Wenn uns das Licht umarmt ...
Im Konfirmandenunterricht haben wir ja damals das "Kirchenjahr" besprochen. Das Kirchenjahr beginnt immer mit dem 1. Adventssonntag. "Frohes neues Jahr", können wir uns also nach der Adventsandacht zurufen - und die 1. Kerze am Adventskranz entzünden statt Böller und Raketen ...
Der Begriff Advent war im alten Rom neben der Bedeutung "Ankunft, Anwesenheit, Besuch eines Amtsträgers, insbesondere auch die Ankunft von Königen oder Kaisern (adventus Divi = 'Ankunft des göttlichen (Herrschers)')" und damit auch die Zeit der "Ankunft der Gottheit im Tempel". Und genau diese Wortbedeutung übernahmen die Christen, um ihre Beziehung zu Jesus Christus zum Ausdruck zu bringen.
Die Adventszeit in der heutigen Form geht zurück auf das 7. Jahrhundert. Sie wurde tempus ante natale Domini („Zeit vor der Geburt des Herrn“) oder tempus adventūs Domini („Zeit der Ankunft des Herrn“) genannt.
Wir lernten im Konfirmandenunterricht als Merkposten zum Kirchenjahr: Advent sei die "Zeit der Erwartung" ...
Und es sind viele, die so auf die Menschwerdung Gottes warten, die dieses Herabkommen aus den Höhen des "Himmels" herbeisehnen ... Sie sind es doch - diese Erwartenden und Wartenden, sie sind es, die diese Zeit zum Advent machen, und nicht das verfremdete Glockengetön und die Paradiese des Einkaufs und nicht die süßen Choräle. Sie bewirken, dass dieses irdische Haus, das so sicher geschlossen scheint, irgendwo offensteht in der Tiefe, und merkwürdige Zugluft einströmt von anderswo, ein Frösteln erregend und peinlich den Einen, den Anderen ein Aufatmen bescherend, belebend und traut. Sie brechen lautlos ein Loch in das Dach dieser unvollendbaren Welt und machen über ihr die Sterne eines ganz anderen Himmels bewusst, als der, der in den Kaufhäusern glitzert.
Zeit der Erwartung, das sind die Zeichen dessen, was Weihnachten tatsächlich geschieht und schon sehnsüchtig erwartet wird: Gott kommt zu den Menschen - Gott wird Mensch - ein Menschenkind "in Windeln gewickelt und in einer Futterkrippe liegend", arm und frierend, um dann mit und in uns zu sein - und sich zu "ent-wickeln" ...
Gott kommt zu den Menschen - und wenn wir dazu sensibilisiert sind, spüren wir auch seine Ankunft in uns ... Im Advent bereitet Gott seine Ankunft, seine "Geburt" in uns vor. Wo es dunkel in uns war - wird es im Advent allmählich dämmerig (es dämmert uns etwas ...) - und dann erstrahlt das helle Licht in uns - nicht wie ein blendender Spot - sondern wie eine flammende Kerze ... (es flammt etwas in uns auf ... - und wir sind plötzlich Feuer und Flamme ...). Gott kommt uns ganz nah - und zeigt seine Liebe allen Menschen, gerade auch den Schwachen und Zerbrochenen ...
Gott kommt uns direkt im Menschsein entgegen - er umarmt uns mit seinem Licht und gibt Mut und Kraft - und er navigiert uns durch die Fährnisse und richtet unsere Wege auf: Gottes Ankunft ist wie ein Navi in unserer Seele: Wir merken plötzlich, was "richtig" ist - wir merken, dass es neben "Geld & Gut" noch andere erstrebenswerte Eigenschaften gibt, die uns "Zu-Frieden-Stellen" ...
Das will Gott, wenn er verspricht: "Ich hinterlasse euch Frieden, ich übergebe euch meinen Frieden. Ich gebe ihn euch nicht, wie die Welt ihn gibt. Seid nicht aufgewühlt und erschrocken und habt keine Angst!" (Joh. 14, 27 - Bibel in gerechter Sprache).
Warten ist ein ernstes Geschäft. Dem Ungeduldigen ist es bloß ein Vergeuden der Zeit, ein Verspielen des Glücks, ein schmerzliches Untätigbleiben. Dem in sich selbst Befangenen ist es vollends bar jedes Sinns, denn etwas, das jenseits seiner selbst wäre, sucht er ja nicht. Für den Gierigen wird es zur Qual, die ihm immer aufs neue vorzuenthalten strebt, was schon genossen sein könnte. Aber dem Hoffenden ist das Warten ein weites Feld, ein lebendiges Tun, ein stilles Wachsen voll Werdelust. Es dehnt den Raum des Entbehrten, es baut die Welt der Verheißung, es reift den, der sie einst in Besitz nehmen soll. In den unausschreitbaren Hallen des Harrens, die die Seele auf Wanderschaft ziehn, kann das Ersehnte seine wahre Größe gewinnen vor den staunenden Augen des Geistes, und das Herz kann sich langsam gewöhnen an göttliches Übermaß...
...mit Material aus einer Andacht von Eduard Kamenicky u.a. ...