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Emil Nolde: ...zwischen die Stühle geraten ...

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Nolde im Blick: Eine Mitarbeiterin betrachtet in der Nolde Stiftung in Seebüll (Schleswig-Holstein) das Werk "Symeon und die Weiber" aus dem Jahr 1915. Die am 1. März eröffnete Jahresausstellung im ehemaligen Wohn- und Atelierhaus von Emil Nolde steht unter dem Motto "Emil Nolde: Die absolute Ursprünglichkeit". Foto: dpa | NW





Ausstellungen mit Werken des expressionistischen Künstlers in Frankfurt und Seebüll

Debatte über Nolde und die Nazis:
Zwischen die Stühle geraten ...


Von Sandra Trauner | Neue Westfälische


Emil Nolde gehört zu den beliebtesten Malern des Expressionismus. Zwei große Ausstellungen - eine in Frankfurter und eine in seinem nordfriesischen Wohnort Seebüll - zeigen ab März seine farbenprächtigen Werke. Für Gesprächsstoff sorgt derzeit aber ein kontroverser Aspekt seiner Biografie: Nolde (1867-1956) galt bei den Nationalsozialisten als "entarteter Künstler" und hatte Berufsverbot - und war doch glühender Hitler-Anhänger.


Nolde: "Selbstbild", 1917
Fachleuten ist das seit Jahren bekannt, spätestens seit 2013 Kirsten Jünglings Biografie "Die Farben sind meine Noten" (Propyläen Verlag) erschien. Spannend bleibt die Frage, wieso sein ausgeprägter Antisemitismus seiner Beliebtheit keinen Abbruch tat - und wer sich an dessen Verschleierung beteiligte. Stefan Koldehoff sprach in der Zeit gar von einem "Beschweige- und Beschönigungskartell".

Aya Soika und Bernhard Fulda führen im Katalog zur Frankfurter Ausstellung, die am Mittwoch beginnt, zahlreiche Dokumente an, die Noldes rechte Gesinnung belegen. Über Hitler schrieb er an Freunde, "der Führer ist groß u. edel in seinen Bestrebungen u. ein genialer Tatmensch". In seinen Memoiren beschreibt er sich als Vorkämpfer "gegen die alljüdische Bevormundung". Selbst davor, einen nichtjüdischen Konkurrenten als Juden zu diffamieren, schreckte er nicht zurück.


Repro aus: art | März 2014, S. 30


































Mit einem Brief an Propagandaminister Joseph Goebbels - den das aktuelle Magazin art als Faksimile nachdruckt - bittet er 1938 um die Rückgabe seiner beschlagnahmten Bilder und argumentiert, er habe "als fast einzigster deutscher Künstler in offenem Kampf gegen die Überfremdung der deutschen Kunst (...) gekämpft", seine Kunst sei "deutsch, stark, herb und innig". Den Brief unterzeichnet er mit "Heil Hitler".

Soika und Fulda gehen davon aus, "dass Noldes braun gefärbten Äußerungen sowohl als strategische Anbiederung wie auch - später - als verzweifelte Rettungsversuche gedeutet werden können. Es ist nicht immer einfach, zwischen politischer Überzeugung und zweckgerichtetem Opportunismus zu unterscheiden."

Der 1867 als Hans Emil Hansen im Dorf Nolde geborene Maler war in der Weimarer Republik ziemlich erfolgreich. Er hatte viele Ausstellungen, seine Bilder wurden von Museen angekauft, er bekam lobende Kritiken. "Die anfängliche Begeisterung für den Nationalsozialismus beruhte auf Noldes Hoffnung, die Nazis würden seine Kunst anerkennen", sagt der Direktor der "Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde", Christian Ring.


Schreiben zum Malverbot von 1941 - Quelle: WIKIPEDIA
Es half nichts: Die Nazis lehnten Noldes Kunst ab. 1937 wurden mehr als 1.000 seiner Werke beschlagnahmt, knapp 50 Arbeiten wurden in der Münchner Ausstellung "Entartete Kunst" gezeigt. 1941 wurde er wegen "mangelnder Zuverlässigkeit" aus der Reichskammer der bildenden Künste ausgeschlossen und mit Berufsverbot belegt. Er durfte zwar malen, aber weder ausstellen noch verkaufen und keine Materialien kaufen. Zwischen 1938 und 1945 entstanden die "Ungemalten Bilder", 1.300 kleinformatige Aquarelle, die er rund 50 bis zu seinem Tod 1956 in Öl übertrug.

In der Ausstellung im Städel ist das Thema nur eins von vielen. Es sei "keine Ausstellung über Nolde und die Nazis", die Kunstwerke stünden im Mittelpunkt, sagt Kurator Felix Krämer. "Wir plädieren für einen genauen und differenzierten Blick". Und der zeige, "dass das Schwarz-Weiß-Schema im Fall Emil Nolde nicht funktioniert".


