...weil vor ein paar Tagen der 04. und dann auch der 08. Januar war ... - und weil die alten 68-er so schrecklich alt werden - in dieser Zeit ...
Schwer ist der Weg
(vermutlich letztes Gedicht von Hadaytullah Hübsch)
Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen.
Und wenn das Leben nun weitergeht,
Wenn unsere Asche vom Winde verweht,
Wenn die Seele neue Welten sieht
Und vor dem Dunkel zu ihrem Herrn flieht,
Und fragt, was hab ich für Dich getan,
Dich, Der Du mich brachtest auf rechte Bahn,
Mich schützte vor Feuer und Untergang,
Wie groß Dein Segen, wie karg mein Dank,
Wenn dann sie um Verzeihung fleht,
Ist´s an der Zeit, oder zu spät?
Und des Gartens Duft sie schon verzückt,
Und bang sie, ob ihr Leben geglückt,
Nicht dann erst sollte Reue sein,
Nein, Hoffnungs Blitz löscht jetzt die Pein,
Die Sicherheit, die Glauben gibt,
Wird dem zuteil, der Allah liebt,
Dessen Gedanken klar und rein
Dem Demütigen leuchten ein,
So dass er neigt sich zum Propheten,
Um herzenstief um Licht zu beten,
Dass Groll erlischt und all der Hader,
Bis kühl und frisch die heiße Ader,
Und vogelgleich wir aufwärts streben,
Folgend der Spur vom wahren Leben,
Manch einer, der gesunken war,
Erfährt dann Frieden neu und klar,
Schwer ist der Weg zum Paradies,
Gesegnet Ahmad, der ihn wies.
Hadayatullah Hübsch
(* 8. Januar 1946 in Chemnitz als Paul-Gerhard Hübsch; † 4. Januar 2011 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Schriftsteller, Publizist, Aktivist der 68er-Bewegung und langjähriger Pressesprecher der Ahmadiyya Muslim Jamaat in der Bundesrepublik Deutschland e. V. Er war in der Nuur-Moschee in Frankfurt Imam Dschuma (Leiter der Freitagspredigt).
Leben und Arbeit
Paul-Gerhard Hübsch besuchte in Laubach (Oberhessen) die Paul Gerhardt-Schule, aus der später das Laubach-Kolleg hervorging. Er war zwischen 1965 und 1967 politisch aktiv als Mitglied im Hessischen Ausschuss des Ostermarschs und leitete Ostermarsch-Gruppen sowie Anti-Vietnam-Demonstrationen. Hübsch verweigerte den Kriegsdienst und war während der Studentenunruhen der APO in der linken Szene aktiv, unter anderem in der Kommune 1 und machte in dieser Zeit zahlreiche Drogenerfahrungen, vor allem mit LSD. 1969 trat der Schriftsteller Hübsch nach einer spirituellen Erfahrung während einer Reise nach Marokko in die islamische Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya Muslim Jamaat ein und hieß fortan Hadayatullah (ھدایۃ ﷲ ‚der von Allah geleitete‘). Er war Imam Dschuma in der Nuur-Moschee in Frankfurt-Sachsenhausen, wo er die Freitagspredigt auf Deutsch hielt und galt als einer der bekanntesten deutschen Konvertiten.
Acht Jahre war Hübsch für das Feuilleton der Frankfurter Allgemeine Zeitung tätig, die auch seine Gedichte veröffentlichte, bis er 1979 nach seiner Konversion zum Islam eine bekannt gewordene Kündigung bekam, in der es zur Begründung heißt, Hübsch sei „eine außergewöhnliche, jeglichen bürgerlichen Rahmen des Abendlands sprengende Erscheinung“.
Von 1991 bis 1998 war Hübsch Vorsitzender des „Verbandes deutscher Schriftsteller“ in Hessen und arbeitete für den Ethikrat des Landes.
Hübsch veröffentlichte in diversen überregionalen Tageszeitungen wie Die Welt, taz und Süddeutsche Zeitung sowie diversen alternativen Literaturzeitschrift wie Ulcus Molle Info, Der Metzger und Die Brücke – Forum für antirassistische Politik und Kultur.
Hübsch schrieb neben Lyrik auch Prosa, Essays, Romane und Satiren sowie Sachbücher zum Islam, zu Pop- und Rockmusik und widmete sich der Collage-Kunst, die er ausstellte. Als Journalist verfasste er Rezensionen, Rundfunkbeiträge, Features und Magazinbeiträge. Er war Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre als Reporter und Feature-Autor für den Jugendfunk des hr tätig. Von ihm erschienen noch unter dem Namen Paul Gerhard Hübsch um 1970 mehrere Gedichtbände bei Luchterhand, im Maro Verlag und in der Verlagsedition Dittmer. Hübsch gab die Literaturzeitschriften „törn“ und „Holunderground“ heraus.
