Schlagzeile in BILD.de: "Unsere Mädels"... |
Da kann ich mir nicht helfen: das kommt mir immer ganz komisch an: Solch Schlagzeilen in 2013: "UNSERE MÄDELS..." - und dabei geht es ja um das DFB-Auswahlteam der Frauen, das heute mit Ach & Krach das Halbfinale der Europa-Meisterschaft erreicht hat mit einem knappen Sieg über die Frauenschaft von Italien...
"UNSERE MÄDELS"... - also - wenn ich das schon höre ... Sprechen Sie mal draußen in diesem unserem Lande eine junge Frau an mit "Na - Mädel(chen)..." ... - die wird wahrscheinlich kontern mit: "Na - Bübchen - oder "Bubi" ... - auch wenn sie im nächsten Atemzug von ihrem gerade verflossenen "so richtigen Mädels-Abend" vorschwärmt - wo man "so richtig gegackert" habe ...
Also ich finde, "UNSERE MÄDELS" - das hört sich immer noch sehr sehr altdeutsch an ... Zwar habe ich auch etwas dagegen, dass man einige seit der NS-Zeit deutlich propagandistisch besetzte Begriffe heutzutage ethisch-moralisch nicht mehr verwenden soll und kann - und damit aber auch einen Teil der unschuldigen Sprachkultur aussondert - und sich auch gar nicht mehr die Mühe macht, diese Begriffe wieder irgendwie zu "rehabilitieren" und "einzudeutschen": beispielsweise Wörter wie "Rotte" gehören meines Erachtens dazu - oder "Pimpf" etwa - oder "Sonderbehandlung" - oder auch nach der Wiedervereinigung wäre niemand auf die Idee gekommen, wieder von "Großdeutschland" zu sprechen... - und ganz schlicht: Man spricht zwar noch beim LKW von der "Führerkabine" oder bei anderen Fahrzeugen auch vom "Führerhaus" - und auf dem Hundetrainingsplatz vom "Hundeführer" - ansonsten ist das Wort "Führer" aber doch geradezu zu Recht verbannt - ebenso wie der Hundename für Schäferhunde "Blondi" ...
Und die "Reichskristallnacht" z.B. war eine Erfindung des Kabarettisten Werner Fink, weil in jener Nacht "so viel Glas zersplittert ist" im ganzen damaligen Reich. Und der wurde von den Nazis deswegen eingesperrt. "Reichskristallnacht" war also für die Nazis ein "Unwort" - und sie benutzten es nie - es war eigentlich ein Begriff des NS-Widerstandes. Der Kompromiss nun, "Reichpogromnacht", trifft die Geschehnisse leider auch nur halb, weil "Pogrom" immer etwas "Spontanes" ausdrückt - während die Geschehnisse in jener Nacht von den Nazis von langer Hand vorbereitet wurden.
Ein ähnlich differenzierter Aufsatz müsste für die gebrochene deutsche Druckschrift, der gotischen Fraktur, und der "Sütterlin"-Schreibschrift geschrieben werden, der sich die Nazis als eine "ur-deutsche Schrift" ganz schnell bemächtigten. Als dann aber klar wurde, wieviel jüdisch-kulturelle Elemente in dieser Schrift verborgen liegen, wurde sie in den letzten Kriegsjahren regelrecht verboten - und Hitler bezeichnete die Fraktur zum Schluss als "Schwabacher Juden-Letter", was völlig aus der Luft gegriffen war ... Leider ist also dieses gotische deutsche Kulturgut aus dem Alltags-Druckleben fast vollständig verschwunden - und es lastet ihm immer noch der Ruf an, die "Lieblings- und Propagandaschrift" der Nazis gewesen zu sein ...Zurück zum Thema: Das Wort "Mädel(s)" allein - ohne jeden Zusatz - ohne jedes Attribut - ist fast 70 Jahre nach Beendigung der NS-Zeit allmählich wieder gesellschaftsfähig, wenn es auch mal in den Listen gestanden hat von Worten, die nationalsozialistisch okkupiert waren, eben weil es durch den "Bund Deutscher Mädel" und die "Jungmädel" eindeutig negativ konnotiert war - und das man mit vielen andren "ausgesonderten" Worten insgesamt tunlichst vermeiden sollte ...
Als Mann habe ich ja auch Probleme mit dem Niedlichkeits-Begriff "Fräulein(chen)" zumindest gehabt - den hat mir ja die weibliche Emanzipationsbewegung in den 80er Jahren gründlich ausgetrieben - und selbst an der Großmarktkasse heißt jetzt jede vielleicht gerade 16- bis 18-jährige Aushilfskassiererin "Frau XY" - und das ist auch gut so ... - ich möchte ja auch nicht als "Herrlein" bezeichnet werden ...
Aber "UNSERE MÄDELS": das ist in meinen Ohren und meinem Bewertungskatalog schon so etwas Besitzergreifendes, Übergriffiges, was mich durchaus an "Großdeutsch" und "All-umfassend und Anfassend" erinnern lässt ... Auch "Deutsche Mädel" ist mir in dieser Kombination eigentlich immer noch sprachlich zu eindeutig negativ besetzt ... - (Ich bezeichne ja eben auch schon länger nicht mehr einen dunkelhäutigen Menschen als "Neger" ... Und "UNSERE MÄDELS" soll ja eigentlich "Deutsche Mädels" bedeuten - heißen ...
Der "Bund Deutscher Mädel" (BDM) war immerhin 1944 die zahlenmäßig größte weibliche Jugendorganisation der Welt, ein NS-Propagandaapparat ohne gleichen. Vor Jahren schien das noch ein eindeutiger Grund gewesen zu sein, das Wort zu verschmähen. Noch stärker gilt das heute noch für das Wort "Arbeitsmaid". Und wer es kennt, benutzt es nicht ... Unsere "Fußballmaiden", unsere "Glücksmaiden" - das wäre auch eine "Un-Formulierung" - eine Un-Begrifflichkeit - vielleicht sogar auch für die BILD ...