräsident Steinmeier und ZdK-Präsident Sternberg - 
Der Papst in einem Grußwort


18.000 Friedenssucher bei Katholikentags-Eröffnung



Niemand hätte gedacht, dass das Motto „Suche Frieden“ des 101. Deutschen Katholikentags eine solche Aktualität und Brisanz bekommen sollte. „Das Motto wurde vor langer Zeit erdacht. Jetzt trifft es die Lage wie kein anderes“, brachte es der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (CDU), bei der Eröffnung auf dem Domplatz auf den Punkt. Die Welt sei angesichts von Kriegen und Unfrieden „aus den Fugen geraten“, sagte Laschet. „Und Regierungschefs säen per Tweet Spaltung.“

Tosender Beifall der rund 18.000 Christinnen und Christen, die zur Auftakt-Veranstaltung gekommen waren, zeigte, dass hier ein Nerv getroffen war. „Suche Frieden“ – das Leitwort des Katholikentags wurde konkret, bekam nicht nur persönliche, sondern politische Dimensionen.

Steinmeier kritisiert USA

Das machte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sehr konkret an aktuellen Beispielen deutlich. Als „schweren Rückschlag“ für die Friedens-Diplomatie bezeichnete er den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran. Ein langfristiger Friede im Mittleren Osten sei mit der Entscheidung des amerikanischen Präsidenten „nicht wahrscheinlicher geworden“. Steinmeier kritisierte auch den sogenannten „Kreuz-Erlass“ in Bayern: „Christliche Symbole wie das Kreuz sind in unserem Land im öffentlichen Raum vielfach selbstverständlich. Aber wir wissen auch: Was sonntags in den Gottesdiensten fehlt, kann das Kreuz im Behördengang nicht füllen.“

Tausendfachen Beifall, der nicht enden wollte, erhielt Steinmeier für seinen Appell „als bekennender evangelischer Christ, der in einer konfessionsverschiedenen Ehe lebt“, an die Verantwortlichen in den Kirchen: „Ich bitte um die Offenheit für weiteres ökumenisches Zusammenwachsen. Lassen Sie uns Wege suchen, den gemeinsamen christlichen Glauben auch durch gemeinsame Teilnahme an Abendmahl und Kommunion zum Ausdruck zu bringen.“ Er sei sicher: „Abertausende Christen in konfessionsverschiedenen Ehen hoffen darauf.“

Sternberg: Wir wollen Frieden für alle

Auf die Suche nach Frieden gerade auch in Deutschland ging Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), ein. „Wir wollen Frieden nicht nur für die Mehrheitsgesellschaft, sondern für alle – auch für Menschen anderen Glaubens, auch für Menschen, die als Flüchtlinge zu uns gekommen sind, für Arme und sozial Benachteiligte, für kranke Menschen, für Menschen mit einer körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung, für alte und für sterbende Menschen genauso wie für die Ungeborenen.“

Mit „Pax, Shalom und Salam“ hatte er die vielen Tausend begrüßt. Mit den entsprechenden Worten für „Frieden“ im Christentum, Judentum und im Islam setzte er damit bereits ein deutliches Zeichen für Toleranz gegenüber Angehörigen anderer Religionen und Weltanschauungen – wie es bereits am Tag zuvor im „Münsteraner Manifest“ des ZdK deutlich geworden war.

Populisten nein, Kardinal von Galen ja

Mit deutlichen Worten wandte sich Sternberg gegen populistische Tendenzen – auch wenn er die wohl angesprochene AfD nicht ausdrücklich nannte: „Heulen wir mit den Wölfen, die mit populistischen Phrasen Ausgrenzung betreiben und Missgunst säen? Oder fallen wir ihnen in den Arm, wenn sie ihre Brandfackeln auf alles Fremde schleudern?“ Christen hätten einen Maßstab, den sie nicht zur Seite legen könnten, ohne den Glauben zu verleugnen.
Wiederum unausgesprochen an die Adresse der AfD gerichtet, rief Sternberg den Tausenden auf dem Domplatz zu: „Auch denen, die im Bundestag Fragen stellen zu Behinderten und Kranken und dabei fremdenfeindliche und menschenverachtende Botschaften mittransportieren: In der Stadt des unerschrockenen seligen Bischofs von Galen stellen wir uns gegen jede Diskriminierung. Das werden wir nicht zulassen!“