Er schrieb mehrere Hörspiele und veröffentlichte über 100 Bücher (2002 erschien eine Übersicht seiner bisherigen Bücher: „Die ersten Hundert“), darunter vor allem Gedichtbände sowie Sachbücher, davon zahlreiche über den Islam: Der Weg Mohammeds, Prophezeiungen des Islam, Fanatische Krieger im Namen Allahs. Er übersetzte zahlreiche Bücher aus dem Englischen ins Deutsche, darunter Jesus in Indien oder das islamische Standardwerk Muslimische Heilige und Mystiker (Tadhkirat al-Auliya) von Fariduddin Attar. Seit 1990 leitete er den Verlag Der Islam. Seine Bücher über den Islam sind von einer islamischen Haltung geprägt, die auf den Lehren der islamischen Reformbewegung Ahmadiyya Muslim Jamaat basiert. Der Hessischer Minister für Justiz, für Integration und Europa Jörg-Uwe Hahn sagte, Hübsch stelle „wie kaum ein anderer eine Brücke zwischen den Welten dar“ und stehe als „einer der prominentesten deutschen Konvertiten“ für einen „liberalen Islam“. Als langjähriger Pressesprecher der islamischen Reformgemeinde Ahmadiyya Muslim Jamaat setzte Hübsch sich für den interreligiösen Dialog ein und hielt deutschlandweite Vorträge über den Islam.
In Frankfurt war Hübsch Mitbegründer des linksalternativen Club Voltaire und eröffnete den ersten alternativen Buchladen in Deutschland, den »Heidi Loves You«-Shop in Frankfurt-Bockenheim.
Hübsch war auch Gastautor und Interviewpartner der linken Jungen Welt und der rechten Jungen Freiheit, jeweils mit Beiträgen über Islam und über Integration. Sein Versuch, in neurechten Organen für ein Verständnis gegenüber Migranten und dem Islam zu werben, wurde teilweise heftig kritisiert. Hübsch nahm Stellung zu den Vorwürfen in seinem Text „Von der Liebe zur Wahrheit“, in dem er auf sein jahrzehntelanges politisches und literarisches Engagement gegen Rassismus verwies und erklärte, jede Gelegenheit nutzen zu wollen, um aufzuklären - deswegen gebe er auch der BILD-Zeitung Interviews. Gegenüber der taz erklärte Hübsch in einem Interview, „er sei vor einigen Jahren blauäugig in die Geschichte mit der Jungen Freiheit gegangen.“ Als Islamexperte trat er unter anderem bei Maybrit Illner (ZDF) und Friedman (N24) sowie bei diversen Diskussionsrunden in Bürgerkanälen auf.
Seine Lebenserinnerungen erschienen 1991 unter dem Titel Keine Zeit für Trips. 1998 veröffentlichte er eine Zusammenfassung seines Lebens unter dem Titel Alles war Geheimnis in der Anthologie Bye-bye ’68 von Claus Wolfschlag. Er arbeitete zuletzt an seinem Buch Der muslimische Witz. Hübsch war zweimal verheiratet und war Vater von acht Kindern. Die Journalistin Khola Maryam Hübsch ist seine Tochter. Hübsch starb am Morgen des 4. Januar 2011. Am ersten Jahrestag seines Todes fand das 1. Poetry Memorial für Hadayatullah Hübsch statt, das vom Verband Deutscher Schriftsteller Hessen organisiert wurde.
Lyrik
Hübschs literarische Laufbahn begann mit einer Veröffentlichung in der von Peter Rühmkorf herausgegebenen, viel beachteten Sammlung Primanerlyrik – Primanerprosa. 1969 veröffentlichte Hübsch seinen ersten Gedichtband Mach was du willst bei Luchterhand. Der ebenfalls bei Luchterhand veröffentlichende spätere Literaturnobelpreisträger Günter Grass prophezeite Hübsch daraufhin eine große Karriere als Lyriker; Hübsch bevorzugte es jedoch, Undergroundpoet jenseits des Mainstreams zu bleiben.
Hübschs Lyrik war inspiriert von experimenteller Literatur, dem Dadaismus und expressionistischer Lyrik. Später haben ihn die Beatliteraten geprägt, vor allem Allen Ginsberg, William S. Burroughs und Jack Kerouac. Nach seiner Konversion zum Islam war seine Lyrik zusätzlich von der mystischen Poesie Persiens, von Hafis, Rumi und Sadi beeinflusst.
