AUFGESCHNAPPT : ANGEPEPPT : AUFGEREGT
BEI OLDENBURG
€UROPAS TÄGLICHE ARMUT: Wanderarbeiter campen wild im Wald
Sie leben unter freiem Himmel, in einfachsten Lagern aus Plastikplanen und alten Matratzen. Immer mehr Wanderarbeiter aus Südosteuropa zieht es in die Gegend südlich von Oldenburg. Sie hoffen auf schlecht bezahlte Tagelöhner-Jobs.
Jetzt schlägt die Bürgermeisterin der Gemeinde Steinfeld bei Vechta Alarm: „Das sind erbärmliche Zustände“, klagt Manuela Honkomp (parteilos). Allein in ihrer Gemeinde wisse sie von fünf bis sechs Menschen.
Die Region Cloppenburg und Vechta ziehe diese Wanderarbeiter an, die in der Regel keine Arbeitserlaubnis haben. „Sie kommen mal in der Landwirtschaft oder in Schlachthöfen unter als Saisonarbeiter oder irgendwo in der Torfwirtschaft. Sie schlagen sich durchs Leben und gehen auch betteln“, sagt Honkomp.
„Es hat sich in Rumänien herumgesprochen, dass man hier Arbeit kriegen kann”, sagt auch Christian Katzer, der für die Unabhängige Wählergemeinschaft im Steinfelder Gemeinderat sitzt. Er habe sich gemeinsam mit einem Kollegen und einem Dolmetscher mit den Menschen unterhalten.
Legal ist die Beschäftigung der Tagelöhner. Rumänien ist EU-Mitglied - und somit gilt die Freizügigkeit für Arbeitnehmer.
WERKSVERTRÄGE: 1,30 €URO PRO GESCHLACHTETEM TIER
Allerdings: Die Jobs in den Schlachthöfen werden miserabel bezahlt - bis zu 1,30 Euro bekommen die Aushilfsschlachter pro Tier. So können am Ende des Monats bis zu 1500 Euro zusammenkommen. Für Rumänen ist das viel Geld - und deshalb drängen immer mehr Billig-Arbeiter auf den deutschen Arbeitsmarkt.
Die meisten haben sogenannte Werkverträge. Das heißt: Die Tagelöhner sind nicht beim Schlachthof-Betrieb angestellt, sondern bei Sub-Unternehmern. Und die zahlen oft nur Dumping-Löhne.
„Ich schätze, dass 80 Prozent der Arbeiter in den niedersächsischen Schlachthöfen über Werkverträge eingestellt sind“, sagte Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne) der WELT.
Einige Rumänen kehrten schon seit vier Jahren immer wieder für längere Zeit ins Südoldenburgische zurück, sagt Bürgermeisterin Honkomp. Offenbar seien die Lebensbedingungen in der Heimat dieser Wanderarbeiter so schlecht, dass sie die Obdachlosigkeit in Deutschland einem Leben in Rumänien vorziehen – „so traurig und erschütternd das ist”.
Sie habe sich inzwischen an Landes-, Bundes- und EU-Politiker gewandt, sagt Honkomp. In zwei Wochen hat sie einen Termin beim rumänischen Konsul in Hamburg. „Der wird aber auch nicht viel machen können”, glaubt sie. Wenn von 2014 an die volle Freizügigkeit für Rumänien und Bulgarien in der EU gelte, werde sich das Problem wahrscheinlich noch verstärken.
KIRCHEN SCHLAGEN ALARM
„Im Souterrain des deutschen Arbeitsmarktes haben sich unhaltbare Zustände ausgebreitet”, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch dem Magazin „Focus”.
Er kritisierte, das System der Werkverträge, bei dem Wanderarbeiter für Billiglöhne angeheuert werden, sei „vielfach pervertiert worden”. Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne) zur Zeitung „Die Welt“: „Ich schätze, dass 80 Prozent der Arbeiter in den niedersächsischen Schlachthöfen über Werkverträge eingestellt sind, indirekt haben die großen Fleischkonzerne das auch schon bestätigt.”
Nach Ansicht des Vorsitzenden der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Franz-Josef Möllenberg, stehlen sich Firmen der Fleischindustrie mit Werkverträgen aus der Verantwortung. Sie handelten „teilweise mafiös”, sagte Möllenberg dem „Focus”. „Die Arbeiter etwa aus Rumänien sind schutz- und rechtlos ihren Chefs ausgeliefert.”
TRAGISCHER TODESFALL
Anlass für die Debatte ist der Tod zweier rumänischer Leiharbeiter der Papenburger Meyer-Werft Mitte Juli. Der Fall hatte für bundesweite Schlagzeilen gesorgt.
Die beiden bei einem Subunternehmer der Werft beschäftigten Männer starben bei einem Brand in ihrer Unterkunft an Rauchvergiftungen. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt inzwischen wegen des Anfangsverdachts des Menschenhandels. Hinweise auf eine Beteiligung der Werft gibt es bislang nicht.
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach fordert besseren Schutz für Zuwanderer. „Viele Migranten werden in menschenunwürdige Beschäftigung abgedrängt”, sagte sie der „Berliner Zeitung”. Ausgebeutet würden vor allem Zuwanderer, die über Werkverträge, grenzüberschreitende Leiharbeit oder als Scheinselbstständige ins Land geholt werden.
„Was wir hier erleben, ist gut organisierte Lohndrückerei.” Die Stundenlöhne betragen laut Buntenbach oft drei oder vier Euro. Viele Arbeiter seien nicht krankenversichert.
