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Wahlkampf: Stimmen aus Griechenland zur Wahl in Deutschland

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Ursprungsfoto Glezos: (c) www.johndcarnessiotis.com

Stimmen aus Griechenland zur Wahl in Deutschland:

Ein Theatermacher:"Wie keine andere Figur verkörpert Angela Merkel für viele die Misere in unserem Land. Ich schätze, wenn wir am Sonntag hier wählen könnten, wäre die Linke an der Macht. In einem eigens geschriebenen Stück zur deutschen Wahl bekäme die Linke 29 Prozent der Stimmen. Angela Merkel und die CDU müssten sich mit fünf Prozent begnügen. Am Freitag werden wir in Athen auf einer Bühne den deutschen Wahlkampf nachspielen - in 50 Minuten. Und die Redezeiten für die "Parteien" werden entsprechend der letzten Bundestagswahl proportional verteilt: 17,5 Minuten für die CDU, 5,75 für die Linke..."

Eine Lehrerin:"Die Wahl in Deutschland? Das ist wie bei uns, ein Auswechseln der Köpfe ändert gar nichts. Nur ein Politikwechsel könnte uns helfen. Im Mai 2012 als in Paris der Sozialist François Hollande auf Nicolas Sarkozy folgte, haben wir auch gehofft - aber danach blieb alles wie es war. Wir haben alle Angst,  denn bis Jahresende sollen auf Druck der EU 25.000 Beamte in eine Reserve versetzt werden, eine Vorstufe für eine mögliche Entlassung. Und die Schüler? Die Armut ist sichtbar, in jeder Familie gibt es einen Arbeitslosen, oft sind beide Eltern arbeitslos. Viele Kinder essen nur einen Sesamkringel den ganzen Schultag über. Ausgerechnet in Berufsschulen fallen viele Zweige weg. Schüler haben Ausbildungen angefangen, die sie jetzt nicht beenden können."

Ein Journalist: "Finanzminister Giannis Stournaras hat gerade im Fernsehen gesagt: Die Wirtschaft ginge in Richtung Erholung. Nur davon merken viele Griechen gar nichts - bei 27 Prozent Arbeitslosigkeit. In den Rentenkasse klaffen abgrundtiefe Löcher, viele arbeiten ohne Gehalt, in der Hoffnung, ihren Job behalten zu können - für bessere Zeiten. Allmählich frisst sich die Krise durch den Staat: Die Zahl der Geburten im Land ist seit 2009 um zehn Prozent gesunken. Aber es gibt immer noch Betuchte, die in anderen Sphären schweben."

Der Chef der griechischen "Privatisierungsbehörde", der geschasst wurde, nachdem er im Privatjet eines griechischen Öl-Milliardärs mitgeflogen war, der vom Staat gerade Europas größte Wettfirma gekauft hatte: "Ich bin kein Mönch - ich bedauere nichts".

Ein Busfahrer:"Es gibt kein Geld für Ersatzteile. Wenn ein Bus kaputt geht, schlachten sie ihn aus, um damit andere Busse zu reparieren. Um 55 Prozent hat man mein Gehalt reduziert: 1070 Euro netto habe ich noch im Monat, mit drei Kindern."

Ein anderer Journalist: "Die Regierung macht, was Merkel sagt, solange das nicht den inneren Zirkel der Macht berührt. Merkels größte Sünde ist ihre Besessenheit, dass Athen die Sparmaßnahmen auf Punkt und Komma erfüllt. Ohne die Krise müsste sich das Land nun nicht mit den Neofaschisten von Chrysi Avgi (Goldene Morgenröte)*) abplagen."

Ein Mann protestiert in Thessaloniki, nachdem der Rapper MC Killah P ermordet wurde
Foto: KOSTAS TSIRONIS | rollingstone.de

[*)Ein Mitglied der Neonazi-Partei hat in der Nacht zum Mittwoch den 34-jährigen Hip-Hop-Sänger Pavlos Fyssas erstochen und damit das ganze Land geschockt. Unter dem Namen MC Killah Psang Fysass linkspolitische Raptexte. In einem Song von Fyssas heißt es: "Ich bin Grieche, mit allem, was dazugehört - aber ich trage keine Fahne vor mir her."]



Mit Materialien aus: Das Gesicht der Krise | Christiane Schlötzer | sueddeutsche.de 

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