Hübsch war ein „Spoken-Word-Dichter“, der die literarische Strömung des deutschen Poetry Slam mitbegründete und Namensvater des ersten Social-Beat Festivals in Berlin war. Er gilt als „Urgestein“ und „Legende“ der Social-Beat-Szene und der „Lyrik Performance“. Er war deutschlandweit unterwegs auf Lesetouren und förderte junge Nachwuchsliteraten. 1996 wurde er zum „Deutschen Literatur-Meister“ beim internationalen Poetry Slam gewählt. Er wurde mit Literaturpreisen ausgezeichnet, zuletzt dem 12. Nahbellpreis.
Unter dem englischen Kürzel „P. G.“, einer Abkürzung seines christlichen Namens, den er in Anlehnung an den bedeutendsten deutschsprachigen Kirchenlieddichter Paul Gerhard erhalten hatte, war er in den 1960er und 70er Jahren in der Beat-Poet- und der Hippie-Szene bekannt. Später verfasste Hübsch unzählige muslimische Lieder und Gedichte, die bisher in drei Sammelbänden erschienen sind. Er gilt als einer der bekanntesten deutschsprachiger Dichter für muslimisch-religiöse Lyrik in Deutschland.
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AUSGEZOGEN
Wir waren ausgezogen, den Himmel auf
Die Erde zu holen und hatten gestohlen,
Was die Welt uns nicht freiwillig gab,
Die Welt, das Grab,
In das sie uns hineingelegt hatten in
Arger Selbsttäuschung, wie sie
Sollten wir werden, verkrüppelt von
Tausend Jahren Kadavergehorsam,
Das Raunen im Ohr, wir folgen dir,
Zum Zeugen nehmend, den skrupellosen Arm,
Den kurzes Denken gelähmt,
Emporgehoben zu den dichten Wolken,
So lugten sie in den Nebel,
Und riefen, die anderen sind Schuld,
Machts uns nach, wir süffeln und rauchen
Und schreien das Land zum 3 zu 2 Sieg,
Dreist und feist wieder geworden,
So wollten sie uns zum Lernen zwingen,
Zum Einstudieren der Rituale, der
Qualen, welch Hochgenuss und was für ein
Bitterer Nachgeschmack, o reiß den
Horizont auf, sangen wir im One, two,
Three o'clock four o'clock Rock-Rhythmus,
Und warfen die Kuckucksuhren an die
Tafel, beschmierten uns mit dem Rouge der
Verbotenen Tempel, angespitzt und vernagelt,
Bis uns etwas Besseres einfiel,
Der Fall der Alten, der Zufall der Bewegungen,
Wenn wir uns heiß tanzten und den
Gestanzten Bücherweisheiten den Rücken kehrten,
Als ob die Straße das Heil brächte,
Als ob wir uns verkaufen könnten
An das Gekotze, wisch das weg,
Als ob wir etwas zu verraten hätten
Beim Schlag der Glocke,
Beim Schlagerduell,
Beim Befühlen unserer Wühlmaushaut,
Beim Wühlen in den Plattenstapeln mit ihrem
I'm just a lonely boy, lonely and blue,
Während unsere Augen ertranken im Watt
Vor den Klippen, während das Meer rauschte,
Got myself a crying, talking, sleeping,
Walking Living Doll,
Ach nein, Marionetten wollten wir nicht sein,
Lieber verwildern auf Trampfahrten
Als versauern im Lateinunterricht, in dem
Uns eingebläut wurde: die dem Tode
Geweihten grüßen dich,
Bis uns der Beat an neue Gestade warf,
Der Hoffnungsträger, der sich nicht pervertieren
Lassen durfte, denn der Beat, denn der Beat
Bleibt links, skandierten wir in den
Dumpfen Hörsälen vor magerem Publikum,
Durch den Ruhrpott rasend,
Mit Pot-Zigaretten im staunenden Mund,
Ohne um Erlaubnis zu fragen
Die Polizei und die Bürger,
Ohne uns zu scheren,
Mit wallendem Haar,
Aber verwundert, welch Wunder das Leben bereit
Hielt, wenn du nicht anhältst an der
Ampel, egal wie das Farbenspiel,
Wenn dir der Blitz der hellen Freude
Durch den Kopf zischt und du in den süchtigen
Augen die Losung trägst:
We want the world and we want it
Now, bis wir merkten, dass es keine Gewinner
Gibt, sondern nur schöne Verlierer,
Bis aaaargh I feel good
Aus dem Verstärker krachend fuhr und uns ins
Mark traf, wie kann es weitergehen,
Wenn du stehen bleibst?