Papst Franziskus: Kein wichtigeres Thema

Papst Franziskus erinnerte in seinem Grußwort an den Psalm 34, dem das Motto des Katholikentags entnommen ist: „Meide das Böse und tu das Gute, suche Frieden und jage ihm nach!“ – „Es ist ein Imperativ und ein brandaktueller Hilferuf“, schreibt der Papst in seiner Botschaft, die der Päpstliche Nuntius, Erzbischof Nicola Eterovic, verlas. Derzeit gebe es kein wichtigeres Thema in der öffentlichen Debatte über Religion als das Problem von Fanatismus und Gewaltbereitschaft.

Papst Franziskus hat sich mit einem Grußwort an die Teilnehmer des 101. Katholikentags in Münster gewandt. „Kirche-und-Leben.de“ dokumentiert seine Botschaft:


Liebe Brüder und Schwestern, ganz herzlich grüße ich Euch alle anlässlich des 101. Katholikentags in Münster und freue mich, dass Ihr in so großer Zahl gekommen seid. Eure Teilnahme ist ein deutliches Zeichen dafür, wie sehr Euch das Leitwort dieses Katholikentags „Suche Frieden“ am Herzen liegt.

Dieses Wort ist dem Psalm 34 entnommen: „Meide das Böse und tu das Gute, suche Frieden und jage ihm nach!“ (Ps 34,15). Es ist ein Imperativ und ein brandaktueller Hilferuf. Es gibt derzeit kein wichtigeres Thema in der öffentlichen Debatte über Religion als das Problem von Fanatismus und Gewaltbereitschaft. Wir können beobachten, dass im familiären Bereich, an Arbeitsplätzen, in Vereinigungen, in Stadtteilen, Regionen und Nationen sowie überall dort, wo der Mensch als solcher nicht als eine Gabe Gottes angenommen wird, Unfriede, Missgunst und Hass zutage treten. Meine große Sorge gilt den Menschen, besonders den Kindern und Jugendlichen, die wegen Krieg und Gewalt in ihrem eigenen Land zur Flucht gezwungen sind, um ihr Leben zu retten. Sie klopfen bei uns an mit der Bitte um Hilfe und Aufnahme. In ihren Augen sehen wir die Sehnsucht nach Frieden.

Morden im Namen einer missbrauchten Religion

Die Stadt Münster war vor 370 Jahren Schauplatz für einen bedeutenden Friedensschluss nach einem verheerenden Krieg. Man kam überein, dem kriegerischen Morden, das auch im Namen einer von Menschen missbrauchten Religion verübt wurde, ein Ende zu setzen. Der Katholikentag hier in Münster ermahnt uns, aus der eigenen Geschichte heraus für die Zukunft Frieden zu lernen. Ein wesentliches Instrument dazu ist unser christliches Engagement in der Familie, in unseren Schulen und Bildungseinrichtungen, vor allem auch in der Politik.

Frieden kann ebenso weiterwachsen, wenn die Christen verschiedener Konfessionen im verbindenden Bekenntnis zu Christus an die Öffentlichkeit treten und sich in der Gesellschaft gemeinsam engagieren, denn Christus ist unser Friede (vgl. Eph 2,14). Frieden bedarf des wertschätzenden Miteinanders aller Menschen guten Willens aus allen Religionen und Bekenntnissen. Alle Menschen können wertvolle Bausteine im Aufbau einer friedliebenden Gesellschaft sein. Frieden zu suchen und ihn so auch zu gestalten, ist Aufgabe aller Menschen. Seid Botschafter des Friedens, der Verantwortung und der Barmherzigkeit vor allem für die junge Generation! In jedem Kind, egal in welchem Land es geboren ist, schaut uns Christus an, der selber als schwaches Kind in unsere Welt gekommen ist. Kinder sind Zukunft!