Nicht einmal die Nazis waren sich einig, was sie von Nolde halten sollten. Hitlers Architekt Albert Speer berichtet in seinen Memoiren, er habe in Goebbels? Dienstwohnung Aquarelle Noldes aufgehängt: "Goebbels und seine Frau akzeptierten sie mit Begeisterung - bis Hitler zur Besichtigung kam, sie auf das schärfste mißbilligte und der Minister mich sofort zu sich rief: "Die Bilder müssen augenblicklich weg, sie sind einfach unmöglich!"

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Ausstellungen und Biografie

  • In Seebüll sind seit 1. März zwei neue Ausstellungen zu sehen. Unter dem Titel "Emil Nolde - die absolute Ursprünglichkeit" werden mehr als 160 Werke gezeigt. Parallel gibt es im Sonderkabinett die Schau "Noldes Reise in die Südsee 1913/14".
  • In Frankfurt öffnet am 6. März die Ausstellung "Emil Nolde. Retrospektive". Zu sehen sind 140 Arbeiten. Es ist laut Städel die erste umfassende Retrospektive seit 25 Jahren. Katalog "Emil Nolde. Retrospektive", Prestel-Verlag, 300 Seiten, 39,90 Euro. 
  • Kirsten Jüngling, "Emil Nolde: Die Farben sind meine Noten" (Biografie), Propyläen Verlag, 352 Seiten, 22,99 Euro. 

© 2014 Neue Westfälische, Montag 03. März 2014

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Mit Emil Nolde gehe ich als ausgesprochener NS-Gegner bereits seit gut 40 Jahren durchs Leben: Damals habe ich den TV-Film "Deutschstunde" mit Wolfgang Büttner in einer der Hauptrollen gesehen, der als Maler Max Ludwig Nansen dem eigentlichen Emil Nolde nachempfunden wurde ... Und diese mürrisch angelegte Rolle eines eigenbrötlerischen Malgenies, in der "Nansen/Nolde" am "braunen" fahrradfahrenden Dorfgendarme vorbei das ihm gegenüber ausgesprochene Malverbot laufend unterlief - auch mit seinen "Ungemalten Bildern" - heimlich auf Zeichen-, Pergamentpapier- und Leinwand-Reste - hat einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen - ich habe den Lenz-Roman sicherlich schon 5 x gelesen und in Prüfungen bearbeitet - und den TV-Film sicherlich schon 3 x gesehen... - seit diesen Jahren besuche ich das Nolde-Museum in Seebüll bei jedem Nordfriesland-Aufenthalt regelmäßig - fast jährlich  - und in ein paar Wochen erneut... 
Heutzutage muss ich zugeben, dass dieses so gestaltete Nolde-Porträt vom Autor Siegfried Lenz sicherlich etwas blauäugig übermalt war ... - und insgesamt bin ich als echter Nolde-Freak auch durch die jüngsten geschichtlichen Enthüllungen etwas verunsichert - obwohl man ja Einiges schon längst ahnte und Weniges wusste und angedeutet war ... - Aber dass man seine Biografie von antisemitischen "NS-schlüpfrigen Stellen" gesäubert hatte, war mir bis dato unbekannt (nachzulesen in der aktuellen "art"-Ausgabe, März 2014...). Solche "Säuberungen" gehen dann oft nach hinten los - und erinnern mich anders herum an die Korrektur von "Pippi Langstrumpf", wo der Papa kein "Negerkönig" mehr sein darf - sondern ein "Südseekönig" wurde ... 
Aber ob man Nolde nun ebenfalls mit einem posthumen Bildersturm nach 70 Jahren belegen muss, weil er als Nazi-Sympathisant mit seinen von ihm "urgermanisch"-expressionistisch gemeinten Ausdrucksformen beim "Führer" aneckte und damit sowas von zwischen die Stühle geriet - sodass er tatsächlich ab 1941 mit totalem Malverbot belegt wurde (trotz seines Loyalitäts-Briefes von 1938...!!!) - und seine Kunst im 3. Reich ausnahmslos als "entartet" galt - also ihm nun nach Bekanntwerden seiner NS-Verstricktheiten quasi erneut mit "Malverbot" und dem Stempel der "Entartung" zu belegen, kann ja wohl nicht ganz richtig sein: Aber wir werden ihn künftighin schon etwas kritischer bewundern müssen - und seine Götzen- und Götterbilder etwas anders einordnen als bisher ... - und seine arisierten "Jesus"-Ikonographien mit blonden oder roten Haaren ... Seiner Kunst als solcher - in der er als Expressionist sich und sein inneres ureigenes Wahrnehmen und Erleben ("deutsch - stark - herb und innig" - wie er es 1938 nennt ...) nach außen presst - sich ganz unvermittelt "ausdrückt" - und uns noch heute daran teilhaben lässt - tut das keinen Abbruch - seine von uns unterstellten Intentionen verschieben sich vielleicht hier und da ... 
Bei seinen Bildern, die er auf seinen ausgiebigen Reisen anfertigte, hat er die Porträts farbiger  - "nichtarischer" Menschen - jedenfalls keineswegs herabgewürdigt oder karikiert ...

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