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Koalitionsvertrag: Es ist noch nicht zu spät ...

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Heute früh bekam ich per Eilmeldung die Nachricht, dass der Koalitionsvertrag zwischen der Union und der SPD "steht" ... Zwar ist es - politisch gesehen - schon deutlich nach 12 - aber es ist noch nicht zu spät: Liebe SPD-Genossinnen und SPD-Genossen, Ihr nun allein könntet die Notbremse ziehen und das Ruder herumreißen ... - was Eure machtgeilen Vorsitzenden nicht schaffen ...
Friedrich Schorlemmer - Originalfoto: br.d

Wider die Große Koalition

OFFENER BRIEF VON FRIEDRICH SCHORLEMMER AN SIGMAR GABRIEL UND WALTER STEINMEIER

Lieber Sigmar Gabriel, lieber Frank Walter Steinmeier,

Einen fahrenden Zug kann man stoppen. Es gibt aus unserer Sicht keinen zwingenden Grund für eine große Koalition. Sie ist weder unausweichlich noch staatspolitisch notwendig. Im Gegenteil. Aus folgenden Gründen:

  • Im Interesse einer funktionierenden lebendigen, politischen Streitkultur, in der die Zukunft des Gemeinwohls, der Beitrag Deutschlands für ein ziviles, solidarisches Europa, für eine Weltinnenpolitik im Rahmen einer gestärkten UNO und für ein globales Ressourcen- und Klimamanagement herausgearbeitet werden, ist eine politisch und konzeptionell starke Opposition dringend geboten. Die schon fast wieder vergessenen Milleniums-Ziele brauchen ebenso wie die die gefährdeten Bürgerrechte angesichts der hypertrophierenden staatlichen Sicherheitsapparate die Kontroll- und Anregungsfunktion einer starken Opposition. Eine große Koalition mit einer Opposition aus weniger als 15 Prozent der Abgeordneten wird diese essentielle Balance nachhaltig gefährden. Wie bei den sog. Eurorettungspaketen wird die schleichende Entmachtung des Parlaments voranschreiten. Es wird, wie die vergangene Legislaturperiode gezeigt hat, aus machtpolitischer Raison mehr und mehr zu einem Vollzugsorgan des Kanzleramtes verkommen und alles, was unter tatkräftiger Mitwirkung der SPD gelingt, der Kanzlerin wiederum zugeschrieben.
  • Mit der SPD als Opposition wird die Verantwortung des Bundesrates als zweiter Kammer gestärkt. Gegen die Versuchung, auch bei zustimmungspflichtigen Gesetzen mit einer nahezu absoluten Mehrheit „durchzuregieren“, behält die Aufgabe, Bundes- und genuine Länderinteressen föderal auszubalancieren, ihren gebotenen Rang.
  • In der Opposition hat die SPD im Blick auf die Zukunft die Chance, sich aus der Klammer der von der CDU/CSU betriebenen Tabuisierung anderer Koalitionen zu lösen und zugleich den Druck auf die Linke zu erhöhen, Positionen in der Europa- und Außenpolitik zu überdenken und Ihrerseits nicht nur auf dem Feld der Sozialpolitik sich als verlässlich und koalitionsfähig zu erweisen. Wenn der Linken in den nächsten Jahren die Rolle der zahlenmäßig stärksten Opposition zufällt, wird dies zu Lasten einer mitregierenden SPD die strategische Option einer rot-rot-grünen Kooperation verbauen und Differenzen wieder künstlich ideologisch aufladen, statt pragmatisch linke Wege im Interesse des Gemeinwohls zu suchen.
Historische SPD-Fahne ...


Mit freundlichen Grüßen aus Solidarität und in Sorge mit der Sozialdemokratie

Friedrich Schorlemmer

Volker Hörner
Wittenberg
Vorsitzender des Willy-Brandt-Kreises Landau

PS. Wir werden diesen Brief wegen der notwendigen offenen Diskussion über den Weg der Republik und unserer Demokratie gegen Ende der Woche öffentlich machen.

Veröffentlicht am 06.10.2013:
http://www.friedrich-schorlemmer.de/docs/2013-10-06-SPD_Grosse_Koalition.pdf

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