Also wurden wir Provokateure,
Teure Vagabunden, Heimatlose, Wanderer,
Also zischelten wir: Ach, diese Minderjährigen,
Oder zerrissen die Pop-Plop-Gedichte
Und warfen die Schnitzel ins Publikum, die
Jagd ist eröffnet,
Also summten wir: Mutter Erde, auf der wir
Alle zusammen sind, mit großen Kinderaugen
Und glänzenden LSD-Pupillen,
Also verschenkten wir unsere Herzen wie Dutzendware,
knipsten mit unseren Lidern
Als steckte dahinter die Kamera des
Inneren Weltalls,
Also waren wir in Tages- und Nachtreisen
Verwegen und unnahbar schön,
Denn der Beat bleibt links,
Denn wir wollten verstehn,
Denn der grenzenlose Raum lockt,
Denn Zeit war auf unserer Seite,
Und so verrammelten wir tollkühn die Rat-
Häuser, suhlten uns tabulos in den
Brackwassern der Flüsse,
Gammelten wir durch die Einkaufsparadiese
Mit dem Motto: Geld spielt keine Rolle,
Also waren wir Zukunft,
Und Zuckung,
Und Verlockung,
Und Verruf,
Und heiter und bunt wie Schmetterlinge,
Und versessen darauf, allen zu zeigen,
Wie hübsch wir waren, wie unwiderstehlich, Draufgänger, Saufbrüder,
Höhlenbewohner des Kiffs,
Mit dem Yellow Submarine jedes Riff umfahrend,
Fahrig und verwahrlost,
Eben die, vor denen uns unsere Eltern
Gewarnt hatten,
Bis alles zu viel wurde,
Bis wir stolperten und fielen,
Weil wir nicht mehr gefallen wollten,
Bis wir alle wurden,
Weil wir nur noch lallen konnten,
Bis das magere Licht jenseits des Liebestales,
Das uns magisch angezogen hatte,
Erlosch, bis wir lasch in den Seilen hingen,
Jeder eine Legende,
Ein Überraschungsei,
Ein Segler durch die Mauern in und außer uns,
Aber verraten von unserer Unfähigkeit,
Mehr zu sein als Schein,
Mehr zu werden als Erden,
Mehr zu geben als Piranja-Leben,
Mehr zu erfahren als wir in 100 Jahren
Lernen könnten, entkernen könnten,
Erwärmen könnten, umschwärmen könnten,
Ach, das Bild, das wir von uns machten,
Zerfloss in bleierner Stille,
Unser Wille Ohnmacht,
Ausgelacht wurden wir von den Größen,
Verachtet, weil wir uns entblößten,
Selten auch beweint,
Eingedenk der Lieder: wo meine Sonne scheint,
Und wo meine Sterne stehn,
Da kann man der Hoffnung Land und der
Freiheit Licht in der Ferne sehn,
Aber zu viele kamen nicht an,
Zu viele verrottet, verstorben, verlassen,
Zu viele verwirrt, verirrt, verwest,
Aber einige haben die Suche nach der blauen
Blume nicht aufgegeben,
Einige, die schweben, die heben immer wieder
Die Steine auf, die auf ihren Weg gerollt
Werden wir Groll und Laster, Hohn und Zaster,
Wanderer, kommst du an da,
Dann höre auf den, der sah,
Der nicht abgespritzt wurde,
Von fremder oder eigener Hand,
Der den Verstand schärfte,
Der sich impfen ließ gegen den Ausverkauf,
Der nicht aufhört zu fragen,
Was die Sagen zu verkünden haben,
Was die heiligen Schriften offenbaren,
Von Eingebungen heimgesucht und nicht verflucht,
Immer auf der Suche, immer in Bewegung,
In Erregung nicht verharrend,
Auf Schlangen nicht starrend,
Von Erinnerung zehrend,
Sich über's Gestern nicht beschwerend,
Lernend und lehrend,
Die Habgier verzehrend,
Die Eifersucht verzehrend,
Den Neid verzehrend,
Den Hass verzehrend,
Die Feindschaft verzehrend,
Das Dunkle verzehrend,
Wie Feuer auf dem Berg der großartigen Toten,
Wie Schneeflocken auf den Wiesen der schönen Tage,
Wie ein Laserstrahl, der auf die Stirnbänder
Graviert: Come on baby light my heartbeat,
Heart Beat Art Beat Hard Beat Start Beat
Start Beat Bbbbbbbbbbeat
It.