Friede beginnt in der Wortwahl

Die gerechte Teilhabe aller Männer und Frauen am Wohlergehen ihrer Gesellschaft ist Grundlage eines dauerhaften Friedens. Die gerechte Teilhabe aller gilt aber auch für die Menschen in allen Gesellschaften weltweit. Die großen kirchlichen Hilfswerke, die Verbände und viele Pfarrgemeinden leisten hierfür einen wertvollen Beitrag. Frieden aber beginnt auch ganz einfach und klein in unserer Sprache, in der Wahl der Worte. Mit Worten, die wie Brot sind, stärkend, wertschätzend, gütig, klärend und verlässlich, beginnt der Frieden. Wahrheitsliebende Worte aus unserem Mund – in Gesellschaft und Kirche, in Familie und Freundeskreis, in der Arbeit oder der Freizeit – dienen dem Frieden. So auch die Worte unserer Gebete!

Ich wünsche Euch, dass dieser Katholikentag ein großes Fest des Glaubens wird und ein weit sichtbares Zeichen für den Frieden. Die Tage von Christi Himmelfahrt bis Pfingsten erinnern uns daran, dass wir unablässig den Heiligen Geist anrufen sollen, dass er uns seine Gaben schenke und den Frieden des Herrn wachsen lasse. Dabei schauen wir auch auf Maria, die als Mutter der Kirche mit den Aposteln um das Kommen des Heiligen Geistes gebetet hat. Sie begleite und unterstütze auch unsere Suche nach Frieden. Vertrauen wir uns ihrer Fürsprache und Hilfe an!

Ich weiß mich Euch im Gebet verbunden. Vergesst bitte nicht, für mich zu beten! Von Herzen erteile ich Euch, die ihr in Münster zusammengekommen seid, wie auch allen Gläubigen des Volkes Gottes in Deutschland den Apostolischen Segen.

Papst Franziskus

Für die junge Generation sprach die Theologin Sophia Dohle, Münster. Ausgehend vom oft bemühten Symbol der Friedenstaube machte sie deutlich, „dass Frieden konkret und wahrhaftig wird, wenn er nicht in Symbolen erstarrt, sondern zur Tat wird. „Ich wünsche mir, dass die Suchfreude einer jungen Generation anstecken und Mut machen kann. Wenn Menschen miteinander sprächen, könne Frieden werden: „Genau das wünsche ich mir für diesen Katholikentag!“

Diese Hoffnung drückte auch Bischof Felix Genn aus, der als Gastgeber die 18.000 begrüßte. Das Leitwort sei angesichts der Weltlage mit Kriegen und Frieden äußerst passend gesetzt, sagte er. Genn rief auch zur Friedenssuche im näheren Umfeld auf und hoffte, „dass in unseren Gemeinden friedliche Wege in die Zukunft gesucht werden“. Notburga Heveling, Vorsitzende des Diözesankomitees der Katholiken im Bistum Münster, freute sich die Aufbruchsstimmung im Vorfeld des großen Christentreffens, die Laien wesentlich mitgeprägt hätten: „Wir sind Katholikentag!“

Ermutigende, freudige Signale sandte nicht zuletzt die Musik: Schwungvoll präsentierten sich der Große Chor des Gymnasiums Paulinum Münster und der Chor „Piano 22/30.“ Unter der Gesamtleitung von Anselm Thissen ließen sich die 18.000 anstecken. Von Lied zu Lied wurde der Gesang lauter: „Unter einem großen Himmel leben wir, gestalten wir.“ Dazu bietet der Katholikentag unzählige Möglichkeiten.

Annette Saal | Kirche-und-Leben.de



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