aufschnappen - auflesen - aufpeppen - weitersagen
Interview mit SPD-Chef Gabriel im "heute-journal"
"Lassen Sie uns den Quatsch beenden"
Er konnte nicht anders. Da stand der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel im hessischen Hofheim, hinter ihm eine lange Sitzung mit SPD-Mitgliedern, denen er den frisch ausgehandelten Koalitionsvertrag schmackhaft machen musste, vor ihm eine ZDF-Kamera und neben ihm kritisch dreinblickende SPD-Genossen mit grauem Haar und rotem Rolli. Was sollte er denn tun? Unmöglich, in so einer Situation einer forschen Journalistin Zugeständnisse zu machen - und danach den kleinen Parteifreunden in die Augen zu blicken. Gabriel, um es in seinen Worten zu sagen, musste liefern.
Sie konnte aber auch nicht anders. Marietta Slomka hat als Moderatorin des "heute journals", der politischen Hauptnachrichtensendung des ZDF, schlechthin als Journalistin, die ihren Beruf ernst nimmt, die Aufgabe, einen Parteichef egal welcher Couleur möglichst kritisch zu befragen. Sie musste versuchen, ihn zu provozieren - sonst könnte sie auch gleich ganz auf ein Interview verzichten.
Der Wortwechsel zwischen Slomka und Gabriel war kein Eklat. Er war für alle Beteiligten ein Gewinn: Der SPD-Chef konnte sich vor den Seinen und den Zuschauern als kämpferischer Genosse zeigen, konnte darlegen, wie viel demokratischer seine Partei agiert als die Konkurrenz von der Union - wo die einfachen Mitglieder kein Wörtchen mehr mitzureden haben in Fragen der kommenden Großen Koalition.
Die Zuschauer konnten eine lebhafte Debatte verfolgen und sich hinterher über einen unverschämten Obersozi aufregen - oder, je nach Gesinnung, über eine unverschämte, blöd fragende Fernsehfrau.
Und Marietta Slomka kann sich zugutehalten, den gewöhnlich selbstgewiss-süffisanten SPD-Chef so weit aus der Reserve gelockt zu haben, dass dieser ihr "Quatsch" und sogar strukturelle Parteilichkeit gegen Sozialdemokraten unterstellte - dabei sah er für einen kurzen Moment gar nicht gut aus.
Dass Slomka hartnäckig bei ihrer Frage blieb, ist ihr also hoch anzurechnen. Dass sie sich dafür aber ausgerechnet auf die einigermaßen zweifelhafte These versteifte, die SPD-Mitgliederbefragung sei verfassungsrechtlich bedenklich, war keine glückliche Wahl. Wenn Slomka das nächste Mal also nicht nur hartnäckig, sondern hartnäckig mit guten Argumenten fragen würde: Das wäre mal richtig guter TV-Journalismus.
aus: kuzy | SPIEGEL-ONLINE
Interview mit SPD-Chef Gabriel im "heute-journal"
"Lassen Sie uns den Quatsch beenden"
Er konnte nicht anders. Da stand der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel im hessischen Hofheim, hinter ihm eine lange Sitzung mit SPD-Mitgliedern, denen er den frisch ausgehandelten Koalitionsvertrag schmackhaft machen musste, vor ihm eine ZDF-Kamera und neben ihm kritisch dreinblickende SPD-Genossen mit grauem Haar und rotem Rolli. Was sollte er denn tun? Unmöglich, in so einer Situation einer forschen Journalistin Zugeständnisse zu machen - und danach den kleinen Parteifreunden in die Augen zu blicken. Gabriel, um es in seinen Worten zu sagen, musste liefern.
Sie konnte aber auch nicht anders. Marietta Slomka hat als Moderatorin des "heute journals", der politischen Hauptnachrichtensendung des ZDF, schlechthin als Journalistin, die ihren Beruf ernst nimmt, die Aufgabe, einen Parteichef egal welcher Couleur möglichst kritisch zu befragen. Sie musste versuchen, ihn zu provozieren - sonst könnte sie auch gleich ganz auf ein Interview verzichten.