..........................
It.
Schwer ist der Weg
(vermutlich letztes Gedicht von Hadaytullah Hübsch)
Im Namen Allahs, des Gnädigen, des Barmherzigen.
Und wenn das Leben nun weitergeht,
Wenn unsere Asche vom Winde verweht,
Wenn die Seele neue Welten sieht
Und vor dem Dunkel zu ihrem Herrn flieht,
Und fragt, was hab ich für Dich getan,
Dich, Der Du mich brachtest auf rechte Bahn,
Mich schützte vor Feuer und Untergang,
Wie groß Dein Segen, wie karg mein Dank,
Wenn dann sie um Verzeihung fleht,
Ist´s an der Zeit, oder zu spät?
Und des Gartens Duft sie schon verzückt,
Und bang sie, ob ihr Leben geglückt,
Nicht dann erst sollte Reue sein,
Nein, Hoffnungs Blitz löscht jetzt die Pein,
Die Sicherheit, die Glauben gibt,
Wird dem zuteil, der Allah liebt,
Dessen Gedanken klar und rein
Dem Demütigen leuchten ein,
So dass er neigt sich zum Propheten,
Um herzenstief um Licht zu beten,
Dass Groll erlischt und all der Hader,
Bis kühl und frisch die heiße Ader,
Und vogelgleich wir aufwärts streben,
Folgend der Spur vom wahren Leben,
Manch einer, der gesunken war,
Erfährt dann Frieden neu und klar,
Schwer ist der Weg zum Paradies,
Gesegnet Ahmad, der ihn wies.
OriginalFoto: khola.de |
Hadayatullah Hübsch
(* 8. Januar 1946 in Chemnitz als Paul-Gerhard Hübsch; † 4. Januar 2011 in Frankfurt am Main) war ein deutscher Schriftsteller, Publizist, Aktivist der 68er-Bewegung und langjähriger Pressesprecher der Ahmadiyya Muslim Jamaat in der Bundesrepublik Deutschland e. V. Er war in der Nuur-Moschee in Frankfurt Imam Dschuma (Leiter der Freitagspredigt).
Leben und Arbeit
Paul-Gerhard Hübsch besuchte in Laubach (Oberhessen) die Paul Gerhardt-Schule, aus der später das Laubach-Kolleg hervorging. Er war zwischen 1965 und 1967 politisch aktiv als Mitglied im Hessischen Ausschuss des Ostermarschs und leitete Ostermarsch-Gruppen sowie Anti-Vietnam-Demonstrationen. Hübsch verweigerte den Kriegsdienst und war während der Studentenunruhen der APO in der linken Szene aktiv, unter anderem in der Kommune 1 und machte in dieser Zeit zahlreiche Drogenerfahrungen, vor allem mit LSD. 1969 trat der Schriftsteller Hübsch nach einer spirituellen Erfahrung während einer Reise nach Marokko in die islamische Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya Muslim Jamaat ein und hieß fortan Hadayatullah (ھدایۃ ﷲ ‚der von Allah geleitete‘). Er war Imam Dschuma in der Nuur-Moschee in Frankfurt-Sachsenhausen, wo er die Freitagspredigt auf Deutsch hielt und galt als einer der bekanntesten deutschen Konvertiten.
Acht Jahre war Hübsch für das Feuilleton der Frankfurter Allgemeine Zeitung tätig, die auch seine Gedichte veröffentlichte, bis er 1979 nach seiner Konversion zum Islam eine bekannt gewordene Kündigung bekam, in der es zur Begründung heißt, Hübsch sei „eine außergewöhnliche, jeglichen bürgerlichen Rahmen des Abendlands sprengende Erscheinung“.
Von 1991 bis 1998 war Hübsch Vorsitzender des „Verbandes deutscher Schriftsteller“ in Hessen und arbeitete für den Ethikrat des Landes.
Hübsch veröffentlichte in diversen überregionalen Tageszeitungen wie Die Welt, taz und Süddeutsche Zeitung sowie diversen alternativen Literaturzeitschrift wie Ulcus Molle Info, Der Metzger und Die Brücke – Forum für antirassistische Politik und Kultur.
Hübsch schrieb neben Lyrik auch Prosa, Essays, Romane und Satiren sowie Sachbücher zum Islam, zu Pop- und Rockmusik und widmete sich der Collage-Kunst, die er ausstellte. Als Journalist verfasste er Rezensionen, Rundfunkbeiträge, Features und Magazinbeiträge. Er war Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre als Reporter und Feature-Autor für den Jugendfunk des hr tätig. Von ihm erschienen noch unter dem Namen Paul Gerhard Hübsch um 1970 mehrere Gedichtbände bei Luchterhand, im Maro Verlag und in der Verlagsedition Dittmer. Hübsch gab die Literaturzeitschriften „törn“ und „Holunderground“ heraus.
