Die Botenstoff- und Nervenverbindungen und Vernetzungen der Kleinstlebewesen aus dem Mikrobiom - besonders aus dem Bauchhirn - die Handlungen, Gefühle und Hirntätigkeiten beeinflussen und sogar auslösen können - die Millionen Jahre alt sind und unseren Tod als Spezies überleben werden bis in alle Ewigkeit, dienen eventuell auch im Nachhinein zu Erklärungen für die Vorstellungen der sogenannten "Feinstofflichkeit" - die sich seit der Antike durch alle möglichen Überlegungen großer Geister zog - und die besonders von den Kirchenvätern in Bezug auf das körperlich nachweisbare Vorhandensein einer "Seele" eine Rolle spielte ...
Feinstofflichkeit (aus WIKIPEDIA)
Der Begriff Feinstofflichkeit bezeichnet die Vorstellung einer Form von Materie, welche feiner und beweglicher sei als die grobstoffliche Materie, welche die sichtbaren Körper bilde. Der postulierte Feinstoff steht damit zwischen Materie und Immateriellem und dient in einigen philosophischen Ansätzen zur Erklärung einer Interaktion zwischen beiden Elementen bzw. zur Erklärung immaterieller Phänomene überhaupt. Derartige Vorstellungen finden sich bei einigen antiken Philosophen, insbesondere im Platonismus und, teils in dessen Wirkungsgeschichte, teils unabhängig davon, auch in einigen Texten aus dem Kulturbereich der drei monotheistischen Religionen wie unter anderem in der Gnosis und der Hermetik, daneben auch in östlichen Religionen, vor allem im Hinduismus. Auch in den Naturreligionen Polynesiens existierten ähnliche Vorstellungen.
Körper aus "feinstofflicher Sicht": mit Chakren, Energie-Meridianen, Nervenbahnen und Aura | Bild: kgsberlin.de |
In der heutigen Naturwissenschaft spielen derartige Konzepte jedoch keine Rolle mehr. Die Existenz einer feinstofflichen Materie konnte bislang nicht nachgewiesen werden, ebenso kann keine Interaktion mit normaler Materie wissenschaftlich fundiert beobachtet werden.
Antike
Zenon von Kition im 3. Jahrhundert v. Chr. kannte bereits die Qualität fein in Bezug auf Materie. Er definierte ein feinstoffliches Feuer πνεύμα (pneuma), das auch als λόγος σπέρματικος (logos spermatikos) bezeichnet wird, und für ihn zugleich geistig als auch materiell war. Dieses nannte er ein „passives materielles Prinzip“, das zum Beispiel den Verstand gestaltet.Auch Eratosthenes und Ptolemaios II. kannten Feinstofflichkeit als Prinzip. Ähnlich zu Platon, der die Unsterblichkeit der Seele im Phaidon mit dem Bild des Seelenwagens erklärte, begründeten beide Philosophen das Fortdauern der Seele aus ihrer feinstofflichen Natur.Gemäß einer bereits im frühen Platonismus zu findenden Kombination platonischer und aristotelischer Ansichten bestehen sowohl Gestirne wie auch Seelen aus einem Element, welches in den sonstigen Phänomenen unterhalb der Mondsphäre nicht vorkommt, dem Äther. Dieses Element wurde in der Orphik als Weltseele beschrieben, was u. a. Proklos wieder aufnimmt, bei Empedokles als göttlich und „feinste Luft“, bei den Pythagoreern wie auch bei Aristoteles dann als fünftes, feinstes, beweglichstes Element und Konstituens der Gestirne, so auch im Mittelplatonismus, wo z. B. Philo von Alexandrien den Äther als feinsten Stoff beschreibt. Die Stoa nimmt ein Prinzip an, welches alles durchwirkt, feurig, feinstofflich und Logos oder Pneuma genannt wird.
S!NEDi: Photographie einer Seele |
Die Annahme eines feinstofflichen Elements dient in dieser Tradition dazu, die Vermittlung zwischen Materie und Immateriellem sowie besondere Eigenschaften von Geist und Seele, insbesondere deren Unsterblichkeit, zu erklären, ohne bewährte atomistische naturphilosophische Voraussetzungen aufgeben zu müssen. Diese Ansicht war jedoch nicht unumstritten. Im zweiten Jahrhundert nach Christus behaupteten Attikos und Albinus die Körperlichkeit der Seele und ihre Sterblichkeit. Auch zwischen Numenios, der an feinstoffliche Seelen glaubte, und Alexander von Aphrodisias, der dies ablehnte, entspann sich hierüber ein Streit. Im 3. Jahrhundert n. Chr. systematisierte der Neuplatoniker Porphyrios die älteren Vorstellungen zu einer in sich konsistenten Theorie. Er behauptete, dass die Seele beim Abstieg durch die Gestirnsphären einen pneumatischen, irrationalen Teil erwirbt, die anima spiritalis. Dieser Teil sei feinstofflich und verdunkle und materialisiere sich beim weiteren Abstieg zunehmend.