Der Wortwechsel zwischen Slomka und Gabriel war kein Eklat. Er war für alle Beteiligten ein Gewinn: Der SPD-Chef konnte sich vor den Seinen und den Zuschauern als kämpferischer Genosse zeigen, konnte darlegen, wie viel demokratischer seine Partei agiert als die Konkurrenz von der Union - wo die einfachen Mitglieder kein Wörtchen mehr mitzureden haben in Fragen der kommenden Großen Koalition.
Die Zuschauer konnten eine lebhafte Debatte verfolgen und sich hinterher über einen unverschämten Obersozi aufregen - oder, je nach Gesinnung, über eine unverschämte, blöd fragende Fernsehfrau.
Und Marietta Slomka kann sich zugutehalten, den gewöhnlich selbstgewiss-süffisanten SPD-Chef so weit aus der Reserve gelockt zu haben, dass dieser ihr "Quatsch" und sogar strukturelle Parteilichkeit gegen Sozialdemokraten unterstellte - dabei sah er für einen kurzen Moment gar nicht gut aus.
Dass Slomka hartnäckig bei ihrer Frage blieb, ist ihr also hoch anzurechnen. Dass sie sich dafür aber ausgerechnet auf die einigermaßen zweifelhafte These versteifte, die SPD-Mitgliederbefragung sei verfassungsrechtlich bedenklich, war keine glückliche Wahl. Wenn Slomka das nächste Mal also nicht nur hartnäckig, sondern hartnäckig mit guten Argumenten fragen würde: Das wäre mal richtig guter TV-Journalismus.
aus: kuzy | SPIEGEL-ONLINE
Die Nerven liegen blank: Die SPD-Basis zieht sicherlich nicht so mit, wie Gabriel sich das anfangs gedacht hat: Diese SPD-Basis könnte ihm den Posten des Vizekanzlers noch mal gehörig streitig machen - warten wir den 14.Dezember 2013 ab ... - und da wird auch ein Sigmar Gabriel schon mal nervös ...
Und doch: Was Mariette Slomka da abließ, war mindestens in der Argumentation ebenso schwach ...: Ich habe es schon gestern gesagt: Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland nicht die Möglichkeit, dass der Wähler nach der Wahl auch noch die Koalitionsverhandlungen der beteiligten Parteien mit beeinflussen kann ... Wie demokratisch eine jede beteiligte Partei ihre innere Meinungsbildung zu einem Koalitionsvertrag gestaltet, ist ihr selbst überlassen ... Und ein Abwägen zwischen der Gewichtung von der Meinungsäußerung von 470.000 SPD-Genossen im Vergleich zum Votum von 60.000.000 Wählern ist einfach unstatthaft - ist wie "Äpfel mit Birnen zu vergleichen" - und das sollte sich auch bis zu der Diplom-Volkswirtin Marietta Slomka irgendwie und irgendwann mal herumgesprochen haben ... Und dass sich da nun ein paar Diplom-Politologen und "Verfassungsrechtler" melden, um auch noch ihre Interview-Knete bei den großen TV-Anstalten in irgendeinem Setting abzukassieren, gehört ja zum publizistischen Alltag ... - und ist doch eigentlich Routine ...: Die tägliche journalistische Fragestellung heißt ja: Wer redet da Quatsch und Blödsinn - und welche Meinungsäußerung ist da "seriös" und nach allgemeinen Maßstäben auch "fundiert" ...
Brot & Spiele - diese Unterhaltungs-Kombination lenkte schon in der Antike das Publikum ab von der knallharten Politik und ihren Geschäftchen und im Mittel den allseits neu zu gründenden "Korrupten Beziehungsabhängigkeiten" ...: In einem fetzigen ZDF-Interview gewinnt Sigmar Gabriel von den 470.000 Genossinnen und Genossen sicherlich wieder so 40.000 bis 60.000 für ein "Ja" zu diesem unseligen Koalitionsvertrag hinzu ... - und dazu wird dann Frau Slomka bewusst oder unabsichtlich zur Steigbügelhalterin ...