Er schrieb mehrere Hörspiele und veröffentlichte über 100 Bücher (2002 erschien eine Übersicht seiner bisherigen Bücher: „Die ersten Hundert“), darunter vor allem Gedichtbände sowie Sachbücher, davon zahlreiche über den Islam: Der Weg Mohammeds, Prophezeiungen des Islam, Fanatische Krieger im Namen Allahs. Er übersetzte zahlreiche Bücher aus dem Englischen ins Deutsche, darunter Jesus in Indien oder das islamische Standardwerk Muslimische Heilige und Mystiker (Tadhkirat al-Auliya) von Fariduddin Attar. Seit 1990 leitete er den Verlag Der Islam. Seine Bücher über den Islam sind von einer islamischen Haltung geprägt, die auf den Lehren der islamischen Reformbewegung Ahmadiyya Muslim Jamaat basiert. Der Hessischer Minister für Justiz, für Integration und Europa Jörg-Uwe Hahn sagte, Hübsch stelle „wie kaum ein anderer eine Brücke zwischen den Welten dar“ und stehe als „einer der prominentesten deutschen Konvertiten“ für einen „liberalen Islam“. Als langjähriger Pressesprecher der islamischen Reformgemeinde Ahmadiyya Muslim Jamaat setzte Hübsch sich für den interreligiösen Dialog ein und hielt deutschlandweite Vorträge über den Islam.
In Frankfurt war Hübsch Mitbegründer des linksalternativen Club Voltaire und eröffnete den ersten alternativen Buchladen in Deutschland, den »Heidi Loves You«-Shop in Frankfurt-Bockenheim.
Hübsch war auch Gastautor und Interviewpartner der linken Jungen Welt und der rechten Jungen Freiheit, jeweils mit Beiträgen über Islam und über Integration. Sein Versuch, in neurechten Organen für ein Verständnis gegenüber Migranten und dem Islam zu werben, wurde teilweise heftig kritisiert. Hübsch nahm Stellung zu den Vorwürfen in seinem Text „Von der Liebe zur Wahrheit“, in dem er auf sein jahrzehntelanges politisches und literarisches Engagement gegen Rassismus verwies und erklärte, jede Gelegenheit nutzen zu wollen, um aufzuklären - deswegen gebe er auch der BILD-Zeitung Interviews. Gegenüber der taz erklärte Hübsch in einem Interview, „er sei vor einigen Jahren blauäugig in die Geschichte mit der Jungen Freiheit gegangen.“ Als Islamexperte trat er unter anderem bei Maybrit Illner (ZDF) und Friedman (N24) sowie bei diversen Diskussionsrunden in Bürgerkanälen auf.
Seine Lebenserinnerungen erschienen 1991 unter dem Titel Keine Zeit für Trips. 1998 veröffentlichte er eine Zusammenfassung seines Lebens unter dem Titel Alles war Geheimnis in der Anthologie Bye-bye ’68 von Claus Wolfschlag. Er arbeitete zuletzt an seinem Buch Der muslimische Witz. Hübsch war zweimal verheiratet und war Vater von acht Kindern. Die Journalistin Khola Maryam Hübsch ist seine Tochter. Hübsch starb am Morgen des 4. Januar 2011. Am ersten Jahrestag seines Todes fand das 1. Poetry Memorial für Hadayatullah Hübsch statt, das vom Verband Deutscher Schriftsteller Hessen organisiert wurde.
Lyrik
Hübschs literarische Laufbahn begann mit einer Veröffentlichung in der von Peter Rühmkorf herausgegebenen, viel beachteten Sammlung Primanerlyrik – Primanerprosa. 1969 veröffentlichte Hübsch seinen ersten Gedichtband Mach was du willst bei Luchterhand. Der ebenfalls bei Luchterhand veröffentlichende spätere Literaturnobelpreisträger Günter Grass prophezeite Hübsch daraufhin eine große Karriere als Lyriker; Hübsch bevorzugte es jedoch, Undergroundpoet jenseits des Mainstreams zu bleiben.
Hübschs Lyrik war inspiriert von experimenteller Literatur, dem Dadaismus und expressionistischer Lyrik. Später haben ihn die Beatliteraten geprägt, vor allem Allen Ginsberg, William S. Burroughs und Jack Kerouac. Nach seiner Konversion zum Islam war seine Lyrik zusätzlich von der mystischen Poesie Persiens, von Hafis, Rumi und Sadi beeinflusst.
