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Pädophilie-Debatte: Die 68-er und die Grünen ...

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PÄDOPHILIE - Zur Diskussion um Jürgen Trittin (Grüne) ...

"Nicht nur die Verirrung eines kleinen Zirkels"




In den siebziger Jahren wollten Eltern ihre Kinder ganz unverklemmt erziehen. Pädophilie-Gruppen haben den Zeitgeist genutzt, sagt die Schriftstellerin Sophie Dannenberg. 

Auszug aus einem Interview 
VON PARVIN SADIGH | ZEIT-ONLINE


http://www.zeit.de/gesellschaft/familie/2013-08/dannenberg-paedophilie/seite-1


Sophie Dannenberg: Diese Haltung war offensichtlich nicht nur die Verirrung eines kleinen Zirkels. Pädophilie wurde in den achtziger Jahren oft gleichgesetzt mit anderen Spielarten der Sexualität unter Erwachsenen und weder von Homosexualität noch von Heterosexualität unterschieden. Es gab bei uns zu Hause ein grundsätzlich gut gemachtes, medizinisches Aufklärungsbuch Die Sexualität des Menschen, herausgegeben von E.J. Häberle, bis heute ein Standardwerk. Auch darin stand in einem Kapitel, dass Pädophilie etwas Positives und ganz Normales sei und Kindern keineswegs schade. Der Skandal ist gar nicht so sehr, wer alles die Pädophilie unterstützt hat. Der Skandal ist, dass es so lange gedauert hat, bis sexuelle Handlungen mit Kindern als Skandal angesehen wurden.

ZEIT ONLINE: Wie konnte es zu diesen Überzeugungen kommen?

Dannenberg: Die theoretischen Grundlagen muss man lange vor der sexuellen Revolution von 1968 suchen. Schon Freud hat den basalen Fehler begangen, von frühkindlicher Sexualität zu sprechen. Seine These war ja, das Kind begehre den gegengeschlechtlichen Elternteil und die Verdrängung dieses inzestuösen Wunsches führe zu Neurosen. Daraus lässt sich leicht folgern, dass man ein Kind aktiv vor dieser Verdrängung bewahren müsse, indem man seine "Sexualität" entsprechend bejahe und fördere. Wilhelm Reich schrieb später, autoritäre Triebunterdrückung führe zu Faschismus. Theorien wie diese haben zu Missverständnissen geführt, die schließlich in der Aussage münden konnten: Pädophilie ist befreite Sexualität und damit befreite Gesellschaft. Vielleicht sollten wir endlich überdenken, ob man die kindliche Neugier und Körperlust überhaupt mit dem Begriff Sexualität belegen sollte.

ZEIT ONLINE: Tatsächlich war Sexualität lange ein Tabuthema. Onanie war verboten zum Beispiel.

Dannenberg: Tabus und Verbote machen Sexualität natürlich auch spannend, aber diese Dialektik wurde 1968 nicht goutiert. Und viele Eltern wollten ihren Kindern ganz einfach eine körperfreundliche Entwicklung ermöglichen und sind dabei in den Sog dieser Theorien geraten. Man kann diese Leute nicht entschuldigen, aber man muss verstehen, dass sie von einem alles umfassenden Zeitgeist vergiftet worden sind. 

ZEIT ONLINE: Ihre Eltern gehörten der 1968er-Generation an. Was haben Sie in der Familie und im Kinderladen erlebt?

Dannenberg: Ich habe viele Freunde, die davon erzählen, wie aufdringlich ihre Eltern über Sex redeten und wie sie den ewig knutschenden Erwachsenen zuschauen mussten. Ich habe es noch härter erlebt. Als ich etwa vier war, habe ich entsprechende Fragen gestellt und meine Eltern waren der Ansicht: Na, dann guck doch mal zu. Ich musste mir ihren Geschlechtsverkehr ansehen. Beim Elternabend im Kinderladen haben sich die Väter und Mütter stolz erzählt, wie sie ihre eigene Bürgerlichkeit überwunden haben. Eine Mutter erzählte zum Beispiel, wie ihr Sohn sie unter ihrer Anleitung nackt untersucht hatte. Sie hat ihn einen Stift in die Vagina einführen lassen. Diese Eltern waren nicht pädophil, sie wollten nicht ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen, sondern sie glaubten, im Umgang mit Kindern ihre eigenen instinktiven Hemmungen überwinden zu müssen, die sie mit Verklemmtheit verwechselten. Wenige Jahre später war es den meisten möglicherweise peinlich.

ZEIT ONLINE: Können Sie mit Ihren Eltern darüber reden?


Dannenberg: Nein, ich habe das angesprochen, als ich 17 war, und dann noch einmal vor einigen Jahren. Sie konnten nicht darüber reden. Ich versuche, Verständnis für sie zu haben. Locker sehe ich das aber nicht.