Traduzianismus
Das Prinzip der Feinstofflichkeit tritt in der Zeit der Kirchenväter, vor allem im 3. Jahrhundert n. Chr., wieder auf. Tertullian behauptete in seiner Traduzianismus genannten Lehre, dass die Seele aus feinstofflichem Seelensamen (semen animae - man beachte die begriffliche Nähe zum Logos spermatikos) zusammengesetzt sei, wohingegen der Körper aus grobstofflichem Körpersamen (semen corporis) bestehe. Er warnte sogar ausdrücklich davor, der Seele wegen ihrer feinstofflichen Natur ihre Körperlichkeit abzuerkennen.
Nach ihm wirken beide Samen wie der Lehm und der Anhauch Gottes zusammen, aus dem Adam geschaffen wurde.Kern der Theorie war die Lehre, dass die menschliche Seele aus den Seelen der Eltern – bei Tertullian nur der Seele des Vaters – übertragen wird (lateinisch traducere). Dies erkläre schlüssig die Infektion der Menschheit durch die Erbsünde.
In der Kirchengeschichte konnte sich jedoch die gegenteilige Lehre, der von Lactantius entwickelte Kreatianismus durchsetzen. Nach ihm wird jede Einzelseele unmittelbar und unteilbar erschaffen. Der Traduzianismus wurde von der katholischen Kirche mehrfach verurteilt und der Kreatianismus zur verbindlichen Lehrmeinung erklärt. Da in der Neuzeit die Annahme nicht feststellbarer, punktueller Schöpfungen aus dem Nichts immer fragwürdiger erschien, lebten diese älteren Versuche, die Erzeugung der Seele in das leibliche Werden einzubeziehen, wieder auf und wurden beispielsweise von Leibniz aufgegriffen. Die Vorstellung feinstofflicher Substanzen verschwand jedoch mit dem Ende des Traduzianismus aus der Theologie und die Seele wird weithin als unteilbar angenommen.
Renaissance und frühe Neuzeit
Die drei Abteilungen der Welt, Zeichnung von Descartes. I = gröbste innere Abteilung, M = mittlere Abteilung, Außen feinste Himmelkörperchen. |
Beschreibung nebenstehender Zeichnung:
Die drei Spären der Erde von Rene Descartes
Datum1644
QuelleRene Descartes, principia philosophiae, IV, 6
UrheberRené Descartes (* 31. März 1596 in La Haye/Touraine, Frankreich; † 11. Februar 1650 in Stockholm, Schweden)
Die antike Vorstellung eines feinstofflichen, ätherischen Elements, welches Substrat von Gestirnen und Seelen ist oder letztere umhüllt, um mit deren Körper zu vermitteln, tradiert sich bei Naturphilosophen und Autoren einer „okkulten Philosophie“ in Renaissance und früher Neuzeit, darunter Agrippa von Nettesheim.
René Descartes teilte die materielle Welt in drei Abteilungen. Dabei bildet die Erde die erste und gröbste Abteilung, danach folgt eine dunkle Abteilung aus feineren Teilchen. Die dritte Abteilung schließlich besteht aus feinsten „Himmelskügelchen“ (vgl. "Seelenfünklein" von Meister Eckhardt). Diese feinstofflichen Kügelchen können durch die Zwischenräume der gröberen Kugeln in den beiden anderen Abteilungen hindurch diffundieren. Aus diesen feinsten feinstofflichen Teilen können nach Descartes „alle Körper, welche uns hier umgeben, entstehen.“ Allerdings ist nach Descartes die materielle Welt scharf von dem immateriellen Bereich des Seelischen zu trennen, eine feinstoffliche Erklärung geistiger Phänomene ist bei ihm daher ausgeschlossen.
Aber für viele Cartesianer existierte nicht nur feinstoffliche Materie, sondern erklärte auch geistige Phänomene. Für Cornelius van Hoogeland, einen Medizinprofessor und Freund von Descartes, bestehen die Lebensgeister (spiritus animales) aus einer beweglichen feinstofflichen Materie. Friedrich Wilhelm Stosch lehrte eine feinstoffliche Natur des menschlichen Geistes. Aber auch Descartes-Gegner wie der britische Platoniker Ralph Cudworth lehnten die Feinstofflichkeit nicht ab, für Cudworth zum Beispiel existierte eine feinstoffliche Verbindung zwischen geistiger Seele und materiellem Körper.
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Literatur:
George R. Stow Mead: Die Lehre vom feinstofflichen Körper in der westlichen Tradition. Geistkörper, Strahlenkörper und Auferstehungskörper in der Erfahrungswelt der Pythagoräer, Neuplatoniker, Gnostiker und Hermetischen Philosophen. Ansata, Interlaken 1991, ISBN 3-7157-0150-1. (Die Originalausgabe erschien 1919 in englischer Sprache: The doctrine of the subtle body in western tradition. An outline of what the philosophers thought and Christians taught on the subject. Watkins, London 1919)