S!NEDi: brett vorm kopp |
Wohlgemerkt: Ich halte das Volksabstimmungsergebnis in der Schweiz bezüglich des Zuzugs von Ausländern für einen Skandal: Mit dem sprichwörtlichen und gastfreundschaftlichen "Grüezi alle miteinand" ... hat das wenig zu tun - eher mit Exklusion und Ausgrenzung...
Vor allen Dingen ist es geradezu lächerlich, wenn die ländlichen Gebiete in den Kantonen mit der größten "abgelegenen Almdorf"-Dichte und somit akuter Inzucht-Gefahr sich in der Ablehnung von Ausländern besonders hervortun - während in den Städten, die bereits mit "Fremden" "Umgang pflegen" und zusammenarbeiten, mehrheitlich dieses Volksbegehren der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) „Gegen Masseneinwanderung“ abgelehnt wird ...
Aber wir deutschen Nachbarn sollten die letzten sein, die darüber nun die Nase rümpfen und den Schweizern den berühmten Finger zeigen. Denn erst neulich haben wir ja erst berichten müssen - zum Drei-Königs-Treffen der CSU - über das bayerisch-seehoferische: "Wer betrügt - der fliegt ...", was ja in der Argumentation nicht allzu weit entfernt liegt von der jetzt zu Tage getretenen eidgenössisch hauchdünnen mehrheitlichen Haltung zum "Willkommen" europäischer Nachbarn" ...
Und deshalb möchte ich hier aus einem SPIEGEL-ONLINE-Artikel mit dem Titel: "Schweizer Zuwanderungsregeln - Wer hat's erfunden? Die Deutschen!" von Autor Alexander Kühn zitieren - denn alle Schwarz-rot-goldenen empören sich über das Schweizer Zuwanderungs-Votum - aber dabei ähneln die geplanten Beschränkungen verblüffend den Regeln, die in Deutschland längst praktiziert werden ...
"... Schon schreien viele: Nationalismus! Und fragen fast hysterisch: Warum haben unsere Nachbarn uns nicht so gern wie wir uns selbst? Würden wir eher angenommen, wenn die Deutschen in der Schweiz sich integrationswillig zeigten? Also zum Beispiel ihren Kindern Schweizerdeutsch beigebrächten, statt sie in der Sprache ihres Geburtslandes gefangen zu halten?
Ja, liebe Deutsche, jetzt spürt ihr mal, wie es ist, irgendwo nicht willkommen zu sein. Dass das Votum am Sonntag so ausging, wie es ausging, liegt letztlich nur daran, dass die Schweizer genau so denken wie wir. Nämlich zuerst an sich selbst.
1964 wurde dem millionsten Gastarbeiter in der Bundesrepublik noch ein Moped geschenkt, er kam aus Portugal und schaute bei seiner Ankunft in Köln-Deutz ziemlich verdutzt in die vielen Kameras, die auf ihn gerichtet waren. Doch schon bald legte sich die deutsche Begeisterung über Gäste, die für länger blieben, gar für immer.
Armando Rodrigues aus Portugal: Der millionste Gastarbeiter der Bundesrepublik bekam bei seiner Ankunft in Köln ein Moped geschenkt. DPA | SPIEGEL.de |
In Umfragen sagen wir Deutschen immer, Zuwanderung sei eine Bereicherung. Kulturell, menschlich, vor allem aber wirtschaftlich. Soll keiner sagen, wir hätten hier kein Herz für Menschen, von denen wir profitieren könnten. Afrikanische Flüchtlinge haben es da schon schwerer.
Liebe Deutsche, vielleicht ist es ganz gut, dass wir nicht wissen, wie eine Volksabstimmung über Zuwanderung bei uns ausginge." Soweit Alexander Kühn in SPIEGEL-ONLINE.
Und auch diese Anti-Inklusions-Story ruft abermals nach dem Lied von dem 2011 verstorbenen deutschen Liedermacher Franz-Josef Degenhardt - sowohl hier in Deutschland im tiefschwarzen Bayern - als eben nun auch im Alm-Dorf im Tessin in der Schweiz:
... wie oft hat man sie schon totgesagt, doch
hier im Innern des Landes leben sie noch
nach den alten Sitten und alten Gebräuchen,
kaum dezimiert durch Kriege und Seuchen,
stämmig und stark ein beharrliches Leben,
den alten Führern in Treue ergeben,
dem herzhaften Trunke, der üppigen Speise,
in Häusern, gebaut nach Altväterweise,
im Glauben gefestigt, daß alles fließt,
daß unten stets unten, oben stets oben ist,
Wie oft hat man sie schon totgesagt, doch
hier im Innern des Landes leben sie noch,
die gewaltigen Mütter mit Kübelhintern,
Bewahrer der Sitten, Leittier den Kindern,
die Männer, die diese Mütter verehren
und auf ihr Geheiß die Familie vermehren,
die Söhne, die nach diesen Vätern geraten -
prachtvolle Burschen und gute Soldaten -,
die Töchter, die mit dem Herzen verstehn
und im weißesten Weiße hochzeiten gehn.
Wie oft hat man sie schon totgesagt, doch
hier im Innern des Landes leben sie noch
und lieben die Blumen und Hunde und Elche,
vor allen Dingen die letzteren, welche
aus Bronze sie in die Wohnzimmer stellen,
wo sie dann leise röhren und bellen,
wenn jene traulichen Weisen erklingen,
die ihre Herrchen so gerne singen,
kraftvoll und innig nach gutalter Art,
von den zitternden Knochen, vom Jesulein zart.
Wie oft hat man sie schon totgesagt, doch
hier im Innern des Landes leben sie noch
und folgen den Oberhirten und -lehrern,
den Homöopathen und weisen Sehern.
Sie lieben das erdverbundene Echte,
hassen zutiefst das Entartete, Schlechte,
sind kurz vor der Sturmflut noch guten Mutes
und tanzen im Takt ihres schweren Blutes,
einen Schritt vor, zurück eins, zwei, drei,
und schwitzen und strahlen und singen dabei:
Wie oft hat man uns schon totgesagt, doch
hier im Innern des Landes da leben wir noch.
Ja, da leben sie noch.