Sophie Dannenberg, eigentlich Annegret Kunkel (* 1971 in Gießen) ist Schriftstellerin. Sie studierte Literaturwissenschaft und Philosophie mit Studienaufenthalten in Dublin, New Albany und auf Capri und lebt jetzt in Berlin.2004 erschien ihr Erstlingswerk, der Roman Das bleiche Herz der Revolution, in dem sie sich kritisch mit der 68er-Bewegung auseinandersetzt. Sie erzählt „ein böses Märchen über das deutsche bürgerliche 20. Jahrhundert, über die Verführungskraft der totalitären politischen Religionen, über den Schreckens- und Erlösungsort der Familie, über den Verlust des Glaubens und über die Kunst“.[2] Das Buch ist in der deutschen Literatur eine erste kritische Auseinandersetzung mit den 68ern aus Sicht ihrer Kinder. Unabhängig von der Objektivität der Aussage fand das Buch große Aufmerksamkeit und war vielfach Gegenstand in den einschlägigen Feuilleton-Rubriken und Fernsehsendungen.(WIKIPEDIA)
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Gewiss - ein schwieriges Thema ... Die 68er wollten seinerzeit beschleunigt die Verklemmtheiten der Elterngeneration überwinden, die zweifellos diese deutsche Gesellschaft in den Faschismus und in einen Weltkrieg und in eine unvorstellbare Schuld mit Millionen von brutalsten und unmenschlichsten  Mordopfern geführt hatten ...
Man wollte das radikal und ein für allemal - und die damals gängigen psychologischen Erklärungen für die Wurzeln dieses Faschismus war besonders auch Wilhelm Reich - und in der esoterischen Randfraktion C.G.Jung u.a. ...
Viele Dinge fanden im "jugendlichen Überschwang" einfach zu rasch und zu rigoros und wenig reflektiert statt ... - und steckten voller Missverständnisse. Allerdings darf man bei der Bewertung dieser Zeit nicht die allgemeine "Kriminalisierung" und die "Berufsverbote" aufgrund des RAF-Terrorismus mehr oder weniger einer ganzen Generation - besonders aber ihrer protestierenden akademischen Flügel verkennen. Diese Überwindung des elterlichen Faschismus und die Kriminalisierung wegen der RAF sowie die Berufsverbote wegen "linker Umtriebe" wollten damals mit weitgehender Liberalisierung in allen Lebensbereichen und mit einer Portion Anarchismus in neuen Wohn- und Lebensformen beantwortet werden - etwa in einer WG oder einer zusammengewürfelten Patchwork-Großfamilie -  gewaltlos, antiautoritär, mit den gleichberechtigten und selbstbestimmten Individuen jeden Alters und jeden Geschlechts - unter einem Dach und unter einer Decke ...
Vor allen Dingen wollten eben Verklemmtheiten und Eifersüchteleien überwunden werden ...
Und bei aller Auflehnung gegen diese Elterngeneration standen die 68-er ja in dem Dilemma, dass sie ihre vom Faschismus verführten Eltern ganz natürlich liebten und ehrten und achteten - und zumindest pekuniär beerben wollten ...

Heutzutage ist das alles für mich ein Durchgangsstadium gewesen - eine Zeit allgemeiner Generations-Pubertät, ein Aufbegehren gegen die - teilweise noch faschistisch geprägte - Elterngeneration ... Ein Aufbegehren, das für eine normale persönliche und gesellschaftliche Entwicklung durchaus notwendig ist ... - vielleicht mit weniger spektakulären Radikal-Verirrungen - jedoch waren die gleichfalls totalen Radikal-Verirrungen des Faschismus auch nur mit eben solchen "befreienden" und rigorosen Gegenmaßnahmen zu überwinden - so glaubten wir ...

Als ich mit 16 Jahren zur Berufsschule ging, sagte unser Bürgerkundelehrer: Wenn die 3-Gewalten-Teilung in der Demokratie - also Legislative - Judikative - Exekutive - gelingen soll - müssen sich diese Kräfte immer gegenseitig kontrollieren und korrigieren: Das muss zwangsläufig immer wieder zu einer permanenten Folge von Skandalen und Verfehlungen führen ... Wenn es eine Zeitlang Ruhe gibt - hat diese Gewaltenteilung versagt - und garantiert unzulässige Absprachen miteinander getroffen ...

In diesem Sinne ist einiges falsch gelaufen früher - und läuft heutzutage fast alles noch mehr falsch - weil man inzwischen immun geworden ist gegen solcherart inzwischen bewusst gesteuerter und "benutzter" und ausgelutschter Skandale von jeder Seite ... 

Der naive und pubertäre aber sicherlich gutgemeinte Goodwill der 68-er ist inzwischen verraten und vom gewendeten bzw. runderneuerten Rest-Faschismus in der Welt aufgesogen und wirtschaftlich vermarktet ... Und daran waren und sind Alt-68-er durchaus mit beteiligt ... 




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