Hübsch war ein „Spoken-Word-Dichter“, der die literarische Strömung des deutschen Poetry Slam mitbegründete und Namensvater des ersten Social-Beat Festivals in Berlin war. Er gilt als „Urgestein“ und „Legende“ der Social-Beat-Szene und der „Lyrik Performance“. Er war deutschlandweit unterwegs auf Lesetouren und förderte junge Nachwuchsliteraten. 1996 wurde er zum „Deutschen Literatur-Meister“ beim internationalen Poetry Slam gewählt. Er wurde mit Literaturpreisen ausgezeichnet, zuletzt dem 12. Nahbellpreis.
Unter dem englischen Kürzel „P. G.“, einer Abkürzung seines christlichen Namens, den er in Anlehnung an den bedeutendsten deutschsprachigen Kirchenlieddichter Paul Gerhard erhalten hatte, war er in den 1960er und 70er Jahren in der Beat-Poet- und der Hippie-Szene bekannt. Später verfasste Hübsch unzählige muslimische Lieder und Gedichte, die bisher in drei Sammelbänden erschienen sind. Er gilt als einer der bekanntesten deutschsprachiger Dichter für muslimisch-religiöse Lyrik in Deutschland.
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AUSGEZOGEN
Wir waren ausgezogen, den Himmel auf
Die Erde zu holen und hatten gestohlen,
Was die Welt uns nicht freiwillig gab,
Die Welt, das Grab,
In das sie uns hineingelegt hatten in
Arger Selbsttäuschung, wie sie
Sollten wir werden, verkrüppelt von
Tausend Jahren Kadavergehorsam,
Das Raunen im Ohr, wir folgen dir,
Zum Zeugen nehmend, den skrupellosen Arm,
Den kurzes Denken gelähmt,
Emporgehoben zu den dichten Wolken,
So lugten sie in den Nebel,
Und riefen, die anderen sind Schuld,
Machts uns nach, wir süffeln und rauchen
Und schreien das Land zum 3 zu 2 Sieg,
Dreist und feist wieder geworden,
So wollten sie uns zum Lernen zwingen,
Zum Einstudieren der Rituale, der
Qualen, welch Hochgenuss und was für ein
Bitterer Nachgeschmack, o reiß den
Horizont auf, sangen wir im One, two,
Three o'clock four o'clock Rock-Rhythmus,
Und warfen die Kuckucksuhren an die
Tafel, beschmierten uns mit dem Rouge der
Verbotenen Tempel, angespitzt und vernagelt,
Bis uns etwas Besseres einfiel,
Der Fall der Alten, der Zufall der Bewegungen,
Wenn wir uns heiß tanzten und den
Gestanzten Bücherweisheiten den Rücken kehrten,
Als ob die Straße das Heil brächte,
Als ob wir uns verkaufen könnten
An das Gekotze, wisch das weg,
Als ob wir etwas zu verraten hätten
Beim Schlag der Glocke,
Beim Schlagerduell,
Beim Befühlen unserer Wühlmaushaut,
Beim Wühlen in den Plattenstapeln mit ihrem
I'm just a lonely boy, lonely and blue,
Während unsere Augen ertranken im Watt
Vor den Klippen, während das Meer rauschte,
Got myself a crying, talking, sleeping,
Walking Living Doll,
Ach nein, Marionetten wollten wir nicht sein,
Lieber verwildern auf Trampfahrten
Als versauern im Lateinunterricht, in dem
Uns eingebläut wurde: die dem Tode
Geweihten grüßen dich,
Bis uns der Beat an neue Gestade warf,
Der Hoffnungsträger, der sich nicht pervertieren
Lassen durfte, denn der Beat, denn der Beat
Bleibt links, skandierten wir in den
Dumpfen Hörsälen vor magerem Publikum,
Durch den Ruhrpott rasend,
Mit Pot-Zigaretten im staunenden Mund,
Ohne um Erlaubnis zu fragen
Die Polizei und die Bürger,
Ohne uns zu scheren,
Mit wallendem Haar,
Aber verwundert, welch Wunder das Leben bereit
Hielt, wenn du nicht anhältst an der
Ampel, egal wie das Farbenspiel,
Wenn dir der Blitz der hellen Freude
Durch den Kopf zischt und du in den süchtigen
Augen die Losung trägst:
We want the world and we want it
Now, bis wir merkten, dass es keine Gewinner
Gibt, sondern nur schöne Verlierer,
Bis aaaargh I feel good
Aus dem Verstärker krachend fuhr und uns ins
Mark traf, wie kann es weitergehen,
Wenn du stehen bleibst?
