Demonstration in Tel Aviv
Flüchtlinge fordern Bleiberecht
In der israelischen Stadt Tel Aviv haben zehntausende afrikanische Flüchtlinge für ihre Anerkennung als Asylbewerber demonstriert. Die Teilnehmer, von denen die meisten aus Eritrea und dem Sudan stammen, zogen zum zentralen Rabin-Platz. Sie trugen Spruchbänder mit Aufschriften wie "Freiheit ja, Gefängnis nein".
Der Protest richtet sich unter anderem gegen die Internierung afrikanischer Flüchtlinge in einer neuen Anlage an der Grenze zu Ägypten. Dazu wurde in der Negev-Wüste das neue "offene Lager" Cholot eingerichtet, in dem sich Insassen dreimal täglich zu einem Zählappell melden müssen.
"Wir sind geflohen vor Verfolgung, Diktaturen, Bürgerkriegen und Völkermord. Die israelische Regierung muss unsere Asylanträge prüfen und uns als menschliche Wesen behandeln und nicht wie Kriminelle", sagte ein Demonstrant der Nachrichtenagentur AFP. Die Demonstranten zogen am Montag auch vor die israelische Niederlassung des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) und skandierten Parolen wie "UNO, wach auf!". Die Vereinten Nationen sind allerdings seit dem Jahr 2009 in Israel nicht mehr zuständig für die Prüfung von Asylanträgen, die seitdem beim israelischen Innenministerium liegt.
S!NEDi nach einem OriginalFoto: © 2014 AFP: Demonstrierende Asylsuchende in Tel Aviv |
Wie eine UNHCR-Mitarbeiterin erläuterte, wurden die 14.000 Eritreer und 36.000 Sudanesen in Israel bei ihrer Einreise automatisch unter Kollektivschutz gestellt. So würden sie einerseits nicht in ihre Heimatländer zurückgeschickt, wo sie allein schon wegen Landesflucht schwerer Verfolgung ausgesetzt wären. Andererseits würden die meisten dadurch daran gehindert, Anträge auf politisches Asyl zu stellen.
Abschiebelager "Cholot
UNHCR-Vertreterin Walpurga Englbrecht erklärte, sie sei besonders wegen des Abschiebelagers Cholot beunruhigt, das keine "offene" Einrichtung sei, weil es von dort kein Entkommen gebe. Das Wüstencamp stehe "nicht im Einklang mit der Genfer Flüchtlingskonvention", betonte sie. Das UNHCR fordere "die Regierung auf, humane und würdige Lösungen anzustreben".
Am 10. Dezember hatte das israelische Parlament ein neues Gesetz verabschiedet, das die Internierung von illegalen Einwanderern bis zu einem Jahr ohne Gerichtsverfahren erlaubt. Das Vorgängergesetz, das ein Wegsperren bis zu drei Jahre ohne Richterspruch ermöglichte, war im September vom Obersten Gerichtshof außer Kraft gesetzt worden.
Belohnungen für Rückkehrer
Israel stuft die afrikanischen Flüchtlinge als illegale Einwanderer ein und betont, es habe keine Kapazität, sie aufzunehmen. Flüchtlingen werden Belohnungen in Höhe von mehreren Hundert Dollar angeboten, wenn sie freiwillig in ihre Heimat zurückkehren.
Netanjahu verurteilte die Proteste und bezeichnete sie als "zwecklos". "Sie sind keine Flüchtlinge, sondern illegale Einwanderer, die zum Arbeiten gekommen sind", sagte er vor Mitgliedern seiner Likud-Partei. Im vergangenen Jahr seien 2006 Einwanderer ausgewiesen worden, im Jahr 2014 sollten es noch mehr werden.
In Israel leben derzeit bis zu 62.000 illegal eingewanderte Menschen, von denen die große Mehrheit aus Eritrea und dem Norden des Sudan stammt. Weil ihnen dort die Verfolgung droht, werden zunächst auch erwiesene Wirtschaftsflüchtlinge nicht in diese beiden Heimatländer abgeschoben.
(nach einem Text auf tagesschau.de und AFP)
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Die Tragik und das Dilemma in dieser stringent ablehnenden Einwanderungspolitik gegenüber den glaubens-"fremden" Afrikanern nach Israel besteht darin, dass die jüdischen Flüchtlinge seinerzeit aus Europa (ca. 1945-1949) - direkt nach dem Holocaust - zu Beginn der Gründung des Staates Israel (1948) - ja ebenfalls als "illegale" Einwanderer betrachtet wurden (und von den arabischen Staaten größtenteils immer noch als solche betrachtet werden) - und genauso von der damals britischen Mandatsmacht und der ansässigen Bevölkerung Palästinas abgewiesen wurden - mit den gleichen Argumenten ... Also - in einer Fortschreibung der Tora würde sicherlich im Vergleich nicht nur Bezug genommen auf die Fremde vor Urzeiten in Ägypten, sondern bestimmt auch auf die kollektiven Erfahrungen zu Anfang des Staates Israels ...
Die Tora (auch Thora, Torah; in aschkenasischer Aussprache Tauro, Tojro; von hebräisch תּוֹרָה ‚Gebot‘, ‚Weisung‘, ‚Belehrung‘, von jarah ‚unterweisen‘) ist der erste Teil des Tanach, der hebräischen Bibel. Sie besteht aus fünf Büchern, weshalb sie im Judentum auch chamischa chumsche tora‚Die fünf Fünftel der Tora‘ genannt wird.
Das hebräische Wort Tora bedeutet also Weisung, jedoch wird der Begriff Tora in vielen Bedeutungen gebraucht. Die engste bezeichnet die fünf Bücher Mose, die das Volk Israel nach der Darstellung der Tora am Berg Sinai erhalten hat.
Fremden gegenüber gebietet Gott in der Tora an verschiedenen Stellen Gastfreundschaft - und zwar sehr deutlich ...
Hier ein paar Beispiele aus der Übersetzung der beiden jüdischen Philosophen Buber und Rosenzweig die „ein der Form des Originals möglichst gleichwertiges Gebilde schaffen“ wollten, um den sprachlichen Charakter des biblischen Urtextes wiederzugeben, so z.B.„Irrsal und Wirrsal“ für „tohu wabohu“. Die dichterische Übersetzung soll „übermitteln, was da steht“ und es wurde versucht, die Gliederung der Atemzug- und Sinneinheiten des Originals wiederzugeben:
- Einen Gastsassen placke nicht, quäle ihn nicht, denn Gastsassen wart ihr im Land Ägypten! Exodus 22,20
- Wenn ein Gastsasse bei dir in eurem Lande gastet, plackt ihn nicht, wie ein Spross von euch sei euch der Gastsasse, der bei euch gastet, halte lieb ihn, dir gleich, denn Gastsassen wart ihr im Land Ägypten. ICH bin euer Gott. Levitikus 33-34
- Freue dich vor SEINEM deines Gottes Antlitz, du, dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht, deine Magd, der Lewit, der in deinen Toren ist, der Gastsasse, die Waise und die Witwe, die bei dir drinnen sind, an dem Ort, den ER dein Gott wählt, seinen Namen dort einwohnen zu lassen: Gedenke, dass du Knecht warst in Ägypten: wahre, tue diese Gesetze! Deuteronium 16,11-12
("Gastsasse" = der Gast aus der "Fremde" - verwandt mit "Insasse")
- ... und schließlich im Neuen Testament heißt es im Brief - wahrscheinlich eines Juden - an die Hebräer 13, 2: Vergesst die Gastfreundschaft nicht; denn durch sie haben einige, ohne es zu ahnen, Engel beherbergt.