Quelle: BILD.de: http://www.bild.de/politik/inland/rumaenien/rumaenische-wanderarbeiter-campen-in-wald-31579034.bild.html
BEI OLDENBURG
€UROPAS TÄGLICHE ARMUT: Wanderarbeiter campen wild im Wald
Sie leben unter freiem Himmel, in einfachsten Lagern aus Plastikplanen und alten Matratzen. Immer mehr Wanderarbeiter aus Südosteuropa zieht es in die Gegend südlich von Oldenburg. Sie hoffen auf schlecht bezahlte Tagelöhner-Jobs.
Jetzt schlägt die Bürgermeisterin der Gemeinde Steinfeld bei Vechta Alarm: „Das sind erbärmliche Zustände“, klagt Manuela Honkomp (parteilos). Allein in ihrer Gemeinde wisse sie von fünf bis sechs Menschen.
"Unterkunft" im Wald | Foto: DPA/BILD-ONLINE |
Die Region Cloppenburg und Vechta ziehe diese Wanderarbeiter an, die in der Regel keine Arbeitserlaubnis haben. „Sie kommen mal in der Landwirtschaft oder in Schlachthöfen unter als Saisonarbeiter oder irgendwo in der Torfwirtschaft. Sie schlagen sich durchs Leben und gehen auch betteln“, sagt Honkomp.
„Es hat sich in Rumänien herumgesprochen, dass man hier Arbeit kriegen kann”, sagt auch Christian Katzer, der für die Unabhängige Wählergemeinschaft im Steinfelder Gemeinderat sitzt. Er habe sich gemeinsam mit einem Kollegen und einem Dolmetscher mit den Menschen unterhalten.
Legal ist die Beschäftigung der Tagelöhner. Rumänien ist EU-Mitglied - und somit gilt die Freizügigkeit für Arbeitnehmer.
WERKSVERTRÄGE: 1,30 €URO PRO GESCHLACHTETEM TIER
Allerdings: Die Jobs in den Schlachthöfen werden miserabel bezahlt - bis zu 1,30 Euro bekommen die Aushilfsschlachter pro Tier. So können am Ende des Monats bis zu 1500 Euro zusammenkommen. Für Rumänen ist das viel Geld - und deshalb drängen immer mehr Billig-Arbeiter auf den deutschen Arbeitsmarkt.
Die meisten haben sogenannte Werkverträge. Das heißt: Die Tagelöhner sind nicht beim Schlachthof-Betrieb angestellt, sondern bei Sub-Unternehmern. Und die zahlen oft nur Dumping-Löhne.
„Ich schätze, dass 80 Prozent der Arbeiter in den niedersächsischen Schlachthöfen über Werkverträge eingestellt sind“, sagte Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne) der WELT.
Einige Rumänen kehrten schon seit vier Jahren immer wieder für längere Zeit ins Südoldenburgische zurück, sagt Bürgermeisterin Honkomp. Offenbar seien die Lebensbedingungen in der Heimat dieser Wanderarbeiter so schlecht, dass sie die Obdachlosigkeit in Deutschland einem Leben in Rumänien vorziehen – „so traurig und erschütternd das ist”.
Sie habe sich inzwischen an Landes-, Bundes- und EU-Politiker gewandt, sagt Honkomp. In zwei Wochen hat sie einen Termin beim rumänischen Konsul in Hamburg. „Der wird aber auch nicht viel machen können”, glaubt sie. Wenn von 2014 an die volle Freizügigkeit für Rumänien und Bulgarien in der EU gelte, werde sich das Problem wahrscheinlich noch verstärken.
KIRCHEN SCHLAGEN ALARM
„Im Souterrain des deutschen Arbeitsmarktes haben sich unhaltbare Zustände ausgebreitet”, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch dem Magazin „Focus”.
Er kritisierte, das System der Werkverträge, bei dem Wanderarbeiter für Billiglöhne angeheuert werden, sei „vielfach pervertiert worden”. Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne) zur Zeitung „Die Welt“: „Ich schätze, dass 80 Prozent der Arbeiter in den niedersächsischen Schlachthöfen über Werkverträge eingestellt sind, indirekt haben die großen Fleischkonzerne das auch schon bestätigt.”
Nach Ansicht des Vorsitzenden der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Franz-Josef Möllenberg, stehlen sich Firmen der Fleischindustrie mit Werkverträgen aus der Verantwortung. Sie handelten „teilweise mafiös”, sagte Möllenberg dem „Focus”. „Die Arbeiter etwa aus Rumänien sind schutz- und rechtlos ihren Chefs ausgeliefert.”
TRAGISCHER TODESFALL
Anlass für die Debatte ist der Tod zweier rumänischer Leiharbeiter der Papenburger Meyer-Werft Mitte Juli. Der Fall hatte für bundesweite Schlagzeilen gesorgt.
Die beiden bei einem Subunternehmer der Werft beschäftigten Männer starben bei einem Brand in ihrer Unterkunft an Rauchvergiftungen. Die Staatsanwaltschaft Osnabrück ermittelt inzwischen wegen des Anfangsverdachts des Menschenhandels. Hinweise auf eine Beteiligung der Werft gibt es bislang nicht.
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach fordert besseren Schutz für Zuwanderer. „Viele Migranten werden in menschenunwürdige Beschäftigung abgedrängt”, sagte sie der „Berliner Zeitung”. Ausgebeutet würden vor allem Zuwanderer, die über Werkverträge, grenzüberschreitende Leiharbeit oder als Scheinselbstständige ins Land geholt werden.
„Was wir hier erleben, ist gut organisierte Lohndrückerei.” Die Stundenlöhne betragen laut Buntenbach oft drei oder vier Euro. Viele Arbeiter seien nicht krankenversichert.
Quelle: BILD.de: http://www.bild.de/politik/inland/rumaenien/rumaenische-wanderarbeiter-campen-in-wald-31579034.bild.html