Also wurden wir Provokateure,
Teure Vagabunden, Heimatlose, Wanderer,
Also zischelten wir: Ach, diese Minderjährigen,
Oder zerrissen die Pop-Plop-Gedichte
Und warfen die Schnitzel ins Publikum, die
Jagd ist eröffnet,
Also summten wir: Mutter Erde, auf der wir
Alle zusammen sind, mit großen Kinderaugen
Und glänzenden LSD-Pupillen,
Also verschenkten wir unsere Herzen wie Dutzendware,
knipsten mit unseren Lidern
Als steckte dahinter die Kamera des
Inneren Weltalls,
Also waren wir in Tages- und Nachtreisen
Verwegen und unnahbar schön,
Denn der Beat bleibt links,
Denn wir wollten verstehn,
Denn der grenzenlose Raum lockt,
Denn Zeit war auf unserer Seite,
Und so verrammelten wir tollkühn die Rat-
Häuser, suhlten uns tabulos in den
Brackwassern der Flüsse,
Gammelten wir durch die Einkaufsparadiese
Mit dem Motto: Geld spielt keine Rolle,
Also waren wir Zukunft,
Und Zuckung,
Und Verlockung,
Und Verruf,
Und heiter und bunt wie Schmetterlinge,
Und versessen darauf, allen zu zeigen,
Wie hübsch wir waren, wie unwiderstehlich, Draufgänger, Saufbrüder,
Höhlenbewohner des Kiffs,
Mit dem Yellow Submarine jedes Riff umfahrend,
Fahrig und verwahrlost,
Eben die, vor denen uns unsere Eltern
Gewarnt hatten,
Bis alles zu viel wurde,
Bis wir stolperten und fielen,
Weil wir nicht mehr gefallen wollten,
Bis wir alle wurden,
Weil wir nur noch lallen konnten,
Bis das magere Licht jenseits des Liebestales,
Das uns magisch angezogen hatte,
Erlosch, bis wir lasch in den Seilen hingen,
Jeder eine Legende,
Ein Überraschungsei,
Ein Segler durch die Mauern in und außer uns,
Aber verraten von unserer Unfähigkeit,
Mehr zu sein als Schein,
Mehr zu werden als Erden,
Mehr zu geben als Piranja-Leben,
Mehr zu erfahren als wir in 100 Jahren
Lernen könnten, entkernen könnten,
Erwärmen könnten, umschwärmen könnten,
Ach, das Bild, das wir von uns machten,
Zerfloss in bleierner Stille,
Unser Wille Ohnmacht,
Ausgelacht wurden wir von den Größen,
Verachtet, weil wir uns entblößten,
Selten auch beweint,
Eingedenk der Lieder: wo meine Sonne scheint,
Und wo meine Sterne stehn,
Da kann man der Hoffnung Land und der
Freiheit Licht in der Ferne sehn,
Aber zu viele kamen nicht an,
Zu viele verrottet, verstorben, verlassen,
Zu viele verwirrt, verirrt, verwest,
Aber einige haben die Suche nach der blauen
Blume nicht aufgegeben,
Einige, die schweben, die heben immer wieder
Die Steine auf, die auf ihren Weg gerollt
Werden wir Groll und Laster, Hohn und Zaster,
Wanderer, kommst du an da,
Dann höre auf den, der sah,
Der nicht abgespritzt wurde,
Von fremder oder eigener Hand,
Der den Verstand schärfte,
Der sich impfen ließ gegen den Ausverkauf,
Der nicht aufhört zu fragen,
Was die Sagen zu verkünden haben,
Was die heiligen Schriften offenbaren,
Von Eingebungen heimgesucht und nicht verflucht,
Immer auf der Suche, immer in Bewegung,
In Erregung nicht verharrend,
Auf Schlangen nicht starrend,
Von Erinnerung zehrend,
Sich über's Gestern nicht beschwerend,
Lernend und lehrend,
Die Habgier verzehrend,
Die Eifersucht verzehrend,
Den Neid verzehrend,
Den Hass verzehrend,
Die Feindschaft verzehrend,
Das Dunkle verzehrend,
Wie Feuer auf dem Berg der großartigen Toten,
Wie Schneeflocken auf den Wiesen der schönen Tage,
Wie ein Laserstrahl, der auf die Stirnbänder
Graviert: Come on baby light my heartbeat,
Heart Beat Art Beat Hard Beat Start Beat
Start Beat Bbbbbbbbbbeat
It.
..........................
It.